Dienstag, 1. Mai 2018

An der Küste (13.02.2018 - 26.02.2018; aktueller Standort: Hachtel, Baden-Württemberg)

Fasching war vorüber. Wir hielten in der Stadt kurz an einem Bäcker und fuhren anschließend den ganzen Tag. Nicht permanent auf der 3, sondern viel auf der 1 (Kartenlink).

Die Ruta 1 war die alte Küstenstraße, die es sporadisch noch gab. Da die aber nur noch weit verstreute Estancias an den Rest der Welt anband, war der Schotterbelag dementsprechend unberechenbar. An diesem Tag war er gut und wir kamen bis an die Bucht Bustamante. Dort stand genau ein weißes Haus, welches als Depot von Algenerntern genutzt wurde und daher verwunderte es uns überhaupt nicht, dass sobald wir an der Bucht parkten 4 junge Füchse über den Strand tobten. Diese und der Sonnenuntergang, ein 360° Spektakel in orange, waren das einzig aufregende von Bustamante. Übrigens zeigte das Thermometer inzwischen 33°C an.


Alarm!!! Unsere treue, batteriebetriebene Fliegenklatsche aus Korsika funktionierte nicht mehr! Und dies in der Nacht, als eine Stechmücke uns den Schlaf raubte. Am Morgen viel Spanisch aus und wir reparierten unseren Zoschi (wir nennen ihn so, keine Ahnung ob dieses Teil offiziell so heißt). Eigentlich bräuchte man dafür Säuglingshände so winzig wie alles war, aber bei molligen 25 Grad am Morgen gelang es uns nach viel Fummelei dann doch noch.
Weiter auf der 1 und die Piste wurde rauer. Bodenwellen und viele ausgetrocknete Furten mussten wir meistern. Bereits gegen Mittag erreichten wir das Cabo dos Bahías (Kap der zwei Buchten), einem kostenfreien Naturpark an der Küste. Der Park begrenzte lediglich das Kap, um brütende Magellan-Pinguine, Seelöwen und viele Meeresvögel zu schützen, aber der gesamte weitläufige Küstenstreifen war eine Augenweide. Dort ein Strand, dann eine felsige kleine Bucht, eine Erhebung neben der Straße, wieder Strand und noch mehr Buchten. Wir sahen Schwäne und Flamingos, Delphine leider keine. Während der Walsaison kann man dort viele vorbeiziehen sehen und auch Orcas wurden schon beobachtet wie sie auf Seelöwenjagd waren. Wir besichtigten die kleine Pinguinkolonie, die dort in Erdhöhlen ihren Nachwuchs großzog und bewunderten die karge Landschaft. Eine Stunde später waren wir wieder außerhalb des umzäunten Terrains und suchten uns einen Weg quer durch die Büsche. Außer Sichtweite der Straße, es fuhren aber eh nur 8 Autos am Tag, parkten wir direkt am Meer. Eine kleine Bucht lag vor unserer Leiter und Schafe weideten hinter uns. Total kitschig, aber herrlich einsam. Unser Nachmittag bestand aus spielen, lesen und ein paar Meter laufen.








Wir wechselten an eine viel größere Bucht, blieben aber am Cabo dos Bahías. Die Ruhe gefiel uns sehr und wieder taten wir nichts. In der Sonne sitzen und lesen, während der sehr heißen Stunden am frühen Nachmittag spielen und Blog schreiben und später wieder den warmen Wind im Freien genießen. Urlaub .



Wir tranken Kaffee mit dem Blick auf die Brandung und rollten anschließend wieder an der Küste zurück. Anstatt nach Bustamante abzubiegen ging es einfach weiter und schon bald gelangten wir in ein kleines Dorf und der Zauber der Abgeschiedenheit, der Ruhe und Sauberkeit war verflogen. Wir gaben Vollgas auf dem Zubringer zur Hauptverkehrsader in diesem Teil Argentiniens. Die 3 hatte uns wieder und für 4 Stunden geschah nichts. An diesem Tag nächtigten wir nicht am Ozean, sondern in einem kleinen Dorf walisischer Abstammung. Gaiman lag nur 16 km abseits der Strecke, war aber verschlafen und bot uns nichts. Ein kurzes Stück Eisenbahntunnel, eine Teestube, ein Aussichtspunkt über das Dorf, eine Eisdiele, einen Fluss und eine Brauerei die am Abend öffnete. Klingt aufregend, klingt nach Hollywood, klingt nach schnell wieder weg. Es war aber schon 16 Uhr und wir wollten nicht mehr weiter und daher suchten wir uns ein Fleckchen am Fluss. Wir aßen ein Eis und luden am Abend einen Blog in der Brauerei hoch. Kurz vor Mitternacht war dies geschafft und wir waren kaum zurück im Pancho, als die Polizei bei uns anklopfte. Sie hätten einen Anruf erhalten, dass hier ein Lkw parken würde. Echt? Wirklich? Sie baten uns umzuparken, worauf ich meinte ich hätte aber zwei Bier getrunken. Sie fragten nach, ob ich damit ein fahrerisches Problem hätte und boten an uns bis zur Tankstelle zu begleiten. Stimmt die gab es auch noch, 3 Straßen weiter. Also packten wir zusammen und die beiden Beamten warteten höflich. Um ca. 0.30 Uhr waren wir 500 Meter weiter, hatten keinen Luftzug mehr dafür aber ein Dutzend Moskitos in unserer Kabine. Eine geschlagene Stunde dauerte es bis die letzte erwischt war und todmüde vielen wir ins Bett. Es blieb heiß und wir schliefen unruhig. Schon ab 6 Uhr kam Leben in die Tanke. Wir waren ziemlich gerädert...



Zurück an den Atlantik und im nächsten weniger reizvollen Städtchen Rawson, gabs ein Mittagslunch am Meer. Von dort begann die nächste Schotterstrecke, die uns mitten durch die endlose Ebene der patagonischen Steppe führte. Wir nahmen die einzige Abzweigung und hatten Glück, dass es in den letzten Tagen nicht geregnet hatte denn sonst wären wir dort nicht weiter gekommen. In festgebackene Erde, tiefe Fahrspuren zeugten von mutigen und hoffentlich erfolgreichen Durchquerungen dieses Abschnitts. Wir hatten keinerlei Probleme und erreichten schon früh die Punta Ninfas. Dies war eine Steilklippe gegenüber der Halbinsel Valdés mit einem Traumblick aufs Meer und 4 Besuchern am Tag. Es gab dort nur einen Leuchtturm (außer Betrieb) und leider nicht die von uns erhofften Tiere zu sehen. Das Panorama war grandios und zwischen Ebbe und Flut veränderte sich der Blick drastisch. Bei Flut rauschten Wellen an den tief unter uns liegenden Strand, bei Ebbe zog sich das Wasser weit zurück und entblößte Felsrinnen und unzählige Gezeitenpools an denen sich viele Meeresvögel aufhielten. Bei Ebbe gefiel uns der Blick um einiges besser, aber eigentlich waren wir wegen der Flut hier. Eine Seeelefantenkolonie mit mehreren hundert Tieren wurde dort oft an den Stränden gesichtet und während der Aufzucht der Babys kamen dann auch Killerwale mit jeder Flut an den Strandbereich, um nach leichte Beute Ausschau zu halten. Mit Glück kann man beide Tiergattungen in jedem Monat des Jahres dort antreffen, aber die Wahrscheinlichkeit ist zwischen Februar bis April am höchsten. Wir sahen 5 Seeelefanten, also keine Kolonie und Orcas kamen deshalb wahrscheinlich auch keine. Der Nationalpark Valdés beheimatete eine Kolonie von Seelöwen, im argentinischen Sommer auch Pinguine und ich glaube eine Orca-Schule von 7 Tieren leben ganzjährig dort. Diese Tiere patrouillieren die Küsten um die Halbinsel ab, genauso wie die Strände um die Punta Ninfas.
Wir spielten und waren den ganzen Nachmittag alleine, am Abend kam ein Pärchen welches 3 Tage im Nationalpark war und auch keine Killerwale gesehen hatte. Während den 3 Tagen wurden sie an einem Strand im Süden gesichtet, aber nicht im Norden der Halbinsel wo die Seelöwen zu finden sind. Dieses Jahr waren die Jungtiere noch nicht erwachsen genug, um im Wasser zu spielen und deshalb ließen sich die Orcas nicht blicken. Hier ein Link zu dem Naturschauspiel, welches dort gefilmt wurde. Die Orcas haben diese Jagdtechnik dort entwickelt und wenden sie wie ich glaube auch nur an den Stränden rund um den Nationalpark an!
Am nächsten Tag wartete vor allem ich während der Flut an der Klippe, ergebnislos. Wir spielten wieder, wenigstens war ich da erfolgreicher und am Abend kam wieder ein Pärchen, welches auch auf der Valdés war und das gleiche berichtete. Darauf entschieden wir den teuren Parkeintritt zu sparen. Zwei Tage und Nächte an dieser herrlichen Klippe waren aber auch ohne Wale ein Genuss.







60 km Schotter und wir erreichten die Atlantikstadt Puerto Madryn. Einmal Rundumversorgung und schon brachen wir am frühen Nachmittag wieder auf. Wir warfen einen letzten Schlenker entlang des Meeres bis fast an die Parkgrenze zur Valdés ein. Dies war auch eine Schutzzone und hieß Doradillo, in der man im November kalbende Glattwale direkt vom Sandstrand sehen kann. Wohlgemerkt nur 10 m vom Strand entfernt! Neben den Orcas ist die Halbinsel Valdés auch für die großen Herden Südlicher Glattwale bekannt, die jedes Jahr ab Oktober die südliche Bucht als Spielwiese für ihre Nachkommen nutzt. Reisende berichteten, dass man in der Nacht das Ausatmen der Wale im Wohnwagen hört. So nah kommen die Giganten ans Ufer und so nah darf man dort trotz Nationalpark am Ufer campen. Hörte sich immer wieder fantastisch an, aber unser Timing war für die Valdés nicht optimal.
So suchten wir uns den schönen Hauptstrand El Doradillo für eine Nacht aus, liefen am Strand spazieren und Simone gleichte die Schlappe beim Spielen wieder aus. Toller Tag.




Nun ging es zurück auf die 3, wir sahen auf dem Weg dorthin unsere letzten Guanakos und dann machten wir Strecke. Stunde um Stunde ging es nach Norden. In einem kleinen Dorf am Nachmittag war es dann genug und wir kurvten 25 km bis ans Meer. Ein Stellplatz am Playa Dorada war schnell gefunden. Hübsch war er nicht.



Schnell auf die 3 und wieder Gas geben. Fahren, fahren, fahren und am Nachmittag hielten wir in San Antonio Oeste. Der Bäcker öffnete um 17 Uhr und bis dahin luden wir schnell einen Blog hoch. Dann mit frischen Brötchen und Süßkram um die große Bucht, damit wir vor San Antonio Este auf einen ewig langen Muschelstrand uns ein ruhiges Plätzchen aussuchen konnten. Es regnete etwas als um ca. 21 Uhr die Sonne unterging. Danach war es friedlich ruhig.


Ihr könnt es ahnen, es wurde Zeit für eine Spritztour entlang der Küstenlinie. Es begann mit Schotter und nach vielen Kilometern rückten Sanddünen von beiden Seiten näher an die Straße. Plötzlich waren sie neben uns und Sandverwehungen mussten wir mit Vollgas überwinden. Nach weiteren 90 Minuten kam dann ein Dorf mit 60 Häusern und wir fragten uns wieder warum man sich so etwas freiwillig antut. Wir fuhren dort einmal in unserem Leben durch, andere wollen dort wohnen. Warum??? Mit Sand und dornigen Büschen konnte man dort Geld verdienen, mit sonst nichts. Weitere 2 Stunden verstrichen und wir rollten in El Condor ein. Wir parkten am Strand und liefen dort entlang, um an eine 12 km lange Steilklippe zu gelangen in der jährlich 35.000 Brutpaare Felsenpapageien nisteten. Es ist die größte Population weltweit, aber natürlich vor ein paar Wochen ausgeflogen. Wir liefen lange an der mit Nestern perforierten Klippe spazieren. Als es fast schon dunkel war kamen ein paar wenige Vögel, aber das große Spektakel blieb aus.




Am Morgen sahen wir einige Felsenpapageien mehr, in etwa 100 Stück. Sie schnatterten pausenlos, was typisch für Papageien ist. Nach und nach verließen sie die Sandsteinklippe und wir schlossen uns ihnen an. Bis zur Stadt Viedma waren es nur 35 km. Langsam wuchsen höhere Büsche und die Stadt, am Fluss gelegen, war auch sehr grün. Schön war sie noch immer nicht und nach einem Bummel durchs Zentrum wechselten wir die Flussseite und schlenderten durch Carmen de Patagones. Zwei, drei Häuserblöcke waren historisch, aber da wie immer am Nachmittag alles zu hatte, hatten wir wenig Spaß. Die Städte in Argentinien schienen dann wie ausgestorben.
Also ging es weiter und wir fuhren so lange bis um 17 Uhr eine Tankstelle mit ein paar Eukalyptusbäumen auftauchte. Endstation, bitte alles aussteigen.




Endlich kam Farmland. Rinder immer noch nicht, aber wenigsten sahen wir die Dinge sich langsam ändern. Ein paar Traktoren und Lastwagen voll mit Zwiebeln. Das war doch mal was!
Weiter an der Küste nach Norden verspeisten wir ein schnelles Mittagessen neben einem kleinen Eukalyptusbestand (Spechte und grüne Sittiche düsten zwischen den Ästen umher) und die Großstadt Bahía Blanca kratzten wir auch nur am Rande an. An einem Einkaufszentrum angehalten und Obst, Wein und Brot aufgestockt und dann sagten wir dem Atlantik vorerst Adieu. Wir hielten aufs Inland zu und steuerten eine niedrige Bergkette an. Bäume wuchsen vermehrt, der Wind nahm ab und wir waren uns sicher die patagonische Steppe lag hinter uns. Die Sierra de la Ventana mit dem gleichnamigen Berg erhob sich vor uns. Wir erklommen einige hundert Höhenmeter, der Berg mit einem Felsenloch war 1.134 m hoch, aber in den Park bekam uns dann doch niemand. Wir fragten in der Info nach und zum wandern hätten wir mit einem Führer laufen müssen, der jeden Morgen um 9 Uhr auf den Berg latschte. 8 Euro pro Person und 5 Euro Parkeintritt pro Nase. Auf den Nachbarberg das gleiche Spiel und schon sind zwei Tage verplant. Dazu noch Campingkosten und schnell wären wir auf 70 Euro für zwei kleine Berge gekommen. Nein vielen Dank und so begnügten wir uns mit einem Parkplatz und Sicht auf den Cerro Ventana. Obwohl wir in einem Naturschutzgebiet standen, die gegenüberliegende Straßenseite vor 7 Tagen abgebrannt war, hatten weder Ranger noch Polizei ein Problem damit, dass wir dort die Nacht verbrachten. Gut für uns, denn es kühlte auf 20 Grad in der Nacht herunter.



Durch Sonnenblumenfelder fuhren wir nach Carhué. Bereits unser Mittagessen nahmen wir in der Kleinstadt ein und bekamen ein wirklich gutes Eis beim anschließenden Spaziergang durch die Straßen. Speiseeis wurde immer besser, je weiter wir in den Norden Argentiniens kamen.
Nun besichtigten wir wieder etwas Spezielles. Nur wenige Kilometer von Carhué entfernt lag einst die Kleinstadt Villa Epecúen, beide am See Epecúen gelegen. Villa Epecúen muss ein klassisches Sommerurlaubsziel gewesen sein. Schwimmen im See und der Ort selbst bestand nur aus Hotels und Restaurants. Bis im November 1985 nach heftigen Regenfällen der Wasserspiegel bedrohlich anstieg und die Lehmdämme brachen. Binnen Stunden versank die Stadt im See, die Einwohner hatten keine Zeit all ihre Besitztümer zu retten. Für 25 Jahren lag Villa Epecúen unter Wasser. Jetzt sinkt jährlich das Wasserniveau, da der Regen nicht mehr so ausgiebig fällt und entblößt mehr und mehr die Ruinenlandschaft. Diese besuchten wir und fanden eine Beton- und Stahlkulisse wie aus einem Katastrophenfilm vor. Fast jedes Haus lag in Trümmern, ein Hotel stand jedoch noch fast vollständig. Bunte Kacheln waren überall unter angetrockneter Erde zu sehen, geborstene Rohrleitungen die vor sich hin rosteten, Schwäne die durch die Straßen am Seeufer schwammen und jede Menge Baumskelette. Schautafeln zeigten die Häuser vor und während der Überflutung, nun waren manchmal noch Hotelnamen in zerbrochenen Türportalen zu entziffern, sonst war es nur ein riesiger Haufen Schutt. Aber sehr interessant. Beim Metzger durch die gefliesten Räume zu laufen oder das Autowrack in der Werkstatt stehen zu sehen... gespenstisch.
Nach fast 2 Stunden unter brennender Sonne fuhren wir einen Kilometer weiter und parkten direkt an diesem See. Leute planschten im Wasser, aber das Ufer war für uns zu schlammig. Wir rissen die Fenster auf, es war weit über 30 Grad und bekamen dafür unzählige Fliegen. Das Brackwasser muss ein wahres Paradies für die Viecher gewesen sein. Am Abend versuchten wir die 87 Fliegen aus unserer Kabine zu treiben und dabei ging unsere Fliegenklatsche endgültig kaputt. Haben zu arg damit herumgefuchtelt. Irgendwie passte dies zu diesem Ort der Zerstörung...











Ein schnell erzählter Tag. Farmland von früh bis spät. Die Spannung einen Bauern auf dem Feld zu sehen ließ fix nach. Wir stoppten um 15 Uhr wieder an einer Tankstelle, da uns nur noch 70 km von der Hauptstadt trennten. Wir wollten mit genügend Zeit in die Millionenstadt und parkten deshalb in der Nähe von Saladillo. Das Internet funktionierte und Wasser bekamen wir auch. Wir waren gerüstet für das Verkehrschaos.

Auf nach Buenos Aires,
die 3 von der Tankstelle