Kaum Québec verlassen, machten wir uns auf zu einem weiteren Höhepunkt im Osten des Landes, zum Upper Canada Village. Dieses Living Museum ist und war für uns das schönste, welches wir auf unserer Reise
bis heute besichtigt haben. Das Dorf liegt direkt am St. Lawrence River und somit, mittlerweile, gegenüber den USA, genauer dem Bundesstaat New York (Kartenlink). Es entspricht in seinem Erscheinungsbild einer ländlichen Kleinstadt Ontarios um 1860 und wird
von den „ersten Siedlern“ bewohnt. Wir fühlten uns in der Zeit zurück versetzt. Neben Dorfkirche und Hotel gibt es dort eine Wassermühle, die dem Müller sein Korn und dem Sägewerk seine Stämme bearbeiten lässt.
Der Schmied stellte Hufeisen her, der Tischler einen Satz Stühle und die Lehrerin bereitete das Schulzimmer für den nächsten Tag vor, bevor sie zum Arzt und ihrer zweiten Tätigkeit eilte. Alle die dort leben und arbeiten,
sei’s der Bäcker hat seine passende Arbeitskleidung und erklärte uns, was seine tägliche Arbeit sei und zeigt uns alles. Stefan wollte alles ganz genau wissen und so verflog die Zeit bis zum Arbeitsende des Tages wie
im Flug. Da das Gelände so weitläufig war suchten wir uns ein weniger einsichtiges Plätzchen für die Nacht.
Auf unserem nur 70 km kurzen Abstecher in die Hauptstadt Ottawa kamen wir zufällig an einem Familienrestaurant vorbei, in seiner Art einem American Diner entsprechend, mit einem großen, unübersehbarem Schild "Sunday Brunch". Mit 80 Sachen vorbeigedonnert, kehrten wir freudestrahlend mitten auf der Straße um, denn es war ja Sonntag. Für 11 Dollar gab es alles was das Herz begehrt und noch vieles mehr: Chicken Wings, Kartoffeln in 5 Variationen, Bacon, Eier, Pancakes, Würstchen, Toast und Brot, selbstgemachte Salate und Salate zum selber anmachen, sowie selbstgebackene Kuchen, süße Stückchen und Obst. Kaffee bis zum Abwinken und Wasser wie immer gratis dazu. Somit fuhren wir nach 2 Stunden mit den dicksten Bäuchen weiter nach Ottawa. Wir fanden ziemlich schnell den Rockcliff Lookout mit Picknickplatz und dort stellten wir Pancho ab und begannen mit unserer Stadtbesichtigung (waren nur 3 km außerhalb des Zentrums). Unsere Bäuche brauchten dringendst Bewegung ☺.
Ottawa bildet mit Gatineau (zur Provinz Québec gehörend) eine Doppelstadt
in der ca. 900.000 Einwohner leben. Inklusive Gatineau sind es 1,3 Mio. Queen Victoria hat 1857 scheinbar Willkür walten lassen, als sie das Holzfällernest Ottawa als neue Hauptstadt des Landes wählte. Andere Aspiranten
waren geschockt, aber sie wählte eine Stadt auf der Grenze der beiden größten Provinzen und andererseits einen Ort, weit genug entfernt von den damalig feindlich gesinnten Amerikanern.
Also los zu Fuß ging es vorbei an den ganzen Botschaften, dem Wohnsitz des Premierministers
und diversen Museen. Durch Parkanlagen und entlang des überbordernten Hotels Chateau Laurier erreichten wir den Rideau Canal, der sich mitten durch die City schlängelt, und „dahinter“ das beeindruckende Parlament. Schon
jetzt gefiel es uns hier sehr gut. Es ist viel viel grüner als in Montréal aber auch ruhiger, wobei ein Hauch von Großstadt noch zu verspüren war. Für die Parlamentsbesichtigung waren wir zu spät und das Währungsmuseum
hatte wegen Umbau geschlossen. Also ging es weiter zum Byward Markt, da findet man 180 Läden und die Spezialität von Ottawa - Beaver Tails (Biberschwanz). Das ist eine Art Hefeteig, der aussieht wie ein Biberschwanz und
man kann, wie bei einer Waffel, alles möglich oben drauf haben. Wir versuchten Zimt mit Zitrone und uns hat dieser Versuch gereicht, da viel zu fettig. Mit einem guten Bier haben wir den Schmalzgeschmack herunter gespült
und den Tag ausklingen lassen.
Früh aus den Federn, ab zum Rockcliff Lookout und wieder zu Fuß in die City. Zuerst zum Parlament, es könnten schließlich alle Tickets bis zur Mittagszeit vergeben sein. Wir haben noch ein Besucherticket bekommen und hatten jetzt Zeit bis 17.30 Uhr.
Über die Brücke ging es nach Gatineau und zum Museum of History. Dieses Museum beleuchtet anschaulich
die Kultur der First Nation und der weiteren Minderheiten in Kanada. Es vermittelt viel über die weiße Besiedelung und die Anfänge des alltäglichen Lebens. Einer weiteren Halle ist Menschen gewidmet, die Kanada zu dem
verholfen hat was es heute ist. Ein wirklich spannendes Museum, vor allem die Eingangshalle mit den vielen Totem Poles (Totempfähle geschnitzt aus Holz).
Zurück über die Brücke in Ontario ging es weiter mit der Stadtbesichtigung. Punkt 17.30 Uhr
durften wir mit einer kostenlosen Führung das Parlament betreten. Wer hätte es gedacht, Stefan wäre am liebsten in die Bibliothek eingezogen. Aber mal ehrlich, die war aber auch schön. Wegen der Brandschutztür, ist
es der älteste Raum des Parlaments. Nach der geführten Besichtigung ging es noch hoch auf den Peace Tower (der kanadische Big Ben) von dem man einen wunderschönen Blick über die Stadt hat und immer zur vollen Stunde,
wenn die Glocken läuten, das Gefühl bekommt in London zu sein.
Auf unserem Zettel stand nur noch der Besuch des Flug- und Raumfahrtmuseums, aber da es schon
zu spät war, parkten wir direkt hinter einem der Flughangars. Über Nacht parken war zwar auch dort, wie so oft, nicht gestattet, aber davon lassen wir uns mittlerweile nicht mehr schrecken. Wir schliefen ohne Ruhestörung
und waren am Folgetag die ersten im Museum. Um dies vorwegzunehmen, ein klasse Teil. Über hundert, zum Teil originale Unikate, aus der Fliegerei, von den Anfängen bis zur modernen Kriegsführung bzw. Passagierbeförderung.
Dazu noch die Sparte Raumfahrt, in der man selbst viel probieren durfte und viele Mitbringsel aus dem Weltall bestaunen konnte, z.B. die Gitarre von Chris Hadfield (Major Tom...).
Nach dem Mittagessen fuhren wir wieder zurück an den St. Lawrence River, da die Uferstraße
bis nach Kingston zu den schöneren Strecken Ontarios zählt. In der Tat durchfuhren wir viele kleine schöne Ortschaften, konnten immer wieder den Fluss zur Linken sehen und kamen durch das Gebiet der 1.000 Inseln. Reell
liegen mehr als 1.600 Inseln im Fluss zwischen Ontario und New York Staat und Touranbieter werben um die Wette, zahlende Gäste auf einer 2 Stunden Tour durch die Inselwelt zu schippern. Da konnten wir natürlich nicht nein
sagen und folgten den Brotkrumen bis wir auf solch ein Tourikahn in der Sonne saßen. Aber alles in allem war der Preis schon ok; wir fuhren zwischen den Inseln hindurch, manche nur so klein, dass 2 Bäume Platz fanden, auf
anderen stehen Villen und angeblich sind auch mehrere Prominente mit Eigentum dort vertreten. Die Fahrt setzte sich fort, bis wir die Staatsgrenze überquerten und die wohl bekannteste Insel ansteuerten, Heart Island mit dem
Boldt Castle. Ein Märchenschloss von einem Deutschen
für seine Liebste gebaut.
Wieder festen Boden unter den Füßen, versetzten wir Pancho in den Arbeitsmodus und hielten
auf Kingston, einem der ehemaligen Anwärter auf das Hauptstadtamt, zu. Dies aber im nächsten Blog.
Wer Lust und Laune hat, kann sich auf unserer Homepage die restlichen Bilder von Québec ansehen.
Allzeit Gute Fahrt,
Stefan und sein Engel