Montag, 26. Oktober 2015

Kenai Peninsula (24.08.2015 - 29.08.2015)


Vollgepackt mit neuem Spielzeug ging es auf in ein neues Abenteuer. Die Rede ist von der Kenai Halbinsel, welche sich direkt südlich von Anchorage erstreckt und komprimiert alles zu bieten hat, was das übrige Land charakterisiert (Kartenlink).
Pässe überwinden Gebirge, Gebirge tragen Gletscher, Gletscher wandern ins Tal oder stürzen ins Meer und dort liegen pittoreske Fischerdörfer, die russischen Ursprungs sind. Alles garniert mit Grizzlybären .
  
Wir verließen Anchorage auf dem Seward Highway (benannt nach dem ehemaligen US-Außenminister, der Alaska von Russland abkaufte) und folgten dem Meerarm Turnagain bis nach Portage, einem aufgegebenen Ort, der 1964 bei einem Erdbeben völlig zerstört wurde. Am Turnagain Arm ist der zweithöchste Gezeitenwechsel Nordamerikas zu beobachten. Ein Tidenhub von bis zu 11 m wird dort verzeichnet, aber nicht nur dies ist dort zu sehen, mit etwas Glück kann man auch seltene Beluga Wale im Salzwasser sehen. Uns wurde dies vergönnt und während der Fahrt konnten wir die weißen Rücken von einigen Tieren in einer Biegung sehen.
 
  
Von Portage zweigt eine 18 km Stichstraße zum Portage Lake und nach Whittier ab, unserem Tagesziel.
Über den See waren Eiskuppen zu sehen, aber der Portage Gletscher selbst liegt ungesehen hinter einer Bergschulter. Ausflugsboote starten einen Trip über den See, aber uns wurde im Besucherzentrum mitgeteilt, dass man den Gletscher auch zu Fuß nach 4 km erreichen kann. Genau unser Ding. Da der Verbindungstunnel nach Whittier noch gesperrt war, wir kommen gleich darauf zurück, fuhren wir geschwind an den Byron Gletscher und liefen die kurze Strecke an seinem Bachlauf hoch. Leider konnten wir diesen Gletscher noch nicht direkt berühren, aber es liegen ja noch einige vor uns.
  



 
Zurück zum Tunnel: Anton Anderson Memorial Tunnel; genau so und nicht anders, aber wer Anton war wissen wir nicht. Was wir wissen ist, dass der Tunnel 4 km lang ist, die Innenwände größtenteils vereist waren und er der längste Einspur-Straßen-Tunnel von Nordamerika ist, den Bahn und Fahrzeuge teilen. Das war wirklich kurios. Im Besucherzentrum gaben sie Auskunft wann der Tunnel in welche Richtung für welches Gefährt frei ist, d.h. wir konnten in einem 15 minütigen Zeitfenster durch den Tunnel an den Fjord nach Whittier gelangen. Danach ist er offen für die Bahn. Danach haben Fahrzeuge von der anderen Seite eine Viertelstunde Zeit sich durch den super schmalen Tunnel zu bewegen und danach ist natürlich wieder die Bahn am Zuge.
 
 
Auf der anderen Seite des Tunnels wartete für uns prompt der Weg über den Berg zum Portage Lake und dessen Gletscher. Pflichtbewusst hab ich (Stefan) das Bärenspray neben dem Taschenmesser an meinen Gürtel geheftet. Für den Fall der Fälle...
Wie immer ging es erst den Berg hoch, oben gab es wieder jede Menge reife saftige Blaubeeren und dann ging es wieder runter. Von oben hatten wir eine Traumaussicht. Vor uns der See und der Gletscher und hinter uns der Fjord und das kleine Fischerdörfchen Whittier. Auf dem See trieben Eisbrocken, deren Größe zwischen Schuhschachtel bis Garage variierte. Wir umrundeten den See, die Sonne sank tiefer und wir dachten wir seien am Ziel und hätten den Gletscher berühren können, als plötzlich ein breiter Schmelzbach uns den weiteren Weg versperrte. Andere Wanderer versuchten ihr Glück und wateten bis zum Oberschenkel durch das eiskalte Nass, aber auch sie konnten schlussendlich nicht bis an das Eismassiv vordringen. Glück für uns dass wir es nicht versuchten, denn auf dem Rückweg liefen wir ohne Sonne und es wurde merklich frisch. Gut, dass die Heizung mit den neuen Batterien ansprang als wir in Whittier direkt am Fjord das Kochen anfingen.
 




   
Unser Plan am frühen Morgen einen frischen Lachs zu erstehen ging gründlich schief. Es gab nur ein Café und 2 Restaurants und der Fischverarbeitungsbetrieb darf nicht an Privatkunden Fisch verkaufen. Es liefen auch keine Fischerboote in den Hafen ein und da wir noch innerhalb unserer „Tunnelzeit“ waren, gaben wir Gas und verschwanden aus Whittier um zurück auf den Seward Highway zu gelangen. Wir hielten kurz am Explorer Gletscher und warfen einen schnellen Blick in das nahe Flüsschen um Lachse zu sehen, die zur Eiablage in ihr Heimatgewässer zurück kehren. Danach ist für die Fische Schluss. Erschöpft und vergiftet, da sie nichts mehr zu sich nehmen, verenden sie alle.
   

   
Der Seward Highway verläuft fantastisch über Pässe, an riesige Seen entlang bis nach Seward, einem weiteren Fischerdorf an einem Fjord gelegen. Auf dem Weg verführten uns immer wieder Ausgangspunkte zu Wanderungen, aber da wir noch zum Exit Gletscher wollten, verfielen wir nur dem Weg hoch zum Carter Lake. Nach einem guten Anstieg erreichten wir ein Plateau, welches auf beiden Seiten von weiteren Bergkämmen eingesäumt wurde. Dazwischen lag der See und der Weg wäre für weitere 20 Kilometer zwischen den Bergen hindurchgegangen. Es war warm, die Luft so rein und doch beschlich uns ein mulmiges Gefühl, als wir durch brusthohe Sträucher und Gräser unseren Weg an den See bahnten. Das permanente Einreden, von wegen Grizzlies lauern an jeder Ecke, zeigte Wirkung. Da half auch die 260 ml Dose mit Spray nichts. Nach ein paar Minuten an dem gespenstisch ruhigen See kehrten wir um und fuhren zum Gletscher. Einer der wenigen laut Prospekt, an den man auf Kontaktnähe herankommen kann.
 
   
Der Exit Gletscher liegt in unmittelbarer Nähe zu Seward und da Pancho wieder zu viel Zeit an den Anstiegen einbüßte, gingen wir nur zum Gletschermund und nicht den kompletten mühsamen Weg hoch mit dem Ausblick über das Harding Eisfeld. An einem Tag wie dem heutigen muss der Anblick umwerfend sein.
Wir kamen natürlich wieder nicht an den Gletscher. Vor Jahren konnte man ihn berühren, aber inzwischen ist er so weit abgeschmolzen, dass eine große Kluft zwischen Steinwand und Eismassiv herrscht. Trotzdem, wir waren so nahe daran und obwohl sonnig und warm, am Gletscher fühlten wir die kalte Luft und ein eisiger Wind zog vom Eisfeld herab. Großartig!
Die Stadt selbst war auch wieder ernüchternd. Wieder kein Fisch, wir sahen Arbeiter allerlei Fische filetieren, aber auf Anfrage hieß es wieder sie dürften keinen an Privat verkaufen. 2 Jahre früher wäre dies noch gegangen, aber inzwischen seien die Gesetze verschärft und sie hätten keinen Spielraum. Der Herr wählte eine andere Wortwahl, aber die wäre nur frei ab 18.
   


   
Eigentlich planten wir entweder in Whittier oder hier in Seward einen Bootsausflug zu unternehmen, zu Eiswänden bei dem man vom Meer aus direkt unterhalb der Gletscherwände gelangt. Ohne Steuer wollten die Anbieter 150 Euro pro Person und dies wollten wir uns nicht leisten. Also traten wir am Folgetag die Rückfahrt an.

Auf halben Weg zurück nach Portage zweigt der Sterling Highway nach Osten ab. Er verbindet alle im Osten der Halbinsel liegende Städte und ist speziell an der Küste von Kenai bis hinunter nach Homer besonders schön.
Vormittags hatten wir Regen, ein sehr seltenes Erlebnis für uns in Alaska. Wir planten den Weg am Russian River im Vorfeld und so stapften wir in voller Regenmontur los. Im Herbst ist der Fluss jährlich voll von Lachsen und wo Lachse sind, sind zum einen Angler nicht weit (fischen auf Forelle, die die Lachseier fressen) und zum anderen Bären noch näher. Die Angler sahen wir schon auf dem Parkplatz und am Fluss tummelten sie sich, selbst aus Florida waren welche vor Ort. Die Fische sahen wir auch und viel mehr, wir rochen sie. Es stank nach totem Fisch. Gammelgeruch lag trotz des Regens in der Luft. Viele Lachse taten ihre letzten Regungen, viele waren schon von den Möwen aufgerissen. Wir ließen uns nicht beirren und kletterten am Flusslauf entlang bis wir nach 2 Stunden ein trockenes Seitenbächlein folgten, das uns im Bogen wieder zum Ausgangspunkt zurück brachte. Lachse ja, Angler ja, Möwen ja, Bären neeeeein.

Soldotna erreichten wir am Nachmittag und in der Info erfuhren wir, dass am Abend Livemusik im Stadtpark ist. Gut dachten wir, gingen einkaufen, hatten eine Stärkung im „The Moose is Loose“ und welch Freude ein Second-Hand Buchladen war auch in der Stadt. Ich suchte immer noch nach einem Science Fiction Buch. Wir betraten den Laden und ein Inuitnachfahre gegrüßte uns eifrig. Erik wie wir später erfuhren, Mitte 20 und Student. Er war happy, dass jemand in den Laden kam und nach 30 Minuten bot er uns als Park- und Schlafplatz die Stelle hinter dem Laden an. Wir hätten auch im Laden schlafen können und ebenso das WC nutzen können. Wir lehnten dankend ab, da ich (Stefan) sonst nie zu Bett gegangen wäre. Wenn ich sage tausende SF-Bücher ist dies keine Übertreibung. Simone kaufte 2 Horrorschwarten, aber mein Buch war nicht dabei.
 
   
Wir fuhren direkt zum Park und die Band spielte klasse Songs. Wir kochten dazwischen und futterten mit offenem Fenster und hörten uns den Rest der Vorstellung an. Am Ende verkündete eine junge Frau, dass am kommenden Tag wieder ein Liveact sei und es Lachs und Chili umsonst gäbe. LACHS???? Umsonst???? Ohh Mann ja, endlich . Auch in Soldotna erfuhren wir ist die beste und billigste Adresse für frischen Fisch ein Laden namens Fred Meyer. Den Namen sollte man sich merken, ist ein toller Lebensmittelladen mit super Qualität zu annehmbaren Preisen. Er ist an der ganzen Westküste vertreten. Eis hat der, von dem verputzen wir jeden 2ten Tag einen Becher. Kleine Becher, 450 ml....

Die Nacht war gut und der Morgen wieder sonnig. Bis auf die Heizung die wollte schon wieder nicht. Volle Batterien und sie lief nicht an. Geht uns voll auf die Nerven. Dafür funktionierte der Propanheizer reibungslos.
Auf zum kurzen Abstecher nach Kenai, der größten Stadt der Halbinsel (ca. 7.000 Einwohner). Am Abend wollten wir unbedingt wieder zurück sein. Eine Stadtbesichtigung in Kenai dauert genauso lang wie die Halbzeitpause beim Fußball. Ein paar alte Häuser und 2 russisch-orthodoxe Kirchen. Eine tolle Aussicht über das Meer auf Vulkane, das ist die Geschichte der Stadt. Ein Senior, der die 100 Jahre alten Häuser in Schuss hält, führte uns herum und eine Stunde verflog wie im Nu. Am Ende hat er uns eingeladen zum State Fair von Kenai. Dies ist eine Art Jahrmarkt (alle US Städte halten einen im Herbst ab) bei dem es neben politischer Propaganda, um die Erhaltung ihrer Ressource dem Lachs ging, den er grillte. In 2 Tagen zur Mittagszeit wird aufgetischt. Hot Dogs, Hamburger und LACHS umsonst. Ja spinn ich? Kaufen können wir keinen, aber umsonst bekommen wir ihn in jeder Ortschaft.
Breit grinsend verabschiedeten wir uns, um wieder einen SF-Buchladen aufzusuchen. Dieser hatte endlich mein Buch und weil eins kaufen keinen Spaß macht, packte ich noch 2 obendrauf. Danach sind wir am Sandstrand spazieren gegangen. Alaska, Sonne, T-Shirt-Wetter, Sandstrand. Hätte nicht geglaubt, dass dies so zusammenpasst.
    


    
In Soldotna zurück parkten wir sogleich hinter dem Buchladen und machten uns zu Fuß auf den Weg zum Abendprogramm. Eine 2-Mann Band stimmte ihre Gitarren, der Grill lief gerade warm und die Getränke vom Vortag wurden soeben auf Eis gestellt. Während dem Essen gab es Musik und im Anschluss ein paar warme Worte warum der Lachs für die Region so wichtig ist. Ein paar Redner wurden auf die Bühne gebeten und Simone und ich schlugen uns derweil die Bäuche mit fangfrischem Fisch voll. Wein und Bier gab es auch gratis und als die selbstgebackenen Kuchen und Kekse ausgebreitet wurden, mussten wir nicht zwei Mal gebeten werden. Rundum zufrieden bedankten wir uns bei der Organisatorin und trollten uns, als das Festchen zu Ende ging.
Am Morgen stand Erik vor der Tür. Er hat im Buchladen übernachtet und wir luden ihn zum Kaffee ein. War lustig mit ihm und wir erfuhren viel über Alaska und die Inuit. Danach ging es für uns wieder auf den Sterling Highway, aber diesmal in den Süden nach Homer. Die Straße verläuft immer wieder direkt am Cook Inlet mit Blick auf sehr aktive Vulkane. Diese sind Teil vom Pazifischen Feuerring, oder auch Ring of Fire genannt, der den kompletten Pazifik umspannt. Ein Halt hatten wir in Ninilchik direkt am Wasser, einen weiteren in Anchor Point, dem westlichsten Punkt der durchgehend auf einem US-Highway erreichbar ist.
  


   
Homer, an der Kachemak Bay gelegen, ist ein weiterer kleiner Ort der sein Lebenselixier aus der Fischerei und dem Tourismus bezieht. Die Aussicht von höher gelegenen Straßen war bezaubernd, vor allem die Sicht auf den Spit, einer 7 km langen Landzunge die sich in die Bay erstreckt. Leibhaftig auf dem Spit reihten sich dann doch nur Shops für Touristen. Natürlich bekamen wir keinen Lachs zu kaufen und nach einem kurzen Spaziergang am Meer fuhren wir Pancho direkt auf den Strand, illegal aber manchmal ist es dies einfach wert. Wir parkten so gerade oberhalb der Flutmarkierung und fluchten nur, als die Heizung an diesem Abend wieder nicht zünden wollte und es wurde mit 0,6°C wirklich kühl. Wir sind es echt leid!
   




  
Glücklicherweise wurden wir des Nachts nicht von der Polizei vertrieben und kamen pünktlich zur Mittagszeit in Kenai an. Zahlreiche Pavillons für verschiedene politische Gruppen, Gewerkschaften und Industrie waren vertreten und unser Senior stand am Grill bereit. Wir begrüßten ihn und er freute sich sichtlich, dass wir seiner Einladung gefolgt sind. Bevor es Lachs, Hot Dogs und Hamburger gab, als Beilage Chips und als Nachspeise Wassermelone wurde zuerst die Nationalhymne gesungen. Vorgetragen wie beim Superbowl von einer jungen Frau, sang die Hälfte der Anwesenden mit. Danach noch das Lied auf Alaskas Flagge, bei dem alle mitsangen. Wir mussten an uns halten, um nicht zu breit zu grinsen und hofften, dass die Lieder schnell vorüber waren, damit unser Hamburger nicht allzu kalt wurden. Wir holten 3 Mal nach und hörten irgendjemandem zu, der irgendwen ehrte. Dann holten wir noch kostenfrei Kaffee, Popcorn und diverse Werbeartikel. Alles passend zu Simones grüner Jacke. Leute machten Bilder von ihr, wie sie mit Sonnenbrille und Tasche farbig abgestimmt war. Wir wünschten pappesatt dem Senior alles Gute, dankten und machten uns nonstop auf nach Anchorage. Es war Samstag und Mister Präsident besuchte die Stadt. Vielleicht können wir ihn ja am Sonntag bei seiner Rede sehen?
 
Mit den letzten Sonnenstrahlen kamen wir wieder in Anchorage an. Wir hatten nur ein Ziel, den Wasserflughafen und wurden Zeugen des „Termination Dusts“. Was dies ist erfahrt ihr im letzten Beitrag über Alaska.
 
Es grüßen,
Stefan und Simone