Uns trieb es wieder an die Iguazú-Wasserfälle. Obwohl das Licht zum Fotografieren auf argentinischer Seite am Nachmittag weicher wird, standen wir bereits um 9 Uhr am Kassenhäuschen.
Ohne Menschenschlange, ja fast ohne Touristen fühlten wir uns fast am falschen Fleck. Als wir dann aber 25 Euro Eintritt zahlen durften wussten wir, wir waren richtig (Kartenlink).
All die Gründe, warum wir mit der Eröffnung des Parks am Morgen Einlass begehrten verpufften innerhalb einer Minute. Die Möglichkeiten im Nationalpark Iguazú waren weit umfangreicher als in Brasilien. So gab es einen 7 km langen Wanderweg durch den Regenwald der an einem Wasserloch endete und da kaum jemand diesen Weg beschreitet, sollen die Chancen gut stehen Wildtiere
zu sehen. Die Parkverwaltung wählte aber natürlich genau diese Woche, um die einzige Holztreppe auf diesem Pfad zu reparieren. Der Wanderweg blieb gesperrt.
Auf den Bildern der Wasserfront ist davor ein Stück bewaldetes Land zu sehen, von dem auch ein paar Wasserfälle in den Fluss Iguazú stürzen. Bei diesem Land handelt
es sich tatsächlich um die Insel San Martín, auf die man per Boot übersetzen kann. Ist im Eintrittspreis inbegriffen, aber ab 10 Uhr sind normalerweise alle Plätze weg. Oder wie in unserem Falle sofort,
da die Insel für Wochen zur Regeneration geschlossen blieb. Jetzt wäre es besser gewesen erst am Nachmittag zu erscheinen...
Es führten 2 Wege, je 1,7 km lang, an der Basaltkante entlang. Beim ersten bekamen wir mehr ein Panorama geliefert, beim zweiten liefen wir auf Bretterwegen immer über Wasser
und sahen aus jeder Perspektive wie das Wasser über die Klippe rauschte. Und wie es rauschte! Es war fantastisch unterhalb der Wasserfälle zu stehen, dann wieder direkt über ihnen und der Länge nach den
Blick schweifen zu lassen, mit umhertaumelnden Schmetterlingen, Vögeln im Geäst und Welse im Wasser. Zu Mittag gabs unser mitgebrachtes Brot und dann sprangen wir auf eine kleine Lok, die ein paar km durch die Landschaft
zuckelte und uns am Wegbeginn zum Teufelsschlund ablud. Die Sonne hatte ihren Höchststand und brannte unbarmherzig herunter. Auf einem breiten Weg liefen wir praktisch über die Seitenarme des Iguazús und näherten
uns dem Tosen. Allein die Geräuschkulisse war atemberaubend. Der Weg endete nämlich direkt über der U-förmigen Schlucht und wir schauten hinab in die weiße Gischt. Wasser sahen wir keins am Boden,
das Ende der Schlucht lag unter einer Glocke aus Sprühwasser. Dafür konnten wir vom Ende durch die Schlucht nach vorne schauen und sahen, hörten und fühlten die Wassermassen. Unvorstellbar und unbeschreiblich
was wir da erlebten. Besser kann ich es nicht ausdrücken...
Am Ende zwang uns die Sonne zurück, nicht die Besucher. Die Sonne brannte zu stark und wir waren froh als wir in der Lok saßen und per Ventilator etwas Wasser ins Gesicht
geblasen bekamen. Danach trabten wir zurück zum Ausgang und waren schon um kurz nach 14 Uhr an unserem mobilen Eigenheim.
Die argentinische Seite war beeindruckender, da man viel näher ans Wasser kam, aber mit der Vorstellung aus Brasilien als Auftakt verließen wir die Region mit einem kompletteren
Bild der Iguazú-Wasserfälle, einer der größten Wasserfälle der Welt.
Wir verbrachten noch 3 Stunden in der Fahrerkabine und parkten neben einem Fußballplatz in einem Dorf. Die Neugierde legte sich bald und wir hatten eine ruhige, aber immer noch
heiße Nacht.
Die Provinz Misiones bekam ihren Namen nicht von ungefähr. Mehr oder weniger in der Nähe lagen Jesuitenmissionen. Es gab sie in Bolivien nahe der Grenze zu Paraguay, in Paraguay,
Brasilien und im nördlichsten Zipfel Argentiniens. Auf dem weiteren Weg nach Posadas kamen wir an vier Ruinenanlagen vorbei, von denen wir die ersten drei besichtigten.
Die erste und am besten restaurierte war San Ignacio Miní. Die Kleinstadt war ruhig und nach ein paar Empanadas waren wir für die große Anlage gerüstet. In San Ignacio Miní lebten um 1733
ca. 4.500 amerikanische Ureinwohner. Die Reliefs an den Überresten der Häuser und vor allem an der roten Sandsteinkirche wiesen dementsprechend eine Mischung aus spanischen Barock und indigenen Motiven auf. Dieser
Stil nennt sich Guaraní-Barock. In der Kirchenruine waren noch ein paar Bodenfliesen erhalten, aber andere Gebäude wie Küche, Schule oder Gefängnis sahen für uns identisch aus. Verwitterte und verfallene
Steinwände ohne Dächer oder Türen. Trotzdem war der Besuch eine nette Abwechslung.
Dann gab es wieder ein Eis, sie wurden noch billiger und während wir es im Schatten eines Baumes löffelten vielen die ersten Regentropfen. Während der letzten Stunde verdichteten
sich die Wolken bereits, wurden dann dunkel und als Wind einsetzte war uns klar sobald dieser abflaut kommt das Gewitter. Allerdings lagen wir nur am Rande und nach wenigen Minuten hörte der Regenguss auf. Nun dampfte
die Straße und wir jammerten.
20 km weiter und wir parkten in dem Dorf Loreto. 10 Häuser und eine weitläufige Jesuitenmission, die direkt im Dschungel lag. Der Himmel war schwarz und wir fragten, ob wir
später oder vielleicht erst am nächsten Morgen die Anlage besichtigen dürften. Nicht nur dass wir dies bejaht bekamen, wir wurden auch sofort eingeladen auf ihrem Parkplatz so lange wir wollten zu campen. Also
taten wir dies und nach einer Stunde rollte dann ein Gewitter an, welches wir nicht am Rande sondern direkt im Zentrum erlebten. Es prasselte heftig, Hagel war dabei und die Blitze verzweigten sich am Himmel und schlugen mehrfach
ein. Trotz des Regens blieb das Thermometer bei 29°C stehen, aber die Luftfeuchtigkeit glich nun der in einer Sauna. Wir parkten halb unter dem Blätterdach des Regenwaldes und als das Gewitter fast vorüber war
hörten wir (Fenster waren wieder offen), wie sich in unmittelbarer Nähe hinter uns die Luft auflud. Es knisterte und surrte, wir sprangen ans Fenster und dann kam der Schlag. Einen solchen Donner habe ich vorher
noch nie gehört. Der Einschlag muss sehr nah gewesen sein, auch wenn nichts in Flammen aufging. Wir schauten uns an und schluckten, waren leicht beunruhigt. Dies war dann aber auch das Final.
Regen kam und ging in der Nacht, aber Gewitter zog keins mehr über uns hinweg.
Der Himmel war immer noch grau, aber wir machten uns in die Ruinen von Loreto auf. Eine Dame bot sich an uns zu begleiten und erzählte viel über die Anlage, die im Gegensatz
zu San Ignacio Miní gar nicht restauriert war. Viele Bäume überwucherten die Steinhügel und viel erkennen konnten wir nicht. Moskitos und der nächste Regenguss trieben uns voran.
Eine Mischung war dann die dritte Mission. In Santa Ana lachte die Sonne und obwohl keine Reliefs zu sehen waren, war die Anlage als solches nicht komplett zugewuchert. Die Kirche war
noch etwas erhalten und interessant war die Tatsache, dass der Originalfriedhof bis vor 30 Jahren noch genutzt wurde. Etliche Deutsche lagen dort begraben und wurden gleich dem ursprünglichen Muster beigesetzt. Es gab
4 Quadrate, eins für Männer, eins für Frauen, eins für Kinder und eins für Säuglinge. Seltsam zu sehen, dass nicht Familien zusammenlagen sondern Geschlechter bzw. Alter.
Im nächsten Dorf gab es ein schnelles Mittagessen und dann trennten uns nur noch 15 km bis in die Großstadt Posadas. Die Grenzstadt lag am Ufer des Flusses Paraná und
gegenüber des breiten Stroms sahen wir Paraguay. Es war wieder heiß, 37 Grad und schwül. So was von schwül, entsetzlich! Am Flussufer fuhren wir entlang, Jogger rannten die Strecke, aber wir hielten es
kaum mit Fahrwind aus. Wie man bei diesem Wetter um 15 Uhr Radfahren und joggen kann versteh wer will.
Auf der Promenade gab es etliche Geschwindigkeitsschwellen und nur durch Zufall sah ich aus dem Augenwinkel wie eine unserer Stauboxen sich bei jedem Ruck weiter und weiter vom Chassis
entfernte. Wir bremsten sofort, was gerade noch rechtzeitig war. Die Staubox hing schon ziemlich schräg und weit zur Seite, da alle Nieten kaputt waren. Wir schoben die Box wieder zurecht und fuhren ganz langsam bis zu
einer Tankstelle. Dahinter gab es Schotter, dann 10 m Erde und dann eine große Wiese. Wir parkten am Ende dieser Wiese...
Bohrer raus, Schrauben zusammengesucht und nach einer Stunde saß die Staubox felsenfest. Zu spät um weiter zu fahren blieben wir dort stehen und bekamen Sorgenfalten, als
um 20 Uhr der Regen einsetzte. Der Regen lief von der Tankstelle leicht bergab und das Gefälle förderte das Wasser über Erde in die Wiese. Um uns bildete sich ein kleiner Teich, aber viel bedrohlicher sah die
Erde bzw. inzwischen der Schlamm aus. Andere Lastwagenfahrer blockierten die Ausfahrt, nach dem der erste versuchte im Schlamm zu parken und kaum noch rauskam. Wenn es durchregnen sollte, wären wir in der Seewiese gefangen.
Glücklicherweise legte sich der Regen nach einem kurzen Gewitter wieder.
Die nächste und letzte siedend heiße Nacht lag hinter uns und mit dem Erwachen spähten wir aus dem Fenster. Die Wiese war feucht aber OK, der Schlamm würde passierbar
sein. Aber schwarzgelbe Wolken zogen schnell am Himmel entlang, schoben sich zusammen, türmten sich auf. Unheil braute sich zusammen und wir sprangen nur schnell in eine Hose und gaben Pancho die Sporen. Noch beim Anfahren
fielen die ersten fetten Tropfen. Wir meisterten den Schlamm mühelos und parkten danach auf dem Asphalt. Jetzt erst kochten wir Kaffee und konnten entspannen.
Mit dem Verlassen der Stadt wurde es pechschwarz. Es hätte auch spät am Abend sein können. Wir wollten kurz an einer Bäckerei halten, aber aus kurz wurde länger.
Wir betraten den Laden und die Außenwelt ging unter. Überall donnerte es gleichzeitig und Blitze zogen Speeren gleich durch die „Nacht“. Nach 3 Sekunden gingen überall die Lichter aus. Ampeln, Straßenlaternen,
Häuser, alles war tot. 20 Minuten waren wir in der Bäckerei gefangen, draußen verwandelte sich die Straße in einen Fluss. Den restlichen Regen saßen wir dann in der Fahrerkabine aus, mit süßen
Stückchen war dies halb so schlimm ☺.
Als das Gewitter vorüber war machten wir uns vom Acker. Die Ampelanlagen sprangen wild durch alle Farben und Wasser stand auf der Fahrbahn. Etwas langsamer und wir kamen sicher
ans Ziel. Dies war die Abfahrt zu einem Nationalpark, aber der Zugang, egal von welcher Seite, war eine Erdstraße. Ein großes Schild mahnte, dass die Nutzung der Straße während und nach Regen verboten
sei. Bei den tiefen Pick-up Spuren vollends verständlich. Damit begruben sich unsere Hoffnungen eine tierreiche Sumpflandschaft zu entdecken.
Am Nachmittag waren wir wieder in La Cruz am Río Uruguay, naschten unser letztes Eis in Argentinien und parkten an dem schönen Platz am Wasser. Wieder war es dort grandios.
In einer Stunde waren wir in der Grenzstadt Paso de los Libres, gaben unsere letzten Pesos für Diesel aus und querten die Grenze. Aber nicht nach Uruguay, sondern wieder nach Brasilien.
Wir hätten in Argentinien einen langen Umweg auf der uns bekannten Straße fahren müssen, wären wieder durch die berüchtigte Provinz Entre Ríos gekommen und konnten nun in nur 75 km bequem in
Brasilien bis an die uruguayische Grenze fahren. Ausreise 15 Minuten und die Einreise nach einer verwirrenden Straßenführung in der großen Stadt Uruguaiana auch nur 10 Minuten. Doch beim Zoll schüttelte
der Herr den Kopf. Die Formalitäten würden im Grenzposten von Argentinien auf der anderen Flussseite durchgeführt werden. Wir erklärten wir würden in einer Stunde Brasilien schon wieder verlassen,
aber er beharrte zu Recht auf seinen Standpunkt und verwies auf die Möglichkeit eines Unfalls.
Also wieder über die Brücke und versuchten einer Zöllnerin auf spanisch, die selbst aber nur portugiesisch sprach, eine Einfuhrerlaubnis für Pancho abzuschwatzen.
Sie war drollig und zu dritt meisterten wir die Sprachbarriere. Kostenfrei durften wir nun zusammen 3 Monate im Land bleiben, gaben aber nach einer nächsten Brückentour den Wisch in Barro do Quaraí wieder
ab. Einen Zoll gab es in dem Dorf (alles wieder sauber!), aber keine Einwanderungsbehörde. Also Pancho hat Brasilien verlassen, wir halten uns offiziell noch immer dort auf...
War schon alles sehr unbürokratisch und so ging es auch gleich in Uruguay weiter. 83 Tage in Argentinien lagen hinter uns.
In der Schweiz Südamerikas,
Simone + Stefan