Dienstag, 30. Mai 2017

Popayán und San Augustín (24.03.2017 - 29.03.2017; aktueller Standort: Ingapirca, Cañar)

@ Patrick: Aus den Anden in Ecuador, einem Land welches dir bzw. euch mit Sicherheit gefallen würde, alles Liebe zum Jahrestag. Wir zählen die Wochen bis zu unserem Wiedersehen in Argentinien!
@ Dorine: Dir brauchen wir keine tolle Party wünschen. Welches Fest begeht ihr nicht rauschend? Alles Liebe zu deinem 29sten...
@ Erika: Dein Renteneintritt rückt näher! Wieder ein Jahr voll und nur noch einige Monate bis zur endlosen Freiheit. Alles Liebe zu deinem Geburtstag.

Da die Strecke von Tierradentro nach Popayán für uns versperrt blieb nahmen wir die etwas weiter südlich gelegene Straße, die durch den Puracé Nationalpark führte. Die Straßenverhältnisse waren keinen Deut besser und was noch viel schlimmer war es nutzten auch noch Schwertransporter vereinzelt die Schotterstraße, die an vielen Stellen einspurig verlief. Entlang der Route sahen wir viele Wasserfälle. Klar jetzt am Ende der Regenzeit wurden die Flüsse aus den Bergen mit reichlich Nass versorgt. Die Häufigkeit der Schlaglöcher nahm mit dem erreichen des Nationalparks dramatisch zu und so schlichen wir über den 3.400 Meter hohen Pass und sahen auch ganz kurz den Vulkan Puracé (4.650 m) durch die Wolken. Sein schwarzes Lavafeld kontrastierte die gelb-grüne Páramo Landschaft perfekt. Páramo wird die Bergregion über 3.000 Höhenmetern von Kolumbien bis Nordperu genannt. Es herrscht ein Gletscherklima, oder anders ausgedrückt es ist saukalt. Kaum waren wir über den Pass ging es steil bergab bis wir kurz vor unserem Ziel neben der Straße nächtigten (Kartenlink).




Nach 35 Minuten Fahrzeit waren wir in der großen Stadt Popayán. Dank meines außerordentlich tüchtigen Navigationsoffiziers Rupp durfte Pancho wieder einmal eine koloniale Altstadt hautnah erleben. Es würden sich immer Wege finden lassen um ein Ziel auch im leichten Bogen anzusteuern, aber warum wenn man weiß dass WIR da schon durchkommen. Direkter Weg, Ziel klar anvisiert und bitte Stefan da geht´s lang. Kaum waren wir zwischen den weißen Häusern wurde links geparkt und Pancho fuhr rechts am Bordstein scheuernd nur 5 cm an den Autos im Schritttempo entlang. Zwei Autos mussten umparken, bzw. sich näher an den linken Gehweg orientieren, sonst hätte es einen Blechschaden gegeben, allerdings nicht an unserem Gefährt. Ein großes Lob geht an (nein nicht an meinen Offizier) die Verkehrsteilnehmer hinter mir. Niemand hupte oder meckerte und dies obwohl ich über 7 oder 8 Blöcke den gesamten Verkehr lahm legte. Ich konnte nicht abbiegen, die 90° Kurven waren nicht weit genug. Ich musste Blut und Schweiß schwitzend gerade aus, auch wenn es offensichtlich war, dass die Innenstadt von Popayán nicht für Lkw´s ausgelegt war. Wir erreichten unser Ziel, einen grünen Stadtpark, nach aufregenden 25 Minuten in der zentralen Zone. Dort am Park konnten wir zur Ruhe kommen und genehmigten uns zur Abkühlung ein Eis.

Popayán soll laut Reiseführer nach Cartagena die zweitschönste Stadt Kolumbiens sein. 270.000 Menschen leben dort. Im Zentrum säumen schneeweiße Häuser aus der spanischen Kolonialzeit die Straßen, etliche Kirchen, alte spanische Herrenhäuser und ein großer zentraler Platz bilden das Grundgerüst für eine nach unserem Empfinden langweilige Stadt. Keine Ahnung warum, aber Popayán war eine einzige Enttäuschung. Es war erst 10 Uhr am Samstagmorgen als wir in die Stadt aufbrachen und fanden viele Läden erst ab Mittag geöffnet. Dafür war ab 18 Uhr auch schon vieles wieder geschlossen. Dazu kam Regen und noch etwas mehr Regen. In einer Kneipe wollten wir ein Bier trinken, aber auch die schloss um 21 Uhr an einem Samstag! Also zurück zu Pancho.





Sonntag und wir dachten wir gehen frühstücken, lasen was von Brunch. Den Laden gab es nicht mehr und jegliches Café hatte geschlossen. Dafür war die Kathedrale und jede andere Kirche auf, aber sonst fanden wir nicht viel. Eigentlich wollten wir uns daheim kurz melden und waren deshalb schon früh unterwegs, aber aus Ermangelung an Optionen fragten wir in einem noblen Hotel ob wir einen Kaffee trinken könnten. Bis wir den leer hatten regnete es auch wieder. Wunderbar! Die Stadt ist berühmt für seine Kochtradition, aber auch das Restaurant welches wir geöffnet fanden riss uns nicht vom Hocker. Ganz im Gegenteil. Am Nachmittag wurde das Wetter etwas besser und es fand sich auch noch ein Café mit WiFi. Um dem Mittagessen einen Gegenpol zu geben, aßen wir am Abend schön fettige Pizzaschnitten während es auf der Straße regnete als gäbe es Wasser im Sommerschlussverkauf. Die Pizza war mies, aber für den Preis nicht anders zu erwarten. In einer 10-minütigen Regenpause schwammen wir ins Trockene. Draußen im Park hüpften die Kröten und am nächsten Morgen hielt uns nichts mehr in Popayán.





Abermals durchquerten wir den Nationalpark Puracé, aber auf einer anderen Strecke weiter im Süden. Nicht dass die Straße besser gewesen wäre... Schotter und Asphalt hielten sich die Waage, Schlaglöcher gab es auf beiden Belägen. Wir kamen an einigen Wasserfällen vorbei, zwei direkt an der Straße. Der beeindruckende Calaguala ergoss sich sogar etwas auf die rechte Fahrbahnspur. Und wieder kamen wir ins Páramo auf 3.400 Meter über Normalnull. Wenn die Fahrerei etwas weniger anstrengend gewesen wäre, wären die beiden Straßen durch den Nationalpark super schön. So wurden wir heftig durchgeschüttelt, was die Laune etwas minderte .
Im kleinen San Yosé de Ysnos verließen wir den Hauptweg und plagten uns weitere 5 km durch die Landschaft. Dann standen wir um kurz vor 16 Uhr am Alto de los Idolos. Dies ist eine von mehreren archäologischen Ausgrabungsstätten rund um San Augustín. Wir parkten direkt vor dem Museum und der Pförtner hätte uns sofort durchgelassen, obwohl die Anlage um 16 Uhr die Türen verriegelte. Er war so nett, da er uns mitteilte dass diese Anlage und jede andere größere am kommenden Dienstag geschlossen hätte. Normal ist Montag der Ruhetag. Museen, Ausgrabungsstätten, manche Nationalparks usw. haben montags zu. Hier in San Augustín war Dienstag der Tag der verrammelten Tür. Da die Eintrittskarte für sämtliche Anlagen 2 Tage Gültigkeit besaßen, lehnten wir dankend ab und sagten lieber Hallo zu den sehr netten Leuten von gegenüber. Dort war ein Souvenirstand und ein Kiosk mit Beatles Musik. Wir redeten eine Weile, tranken einen Kaffee und sahen den hellgrünen Papageien im Baum neben Pancho zu. Pennen durften wir direkt vor dem Museum; himmlisch ruhig.




Am Morgen fuhren wir in die Kleinstadt San Augustín. Sie liegt toll von grünen Hügeln umgeben und auf den 20 Kilometern sahen wir etwa 30 Wasserfälle! Überall stürzte Wasser von den Felswänden und nicht nur kleine sondern auch ausgewachsene. Einer der höchsten Wasserfälle Kolumbiens lag in der Nähe, aber nach dem wir die kleinen Sträßchen an diesem Tag kennenlernten, verwarfen wir den Gedanken den Wasserfall Bordones zu besuchen. San Augustín ist ebenfalls ein UNESCO-Weltkulturerbe und ähnlich wie in Tierradentro hat es etwas mit dem Ableben zu tun. Auch hier weiß niemand welche Kultur für die mehr als 500 aus Vulkangestein heraus gemeißelten Statuen verantwortlich ist. Manche sind riesig, die größte ist 5,28 m groß, andere sind ganz klein (20 cm), aber allen liegt eine hohe Präzision und hervorragende Erhaltung zu Grunde. Auf ein paar befindet sich noch Farbe und alle wurden als Totenwächter eingesetzt. Die Gräber waren oft nur Steinplatten die eine Röhre bildeten und davor durften ein oder zwei Wächter Platz nehmen. Dies der Hintergrund warum wir die Kleinstadt ansteuerten.
Wir fuhren zu 3 Orten die nur eine Handvoll Statuen hatten. Dafür hatten sie geöffnet, aber wir erreichten sie kaum. Nun ja als wir endlich angelangten, brauchten wir jeweils nur wenige Minuten um die Statuen gesehen zu haben. Die An- und Abfahrt dauerte dafür je eine Stunde. Dann fuhren wir zu einer Felsverjüngung, an der sich der Fluss Magdalena durch 2 Meter zwängen muss. Jeder in der Stadt schwärmte davon, aber wir waren nur heilfroh gesund dort angekommen zu sein. Eine Schlammstraße ging einen Berghang hinunter und im ersten Gang rutschten wir hinab und kamen nur mit Mühe wieder hoch. Die Engstelle im Felsen war dagegen sehr mau.
An einem großen zentralen Platz direkt in der Stadt parkten wir für die Nacht. Zuvor fragten wir die örtliche Polizei ob dies in Ordnung sei und für eine Nacht gaben sie ihr OK. Am Abend bekamen wir noch Besuch von einer Deutschen, die seit 7 Jahren unterwegs war. Per Backpacker um die Welt und sie wurde jetzt im Mai erst 30 Jahre alt. Vielleicht treffen wir sie noch einmal, ihr Ziel ist auch die Südspitze Amerikas, nur ob dieses oder nächstes Jahr das wusste sie noch nicht.






Der heutige Tag verlief geschmeidiger . Als die archäologische Stätte in San Augustín um 8 Uhr öffnete waren wir die ersten vor Ort. Die Anlage war sehr groß und wir begannen im kleinen Museum. Danach liefen wir im tropischen Wald spazieren, entlang des Weges waren die Statuen aus Vulkangestein ausgestellt. Die Fratzen waren alle unterschiedlich, aber alle auf ihre eigene Art schön. Die meisten hatten spitze Vampirzähne und grinsten spitzbübisch, aber wahrscheinlich mussten sie dies damals tun um ungewollte Ruhestörer vom Grab fernzuhalten. Lustig war, dass später auch Leute im Wald unterwegs waren, die mit großen Teleobjektiven und Ferngläsern bewaffnet waren um Vögel zu beobachten. Die Steinstatuen interessierten sie überhaupt nicht. Uns umso mehr. Die Anlage erstreckte sich weiter auf 3 weitläufigen Fundorten, an denen auch noch die Gräber zu sehen waren. Dann ging es noch einen Berg hoch, um oben die letzte Stätte zu besuchen. Wir waren erst nach 12 Uhr fertig und futterten noch auf dem Parkplatz.
Unser nächstes Ziel war wieder die Stätte Alto de los Idolos. Auf dem Weg dorthin hielten wir am 170 Meter hohen Wasserfall Mortiño. Er donnerte über eine Klippe in eine grüne Schlucht hinunter. Sehr fotogen und auf dem kurzen Weg an die Klippe konnten wir verschiedene Früchte wachsen sehen, die wir von Deutschland nicht kannten, geschweige von ihnen gehört hatten. Maracuja kennt man vielleicht, aber wie sieht es mit Baumtomate, Lulo, Taxo oder süßer Gurke aus?
Am Alto de los Idolos parkten wir wieder am gleichen Platz und hatten genug Zeit um in Ruhe den bearbeiteten Berggipfel zu bestaunen. Die damalige Kultur hat aus einem Hügel einen U-förmigen Gipfel zur Bestattung von hohen Persönlichkeiten geschaffen. Die beiden Seiten waren exakt gleich hoch und in der Mitte befand sich eine Senke. Die Grabmale lagen weit verteilt auf diesem baumlosen Areal. Unter anderem war dort die größte aller bis heute gefunden Statuen zu sehen. Auch diese Anlage gefiel uns sehr gut und es hätte noch mehrere kleine Ausgrabungsorte in der Umgebung von San Augustín gegeben. Wir beendeten hiermit unseren kulturellen Ausflug in die Welt der Grabwächter.
Wie beim ersten Anlauf tranken wir auch an diesem Tag einen Kaffee gegenüber und luden das Pärchen des Souvenirladens später zu uns ein. Sie waren, vor allem sie, so interessiert an das Leben in Deutschland, unsere Reise, an deutsche Politik, eigentlich an allem, dass sie fast 2 Stunden blieben. Sie entschuldigte sich Tausend Mal für ihre viele Fragen und wir dankten ihr genauso oft für ihre Neugier. Am Ende machten wir noch ein gemeinsames Bild vor Pancho und dann wurde es wieder ruhig.














Morgen ist JAHRESTAG!!!!

Freitag, 26. Mai 2017

Vielfalt pur (18.03.2017 - 24.03.2017; aktueller Standort: Latacunga, Cotopaxi)

@ Ben: Hallo kleiner Mann! Wir hoffen du hattest einen schönen 3. Geburtstag und hast dich über unser Video gefreut. Weiterhin viele Abenteuer im Bagger oder auf der Baustelle.

Bereits um 6 Uhr verschwand das holländische Pärchen, aber zurück nach Salento. Die belgische Radlerin (in 9 Monaten von Montreal, Kanada nach Bogotá, Kolumbien unterwegs) schob ihr Rad kurze Zeit später in Richtung Wachspalmen. Sie wollte laufen gehen. Wir ebenso und verabschiedeten uns nach einem langen Frühstück von Anja und Tobias, die trotz des herrlichen Wetters lieber weitere Kilometer schrubben wollten (Kartenlink).

Der weiße VW-Bus aus Nürnberg rollte gerade das Tal hinunter als ein Pick up mehrere Wanderer ausspuckte und wen sahen wir da wieder? Leo und Felix. Sofort wurden die Routen verglichen und los gings.
Das Valle de Cocora ist ein breites grünes Tal welches von schroffen Felsen, meist bewaldet, eingeschlossen ist. Es steigt von Salento permanent leicht an und ein gurgelnder Fluss begleitet die Straße. Vereinzelte Rinder grasten auf den saftigsten Wiesen, aber nicht deshalb kommen viele Besucher bis ins Ende des Tals (2.500 Höhenmeter). Quindio-Wachspalmen schießen kerzengerade in den Himmel und ragen über den Nebelwald hinaus. Die Palmen werden bis zu 60 m hoch und können mehrere hundert Jahre alt werden. Sie boten einen sehr merkwürdigen Anblick, wie sie dort alleine oder in kleinen Gruppen standen. Im Vorfeld wurde geschwärmt wie viele Wachspalmen im Cocora-Tal zu sehen sind, aber ganz so war es dann doch nicht. Der Morgen vereinte mehrere schöne Sachen (blauer Himmel, warme Sonne, frische Luft, Kolibris, Nebelwald) und so fügten sich die fast schon als hässlich zu bezeichnenden Palmen hervorragend ins Bild .
Wir wanderten über Weiden durch die Wachslieferanten und erreichten später den Nebelwald. Der Weg war super und so früh am Morgen waren noch kaum Menschen unterwegs. Unsere Radfahrerin trafen wir jedoch und haben mächtigen Respekt vor der Frau. Sie lief am Morgen ca. 10 km und wollte dann ca. 70 km per Fahrrad durch ein Seitental fahren, welches wir ihr empfohlen hatten. Dass sie auf Schotterstraße über einen Pass auf mehr als 3.200 Höhenmeter musste wussten wir da noch nicht...
Wir liefen höher in den Wald und irgendwann zogen dann doch auch wieder Wolken auf. Wir besuchten eine kleine Finca im Nebelwald, bei der es nur so von Kolibris schwirrte. Angeblich weist das Tal die größte Dichte an Kolibris weltweit auf und viele Arten begegnet man hier das ganze Jahr. Wir hörten die Zahl 64. So viele verschiedene Kolibrispezies sollen im Valle de Cocora vorkommen. Kolibris sind bemerkenswerte Vögel. Kleine Arten schlagen 80 Mal pro Sekunde mit ihren Flügeln, die Frequenz kann sogar auf 200 Schläge gesteigert werden. Sie erzielen Spitzengeschwindigkeiten von über 100 km/h. Wegen ihrer besonderen Flugtechnik benötigen sie sehr viel Energie und Sauerstoff für ihre Muskulatur. Daher ist ihr Herz stark vergrößert, wiegt ca. ein Viertel der zierlichen Vögel und schlägt im Flug über 1.200 Mal pro Minute!!! Dieser Stoffwechsel erlaubt ihnen nicht Fettreserven anzulegen und daher sind sie tagsüber ständig auf Futtersuche. Nachts würden sie bei der hohen Stoffwechselrate verhungern. Dass wir sie jeden Tag bewundern können verdanken sie einem körperlichen Trick. Nachts fällt der Vogel in eine Schlafstarre, in der die Körpertemperatur unter 18°C sinken kann. Der Herzschlag verlangsamt sich und die Atmung setzt phasenweise aus. So überstehen sie die Nacht und müssen am Morgen Sonne tanken. Erst dann können sie wieder wie Pfeile durch die Büsche flitzen. Kolibris sind wunderschön und echt einzigartig.
An der Finca sahen wir 6 verschiedene Arten von Kolibris und noch andere tolle Vögel. Leider sind etliche Bilder etwas unscharf; die alte Digi will langsam auch nicht mehr.
Gegen 13 Uhr waren wir wieder an unserem Nachtlager zurück. Ein Angestellter des Restaurants begrüßte uns sogleich grinsend und hatte kein Problem damit, dass wir über Nacht auf deren Parkplatz standen. Wir revanchierten uns indem wir zwei schmackhafte Forellen bei ihnen aßen.
Gestärkt ging es los. Erst zurück nach Salento, dann durch die Gassen zum „Hinterausgang“. Der Schotter begann mit dem letzten Haus und wir kurvten höher und höher. Wir wollten nicht die Hauptroute auf der mautpflichtigen Straße nehmen sondern einen Tipp folgen. Die Straße wand sich durch dichten Kiefernwald und noch weit vor der Passhöhe holten wir die Belgierin ein. Wir machten einen Halt für die Nacht aus und wunderten uns später wie sie das schaffen sollte. Am Pass wurde die Sicht frei und wir konnten weit in die Täler auf beiden Seiten blicken. Und dann kamen sie, die Wachspalmen! Auf dieser Holperpiste nach Toche und weiter nach Ibagué standen Wachspalmenwälder. Sobald wir über den Pass waren kamen sie. Auf unserer Hangseite und auf der gegenüberliegenden. Wachspalmen ohne Ende, Tausende. Davon erzählt in Salento natürlich niemand etwas. Auch diese Route abseits vom Schuss gehörte für uns zu einer der schönsten in Kolumbien. Ach und tatsächlich als es schon pechschwarz war und wir uns häuslich eingerichtet hatten kam eine Dame auf ihrem Fahrrad. Sie schlug ihr Zelt neben Pancho auf und wir kochten für Drei. Auf 2.600 Metern in den Anden erfuhren wir viel über verrückte Träume von Radreisenden. Wir verneigen uns!










Die Straße wurde hinter dem Kaff Toche viel schlechter. Wir brauchten bis zum Mittagessen um wieder auf eine Straße ohne Schlaglöcher zu stoßen. 10 Minuten später und wir waren in der größeren Stadt Ibagué, die wir aber nur zum auffüllen unseres Kühlschranks nutzten. Kurz nach dem losrollen am Morgen sahen wir zwischen und über den Wolken etwas Gletschereis des Vulkans Tolima (5.215 m), ansonsten kam die Landschaft nicht mehr an die Klasse des Vortages heran.
Als wir Ibagué verließen ging es bergab und zwar ordentlich. Die Kaffeeregion lag hinter uns und wir brausten die zentralen Kordilleren hinab zum Fluss Magdalena. Auch dort im breiten Tal zwischen zwei Andenketten verloren wir weiter an Höhe je weiter wir nach Süden kamen. Auf nur noch 300 Höhenmeter beendeten wir unseren Fahrtag im tropischen Klima. Zwischen Mangobäumen und Reis wurden wir wieder von Mosquitos geplagt.


Inzwischen waren wir im südlichen Kolumbien angelangt. Wir verließen den Highway Nummer 45 und bogen in eine Sandpiste ein, die später zu Schotter wurde und uns in eine Wüstenlandschaft brachte. Diese kurze Fahrt zur Tatacoa Wüste gefiel uns sehr gut. Wir mussten durch zwei stockdunkle einspurige Tunnel, in denen das Wasser bis zu 40 cm hoch stand. Es hatte vor kurzem heftig in der Tatacoa Wüste geregnet und kleine Bäche zum überlaufen gebracht. Die Wüste war grün und blühte und die Tunnel standen eben noch unter Wasser. Der Río Magdalena verlief sehr nahe zur Straße und einmal mussten wir den Fluss auf einer uralten Eisenbrücke überqueren, auf der die einzelnen Eisenplatten hüpften und schepperten. Augen zu und durch!
Die Tatacoa Wüste ist etwas über 300 km² groß und umgeben von grüner Vegetation. Die Berge um den hohen Vulkan Nevado de Huila saugen förmlich allen Regen an und dadurch bleibt dieses abgeteilte Gebiet sehr niederschlagsarm. Die Temperaturen können bis auf 50°C klettern. Die Wüste weist mehrere Landschaftsformen auf. Graue Sanddünen, erodierte rote Felsen die kleine Labyrinthe bilden, kleine Canyons und weite Ebenen auf denen nur dorniges Gestrüpp und etwas gelbes Gras gedeiht.
Wir liefen bei Sonnenschein durch die roten Felsen und konnten den kürzlichen Regen überall sehen. Zum einen war der Sand an manchen Stellen noch schmierig und zum anderen blühte und grünte es überall. Nicht wie im Wald, aber kleine zarte Triebe und winzige Blüten gab es überall. Für uns mit eigenem Fahrzeug war die Wüste perfekt. Wir konnten fahren wohin wir wollten, konnten an etlichen Stellen auch von der Piste einfach in die Wüste abdrehen, allerdings immer auf der Hut nicht irgendwo eine feuchte, schlammige Stelle zu erwischen. Die gab es zuhauf. Parken und nächtigen stellte uns vor eine Qual. Wir sahen mehrere herrliche Stellen, komplett weg von allem und drehten trotzdem die gesamte Runde auf den Straßen durch die Wüste. Sozusagen im hintersten Zipfel bogen wir von der Straße und parkten oberhalb eines kleinen Canyons mit Blick über graue von Wind und Wetter zerfressene Sandformationen. Wir packten den Grill aus und beobachteten schillernd grüne Papageien die dort in der Wüste lebten. Die Nacht war sehr still, wie immer in einer Wüste. Erst als der Regen einsetzte kamen die Geräusche. Die Tropfen auf unserem Dach und unsere Diskussion ob wir am Morgen aus dem aufgeweichten Sand herauskämen. Es nieselte die halbe Nacht und wir vertrauten auf Panchos Power.









Pancho hatte genug Power! Aber es begann schon wieder zu nieseln und auf den Sandpisten zeigte sich, dass Panchos Gewicht auf dem schmierigen Untergrund nicht vorteilhaft war. Bei leichten Anstiegen mussten wir mit Anlauf hinauf und fuhren dabei leicht quer. Der Boden war wie Seife und so gerne wir bei schönem Wetter den „grauen“ Teil zu Fuß erkundet hätten, befürchteten wir die Wüste bei anhaltenden Regen nicht mehr verlassen zu können. Wir überlegten lange, aber die Vernunft siegte. Wir zuckelten nach Neiva und überquerten wieder Straßen bzw. Brücken die im Hochwasser untergingen. Wir glauben wir trafen die richtige Entscheidung.
Neiva nutzten wir nur um übers Internet Kontakt mit Zuhause aufzunehmen. Am Nachmittag brausten wir noch einige Kilometer (im Tiefland auf fast ebenen Terrain war dies einfach) und parkten in dem winzigen Dorf Hobo direkt am Río Magdalena. Um uns wurde der Fang aus den Booten entladen und per Kleintransporter weiter befördert. Wir schauten dem Treiben zu und wurden andererseits begutachtet. Niemand störte sich aber an uns und ab 19 Uhr hörten wir nur noch die Frösche quaken.






Mittlerweile weit in den Süden vorgerückt besuchten wir das UNESCO-Welterbe Tierradentro beim winzigen Dorf San Andrés de Pisimbalá. Die Anfahrt dorthin hatte es in sich. Die ersten 30 Kilometer waren geteert mit gelegentlichen Straßenverwerfungen. Einige kleinere und ein paar größere Erdrutsche und Gerölllawinen ließen die Fahrt zum Hindernisparcours werden. Dann kam der Schotter und wir kletterten in die Höhe, neben uns die abbröselnden Klippen. Einige Passagen wurden so stark durch die diesjährige Regenzeit beschädigt, dass mit schweren Baumaschinen versucht wurde zu retten was zu retten war. Es war nicht mehr als Flickwerk, da die Hänge in denen die Straßen damals getrieben wurden schlichtweg nicht richtig abgestützt worden waren. Wir konnten es oft nicht fassen wie Straßen in Kolumbien angelegt worden waren, aber im südlichen Land waren sie zum verzweifeln. Wir sahen es manchmal vom Hang rieseln und hatten ein leicht mulmiges Gefühl im Bauch. Mittags erreichten wir dann aber sicher Tierradentro.
Für 1,50 Euro parkten wir auf einem kleinen Parkplatz eines Hotels. Das Dorf war so klein, dass es nur über 3 Straßen verfügte und Pancho 4 Nummern zu groß, um anderweitig einen Platz zu finden. Gleich darauf liefen wir los, denn das Wetter schien sich wieder zu verschlechtern.
In Tierradentro sind unter den grünen Hängen dutzende Grabkammern eines unbekannten Volkes zu erkunden. Die in Vulkangestein gehauenen heiligen Plätze stammen aus dem 7. bis 9. Jahrhundert nach Christi und die ansässigen kolumbianischen Kulturen bezeugen, dass die Gräber schon existierten als sie dort sesshaft wurden. In manchen Grabkammern waren farbige Muster erhalten geblieben und Grabbeigaben wurden in einem kleinen Museum ausgestellt. Inzwischen wurden mehr als 100 Gräber und etliche Statuen freigelegt. Das tiefste Grab in dem wir waren lag fast 7 Meter unter der Erde und wir besichtigten mehrere Fundorte, aber bei weitem nicht alle. Die in nächster Nähe zum Dorf waren die am besten erhalten gebliebenen Grabkammern, aber auch die weiter in den Bergen waren interessant. Auf halbem Weg erwischte uns der Regen und in der warmen Dusche liefen wir gemächlich zurück zu Pancho.







Endlich hatten wir mal einen herrlichen Sonnentag. Perfekt um weitere Gräber auf einem hohen Berg zu erforschen. Ein Pfad wand sich steil durch die Natur und wir bekamen nach langer Zeit ein paar wunderschöne Ausblicke geschenkt. Oben angekommen konnten wir zu beiden Seiten in Täler schauen und die Gräber, hier nur noch Löcher im Boden da sie geplündert worden sind, auf eigene Faust betreten. Selbst beim Abstieg hielt die Sonne stand und nach einem Weltklasse Mittagessen bei einer Omi im Dorf nutzten wir den Hotelpool und planschten ein paar Minuten. Erst am Abend zogen Wolken auf und der Nieselregen setzte in der Nacht ein.










Am Morgen wollten wir weiter durch die Anden nach Westen, um in der Stadt Popayán zu halten. Laut Reiseführer die zweitschönste Stadt Kolumbiens! Als wir die 3 € zahlten, erzählte uns ein Angestellter des Hotels (war übrigens komplett leer), dass wir auf der von uns gewählten Route nicht weiter kämen. Ein Erdrutsch hat eine Brücke beschädigt und vorbeifahren hat die Polizei unterbunden, nach dem ein Auto den Hang runter ist. Wir mussten die gleiche Strecke wieder zurück fahren und dann einen anderen Pass wählen. Obwohl wir nur zwei Tage in Tierradentro waren, die sich auf alle Fälle gelohnt haben, passierten wir viel mehr Steine und Erde auf der Straße als zuvor. An einer Stelle wurden wir gestoppt, da man gerade dabei war einen frischen Erdrutsch zu beseitigen, aber pausenlos Steine nach rollten und dies die Arbeiter zurückdrängte. Wir warteten dort 30 Minuten bis wir schnell durchgewunken wurden. Tja und dann waren wir wieder fast in Neiva und wählten die nächste laaaange Schotter-Schlagloch-Rumpel-Piste.

Auf nach Popayán,
die Grabräuber