@ Ben: Hallo kleiner Mann! Wir hoffen du hattest einen schönen 3. Geburtstag und hast dich über unser Video gefreut. Weiterhin viele Abenteuer im Bagger oder auf der Baustelle.
Bereits um 6 Uhr verschwand das holländische Pärchen, aber zurück nach Salento. Die belgische Radlerin (in 9 Monaten von Montreal, Kanada nach Bogotá, Kolumbien
unterwegs) schob ihr Rad kurze Zeit später in Richtung Wachspalmen. Sie wollte laufen gehen. Wir ebenso und verabschiedeten uns nach einem langen Frühstück von Anja und Tobias, die trotz des herrlichen Wetters
lieber weitere Kilometer schrubben wollten (Kartenlink).
Der weiße VW-Bus aus Nürnberg rollte gerade das Tal hinunter als ein Pick up mehrere Wanderer ausspuckte und wen sahen wir da wieder? Leo und Felix. Sofort wurden die Routen
verglichen und los gings.
Das Valle de Cocora ist ein breites grünes Tal welches von schroffen Felsen, meist bewaldet, eingeschlossen ist. Es steigt von Salento permanent leicht an und ein gurgelnder Fluss begleitet die Straße. Vereinzelte Rinder
grasten auf den saftigsten Wiesen, aber nicht deshalb kommen viele Besucher bis ins Ende des Tals (2.500 Höhenmeter). Quindio-Wachspalmen schießen kerzengerade in den Himmel und ragen über den Nebelwald hinaus. Die Palmen
werden bis zu 60 m hoch und können mehrere hundert Jahre alt werden. Sie boten einen sehr merkwürdigen Anblick, wie sie dort alleine oder in kleinen Gruppen standen. Im Vorfeld wurde geschwärmt wie viele Wachspalmen im Cocora-Tal zu sehen sind, aber ganz so war es dann doch nicht. Der Morgen
vereinte mehrere schöne Sachen (blauer Himmel, warme Sonne, frische Luft, Kolibris, Nebelwald) und so fügten sich die fast schon als hässlich zu bezeichnenden Palmen hervorragend ins Bild ☺.
Wir wanderten über Weiden durch die Wachslieferanten und erreichten später den Nebelwald. Der Weg war super und so früh am Morgen waren noch kaum Menschen unterwegs. Unsere
Radfahrerin trafen wir jedoch und haben mächtigen Respekt vor der Frau. Sie lief am Morgen ca. 10 km und wollte dann ca. 70 km per Fahrrad durch ein Seitental fahren, welches wir ihr empfohlen hatten. Dass sie auf Schotterstraße
über einen Pass auf mehr als 3.200 Höhenmeter musste wussten wir da noch nicht...
Wir liefen höher in den Wald und irgendwann zogen dann doch auch wieder Wolken auf. Wir besuchten eine kleine Finca im Nebelwald, bei der es nur so von Kolibris schwirrte. Angeblich
weist das Tal die größte Dichte an Kolibris weltweit auf und viele Arten begegnet man hier das ganze Jahr. Wir hörten die Zahl 64. So viele verschiedene Kolibrispezies sollen im Valle de Cocora vorkommen. Kolibris sind bemerkenswerte Vögel. Kleine Arten schlagen 80 Mal pro Sekunde mit ihren Flügeln, die Frequenz kann sogar auf 200 Schläge gesteigert werden. Sie erzielen
Spitzengeschwindigkeiten von über 100 km/h. Wegen ihrer besonderen Flugtechnik benötigen sie sehr viel Energie und Sauerstoff für ihre Muskulatur. Daher ist ihr Herz stark vergrößert, wiegt ca. ein
Viertel der zierlichen Vögel und schlägt im Flug über 1.200 Mal pro Minute!!! Dieser Stoffwechsel erlaubt ihnen nicht Fettreserven anzulegen und daher sind sie tagsüber ständig auf Futtersuche. Nachts
würden sie bei der hohen Stoffwechselrate verhungern. Dass wir sie jeden Tag bewundern können verdanken sie einem körperlichen Trick. Nachts fällt der Vogel in eine Schlafstarre, in der die Körpertemperatur
unter 18°C sinken kann. Der Herzschlag verlangsamt sich und die Atmung setzt phasenweise aus. So überstehen sie die Nacht und müssen am Morgen Sonne tanken. Erst dann können sie wieder wie Pfeile durch
die Büsche flitzen. Kolibris sind wunderschön und echt einzigartig.
An der Finca sahen wir 6 verschiedene Arten von Kolibris und noch andere tolle Vögel. Leider sind etliche Bilder etwas unscharf; die alte Digi will langsam auch nicht mehr.
Gegen 13 Uhr waren wir wieder an unserem Nachtlager zurück. Ein Angestellter des Restaurants begrüßte uns sogleich grinsend und hatte kein Problem damit, dass wir über
Nacht auf deren Parkplatz standen. Wir revanchierten uns indem wir zwei schmackhafte Forellen bei ihnen aßen.
Gestärkt ging es los. Erst zurück nach Salento, dann durch die Gassen zum „Hinterausgang“. Der Schotter begann mit dem letzten Haus und wir kurvten höher und
höher. Wir wollten nicht die Hauptroute auf der mautpflichtigen Straße nehmen sondern einen Tipp folgen. Die Straße wand sich durch dichten Kiefernwald und noch weit vor der Passhöhe holten wir die Belgierin
ein. Wir machten einen Halt für die Nacht aus und wunderten uns später wie sie das schaffen sollte. Am Pass wurde die Sicht frei und wir konnten weit in die Täler auf beiden Seiten blicken. Und dann kamen sie,
die Wachspalmen! Auf dieser Holperpiste nach Toche und weiter nach Ibagué standen Wachspalmenwälder. Sobald wir über den Pass waren kamen sie. Auf unserer Hangseite und auf der gegenüberliegenden. Wachspalmen
ohne Ende, Tausende. Davon erzählt in Salento natürlich niemand etwas. Auch diese Route abseits vom Schuss gehörte für uns zu einer der schönsten in Kolumbien. Ach und tatsächlich als es schon
pechschwarz war und wir uns häuslich eingerichtet hatten kam eine Dame auf ihrem Fahrrad. Sie schlug ihr Zelt neben Pancho auf und wir kochten für Drei. Auf 2.600 Metern in den Anden erfuhren wir viel über verrückte
Träume von Radreisenden. Wir verneigen uns!
Die Straße wurde hinter dem Kaff Toche viel schlechter. Wir brauchten bis zum Mittagessen um wieder auf eine Straße ohne Schlaglöcher zu stoßen. 10 Minuten später
und wir waren in der größeren Stadt Ibagué, die wir aber nur zum auffüllen unseres Kühlschranks nutzten. Kurz nach dem losrollen am Morgen sahen wir zwischen und über den Wolken etwas Gletschereis
des Vulkans Tolima (5.215 m), ansonsten kam die Landschaft nicht mehr an die Klasse des Vortages heran.
Als wir Ibagué verließen ging es bergab und zwar ordentlich. Die Kaffeeregion lag hinter uns und wir brausten die zentralen Kordilleren hinab zum Fluss Magdalena. Auch dort
im breiten Tal zwischen zwei Andenketten verloren wir weiter an Höhe je weiter wir nach Süden kamen. Auf nur noch 300 Höhenmeter beendeten wir unseren Fahrtag im tropischen Klima. Zwischen Mangobäumen und
Reis wurden wir wieder von Mosquitos geplagt.
Inzwischen waren wir im südlichen Kolumbien angelangt. Wir verließen den Highway Nummer 45 und bogen in eine Sandpiste ein, die später zu Schotter wurde und uns in eine
Wüstenlandschaft brachte. Diese kurze Fahrt zur Tatacoa Wüste gefiel uns sehr gut. Wir mussten durch zwei stockdunkle einspurige Tunnel, in denen das Wasser bis zu 40 cm hoch stand. Es hatte vor kurzem heftig in
der Tatacoa Wüste geregnet und kleine Bäche zum überlaufen gebracht. Die Wüste war grün und blühte und die Tunnel standen eben noch unter Wasser. Der Río Magdalena verlief sehr nahe zur
Straße und einmal mussten wir den Fluss auf einer uralten Eisenbrücke überqueren, auf der die einzelnen Eisenplatten hüpften und schepperten. Augen zu und durch!
Die Tatacoa Wüste ist etwas über 300 km² groß und umgeben von grüner Vegetation. Die Berge um den hohen Vulkan Nevado de Huila saugen förmlich allen Regen an und dadurch bleibt dieses abgeteilte Gebiet
sehr niederschlagsarm. Die Temperaturen können bis auf 50°C klettern. Die Wüste weist mehrere Landschaftsformen auf. Graue Sanddünen, erodierte rote Felsen die kleine Labyrinthe bilden, kleine Canyons und
weite Ebenen auf denen nur dorniges Gestrüpp und etwas gelbes Gras gedeiht.
Wir liefen bei Sonnenschein durch die roten Felsen und konnten den kürzlichen Regen überall sehen. Zum einen war der Sand an manchen Stellen noch schmierig und zum anderen
blühte und grünte es überall. Nicht wie im Wald, aber kleine zarte Triebe und winzige Blüten gab es überall. Für uns mit eigenem Fahrzeug war die Wüste perfekt. Wir konnten fahren wohin wir
wollten, konnten an etlichen Stellen auch von der Piste einfach in die Wüste abdrehen, allerdings immer auf der Hut nicht irgendwo eine feuchte, schlammige Stelle zu erwischen. Die gab es zuhauf. Parken und nächtigen stellte uns vor eine Qual. Wir sahen mehrere herrliche Stellen, komplett weg von allem und drehten trotzdem die gesamte Runde auf den Straßen
durch die Wüste. Sozusagen im hintersten Zipfel bogen wir von der Straße und parkten oberhalb eines kleinen Canyons mit Blick über graue von Wind und Wetter zerfressene Sandformationen. Wir packten den Grill
aus und beobachteten schillernd grüne Papageien die dort in der Wüste lebten. Die Nacht war sehr still, wie immer in einer Wüste. Erst als der Regen einsetzte kamen die Geräusche. Die Tropfen auf unserem
Dach und unsere Diskussion ob wir am Morgen aus dem aufgeweichten Sand herauskämen. Es nieselte die halbe Nacht und wir vertrauten auf Panchos Power.
Pancho hatte genug Power! Aber es begann schon wieder zu nieseln und auf den Sandpisten zeigte sich, dass Panchos Gewicht auf dem schmierigen Untergrund nicht vorteilhaft war. Bei leichten
Anstiegen mussten wir mit Anlauf hinauf und fuhren dabei leicht quer. Der Boden war wie Seife und so gerne wir bei schönem Wetter den „grauen“ Teil zu Fuß erkundet hätten, befürchteten wir
die Wüste bei anhaltenden Regen nicht mehr verlassen zu können. Wir überlegten lange, aber die Vernunft siegte. Wir zuckelten nach Neiva und überquerten wieder Straßen bzw. Brücken die im Hochwasser
untergingen. Wir glauben wir trafen die richtige Entscheidung.
Neiva nutzten wir nur um übers Internet Kontakt mit Zuhause aufzunehmen. Am Nachmittag brausten wir noch einige Kilometer (im Tiefland auf fast ebenen Terrain war dies einfach)
und parkten in dem winzigen Dorf Hobo direkt am Río Magdalena. Um uns wurde der Fang aus den Booten entladen und per Kleintransporter weiter befördert. Wir schauten dem Treiben zu und wurden andererseits begutachtet.
Niemand störte sich aber an uns und ab 19 Uhr hörten wir nur noch die Frösche quaken.
Mittlerweile weit in den Süden vorgerückt besuchten wir das UNESCO-Welterbe Tierradentro beim winzigen Dorf San Andrés de Pisimbalá. Die Anfahrt dorthin hatte es in sich. Die ersten 30 Kilometer waren geteert mit gelegentlichen Straßenverwerfungen.
Einige kleinere und ein paar größere Erdrutsche und Gerölllawinen ließen die Fahrt zum Hindernisparcours werden. Dann kam der Schotter und wir kletterten in die Höhe, neben uns die abbröselnden Klippen. Einige Passagen wurden so stark durch die diesjährige Regenzeit beschädigt, dass mit schweren Baumaschinen
versucht wurde zu retten was zu retten war. Es war nicht mehr als Flickwerk, da die Hänge in denen die Straßen damals getrieben wurden schlichtweg nicht richtig abgestützt worden waren. Wir konnten es oft nicht
fassen wie Straßen in Kolumbien angelegt worden waren, aber im südlichen Land waren sie zum verzweifeln. Wir sahen es manchmal vom Hang rieseln und hatten ein leicht mulmiges Gefühl im Bauch. Mittags erreichten
wir dann aber sicher Tierradentro.
Für 1,50 Euro parkten wir auf einem kleinen Parkplatz eines Hotels. Das Dorf war so klein, dass es nur über 3 Straßen verfügte und Pancho 4 Nummern zu groß,
um anderweitig einen Platz zu finden. Gleich darauf liefen wir los, denn das Wetter schien sich wieder zu verschlechtern.
In Tierradentro sind unter den grünen Hängen dutzende Grabkammern eines unbekannten Volkes zu erkunden. Die in Vulkangestein gehauenen heiligen Plätze stammen aus dem
7. bis 9. Jahrhundert nach Christi und die ansässigen kolumbianischen Kulturen bezeugen, dass die Gräber schon existierten als sie dort sesshaft wurden. In manchen Grabkammern waren farbige Muster erhalten geblieben
und Grabbeigaben wurden in einem kleinen Museum ausgestellt. Inzwischen wurden mehr als 100 Gräber und etliche Statuen freigelegt. Das tiefste Grab in dem wir waren lag fast 7 Meter unter der Erde und wir besichtigten
mehrere Fundorte, aber bei weitem nicht alle. Die in nächster Nähe zum Dorf waren die am besten erhalten gebliebenen Grabkammern, aber auch die weiter in den Bergen waren interessant. Auf halbem Weg erwischte uns
der Regen und in der warmen Dusche liefen wir gemächlich zurück zu Pancho.
Endlich hatten wir mal einen herrlichen Sonnentag. Perfekt um weitere Gräber auf einem hohen Berg zu erforschen. Ein Pfad wand sich steil durch die Natur und wir bekamen nach langer
Zeit ein paar wunderschöne Ausblicke geschenkt. Oben angekommen konnten wir zu beiden Seiten in Täler schauen und die Gräber, hier nur noch Löcher im Boden da sie geplündert worden sind, auf eigene
Faust betreten. Selbst beim Abstieg hielt die Sonne stand und nach einem Weltklasse Mittagessen bei einer Omi im Dorf nutzten wir den Hotelpool und planschten ein paar Minuten. Erst am Abend zogen Wolken auf und der Nieselregen
setzte in der Nacht ein.
Am Morgen wollten wir weiter durch die Anden nach Westen, um in der Stadt Popayán zu halten. Laut Reiseführer die zweitschönste Stadt Kolumbiens! Als wir die 3 €
zahlten, erzählte uns ein Angestellter des Hotels (war übrigens komplett leer), dass wir auf der von uns gewählten Route nicht weiter kämen. Ein Erdrutsch hat eine Brücke beschädigt und vorbeifahren
hat die Polizei unterbunden, nach dem ein Auto den Hang runter ist. Wir mussten die gleiche Strecke wieder zurück fahren und dann einen anderen Pass wählen. Obwohl wir nur zwei Tage in Tierradentro waren, die sich
auf alle Fälle gelohnt haben, passierten wir viel mehr Steine und Erde auf der Straße als zuvor. An einer Stelle wurden wir gestoppt, da man gerade dabei war einen frischen Erdrutsch zu beseitigen, aber pausenlos
Steine nach rollten und dies die Arbeiter zurückdrängte. Wir warteten dort 30 Minuten bis wir schnell durchgewunken wurden. Tja und dann waren wir wieder fast in
Neiva und wählten die nächste laaaange Schotter-Schlagloch-Rumpel-Piste.
Auf nach Popayán,
die Grabräuber