Mit Volldampf weiter; oder fast. Auf einer der Hauptrouten nach Süden rückten wir der Hauptanbauregion des weltberühmten kolumbianischen Kaffees näher. Doch steckten
wir stets hinter einem vollbeladenen Sattelschlepper fest und wurden andererseits pausenlos von Kleintransportern und Bussen überholt. Die Landschaft war sehr reizvoll, konnten sie aber so kaum bewundern. Eine alternative
Strecke musste her (Kartenlink).
Wir fanden sie im heißen La Pintada. Eine kurvenreiche und enge Straße führte wieder in die Berge und endete in Manizales unserem nächsten Ziel. Kaum waren wir
über 1.000 Meter kamen die Kaffeepflanzungen und es wurden mehr je höher wir fuhren. Dort sahen wir auch zum ersten Mal weiß blühende Kaffeesträucher.
An diesem Tag kamen wir bis nach Aguadas und dort gab es laut Karte einen Aussichtspunkt. Den steuerten wir an und bemühten uns in den kleinen Gassen auf 2.300 Höhenmetern
nichts zu beschädigen. Kabel hingen tief und Dächer ragten weit in die Straße. Pancho hinterließ glücklicherweise nur staunende Gesichter und keine wütenden Menschen. Die letzten Meter ging
es über viel Stein und nach einer 360° Kurve standen wir oben auf dem Berg über der Kleinstadt Aguadas mit kolonialen Wurzeln. Von dort konnten wir die gesamte Region überblicken, in jede Richtung. Bis
wir aber die Aussicht in uns aufnehmen konnten, wurden wir überschwänglichst begrüßt. Cesar wohnte mit seiner Familie auf dem Plateau und schenkte uns Kaffee ein. Schwarz und zuckersüß wie ihn die Kolumbianer lieben... Da Sonntag, war auch noch ein Herr der Touristenpolizei vor Ort. Er hieß
uns willkommen, versicherte uns wir könnten so lange wir wollten an dem Aussichtspunkt campen, versorgte uns mit Karten von verschiedenen Provinzen und benannte für uns jeden Gipfel und jedes Dorf in unserem Blickfeld.
Schon kam die zweite Runde Kaffee. Wir waren noch im Gespräch, kam ein Herr der Stadtverwaltung samt Familie und lud uns zu sich ein. Wäsche waschen, Trinkwasser auffüllen, was immer wir brauchten. Er schwärmte
von den vielen Sehenswürdigkeiten seiner Stadt (z.B. behauptet auch Aguadas der Geburtsort der Panama-Hüte zu sein; wir kennen jetzt schon 3 Städte in 3 Ländern die dies für sich proklamieren ☺). Uns schwirrte der Kopf. Dann wurden wir gefragt wie lange wir bleiben wollen. Wie immer eigentlich nur über
Nacht, aber nun nach fast 2-stündiger Willkommensorgie sagten wir vorsichtig 2 vielleicht auch 3 Nächte. „Bloß“ kam die Antwort! Hallo wir reden von einem Städtchen mit 23.000 Einwohnern, welches
1808 mitten in den Bergen gegründet wurde. Was sollten wir dort einige Tag lang tun? Bei sehr wechselhaftem Wetter obendrein? Naja langsam rückte der Sonnenuntergang näher und Kälte vertrieb das letzte
bisschen Wärme. Als die Sonne hinter dem Bergrücken in der Ferne verschwand glühte der Himmel violett. Es sah sehr unnatürlich aus. Bald darauf verzogen wir uns, nach einer weiteren Runde Gratiskaffee,
ins Innere. Es folgte die kälteste Nacht in Kolumbien mit 10 Grad.
Der Morgen weckte uns mit Sonne, aber bereits die Berge in der Umgebung waren in Regenwolken gehüllt. Wir liefen ins Dorf und mampften Kuchen. Tinto, also schwarzer Kaffee, fehlte
natürlich nicht. Wir besichtigten das örtliche Hutmuseum, mit 450 Stück laut Aguadas das größte der Welt. Wir waren in 10 Minuten durch. Mit ein paar Würsten vom Metzger unterm Arm kamen wir
gerade noch vor dem ersten Regenschauer dieses Tages an Pancho an. Der restliche Tag blieb nasskalt. Wir gaben mehrere Führungen in unserer Wohnung, tranken wieder den einen oder anderen schwarzen klebrigen Kaffee und
ich spielte zwei Partien Schach gegen Cesar. Weitsicht hatten wir keine mehr und noch vor dem Sonnenuntergang setzte ein Gewitter ein. Es regnete für Stunden.
Der Morgen war nicht wolkenfrei, aber wenigstens kam kein Niederschlag von oben. Bevor wir den Aussichtspunkt verließen erfuhren wir, dass sich dort im November 2016 der Flugzeugabsturz
ereignete, der in den Nachrichten um die Welt ging. Eine erstklassige brasilianische Fußballmannschaft zerschellte in Sichtweite von Aguadas in den Anden. In den Nachrichten hieß es die Maschine hätte zu wenig
Treibstoff gehabt, oder der Pilot hätte sich geweigert zu tanken. Cesar erzählte uns jeder hatte gesehen wie das Flugzeug kreiselte, ja kreiseln musste. Es war im
Landeanflug auf Medellín, bekam aber keine Landeerlaubnis. Sie sahen die Tragödie und dabei wäre der Flughafen nur 3 Minuten entfernt gewesen...
Mit diesem letzten Bild im Hinterkopf fuhren wir weiter. Es ging wieder bergab und die landwirtschaftliche Fülle sprengte jede Beschreibung. Kaffeehaine und dann wieder Regenwald mit einem Wasserfall. Dann Hänge voll mit Brombeeren (einer der Lieblingsbeeren in
Zentralamerika und bis jetzt auch in Kolumbien und Ecuador), die ihrerseits von Zuckerrohr und Bambus abgelöst wurden. Orangen- und Limettenbäume und dann Felder mit roten Erdbeeren. Tomaten, Zucchinis, Melonen, Bananen, Paprikas und Kohl. Salate, Mais, Chilis, Gurken, Maracujas, Papayas und in tieferen und wärmeren Lagen Kakao und Ananas. Es blühte und wucherte an jeder Ecke, aber Kaffee dominierte die Vielfalt. Mit Kaffee wird richtig gutes Geld verdient und die Bauern haben es sich redlich verdient. Die Hänge waren
zum Teil so steil, dass die Arbeiter sich per Seil absicherten!
Die Fahrt ging endlos weiter. Wir wollten in einer reichen Silberstadt bummeln, aber Pancho bekam den nackten Horror beim Anblick der Straßen. Wir fuhren einfach weiter und begrüßten
kurze Zeit später den Regen. Bei so viel Wasser wunderte es uns nicht, dass immer wieder kleinere Erdrutsche eine Straßenhälfte blockierten, oder die Straße selbst per Rutsch in die Tiefe ging. An mehreren
Stellen fehlten kleinere und größere Stücke der Asphaltbahn.
Die Großstadt Manizales erreichten wir am späten Nachmittag in strömendem Regen. Auch dort suchten wir einen Aussichtspunkt aus und stellten uns für eine Nacht in
unmittelbarer Nähe zu diesem in eine Straße. Bei gutem Wetter hätten wir die schneebedeckten Vulkangipfel des Nationalparks Los Nevados bewundern können. Aktive und inaktive Vulkane liegen auf kleinstem Raum beieinander, der höchste dieser Kette der Nevado del Ruiz misst 5.325 m. Wir sahen 25 Meter weit, also war es wurscht wo der nächste
Gipfel lag und wie hoch dieser war. Gutes Wetter ist Café Wetter, dann ist es schlechtes noch viel mehr. Unser erster Gang führte uns in eine Bäckerei und später liefen wir etwas im Regen umher, um uns
die Beine zu vertreten. Es regnete wieder die ganze Nacht.
Einen Besuch des oben genannten NP verschoben wir aufs Jahr 2036. Vorher wird es dort nicht abtrocknen...
Manizales war immer noch feucht und wir verbrachten eine Stunde in einer der irrwitzigsten Straßenführungen seit der Mensch den Straßenbau beherrscht. Nun ja in Manizales
scheinen sie noch heute nicht ganz hinter den Kniff gekommen zu sein, vielleicht liegt es aber auch an der geologischen Lage der Stadt. Ca. 400.000 Menschen leben auf fast 500 Höhenmeter Unterschied. Gefühlt gab
es keine gerade Straße. Brachial steil und kurvenreich mit Brücken und Tunnel die von Verrückten entworfen wurden. Wir kauften uns eine neue Stirnlampe und neue Batterien. Die ersten Akkus unseres Abschiedsgeschenks
aus Assamstadt gaben den Geist auf. Haben lange gehalten!
Danach ging es an Pereira vorbei und Kaffee begleitete uns wo immer wir hinschauten. Wir waren in der Zona Cafetera angelangt, Kolumbiens größtes Kaffeeanbaugebiet. Auf einem
Rastplatz mit schnellem Internet legten wir an diesem Tag früh die Arbeit nieder. Wir ließen uns den Kaffee schmecken und uns erklären, welcher Vulkan von den Abbildungen vor Ort wo lag. Mehr bekamen wir nicht
zu sehen. Regenwolken gab es so viele wir wollten, aber einen blauen Himmel suchten wir vergebens.
Die 30 km bis ins „Wohnmobil unerwünscht(e)“ Salento bewältigten wir im Flug. Jeder der in Kolumbien im eigenem Auto unterwegs ist weiß dies. Aber andererseits
verstehen wir sogar die Stadt bzw. die Ordnungshüter. Bis vor gut einem Jahr säumten Camper den zentralen Platz der kolonialen Kleinstadt. Diese parkten dort für Tage wenn nicht für Wochen und wer kein
eigenes WC an Bord hatte, nahm auch gerne den nächsten Baum oder die nächste Skulptur. Dann handelte die Stadt und verbannte alle Mobilbesitzer. Wir dachten gar nicht daran in die Stadt zu fahren und parkten an einer
Ruine direkt am Rand. Dort parkten schon einmal welche und hatten kein Problem.
Salento hat nur ca. 7.000 Einwohner und doch tummeln sich dort Besucher aus In- und Ausland; besonders am Wochenende. Gründe sind die ruhige Lage eingebettet in sanften, bewaldeten Hügeln. Kaffeeanbau ist auch
dort allgegenwärtig und so lassen sich viele Tours rund um das Thema Kaffee finden. Das Valle de Cocora, komme gleich noch darauf zu sprechen, beginnt direkt in Salento und der Charme der alten kolonialen Holzhäuser tut sein übriges. Wir bummelten darauf los und merkten nach einem Besuch im Informationszentrum und bei der Polizei, dass das Städtchen
nur aus Cafés und Restaurants bestand. Aber die absolute Mehrheit stellten die Souvenirläden. Ein paar bunte Häuser waren nett anzuschauen, aber uns sagte das ganze Treiben überhaupt nicht zu. Nach dem
die Polizei uns versicherte, dass wir an unserem Standort kein Problem bekommen werden, erkundeten wir bald die weiter außerhalb gelegenen Straßen. Erst später gingen wir auf einen Kaffee und ein indisches
Abendessen zurück ins Zentrum. Kolumbianischer Kaffee ist wirklich lecker, aber kaum besucht man ein besseres Café, oder einen Kaffeezüchter schmeckt der Kaffee nur noch sauer. Irgendwie scheint man in diesem
Land zu meinen, dass Spitzenbohnen schlecht geröstet werden müssen. Vielleicht liegt es aber auch am Geschmack der Deutschen, wir kennen sechs weitere die exakt das gleiche Urteil fällten.
Um 21.30 Uhr saßen wir im Inneren von unserem Pancho, als außen eine Polizeisirene aufheulte. 2 Polizisten der Straßenordnung erklärten uns höflich aber bestimmt
(es wurde auch ein Foto gemacht), dass in Salento und Umgebung das wilde campen verboten sei. Sie verwiesen uns auf Campingplätze, oder auf einen Busparkplatz der weit außerhalb der Stadt lag. Unseren Versuch die
Zustimmung der hiesigen Polizei ins Spiel zu bringen taten sie mit einem Schulterzucken ab, anderes Departement ist nicht deren Zuständigkeit (Straßenverkehr vs. Touristenpolizei). Grummelnd mussten wir einpacken,
fanden einen verrammelten und äußerst unebenen Busparkplatz vor und waren schon auf dem Weg Salento zu verlassen, als wir in einer der Hauptstraßen um 22.15 Uhr einen Herrn mit fuchtelnden Armen begegneten.
Er war der Besitzer von Creepers Co und wir standen direkt vor seinem offenen Restaurant mit Bar. Er offerierte uns direkt auf seinem Grundstück zu parken, ohne Gegenleistung da er die Regelung der Stadtverwaltung in
Bezug auf uns Camper zum kotzen fand. Wir nahmen dankend an und fanden uns gleich darauf neben einem weißen T3 VW-Bus mit Nürnberger Nummer. Wir tranken noch ein Bier in der Bar und sagten Gute Nacht zum deutschen
Pärchen Anja und Tobias. Als wir zu Pancho aufbrachen stiegen aus einem Minibus Felix und Leo (lernten wir in Medellín im Arví Park kennen). Also quatschten wir erst noch ne Runde und verabredeten uns für
den nächsten Morgen um 9 Uhr. Sie wollten auch ins Valle de Cocora und wir luden sie ein in unserer Kabine die paar Kilometer mitzufahren. Und dann kam der Regen.
Und der Regen blieb. Es schüttete am Morgen und als Felix und Leo aufkreuzten palaverten wir noch eine Stunde. Wir wollten bei dem miesen Wetter nicht ins Wachspalmen-Tal fahren
und sie wollten auch nicht. Anja und Tobi gesellten sich später auch noch dazu und mit den beiden verbrachten wir den restlichen Tag. Sie starteten in Uruguay und waren auf dem Weg nach Norden. Ihr T3 muckte pausenlos
und sie waren schon kurz davor aufzugeben, als wir vor kurzem eine Mail von den beiden bekamen, dass nach einer längeren Reparatur in Bogotá ihr VW schnurrt wie noch nie zuvor. Mittlerweile sind sie in Panama-Stadt
und wir wollen sie auf diesem Weg nicht nur grüßen, sondern euch allen etwas ans Herz legen. Die beiden sind mit einer Drohne unterwegs und wenn ihr nicht nur Bilder von uns irgendwann mal sehen wollt, wie wir in
Patagonien und Feuerland einen Berg oder Gletscher fotografieren, dann schaut euch bitte die 3 kurzen Videos auf deren Seite an (www.syncrox.de/stuff/videos-2). Tobias und Anja sind Ärzte und leidenschaftliche Kitesurfer, also nicht aus der Branche
der Fotografie oder Design und doch sind die Videos spitze. Anschauen ist Pflicht!!!
Wir babbelten mit den Nürnbergern bis um eins. Dann endete der Regen, aber die Wolken blieben. Wir beschlossen trotzdem ins Tal
der Wachspalmen (Valle de Cocora) zu fahren und trafen uns dort kurze Zeit später wieder. Am Ende des Tals gab es einen teuren Parkplatz, 2 kleine Hotels und 3 Restaurants. Dazu noch ein paar Anwohner aus der Gegend,
die ihre Pferde für die ach so beliebten Ausritte durch die Wachspalmen anboten. Fertig. Eines der 3 Restaurants hatte geschlossen (immer am Freitag!?) und ein Pferdebesitzer forderte uns auf dort zu parken. Kaum eingeparkt
kam der weiße VW-Bus (getauft auf Dreckskarre ☺) an. Dann gingen wir zusammen essen und redeten fleißig weiter. Die beiden verwarfen den Gedanken in dieser
Nebelsuppe laufen zu gehen und wollten eigentlich schon weiter fahren, aber schlussendlich verquatschten wir uns, sahen den Kolibris zu wie sie von Blüte zu Blüte flitzten und konnten unser Glück kaum fassen
als gegen 17 Uhr die Sonne raus kam und die Wolken sich mehr und mehr auflösten. Sie verschwanden im Laufe des Abends komplett und mit dem Einbruch der Dunkelheit gesellte sich noch ein junges holländisches Pärchen
in ihrem Auto zu uns und zu guter Letzt kam noch eine Belgierin auf ihrem Drahtesel die hinter den ersten Büschen ihr Zelt aufschlug. Jeder kochte schnell was und dann
aßen wir alle zusammen unter inzwischen sternenklaren Himmel. Ein paar Drinks später und nach einigen geilen Nachtaufnahmen mit dem guten Equipment der anderen (schnief unsere alte kleine Digitalkamera kann das
nicht) verzogen wir uns alle in die warmen Betten. Auch diese Nacht, da wolkenlos, wurde kalt.
Der Morgen begrüßte uns mit einem strahlend blauen Himmel. Aber was jetzt genau das Valle de Cocora und Wachspalmen sind verraten wir beim nächsten Mal.
Durch die Wachspalmen,
zu Fuß und per Pancho