Dienstag, 6. Oktober 2015

Einsam im Yukon (07.08.2015 - 13.08.2015)


@ Thomas: Hey Brüderchen, einen Tag im voraus wünschen wir dir alles alles Gute zum Geburtstag. Hab ne gute Feier und hoffentlich sehen wir uns in den USA!
@ Karl: Hi Karl wir haben dich nicht vergessen und wünschen dir nachträglich alles Gute zu deinem 31sten! Hoffe ihr hattet eine tolle Reise und warten auf Kolumbien Infos!
   
Ist schon ein paar Tage her seit unserem letzten Eintrag, aber wir waren viel beschäftigt... haben Kanada verlassen und befinden uns seit ein paar Tagen in den USA; haben sogleich die Wälder erkundet und wenn Zeit war, den Blog/Nordamerika und die Homepage mit neuen Impressionen für September und die Kanada Seite aktualisiert. Die Zahlen bezüglich Ausgaben, gefahrene km usw. sind nun endgültig. Schaut doch mal vorbei wenn ihr Lust habt. Ausführlicheres in ein paar Wochen, oder Monaten???
   
So aber nun zurück auf den Alaska Highway und die Weiterfahrt in Richtung Alaska durch das Yukon Territorium (Kartenlink).
Wie im letzten Blog erwähnt ist das Yukon Territory das kleinste der drei Territorien und mit ca. 480.000 km² nur größer als die östlichen Provinzen. Der 60° Breitengrad definiert die Provinzgrenze zu British Columbia und wir fuhren direkt in die Stadt Watson Lake mit 800 Einwohner ein. Klasse 800 Einwohner und es ist die drittgrößte Siedlung im Yukon und wäre ohne eine Besonderheit auch nur gut zum volltanken. Um die Lebensmittel im kleinen Supermarkt machten wir einen großen Bogen, da die Preise ins astronomische gingen. Besagte Besonderheit ist ein Schilderwald rund ums Visitor Zentrum. Reisende aus der ganzen Welt bringen zu meist Schilder mit, seltene Utensilien und befestigen sie an extra dafür bereitgestellte Holzpfosten. Wir fanden Autokennzeichen, Ortsschilder, Wegweiser, Reklametafeln, personalisierte Schilder, Staats- & Provinzschilder. Inzwischen hängen am Sign Post Forest, so der offizielle Name, etwa 80.000 Schilder. Wir verbrachten eine Stunde zwischen den Pfosten und ließen unseren Aufkleber zurück, der inzwischen wieder weg ist (auf unserem Rückweg stoppten wir kurz zum tanken und prüften ob Pancho noch klebt).
 


   
Wir verließen die schnellste Verbindung nach Alaska und schwenkten auf den 580 km langen überwiegend geschotterten Robert Campbell Highway ein. Warum? Weil wir die Stille und Einsamkeit der Seitenrouten der Hauptachse vorzogen und viel mehr von der Landschaft aufsaugen konnten. Der Wald zog an uns vorbei, immer wieder tauchten Seen auf und wir schreckten einmal mehr Bär, Fuchs, Bison und Elch auf. Die Nacht verbrachten wir auf einer kleinen Waldlichtung, grillten Lende und es war still. Kein Auto fuhr abends an uns vorbei und wir merkten, dass wir zügig in den Norden fuhren. Die Solarmodule luden noch um 22 Uhr und dunkel war es erst um Viertel vor Mitternacht.
In Faro, eine Geisterstadt die doch keine wurde, waren wir am nächsten Tag. Als die Minen vor vielen Jahren geschlossen wurden, lebten nur noch ein paar Leute dort, inzwischen wieder mehrere Hundert. Die Wanderwege um den Ort entpuppten sich als sehr langweilig und so brachen wir auch bald wieder auf. Zuvor erworben wir allerdings noch eine Jahreslizenz zum Angeln. Im Yukon ist diese spottbillig, 25 Euro für ein ganzes Jahr. Mit einem Auge auf dem Grill versuchte ich mein Glück abends, aber ich bin sicher dort gab es keine Fische. Kein einziger Biss und keine Bewegung auf der Oberfläche, nein dort war sicherlich kein Fisch, oder? Schön war die musikalische Begleitung von Simone auf ihrer Querflöte. An diesem Abend fuhren 2 Autos an unserem Platz vorbei.
 

   
In meiner Anglerbroschüre, die ich beim Erwerb der Lizenz erhielt, wurde der Little Salmon Lake als sehr sehr gutes Angelrevier gepriesen. Ohne Kaffee am Morgen sind wir sofort um 6.30 Uhr losgedüst, damit ich (Stefan) meine Angel in den See werfen konnte. Nach 20 Minuten kam zur großen Freude der See in Sicht. Genau dies blieb aber auch der Fall. Wir sahen den See ständig zu unseren Linken, aber wo war ein Weg ans Wasser? Irgendwann kam er dann und ich fand eine geeignete Stelle und während wir Kaffee tranken sahen wir die Nebelschwaden über dem See sich langsam auflösen. Das war ganz schön, aber einen Biss hatte ich wieder nicht. Wahrscheinlich ist der See einfach viel zu groß (46 km lang und er wird kleiner Lachssee genannt, da stimmt was ganz gewaltig nicht) und die Fische halten sich ganz woanders auf, oder?
 
   
Zurück auf dem Robert Campbell Highway trafen wir kurze Zeit später auf den mächtigen Yukon, den längsten Fluss des Territoriums. 40 km begleitete er uns bis wir den Klondike Highway erreichten. Ein weiterer klangvoller Name für eine geteerte Landstraße. Ein paar Kilometer später und der Yukon schwenkte bei den Five Finger Rapids nach Westen ab. Die “Fünf Finger Stromschnellen” waren früher berüchtigt und haben so manchen kleinen Frachter von oder nach Dawson City zum kentern gebracht. Irgendwann wurden die tückischsten Stellen durch Sprengladungen geebnet und jetzt fließt der Yukon gemäßigt durch die 5 Felsen. Kurz vor Dawson City schlugen wir unsere Zelte am Klondike River auf und ich versuchte erneut mein Glück mit der Rute. Der Fluss floss an dieser Stelle ziemlich schnell und so verwundert es nicht, dass ich nichts fing, oder?
Ein paar Stunden nochmal zurückspulen... auf dem Klondike Highway, da einzige Verbindungsstraße nach Dawson City, der zweitgrößten Stadt im Yukon, ist vergleichsweise viel Verkehr und Simone ist gemächlich nach Norden unterwegs. So kam es immer wieder, dass sie ein paar Autos hinter sich hatte. Eines dieser Autos schaltete plötzlich die Polizeisirene ein und forderte uns zum halten auf. Simone hielt, etwas nervös, und der Polizist kam langsam auf Pancho zu und zog sich am Außenspiegel zu Simone hoch. Schaut sie an, schaut mich an und fragt ob wir aus Deutschland seien. Ganz richtig. Fragte nach Simones Führerschein und war mit ihrem nationalen zufrieden. Dann fängt er seriös an und meint es sei nicht verboten langsam zu fahren, aber wenn sie sähe, dass hinter ihr eine Autoschlange sei wäre es nicht schlecht rechts ranzufahren und die schnelleren vorbei zu lassen. Ich konnte nicht anders und musste fett grinsen, er schaute mich an und grinste genauso breit zurück. Tja und Simone machte das Trio komplett. Kanadier sind ganz große Klasse!
 

   
Fährt man in Dawson City ein, fährt man ersteinmal durch alte Goldfelder hindurch. Große Steinhügel schmückten den Straßenrand, viele verrostete, verbrauchte Maschinen parkten überall. Dies zog sich für wenige Kilometer und wir bogen vor erreichen der Stadt ab, um weitere 14 km durch alte, zum Teil noch aktive Goldfelder zum Schaufelradbagger “Dredge No. 4” zu fahren. Die Tour durch dieses Monstrum war toll. Es ist der größte je gebaute Schaufelradbagger, der bis 1966 goldhaltiges Gestein gefördert und gewaschen hat. 2.700 Tonnen bringt die 94 Meter lange Festung auf die Waage.
 

   
Seit über 100 Jahren wird in Dawson City, am Zusammenfluss von Klondike und Yukon, nach Gold geschürft und die meisten Claims sind schon mehrfach umgebuddelt worden und trotzdem scheint es sich noch zu rentieren. Die Stadt versprüht auf jeden Fall den Charme vor 100 Jahren, keine geteerten Straßen und Holzblanken-Gehwege. Für touristische Zwecke werden die alten Gebäude im Zentrum gepflegt und so werden ein paar weitere Dollar in der kurzen Sommersaison in die Stadtkasse gespült.
 

   
Bevor wir die quälende Auffahrt zum Midnight Dome (Berg, der 600 m über der Stadt aufragt) antraten tankten wir Pancho für den kommenden Tag randvoll.
Ich weiß nicht wer von euch auf DMAX jemals die Sendung der Goldgräber am Yukon gesehen hat. Ich hab so ziemlich jede Folge davon gesehen und die Doku wird an verschiedenen Standorten um Dawson gedreht. Habe mich mit dem Tourführer an der Dredge No. 4 unterhalten und er kannte die Goldgräber der Serie alle persönlich oder vom sehen. Einer der Hauptakteure hat seinen Claim 4 Autostunden in der Wildnis und hat in der Staffel 2013 über 1 Millionen Dollar erwirtschaftet. Parker Schnabel, gerade einmal 21 Jahre alt und wir stehen an Zapfsäule 2 und genau dieser Parker Schnabel fährt neben uns an Säule 1. Ich war zu perplex um ihn anzusprechen. Er hat sein Auto weiterlaufen lassen und während des tankens telefoniert und ich wusste nicht was ich sagen sollte. Hab mich den restlichen Tag geärgert, grrr. Er sah exakt wie in der Doku aus, Sonnenbrille, Schildmütze, Kapuzenpulli, Stiefel und eine Jeans die auch ohne Inhalt gestanden wäre so verdreckt war sie.

Der Midnight Dome hoch über Dawson City bot einen grandiosen Blick über die Stadt. Wir parkten direkt am Rand und wurden am Morgen vom Geheul von entweder Schlittenhunden oder Wölfen geweckt. Über den Flüssen lag noch ein bisschen Nebel und dieses lang anhaltende traurig klingende Geheul erzeugte Gänsehaut.
 


   
Was nun folgte war für uns eines der schönsten Erlebnisse ganz Kanadas. DER
 
   
Der Dempster Highway, eine 740 km lange Schotterpisten-Sackgasse vom allerfeinsten die bei Dawson City seinen Beginn nimmt und bis nach Inuvik führt, gelegen in den Nordwest Territorien. Leider fehlen bis zur Machenzie Bay (Nordpolarmeer) einige Kilometer, aber Inuvik ist trotz alledem die größte Siedlung nördlich des Polarkreises in Kanada und die nördlichste die per durchgängige Straße erreicht werden kann. Zwischen der Wildnis liegen drei Ortschaften und Inuvik ist eine davon. Dazu kommt noch ein kleines Versorgungszentrum, sprich eine Tankstelle und Motel und ein Informationsbüro des Tombstone Provinzparks.
Landschaftlich liegt der Highway völlig anders. Je weiter wir nach Norden fuhren, desto spärlicher wurden die Bäume und umso niedriger obendrein. Die Berge waren oft, bis auf Gräser und Büsche kahl. Die Laubfärbung für den kommenden Herbst war an manchen Stellen schon zu erahnen. Je weiter wir fuhren, desto stiller wurde das Land. Selbst die immer gegenwärtigen Raben waren irgendwann weg, keine Vögel sangen und wir sahen keinen Müll, keine Flugzeuge am Himmel vorbei ziehen und sonst nur ein paar Motorrad-Reisende auf ihren Geländemaschinen. Viel kleiner als auf dieser Route durch atemberaubend schöner Natur kann man sich nicht fühlen. An manchen Teilabschnitten wären wir schneller zu Fuß gewesen, so oft hielten wir für ein weiteres Bild. Wir rollten manchmal für Kilometer nur so dahin und waren platt und sprachlos. Dazu kam noch, dass wir halbwegs gutes Wetter hatten. Auf den Hinweg waren die Bergspitzen zum Teil in Wolken, auf dem Rückweg waren sie frei und wir sahen die ersten Anzeichen von Schnee auf den Kuppen. Nach 200 km fährt man einen Gebirgspass hoch und die Straße verläuft dann auf dem Kamm für über 100 km. Die Fernsicht, keine Ahnung kann ich nicht beschreiben. Nach etwas mehr als 400 km kommt dann ein kleiner Rastplatz, der das Erreichen des nördlichen Polarkreises kundtut.
66,57° Nord auf den Breitengraden, was bedeutet zur Sommersonnenwende geht ab diesen Punkt die Sonne für 24 Stunden nicht unter. Weiter im Norden werden es immer mehr Stunden ohne Nacht. Im Umkehrschluss heißt dies aber auch, dass zur Wintersonnenwende, also am 21. Dezember die Sonne sich für 24 Stunden gar nicht blicken lässt.
Dort war für uns Schluss und wir schliefen an diesem Tag direkt auf dem Polarkreis mit Abenddämmerung bis kurz vor 1 Uhr! Ab 3 Uhr wurde es wieder hell und wir waren 2 Monate nach der Sommersonnenwende vor Ort. Total geil. Aus Zeitgründen haben wir uns schon vorab entschlossen hier umzukehren und somit durften wir 2 Tage auf dieser Traumstraße verbringen. Zugegeben bei schlechtem Wetter würde dieses Bild eventuell anders ausfallen. Eines steht für uns fest. Falls wir irgendwann noch einmal die Möglichkeit haben sollten den Dempster Highway zu befahren, werden wir Zeit her Zeit hin bis ans Ende durchfahren.
Leute fahrt ihn!
 











  
Wir waren pünktlich zur Abendshow im Casino in Dawson City zurück und machten uns auch gar nicht erst die Mühe ein anderes Quartier aufzusuchen. Wir pennten auf dem Casinoparkplatz mitten in der Stadt und überquerten den Yukon per Fähre am frühen Morgen.
Über den Top of the World Highway ging es hoch oben auf die letzten 100 Kilometer nach Alaska. Drückt die Daumen, dass die Einreise in die USA gut verläuft.
 


  
Keine Ahnung, das Angeln hat nicht zum Erfolg geführt, aber ich habe ja noch Chancen auf dem Rückweg. Kann nur besser werden, oder?
    
Vom Top of the World,
Stefan-Simone-Pancho