Sonntag, 18. März 2018

Puerto Natales und ein verschandelter Nationalpark (13.01.2018 - 18.01.2018; aktueller Standort: Salto, Salto)

Aktuelle Info: Nach ein paar wenigen Stunden in Brasilien haben wir das letzte Land auf unserer Reise erreicht; Uruguay!

Die Grenze lag hinter uns und wir rollten die nächsten 5 km langsam bergab. Einmal rechts abgebogen und wir befanden uns weitere 10 Minuten später in Puerto Natales am Última-Esperanza-Sund (Kartenlink).

Zuerst bekam Pancho neuen Kraftstoff (war selbst hier ohne direkte Verbindung mit dem restlichen Chile günstiger, als Diesel in Argentinien). Gesättigt brachte er uns ans Wasser, der Wind war frisch aber angenehm und die Sicht unbezahlbar. Viele Schwäne schaukelten über den sanften Wellen des Sundes und Berge ragten auf Inseln und dem Festland empor. Überall fielen gebündelte Sonnenstrahlen durch Wolkenfetzen aufs Meer, oder lokale Regenschauer tränkten das raue Land. Plötzlich waren wir in Patagonien, wie wir es uns vorgestellt hatten. Wir fuhren die Uferstraße hoch und runter und sogen die typischen Bilder einer kleinen Hafenstadt in uns auf. Fischerboote hüpften übers Wasser, alte hölzerne Schiffsleichen lagen an Land, Seile und Bojen dazwischen. Ein Leuchtturm fehlte nicht und ebenso wenig die bärtigen, von Wind und Wetter gegerbten Gesichter der Seebären. So viele Details vor so einer grandiosen Kulisse. Für viele mag die 20.000 Einwohner Stadt Puerto Natales nichts besonderes sein, für uns war sie goldrichtig.
Wir parkten Pancho direkt am Wasser, wohl wissend dass falls der Wind auffrischen sollte es unruhig werden könnte. An pastellfarbenen Wellblechhäusern vorbei bummelten wir in und durch die Stadt. Alle Häuser waren verschieden, die Parks groß aber von etwas sonderlicher Erscheinung. Wir wechselten fast verlustfrei US Dollar in argentinische Pesos und belohnten uns mit einem Berg Pommes mit Beilagen und tranken aus Gründen der Beschaffung des Internetpasswortes ein Bier in einer Kneipe am zentralen Platz.
In der Nacht schauten wir noch lange über den Sund (Sonnenuntergang war inzwischen erst gegen 22 Uhr) und merkten, dass der Tankwart Recht behalten sollte. Im Sommer kann das Thermometer an sonnigen Tagen auf 20-25°C klettern, an wolkigen zeigt es eher 12-14°C an, aber nachts bleibt es meist auch im zweistelligen Bereich. Wir hatten 12 Grad am Tag und 10 Grad in der Nacht und übrigens nur etwas Wind.





Es war Sonntag und da kam unser uneigennütziges Bier vom Vorabend zur Geltung. Wie immer war sonntags alles zu und wenn etwas öffnen sollte passierte dies erst am Nachmittag oder Abend. Wir parkten Pancho direkt vor der Kneipe und konnten aus unserer Kabine das WiFi-Signal auffangen. Nach Herzenslust verbrachten wir nun den Vormittag online, gingen dann ein paar Lebensmittel einkaufen und besuchten um 15 Uhr einen kostenfreien Einführungstalk über den weltberühmten Torres del Paine Nationalpark. Wir hörten schon verschiedene absurd klingende Preise, die in diesem Nationalpark erhoben werden sollten und bekamen diese von einer netten Chilenin bestätigt. Es war wirklich witzig. Sie fragte „Hey super all ihr, wollte ihr das „W“ wandern? Von ca. 40 Personen nickten 80% begeistert. „Hey und wer will das „O“ wandern? 2 Personen meldeten sich. „Und nun alle die Campingplätze gebucht oder reserviert haben bitte melden!“ 4 für das W und die zwei für das O streckten ihre Arme in die Höhe. Sie strahlte übers ganze Gesicht und sagte dann lachend „Klasse alle andern können abreisen, denn ihr werdet außer Tagestouren nichts anderes im Nationalpark unternehmen können. Simone und ich schmunzelten, denn wir wollten beide Mehrtagestouren nicht laufen. Dazu später mehr. Bis Ende März waren die einzigen 2 kostenfreie Campingplätze ausgebucht, manche kostenpflichtige ebenso. Und nun haltet euch fest. Dies ist kein Schreibfehler!!! Pro Tag ein Zelt für zwei Personen kostete je nach Campingplatz um die 120 US Dollar!!! Kein Witz, kein Schreibfehler. Der Parkeintritt pro Nase 30 Euro, eine Katamaranfahrt die nötig ist um ans/vom Bergmassiv zu gelangen 24 Euro oder 38 Euro für Hin- und Rückfahrt im Falle von Tagestouren. Reisebekannte schrieben uns vor 3 Wochen, dass sie für die Nacht in ihrem Camper auf einem Parkplatz, der bis dato noch kostenfrei war, 20 Euro hätten zahlen sollen. Wir hatten nach diesem Talk wenig Lust in den Park zu fahren und überlegten ihn komplett von unserer Liste zu streichen. Aber wir hörten von anderen Reisenden auch noch was anderes... der Park ist von 8 bis 20 Uhr geöffnet, aber danach ist niemand mehr an den Rangerstationen und die Straßen weiterhin frei befahrbar. So sind schon einige Reisende zumindest um den Eintrittspreis gekommen.
Wir hielten uns diese Option offen und schlenderten erst weiter durch die Straßen, gönnten uns ein riesiges Stück Schokoladentorte für 2 Euro und liefen dann am Wasser in der frischen, aber wohlriechenden Brise am Meer entlang. Für die Nacht fuhren wir einen Kilometer aus der Stadt heraus und stellten uns an eine von vielen Schotterflächen am Wasser.






Wir füllten unseren Kühlschrank, denn wir machten uns auf den Weg nach Norden in Richtung Nationalpark. Falls wir den Park nicht betreten, wollten wir doch wenigstens die Granitfelsen sehen und falls wir doch einfahren, wollten wir Verpflegung für mehrere Tage dabei haben. Auf einer Nebenroute näherten wir uns den Torres del Paine und hielten für ein paar Stunden an einem nationalen Monument. Im Spanischen hieß es Cueva del Milodón, auf Deutsch die Höhle vom Milodón, welches eine prähistorische Form des Faultiers war. Auf den Hinterbeinen stehend soll es 3 Meter gemessen haben und war ca. 1 Tonne schwer. Die Höhle wurde natürlich nach den Überresten benannt die dort gefunden wurden, aber dies war nicht das Entscheidende, sondern es wurden dort auch menschliche Knochen und primitive Werkzeuge entdeckt. Diese datieren auf ca. 11.000 Jahre zurück und gelten als älteste Funde menschlicher Zivilisation in Südamerika! Und dort standen wir zwei, latschten durch die Natur und futterten blaue Calafate Beeren. Wir besichtigten 3 Höhlen, fanden aber an den dunklen Dingern nichts attraktives. Viel mehr war die Umgebung schön. Ein Kondor segelte über die Landschaft und das hohe Gras duftete herrlich in der Sommersonne.
Es ging langsam weiter durch die grüne Umgebung. Berge und Vulkankegel, kleine Flüsse und Seen. Noch vor dem Park fanden wir einen tollen Platz, versteckt hinter vielen Bäumen auf einer ebenen Grasfläche neben einem Wasserfall. Wir waren dort ganz alleine und es gefiel uns so gut, dass wir den Nationalpark noch einen Tag vertrösteten.






Der Morgen begrüßte uns mit Regen. Zum Mittagsessen regnete es immer noch und auch am frühen Nachmittag nieselte es weiter. Wir spielten und feilten am neuesten Blog. Faulenzen war auch eine Tätigkeit der wir uns widmeten .
Dann klarte es gegen 16 Uhr auf und wir packten die Chance am Schopf und fuhren die letzten 30 km, bis wir an einem fantastischen Aussichtspunkt auf die Granitnadeln angelangten. Sie waren nicht gänzlich frei, aber es wurde besser und besser. Wir saßen im Fahrerhaus und schauten und schauten. Draußen war es frisch und windig. Dies war der Ort an dem wir überlegten umzudrehen, aber ich kam mit einem Fahrer eines kleinen Tourbusses ins Gespräch und er meinte todernst zu mir, wir sollen bis 20 Uhr warten und dann in den Park fahren. Er sagte es wäre eine öffentliche Straße und 24 Stunden offen. So erfuhr ich auch, dass niemand das Ticket überprüft während man im Park ist und auch dann nicht, wenn man ihn wieder verlässt.
Simone war nicht wirklich überzeugt und auch ich hatte ein mulmiges Gefühl in der Magengegend, als wir um 21.30 Uhr nach dem Abendessen Pancho wieder anwarfen und die letzten wenigen Kilometer bis zur Parkgrenze fuhren. Ich benötigte drei Anläufe bis ich dann doch am Rangerhaus vorbei fuhr und mit Angst dem Blinklicht eines Rangers per Auge folgte, wie dieser 3 Camper am Ufer eines Sees vertrieb. Wir wollten nur vor ihm auf der schrecklichen Schotterstraße sein, wenn er wieder zurück auf diese einschwenkte. Es war inzwischen 22.30 Uhr und Torres del Paine glühte noch etwas im letzten Licht, als wir hinter ein paar niedrigen Bäumchen an einem anderen See parkten. Wir hofften nur, dass uns kein Ranger entdecken würde und wir hatten Glück. Es war kaum noch Verkehr auf der Straße und wenige Minuten später erloschen die Lichter in unserem Inneren.





Wir erwachten kurz nach 6 und sahen 4 Radfahrer, die wir am Vorabend noch vor der Parkgrenze zelten sahen, an uns vorbei radeln und eine kurze Katzenwäsche am See nehmen. Da hatten sich also noch 4 weitere Personen heimlich eingeschlichen...
Wir packten den Tag richtig voll und verzichteten am Abend auf eine weitere Nacht innerhalb des Parks. Der Torres del Paine Nationalpark ist 1.181 km² groß und seit 1978 ein Biosphärenreservat der UNESCO. Die fast senkrechten Granitfelsen der Türme von Paine ragen über 2000 Meter in die Höhe und die patagonische Steppe bildet mit farbigen Flüssen und Seen, gelben Gräsern und Südbuchenwäldern ein perfektes Kontrastprogramm. Der Grey Gletscher kalbt neben den Granitnadeln in den Lago Grey (das Wasser ist grau und daher sein Name) und zwischen den Zinnen befinden sich weitere Eisfelder. Dazu noch zahlreiche Wanderwege und herausgekommen ist einer der teuersten Nationalparks, wahrscheinlich der teuerste, den wir auf unserer Reise betraten. Wenn der Himmel wolkenfrei ist, mag die Aussicht sicherlich von überall ein einziges Panorama sein, aber wir können für uns felsenfest behaupten, dass der Torres del Paine NP nicht der schönste Nationalpark ganz Südamerikas war. Wir würden sogar weiter gehen und sagen, dass wenn man wie wir Chile und Argentinien von Norden nach Süden bereist hat, man rein gar nichts versäumt wenn man diesen Nationalpark weglässt. Allerdings, zu seiner Ehrenrettung, müssen wir auch zugeben keine Wanderung direkt an den Granitnadeln durchgeführt zu haben. Das bekannte „W“ ist ein 4 oder 5 Tagestour, bei der man oberhalb des Grey Gletschers ist, zwischen den Granitfelsen in die Höhe steigt und auch die Lagune zwischen den Felsen zu sehen bekommt. Das „O“ führt zusätzlich noch auf der Rückseite komplett um das Massiv und fordert weitere 2 Tage.
Wir wunderten uns schon gleich am frühen Morgen, wohin denn bitte schön die vielen tausend Euro pro Tag verschwinden, damit man nicht mal eine halbwegs vernünftige Straße durch den Nationalpark schieben kann. Pro Tag besuchen von Mitte November bis Mitte April mehrere hundert Menschen den Park. In den Stoßzeiten, so berichtete uns ein Fahrer, laufen jeden Morgen noch vor Sonnenaufgang 500 Leute hoch zur Lagune zwischen den Türmen, um das perfekte Bild zu erlangen wenn die Sonnenstrahlen den Granit zum glühen bringt. Die laufen los egal wie das Wetter ist, denn schließlich hat man den Campingplatz nur für eine Nacht reserviert und muss im Zeitplan bleiben. Man muss dort anstehen, um in den Weg zu dürfen und Wanderer die runter wollen müssen jeden passieren lassen, der im Anstieg ist. Da kann man unter Umständen lange warten...
Egal, bei solchen Einnahmen schaffte es die Parkverwaltung nicht einmal eine vernünftige Schotterpiste in Ordnung zu halten. Schlaglöcher, Bodenwellen, Felsbrocken es war ein Graus. Wir fuhren langsam durch den Park und machten einen kurzen Halt am Wasserfall Chica (klein) und später einen längeren am großen Wasserfall. Am kleinen sahen wir zu unserer Verwunderung wieder ein seltenes Huemul und am großen liefen wir weiter, bis wir nur noch von einem Seitenarm des hellblauen Lago Pehoé vom Bergmassiv getrennt wurden. Dies war der Zeitpunkt, an dem die Wolkendecke mehr und mehr aufriss. Anschließend liefen wir auf einen Aussichtspunkt und bekamen im oberen Abschnitt eine Kostprobe des zügellosen Windes. Neben seiner Schönheit ist dieser Park für seine heftigen Winde bekannt. Schon beim Einführungstalk wurde dies angesprochen. Es wurden Windstärken über 100 kmh gemessen und da muss man als Wanderer irgendwie durch. Wind hat man immer im Paine und als wir am Mirador del Condor standen, standen wir weniger und lagen/saßen mehr auf großen Felsbrocken und schauten übers Land. Der Wind machte eine aufrechte Position unmöglich, aber die brauchten wir auch nicht um die Aussicht auf die Berge und vor allem auf den Lago Pehoé zu bewundern. Heil wieder vom Berg herunter fuhren wir zum Lago Grey und liefen über den Steinstrand um auf einer Halbinsel noch weiter in den windgepeitschten See hineinzugelangen. Der Gletscher lag weit entfernt, aber ein riesiger Eisberg trieb auf uns zu. Wir saßen dort in der Sonne und warteten und waren froh endlich eine windgeschützte Stelle gefunden zu haben. Auf dem Rückweg fegten wieder Kieselsteine gegen unsere Beine, Kinder fielen um und selbst manche Frauen mussten vom Mann gehalten werden. Hüte und Regenjacken segelten davon, was übrigens auch von Zelten berichtet wird. Nach diesem schönen Abschluss wollten wir nicht länger illegal im Nationalpark verweilen, auch weil wir den Kapitalismus der Parkverwaltung nicht unterstützen und somit keine Tagestour am Torres laufen wollten. Unterm Strich ist der Torres del Paine Nationalpark viel zu vermarktet. Sein künstlicher Hype zerstörte die wohl einst grandiose Natur.
Wir fuhren unbehelligt aus den Park und parkten gleich am ersten Aussichtspunkt außerhalb der Parkgrenze. Der Wind schüttelte uns die ganze Nacht hindurch und so manche Minute lagen wir wachen vom ewigen Gepfeife und Gequietsche.

















Wir erwachten mit Regen, der sich allerdings nach einem langen Morgenkaffee langsam auflöste. Zurück nach Puerto Natales wählten wir eine andere Strecke und gondelten gemächlich am Ufer des Lago Pehoé entlang und sahen außer ein paar Guanakos und Nandus kaum eine andere Seele. Dies änderte sich, als wir auf die Asphaltstraße und somit dem Hauptverkehrsweg von der Hafenstadt in Richtung Nationalpark einschwenkten. Viele Autos und noch mehr Reisebusse waren dort unterwegs. Ebenfalls flachte die Landschaft etwas ab und so kamen wir ohne weitere Stopps ziemlich zügig zurück nach Natales. Wir liefen ein weiteres Mal durch die Straßen und fanden weitere schmucke Blechhäuser, die uns beim ersten langen Bummel entgangen sind. Mit ein paar süßen Stückchen suchten wir uns einen abgelegenen Platz am Última-Esperanza-Sund und fanden als Nachbarn einige Pferde. Sonst waren dort nur Seevögel und die nächsten Häuser lagen einige hundert Meter entfernt. Wir schauten den Möwen beim Fischen zu, wie sich Enten und Schwäne um ihren Nachwuchs kümmerten und Kormorane ihre Flügel im Wind trockneten. Dabei schweiften die Blicke immer wieder über das Meer und die Berge dahinter. Puerto Natales war wirklich nach unserem Geschmack.






Auf zur letzten chilenischen Großstadt,
auf nach Punta Arenas!

Sonntag, 11. März 2018

Der Los Glaciares Nationalpark (05.01.2018 - 13.01.2018; aktueller Standort: Foz do Iguaçu, Paraná)

@ Claudi & Thorsten: Wie gerne wären wir bei eurer Hochzeit dabei gewesen, aber wie ihr wisst war die Entfernung zu weit. Deshalb auf diesem Weg noch einmal alles alles Gute und Liebe von uns beiden. Wenn wir es nicht schaffen konnten persönlich anwesend zu sein, kommen unsere Glückwünsche dafür wohl am weitesten entfernt zu euch. Wir umarmen euch 2 3/4 aus Brasilien!!!!!!!

Unsere Wünsche wurden erhört! Wir hatten Sonne satt aber kaum Wind und machten gut Strecke, auch da wir an diesem Tag keinen Abstecher auf einen Schotterweg hinlegten. Dafür war der Los Glaciares Nationalpark ein zu großer Besuchermagnet (Kartenlink).

Gut 60 km lang war die Stichstraße bis ins noch junge Städtchen El Chaltén. In der Neuzeit hatte diese Kleinstadt eine der rasantesten Entwicklungen hingelegt. Wir hatten erst die Hälfte der Strecke hinter uns und überblickten bereits nicht nur die Andenkette sondern erkannten auch schon unser Ziel. Gipfel reihte sich an Gipfel, soweit der Horizont reichte, aber der markante Gipfel des Fitz Roy war unverwechselbar. Kaum eine Wolke hing über dem Berg und seinen ebenfalls berühmten Nachbarn Cerro Torre. Wir strahlten wie Kinder bei der Ostereiersuche und benötigten wegen den vielen Fotostopps rund eine Stunde länger als notwendig. Schon von weitem war unser Ziel extremst fotogen!
Kurz vor dem Ort fuhren wir am Viedma See vorbei und sahen auch den dazugehörigen Gletscher direkt im See enden. Was wir noch nicht wussten, dies war der größte Gletscher Argentiniens und der zweitgrößte Südamerikas. Der Viedma Gletscher hat eine Fläche von ca. 975 km² und ist ebenfalls Bestandteil des riesigen Los Glaciares Nationalpark. Seine Parkgrenze überfuhren wir 2 km vor El Chaltén. Der zum UNESCO-Welterbe erklärte Los Glaciares Nationalpark ist mit 7.269 km² der größte Park Argentiniens und schützt neben der patagonischen Steppe einen Großteil der südlichen Anden mit seinen vielen Gletschern. Ebenfalls liegt das Südpatagonische Eisfeld, welches sich Chile und Argentinien teilen, in diesem Park.
Im Vergleich hatte unser Ziel, das Fitz Roy Massiv, wenn man so möchte nur die Fläche einer Sticknadel. Der Fitz Roy überragte den Ort, konnte aber nur vom Ortseingang gesehen werden. Direkt dort befand sich das Besucherzentrum und gegenüber der Straße am Fluss eine Fläche wo Camper kostenfrei stehen durften. Wir steuerten direkt den Parkplatz des Informationsbüros an und wunderten uns, dass auf der anderen Fläche kein Wohnwagen oder ähnliches parkte. Im Nachhinein logisch, denn es war perfektes Wetter und warum sollte dann dort jemand parken ohne etwas zu unternehmen?
Genau dies bestätigte uns die Rangerin. Wir hatten den besten Tag der Woche erwischt, morgen könnten wir mit Sonne rechnen, aber auch Wolken und vielleicht etwas Regen wären denkbar. Wir beließen Pancho wo er war und liefen sogleich auf zwei Aussichtspunkten direkt oberhalb des Rangerbüros. Fitz Roy mit seinen 3.405 m war noch zu sehen, der Cerro Torre (3.128 m) und seine zwei kleineren Begleiter war allerdings in einer Wolke versteckt. Nicht ohne Grund zählt für viele Wanderer und Bergsteiger der Fitz Roy zu einen der schönsten Berge der Welt. Dort oben am Aussichtspunkt stehend und über die Kleinstadt zu blicken, über der sich der Granit ähnlich einer Bischofsmütze auftürmte, war etwas besonderes. Der zweite Aussichtspunkt überblickte den Viedma See und wäre als solcher sicherlich als spektakulär zu bezeichnen gewesen, aber gegen die Bergseite nahm er sich aus wie der Blick auf einen Karpfenteich. Also rüber auf die andere Seite, voll Bewunderung staunen und später vor dem Besucherbüro ein paar Gürteltieren beim Verzehr der Nahrungsreste anderer Besucher zuschauen. Dann parkten wir auf der anderen Straßenseite und waren plötzlich nicht mehr alleine. Bis um 23 Uhr kamen Autos/Camper und am Morgen war die festgefahrene Erdfläche gut gefüllt .












Und da waren sie schon wieder, die Wolken... Wir hatten keine Sicht auf das Massiv und die restlichen Anden, dafür ziemlich viel blau über unserem Standort. Nach dem Frühstück liefen wir trotzdem los und konnten direkt von unserer Haustür starten. Ein Wanderweg, bei dem man am Ende beide Hauptgipfel überblicken kann, begann direkt am Rangerhaus. Wie auf den Bildern schon zu sehen war, liegt die Felsnadel Cerro Torre und seine 2 rechten Nachbarn schräg hinter Fitz Roy und seinen anderen Zacken. Befindet man sich vor Fitz Roy sieht man daher Cerro Torre nicht und umgekehrt, wenn man an den Gletschersee zu Füßen von Cerro Torre läuft sieht man wegen der Steilheit der Granitwand zur rechten Fitz Roy nicht. Vom Loma del Pliegue Tumbado, einen kleinen Berg mit fast 1.500 Höhenmeter, sieht man beide und wir hofften dass die Wolken sich noch verflüchtigen würden. 10 km später und 1.000 Höhenmeter weiter oben hatten wir eine schöne Tour durch Südbuchenwald hinter uns und warteten 3 Stunden wie sich die Wolken entscheiden würden. Fitz Roy klarte langsam auf, Cerro Torre blieb bedeckt. Wir saßen mit anderen Wanderern auf den warmen Steinen und holten uns einen Sonnenbrand auf den Nasen. Da wir das Massiv am Vortag in seiner ganzen Pracht sehen durften waren wir alles andere als enttäuscht. Wir wollten nirgendwo anders sein, als dort oben in der Sonne sitzen (ohne Wind!) und die Wolken beobachten. Um 16 Uhr stiegen wir wieder ab und als wir bei einem Bier im Freien saßen wunderten wir uns nicht, dass ab 19 Uhr keine Wolke mehr über den Gipfeln hing. So soll es einfach manchmal sein.












Der Tag begann etwas freundlicher und wir schnappten Pancho und wollten am Fluss entlang das Tal erkunden. Aber die Regenwolken ließen nicht lange auf sich warten und wo sie sich am Wasserfall Chorrillo del Salto zusammenzogen öffneten sie weitere 15 km im Tal langsam ihre Schleusen. Dort war die Straße wieder reifenfressender, scharfkantiger Schotter in Männerfaustgröße und da die Sicht gegen Null tendierte drehten wir um. Fürs Internet blieben wir noch schnell im Städtchen und platzierten uns dann wieder, zwischen anderen Campern, auf dem gleichen Platz. Während es in den Bergen regnete hatten wir wenigstens noch Sonne und faulenzten und spielten.
Der nächste Tag kannte nur grau. Wir erwachten mit Regen und gingen zu Bett mit Regen. Einen Tag Dauerregen in El Chaltén. Wir nutzten ihn um einen Blog hochzuladen, weitere Spiele auf den Tisch zu bringen und am Abend ein Bier in einer kleinen Brauerei zu probieren. Das Wortspiel das es etwas wässrig war, traf es ziemlich genau .




Morgenrot... genau auf was wir gewartet hatten. Es musste nun alles ganz schnell gehen, denn wir hatten einen langen Marsch geplant und wollten vor den Hauptmassen am Ausgangspunkt hoch zum Fitz Roy sein. Dies gelang uns auch und so führte der Weg hoch bis zu den Seen unterhalb des Gipfels. Zu dieser Zeit rückten die ersten Wolken an, aber erst als wir den steilen Weg wieder hinab liefen verhüllten sie die Spitze komplett. Weiter ging es durch Wälder und an weiteren Seen vorbei. Um das Massiv herum und dahinter zur Laguna Torre. Auch dieser Granitfelsen war leider schon gänzlich verschwunden. In der Lagune schwammen ein paar kleine Eisbrocken und am Steinstrand lagen tatsächlich Leute in Badeanzug und kurzer Hose und sonnten sich. Sie hatten recht, denn es war warm und auch wir schwitzten gewaltig. Wir hatten eine irrsinnig gute Wanderung und kamen am Nachmittag wieder durch Südbuchen bis an den Ausgangspunkt zurück. Währenddessen sahen wir noch einen Magellanspecht sein Junges in einer Baumhöhle füttern, nur 5 Meter von uns entfernt. Zum ersten Mal konnten wir den großen schwarzen Specht mit seinem roten Kopf perfekt bewundern. Am Ende standen etwas mehr als 36 km auf unserem Wandernavi und dementsprechend waren wir gut ausgelaugt. Wir rangierten noch am „Campingplatz“, als neben uns ein Paar schon auf uns aufmerksam wurde. Sie standen neben einem Mietcamper und gaben uns einen erhobenen Daumen. Kaum ausgestiegen waren wir im Gespräch und bekamen auch gleich ein Bier in die Hände gedrückt. Nach einem schnellen Essen saßen wir bis Mitternacht zusammen und tranken und erzählten und wie sich spät in der Nacht herausstellte, kam Thomas aus einem Dorf, welches nur 2 Ortschaften weiter lag als von dem, in dem ich aufwuchs. Es wurde noch geiler, er kannte meine Verwandtschaft dort besser als ich und half als Jugendlicher meinem Onkel beim Bestellen seiner Felder und ging dort täglich ein und aus. Wie witzig manchmal Zufälle sein können.
Die Wetterprognose versprach ähnliches Wetter wie an diesem Tag und so vereinbarten wir den Wecker auf 5 Uhr zu stellen, um bei passendem Himmel den Sonnenaufgang vom Aussichtspunkt zu erleben, auf dem wir am ersten Tag waren. Es wurde eine kurze Nacht.



















Abermals perfekt! Keine Wolke am Himmel und wir liefen zu Viert an Gürteltieren vorbei hoch auf die Anhöhe. Der Sonnenaufgang war wie gemalt, denn der Fitz Roy war nicht nur die höchste Erhebung, sondern auch nicht durch einen anderen Berg verstellt und so trafen die ersten Strahlen tatsächlich auf die Granitkuppel und wanderten dann langsam die Steilwände hinab, bis sie sich über das Massiv und den danebenliegenden Cerro Torre ergossen. Von zartrosa und violett wechselte die Farbe über orange bis zur Farbe des Granits, einem grau mit ocker. Wir waren alle begeistert. Wir verbrachten noch das Frühstück mit Astrid und Thomas und fuhren nach der Verabschiedung ein weiteres Mal tiefer in das Tal, um den Fitz Roy bei guter Sicht von seiner anderen Seite zu sehen. Wir erwähnen dies, da während ich Bilder aufnahm Simone von zwei Menschen einer Reisegruppe gefragt wurde, ob wir vor drei Jahren nicht in Kanada waren. Schon wieder so ein Zufall .
Danach verließen wir die Berge rund um El Chaltén, obwohl wir länger hätten bleiben sollen. Kostenfrei auf gut markierten Wegen mit nicht allzu vielen Menschen laufen fanden wir später nicht wieder.
Es ging zurück auf die 40 und dann weiter nach Süden zum nächsten Blockbuster. Auch hier führte nur eine Sackgasse am Lago Argentino (hellblau und 1.415 km² groß) entlang nach Calafate und weiter zum Perito Moreno Gletscher. In der Stadt blieben wir 90 Minuten. Ein paar Bananen vom Markt, ein Brot eines (angeblich) deutschen Bäckers und ein kurzer Gang zum Touristenbüro. Dort erfuhren wir, dass das Wetter auch am Gletscher bombastisch war und auch am kommenden Tag so werden sollte. Wir überprüften dies fix im öffentlichen Internet und schauten uns schnell ein kurzes Video über die Gletscher im Los Glaciares NP an. Beeindruckend ist zu bescheiden, die Eiszungen waren majestätisch und unglaublich schön.
60 km waren es dann noch am See entlang und schließlich parkten wir kurz vor dem Nationalparkeingang auf einer Wiese.









Da wir am Vorabend die Strecke von Calafate bis fast zum Zahlhäuschen zurückgelegt hatten, standen wir exakt um 8 Uhr an der Schranke und waren mit die ersten Besucher an diesem Tag. Weitere 30 km trennten uns nun noch vom Perito Moreno Gletscher. Die Wolken wurden lichter und wir ignorierten die ersten 2 Aussichtspunkte und fuhren bis an den hintersten Parkplatz. Der war winzig, aber da nur ein Auto vor uns ankam konnten wir den einzig langen Spot für uns angeln. Wir parkten direkt vor dem Gletscher und nur noch ein paar Laufstege trennten uns vom Eis. Schon jetzt kam ein WOW von unseren Lippen.
Wir parkten um 8.30 Uhr und verließen den Platz um 16 Uhr, Sonnenbrand inklusive. Während wir staunten trafen wir auf zwei Pärchen, zuerst Schweizer die wir an den Marmorhöhlen an der Carretera Austral zum ersten Mal trafen und dann wieder das Paar aus Kalifornien welches wir dieser Tage dauernd über den Weg liefen. Auch Veronica und Martin aus dem Raum St. Gallen begegneten wir in den nächsten Wochen ständig.
Zurück zum Gletscher. Man kann Bilder oder Videos sehen, man kann selbst an Gletschern gestanden haben oder auf ihnen gelaufen sein und doch wird nichts einen auf dieses Spektakel vorbereiten können. Der Perito Moreno Gletscher schimmerte am Morgen noch gräulich, aber umso höher die Sonne stieg, desto blauer wurde seine Farbe. Mit 254 km² ist er nur der drittgrößte Argentiniens und ein winziger Bestandteil des Südpatagonischen Eisfeldes. Nur die Eisflächen der Antarktika und auf Grönland sind größer als dieses. Es umfasst ca. 12.500 km² (370 km lang und 35 km durchschnittlich breit) und hat 48 Hauptgletscher und mehr als 100 kleinere Nebengletscher. Der Perito Moreno ist vielleicht der bekannteste unter den Megastars am Gletscherhimmel. Wir standen vor einer Eiswand, die in der Mitte bis zu 70 Meter hoch (an den Rändern bis zu 40) und 5 km breit war. Eiszacken an Eiszacken bis sie in der Ferne die vereisten Gipfel des Eisfeldes erreichten. Wenn ich formuliere wir standen davor bedeutet dies exakt das. Pancho parkte noch oberhalb des Eisrandes, wir standen auf Augenhöhe vielleicht noch 100 m davor. Der Gletscher schiebt sich jährlich auf seinem Felsbett voran (160 m reicht der Gletscher in die Tiefe), bis er alle 20-30 Jahre direkt an der Halbinsel auf der wir standen angelangt. Dann staut sich Wasser in einem Seitenarm des Lago Argentino und kann bis zu 20 Meter höher steigen als auf der anderen Seite des Verschlusses. Dann ereignet sich was viele Starfotografen herbeisehnen. Unter dem Druck bricht der Gletscher und wird in einer gigantischen Flutwelle in den See hinweg gespült. Wir sahen davon Bilder und konnten es uns nicht vorstellen. Wir sahen Eisbröckchen, die vielleicht die Abmaße eines Autos hatten in Eis stürzen, zwei Mal brachen 70 m hohe Eisnadel ab und krachten donnernd ins Wasser. Wie sich dies mit vielen Metern Eis in Live anfühlen muss... es hat sicher die Geräuschkulisse einer Explosion.
Ja und dort standen wir und standen und verließen am ganzen Morgen nicht die eine Stelle, die wir für uns ausgesucht hatten. Es waren kaum Besucher da und wie gesagt wurde das Wetter besser und besser. Erst am Mittag, als wir für ein Brot im Pancho saßen kamen die Touristenwellen und mit ihnen der Wind. Wir hatten 24 Grad mit blauem Himmel und selbst am Nachmittag verhältnismäßig wenig Wind. Das Wetter direkt am Gletscher wechselt oft minütlich (hörten von 5 Grad im Schneeregen oder Hagel), doch wir wollten diesen Tag genau so und bekamen ihn auch. Am Nachmittag liefen wir zu anderen Punkten auf den Laufstegen und trotz der Besucher konnten wir überall schauen und stehen. Als die Gesichtsfarbe ins rötliche wechselte war es für uns Zeit dem Gletscher den Rücken zuzukehren. Wir fuhren los und hielten am ersten Aussichtspunkt und sahen die Regenwolken über den Gletscher ziehen. Am zweiten Punkt lag das majestätische, weißblaue Eisfeld bereits im grauen Regenguss. Unser Timing war perfekt und die 20 Euro Eintritt pro Person haben sich mächtig gelohnt.
30 km fuhren wir, bis wir auf einem freien Campingplatz den Gletscher in weiter Ferne über dem Wasser des Lago Roca sehen konnten. Wir beschlossen, falls das Wetter am Folgetag gut sein sollte, noch einmal den Eintritt zu zahlen.

















Dies sollte aber nicht geschehen. Nach einer ruhigen Nacht regnete es am Perito Moreno Gletscher und für uns stand fest dann fahren wir wieder in die langweilige Stadt Calafate. Wir brauchten einen Mechaniker, da eine unserer Stauboxen einen Riss auf der Carretera Austral einstecken musste. Eine weitere Kleinigkeit hatten wir auch noch und so fuhren wir zu Willy, der uns in 30 Minuten unsere beiden Sachen reparierte. Er leistete gute Arbeit, denn die Staubox hält noch immer. Wir trafen die Schweizer am Seeufer und tratschten mit ihnen, verbrachten später Zeit im Internet und parkten dann an einem kleinen Naturschutzgebiet direkt in der Stadt. Zwischen Sanddünen und der Lagune in der sich Schwäne, Gänse und Flamingos tummelten verbrachten wir den Nachmittag. In der Nacht ebbte der Wind wieder ab und so endete die vorerst letzte Nacht in Argentinien abermals sehr ruhig.


Wir hielten an einem Supermarkt für Kleinigkeiten und begaben uns auf eine langweilige Fahrt. Zurück auf die 40 und weiter nach Süden. Die Pampa änderte sich einfach nie und nach 2 Stunden bogen wir auf eine Schotterstraße, um die Grenze nach Chile anzupeilen. Es ging durch zwei Bergbauarbeiterstädtchen und kurz hinter Río Turbio kam der Grenzposten. 7 Minuten zum Ausreisen und nach weiteren 5 Minuten hinterm Steuer kamen wir in Villa Dorotea an, wo wir auch nur 20 Minuten brauchten bis wir wieder in Chile willkommen waren. Die Grenzbeamten fanden nichts was sie nicht finden sollten...


Schussfahrt nach Puerto Natales,
S + S