Sonntag, 22. November 2015

Zurück in der Zivilisation (07.09.2015 - 13.09.2015; aktueller Standort: San Francisco, Kalifornien)


Der letzte Eintrag liegt schon ein paar Tage zurück und zugegeben wir waren etwas schreibfaul.
Schreibfaul ist aber nicht gleich faul sein! Nein wir haben während unseren Arbeitspausen Yukon und Alaska unserer Homepage zugefügt. Was wir konkret arbeiteten und warum wir Sacramento lieben erfahrt ihr zur gegebenen Zeit...
  
Wir sind endgültig angekommen in unserer letzten Provinz. Kaum zu glauben, dass wir schon seit mehr als 5 Monaten durch Kanada (inkl. Alaska) tingeln und die angeblich attraktivste, abwechslungsreichste und faszinierendste Stadt, Vancouver immer noch nicht gesehen haben. Also auf zur letzten langen Fahrt einmal quer von Norden nach Süden durch British Columbia (Kartenlink-Norden & Kartenlink-Süden).
       
     
In unseren Augen waren die ca. 600 km von Watson Lake nach Meziadin Junction auf dem Cassiar Highway nicht annähernd so spektakulär wie im Reiseführer angepriesen. Es wundert daher nicht, dass wir auf dieser zwar kaum befahrenen, dafür aber sehr gut ausgebauten Strecke nichts anderes taten als fahren. Die Anzahl an Ortschaften konnten wir an einer Hand abzählen.
Bei den nächsten 65 Kilometern lag unsere gedruckte Reiselektüre aber goldrichtig. An dem Autohof mit Tankstelle Meziadin Junction geht eine Stichstraße nach Stewart/Hyder ab. Die Route führt an kleinen Wasserfällen und einigen Gletschern vorbei. Der Bear Gletscher mit seinem Gletschersee Strohn Lake lagen direkt am Straßenrand und vor 100 Jahren verliefen wo wir standen noch die Eismassen. Am Tag unserer Einfahrt verdeckten Wolken die Sicht, am darauf folgenden Tag hatten wir einmal mehr Glück mit dem Wetter. Die Sonne schien und wir verbrachten die Mittagszeit am Strohn Lake.
    


      
Mit dem Passieren des Bear Gletschers, verengte sich das Tal und die Straße folgte dem Bear River durch seinen Canyon bis nach Stewart auf kanadischen Boden. Wir hielten uns nicht lange in dem Dorf auf und fuhren direkt bis zum Grenzposten, um ein letztes Mal für ein paar Stunden nach Alaska einzureisen. Da Hyder eine Geisterstadt ist und keinerlei Verbindungen zu anderen Orten aufweist, kann ohne US-Visum eingereist werden. Bei der Rückfahrt muss man allerdings auf kanadischer Seite anhalten, seinen Pass vorzeigen und auch wieder Fragen zu Obst, Gemüse und Waffen beantworten. Möchte mal wissen wer mir dies verkaufen könnte?
Zugegeben es gab in Hyder 3 Campingplätze um im Sommer all jene aufzunehmen, die für einen Tag in Alaska bleiben wollen. Auch ein Postamt fehlte nicht, um Ansichtskarten aus Alaska entgegen zu nehmen.
 
Was Hyder nun aber wirklich interessant machte sind zweierlei. Zum einen kann man im Herbst am Fish Creek Grizzlybären aus unmittelbarer Entfernung beim Lachse fangen beobachten und zum anderen führt eine alte Straße zu einer verlassenen Kupfermine oberhalb des Salmon Glacier vorbei.
 
Zu den Grizzlies am Fish Creek können wir nicht viel sagen. Wir wussten, dass die Lachssaison in diesem Teil von Alaska/Kanada schon fast vorüber war und sobald wir in die Nähe des Flusses kamen wurde dies eindrucksvoll bestätigt. Verwesender Fisch hat eine gewisse Note wenn ihr versteht; es stank erbärmlich! Es war kurz nach 18 Uhr und generell eine gute Zeit für Tierbeobachtungen. Beobachten konnten wir sehr wenige, erschöpfte Lachse die fast tot zwischen ihren verschiedenen Fischkollegen trieben. Bären sahen wir keine und auf dem Holzblankenweg mit hüfthohem Zaun machten wir uns über die Verantwortlichen lustig, denn es ist strikt verboten vom Parkplatz auf dem Asphalt zum Kassenhäuschen zu laufen. Man muss innerhalb des Holzzaunes bleiben, auch wenn nicht ersichtlich ist wie dieses 80 cm hohe Zäunchen einen ausgewachsenen Grizzly, der aufgerichtet bis zu 3,80 Meter werden kann, aufhalten soll.
Auf Anfrage war der Kassenwart ehrlich genug und hat zugegeben, dass Bären so gut wie keine mehr zu sehen sind. Sie seien alle satt und schon seit Tagen war keiner mehr ans Wasser gekommen. Nun gut ans Wasser kam keiner mehr, aber uns wurde von ein paar deutschen Reisenden erzählt, dass eine halbe Stunde bevor wir ankamen einem Auto (auf dem Parkplatz) der Kofferraum kurzerhand von einem Grizzly aufgebrochen wurde, um an die Tüte mit Lebensmittel zu gelangen. Der Holzlattenzaun hätte den sicher aufgehalten, bin ich mir ganz sicher.
Wir trafen eine US-Familie, die wir ein paar Tage zuvor auf der McCarthy Road in Alaska getroffen haben und zusammen mit Alfred und Katrin verbrachten wir mit 3 Fahrzeugen die Nacht in einem Steinbruch. Wir saßen am Abend bei den Deutschen im Camper und bekamen viele nützliche Tipps und eine elektronische Karte mit allerlei Info über Tankstellen, Supermärkten, Plätze die sie schön fanden und vor allem kostenfreie Übernachtungsmöglichkeiten (Stellplätze). Nochmals vielen Dank euch beiden!
 
Wie erwähnt erwartete uns der nächste Tag mit blauem Himmel und so waren wir auch die ersten die den Steinbruch verließen. Unser Weg führte uns hoch hinaus. Er führte holprig und steinig sehr schnell in Serpentinen durch den Wald und bald wurde der Abgrund zu unseren Linken immer tiefer. Nach vielleicht 10 km kam der Salmon Gletscher zum ersten Mal in Sicht. Schon zu diesem Zeitpunkt waren wir hin und weg. Hinter uns fiel das Tal immer mehr nach unten in die Ferne ab, vor uns stieg das weiße breite Band des Gletschers immer weiter bergauf. Dies ging weitere Kilometer so weiter. Links unten, irgendwann waren wir über dem Gletscher, verlief der Gletscher parallel zur Straße bis er eine 90° Kehre weg von der Straße nahm. Dort ist dann auch der letzte und höchste Aussichtspunkt auf den "Lachsgletscher". Es war prächtig, wie gemalt schlängelte sich das Eis den Berg vor einen hoch.
    





    
Es war kühl in der Sonne, aber trotzdem standen wir staunend für mehr als eine Stunde an diesem faszinierenden Ausblick. Nicht alleine, denn wie so oft war schon ein deutsches Pärchen oben und als sie gingen kamen zwei deutsche Jungs, die je ein Jahr in Kanada jobbten.
Auf unserem Weg hinab begegneten wir noch einmal Katrin und Alfred und sahen noch einige Weißkopfseeadler bevor wir zurück über die Grenze fuhren.
    

    
Mittagessen am Bear Gletscher und am Autohof rechts weg für weitere 150 Kilometer auf dem Cassiar Highway, um dann in den zweitlängsten Highway Kanadas nach dem Trans Canada Highway einmünden zu können. Die Rede ist vom Yellowhead Highway.
Highway #16 ist die nördlichere Ost-West-Route und verbindet auf einer Länge von 2.853 km Winnipeg mit Prince Rupert am Pazifik und darüber hinaus auf Graham Island zwei kleinere Gemeinden.
    
Es hieß weitere hunderte von Kilometern bis nach Prince George fahren. Langsam wurde mir (Stefan) klar, dass wir nicht in ein paar Tagen von Alaska nach Vancouver fahren würden. Die Fahrt an sich war toll, wenig Verkehr, schöne Landstriche und klar Wald so weit man schauen konnte. Schwarzbären sahen wir wieder. 3 an der Zahl und dann etwas sehr seltenes wie ich vermute. Aus dem Augenwinkel sah ich einen Bären, aber irgendwie stimmte die Farbe nicht. Wir hielten, drehten um und schlichen uns mit Pancho langsam zurück . Es dauerte eine Weile bis sich im Gebüsch wieder etwas rührte und dann kam ein weißer Bär zum Vorschein. Wie die Miniatur eines Eisbären und dem nicht genug raschelte es weiter und es kamen 2 kleinere schwarze Jungen zur Mutter. Sie verdrückten sich anschließend ziemlich schnell, aber wenigsten konnte ich ein paar Fotos schießen. Wie wir im Internet finden konnten, handelte es sich um einen Kermodebär, einer Unterart des Schwarzbären der nur an der Nordwestküste Kanadas vorkommt. Diese Bären haben ein rezessives Gen, welches für die Fellfärbung verantwortlich ist. Jeder 10te Bär trägt dieses Gen und die indianischen Ureinwohner nennen sie Spirit Bear.
    
    
Wir verbrachten eine weitere Nacht an einem See und nutzten den nächsten Tag, um in Prince George (die größte Stadt im Nordwesten) ein paar Besorgungen zu machen. Seit langer Zeit war dies das erste Mal, dass Lebensmittel wieder günstiger waren und auch der Diesel annehmbare Preise hatte. Die Innenstadt von Prince George haben wir nie gesehen...
    
Ab Prince George ging es schnurgerade nach Süden. Wir hatten endlich wieder 20°C und perfektes Spätsommerwetter, um einen Abstecher in die Goldgräberstadt Barkerville einzuwerfen. 1862 wurde Gold am Williams Creek entdeckt und über Nacht fielen Prospektoren in das Land ein und Barkerville wurde an genau der Stelle gegründet, wo auch heute noch ca. 130 Häuser, zum Teil Originale stehen. Es gilt als einer der am besten erhaltenen Orte aus der Goldgräberzeit in ganz Kanada. Heute ist es ein Living Museum, also es leben und arbeiten Menschen während der Sommermonate dort, um der Stadt den richtigen Flair zu geben. Wir fanden es dort großartig.
    



      
500 km nördlich von Vancouver auf dem Cariboo Highway markierten wir unseren 30.000 gefahrenen Kilometer. Kurz darauf erreichten wir Williams Lake und wurden von Taylor, einem ortsansässigen Bäcker, mit Brot und verschiedenen Brötchen gesponsert. Wir parkten vor seinem kleinen Laden und verdunkelten somit seinen Verkaufsraum. Wie so viele war er vor allem von Pancho (und unserem Vorhaben) derart beeindruckt, um uns die Hände mit Backwaren vollzustopfen. Also wer mal in Williams Lake ist könnte in Taylor Made Cakes vorbeischauen.
    
    
Wie so oft wollte ich (Stefan) eine Extrarunde über eine Seitenstrecke einlegen. Die Pavilion Mountain Road ersparte uns 30 Kilometer, dafür benötigten wir aber sicherlich doppelt so viel Zeit wie auf dem Highway. Ich fuhr und Simone wollte nicht aus dem Seitenfenster schauen, war fast schon etwas verstimmt. Der Grund war naheliegend; es ging steil eine einspurige Schotterpiste im 2ten Gang hoch und genauso steil ging es auf der Beifahrerseite den Abhang hinunter. Und mit steil meine ich wirklich steil. Bis zu 26% Steigung laut Beschilderung. Den Berg hinunter ging es dann nur noch mit 21%. Auf dem Berg lagen verdorrte Weiden, alles in gelb gehalten und in den höheren Lagen waren auch hier die Anzeichen des Herbst sichtbar. Während des Abstiegs taten sich tolle Blicke über den Fraser Canyon auf, aber kaum hatten wir den Berg bezwungen hatte sich die Landschaft völlig gewandelt. Der Wald war verschwunden und eine karge Salbeisteppe durchzog das steinige Land. Selbst jetzt Mitte September waren die Temperaturen hoch und es war klar, hier fällt wenig Niederschlag.
    


    
Dieser Landstrich währte nur kurz und bald ging es wieder rein in den Wald und in den schönsten Abschnitt dieser Strecke. An der Duffey Lake Road schlugen wir ein letztes Mal, bevor wir in die Großstadt eintauchten, unser Nachtlager direkt am gleichnamigen See auf. Treibholz türmte sich in seinem Ablauf und in der Abenddämmerung gab das ein tolles Fotomotiv. Nach 2 warmen Abenden ohne Heizung mussten wir an diesem sie wieder in Betrieb setzen. Sie lief erst mit dem dritten Versuch an, also es scheint als würde immer noch etwas nicht tadellos funktionieren.
    

    
Der Highway #99, Sea to Sky, schlängelt sich grandios durch die Coast Mountains und passiert dabei Whistler, den Austragungsort der Olympischen Ski- und Rodelwettbewerbe der Winterspiele 2010. Für uns wäre die Bezeichnung Sky to Sea besser gewesen, da wir aus den Bergen kommend langsam an Höhe verloren und hinter Whistler, einer immensen Touristikmaschinerie, an den Ozean stießen. Die #99 windet sich dann bis nach Nord-Vancouver.
Wir hielten in Whistler erst gar nicht an, da viel zu viel Verkehr auf 4 und 2 Rädern unterwegs war. Ein Hotel grenzte an das nächste Ressort, unterbrochen nur von Gastronomiebetrieben. Erst als wir Whistler hinter uns hatten parkten wir, um den Brandywine Wasserfall anzuschauen. Dieser stürzt sich spektakulär 70 Meter von der Klippe.
    
    
Den nächsten, nun längeren Stopp, machten wir im Alice Lake Provincal Park, um den 6 km langen Four Lake Trail durch temperierten Regenwald zu laufen. Es war sozusagen eine Vorspeise, denn mit den späteren Regenwäldern auf Vancouver Island, oder Washington State (USA) konnte dieser bei Weitem nicht konkurrieren. Für uns aber egal, da es der erste seiner Art war und wir den Weg richtig Klasse fanden. Bevor wir aber los kamen hatten wir wieder eine ganz besondere Begegnung.
Ein Pick-up hielt hinter uns mit 4 Jungs auf der Ladefläche. Eine junge Blondine saß auf dem Beifahrersitz und rief auf deutsch zu uns herüber. Fragte ob wir wirklich aus dem Kreis Bad Mergentheim kämen, da unser Nummernschild MGH hat. Sie parkten ein paar Meter weg und ich dachte erst sie sei die Mutter der Jungs, aber es klärte sich sehr schnell dass sie Au-pair für ein Jahr in Kanada macht und erst vor ein paar Tagen ankam. Simone ist gleich zu ihnen ans Auto und als sie bestätigte und ergänzte, dass sie aus Hachtel kommt, ist die junge Frau aus allen Wolken gefallen. Sie kommt aus dem Nachbardorf Wachbach und ist die Tochter der Metzgerei Gebert. Selbst ich (Stefan) war schon bei denen! Es ist aberwitzig, Simone aus einem 330 Seelendorf trifft in einem Provinzpark im riesigen British Columbia auf jemanden, der 3 Kilometer weiter aus einer 3000 Mann starken Ortschaft kommt. Viele Grüße nach Wachbach und wir hoffen, dass es dir Daniela immer noch so gut gefällt .
 

 
An dem Shannon Wasserfall (335 m hoch) verließen wir das letzte Mal die #99. Kurze Zeit darauf trafen wir auf den Ozean und nach ein paar Sekunden mit dem Blick auf vorgelagerte Inseln machte es klick im Kopf. Wir hatten, und dies eigentlich schon längst in Anchorage (Alaska) dort aber überhaupt nicht realisiert, Nordamerika von Ost nach West, bzw. vom Atlantik zum Pazifik durchquert. Ein Hochgefühl durchströmte uns, denn an dieser Pazifikküste werden wir noch viele Tage verbringen. Euphorisch ging es an der Horseshoe Bay vorbei, wo wir einen ersten Eindruck vom Fährterminal bekamen, von dem aus wir Vancouver Island ansteuern wollen. Dann plötzlich der erste Blick auf die Skyline von Vancouver von der Nordseite der English Bay. Wir waren angekommen in der attraktivsten Großstadt Kanadas.
 
 
Aus einer etwas anderen kanadischen (amerikanischen) Großstadt,
Stefan u. Simone