Sonntag, 20. März 2016

Der Wilde Westen (10.01.2016 - 15.01.2016; aktueller Standort: Mazatlán, Sinaloa)


Wir kochten zu Abend und probierten eine neue Soße aus einem mexikanischen Supermarkt. Sauerscharf. Warum das wichtig ist? In der Nacht wachte ich (Stefan) mit Bauchkrämpfen auf, war schweißgebadet mit Fieber und einem steinharten aufgeblähten Bauch. Ich lag die ganze Nacht im Delirium, schlief nicht richtig und hatte Schmerzen egal wie ich lag. Ich konnte am Morgen weder aufstehen noch irgendetwas zu mir nehmen. Nicht mal Wasser, mein Magen hat nach allen Seiten komplett dicht gemacht. Hab ihn wie es schien richtig übersäuert und dadurch mein natürliches Milieu im Magen vollständig aus dem Gleichgewicht gebracht.
Der 10.01. in Sichtweite zu den Gipsdünen vom White Sands National Monument war ein bescheidener Tag. Auf dem Weg zur Toilette versagte mein Kreislauf und ich kollabierte vor dem Bett. Oh-ja was für ein toller Scheißtag. Wir bewegten uns nicht vom Fleck, am späten Nachmittag konnte ich ein paar Schritte im Freien wagen und probierte etwas Suppe mit Brot. Die darauf folgende Nacht war nicht viel besser als die zuvor; kaum Schlaf. Am späten Vormittag fuhren wir die paar Kilometer zu den Dünen und anstelle der geplanten langen Wanderung in die Einsamkeit liefen wir ein paar hundert Meter im Gipsfeld (Kartenlink).

Das Gebiet der White Sands liegt am tiefsten Punkt eines Gebirgskessels, selbst wenn die Gebirge in weiter Ferne scheinen. Aller Niederschlag der innerhalb dieses Areals fällt, sammelt sich in den beiden Salzseen, die den Gips aus dem Gestein ringsum dadurch aufkonzentrieren. Durch Winde wird dieser bewegt, feinkörnig und sammelt sich als weißes Pulver in den Dünen vom White Sands NM. Ein paar Meter über die Dünen langten und wir wussten kaum noch wo wir Pancho abstellten. Nur weißer fester Gips, reflektierend hell und strahlend blauer Himmel. Man war nach ein paar Schritten völlig alleine, die Isolation perfekt, da keine Fußabdrücke zurück blieben. Wenn wir bis zu einem der beiden Seen (tiefster Punkt) gelaufen wären, hätten wir 4 Kilometer zurückgelegt. Da muss man hoffen, dass das Navi nicht den Geist aufgibt, um den Weg auch wieder zurück zu finden. Dieser Park war auch wieder etwas sehr spezielles und das Video über die Entstehung der Dünen im Visitor Center zeigte fantastische Aufnahmen aus der Gipswelt. Nur empfindlich kalt ist es dort im Winter. Einige Grade unter Null in der Nacht sind die Regel, nicht die Ausnahme. Und wir waren immer noch in staubtrockener Wüste...

Gleich nebenan liegt die Militärbasis White Sands Missile Range (tatsächlich liegen dort einige Airforce Stützpunkte). Nach einer kurzen Passkontrolle durften wir dort ein und die Raketensammlung sowie das kleine Geschichtsmuseum über die Raketenentwicklung, auch Atombomben, besichtigen. Die Sammlung der Raketen war OK, aber das Museum war sehr interessant. Die Geschichte von Männern, wie von Braun, Oppenheimer und auch Einstein wurde mit viel Bildmaterial erläutert. Danach fuhren wir weiter nach Las Cruces und unser Kreis durch Texas und New Mexico schloss sich damit. Am Abend konnte ich ein leichtes Abendessen zu mir nehmen und über Nacht kurierte ich mich vollständig. Nur die Soße wird nie wieder auf unserm Speisezettel landen .






Die 200 Kilometer auf der Interstate 10 nach Westen waren ereignislos und langweilig. Kurz vor der Bundesgrenze nach Arizona bogen wir nach Süden ab und versuchten unser Glück über Rodeo und Portal das Chiricahua National Monument zu erreichen. Das Monument liegt im Coronado Nationalwald und erst in Portal erfuhren wir, dass die Schotterpiste durch die Berge wegen Schnee und Eis geschlossen war. Im letzten Tageslicht fuhren wir die Berge hinab und parkten außerhalb von Rodeo neben der Straße. Dies war unsere letzte Nacht in New Mexico.

Wir fuhren weiter bis an die Grenzstadt Douglas, sahen dort zum ersten Mal den Grenzzaun aus der Nähe, der auf 1125 Kilometer zwischen den USA und Mexiko verläuft. Die beiden Länder teilen die Grenze für 3144 Kilometer, aber „nur“ um bewohnte Gebiete ist der mehrere Meter hohe Zaun errichtet worden. Die offenen Gebiete verlaufen durch trockene Wüste und es wird gehofft, dass dies abschreckend genug ist. Wir standen direkt vor dem Zaun und konnten Autos und Menschen auf der anderen Seite durch die engen Maschen sehen. Sehr komisch inmitten Mexikaner und spanisch sprechender Leute auf US-Boden zu stehen und die scharfen Grenzkontrollen zu beobachten. Übrigens gibt es überall im Grenzbereich zu Mexiko Polizeikontrollen, die nach illegalen Einwanderern forschen. Entlang der Straßen wird gewarnt Tramper mitzunehmen, da dies zum einen Einwanderer sein könnten und es zum zweiten verboten ist. In den nördlichen Provinzen sahen wir gelegentlich Leute trampen und glauben nicht, dass es dort verboten war.
Über Bisbee, einer alten Kupferminenstadt ging es weiter ins Chiricahua National Monument. Bisbee liegt in den Bergen und ist schön für ein paar Stunden zu Fuß erkundet zu werden. Bei 13 Grad plus war es uns ziemlich warm nach den letzten zwei Wochen in der Wüstenkälte von New Mexico.
Das Land der aufrecht stehenden Felsen, so das Apachenwort Chiricahua, entstand durch einen Vulkanausbruch der Superlative. Vor 27 Millionen Jahre spuckte der Turkey Creek Vulkan, Asche und Gestein auf ein Gebiet über 3.100 km². Er verlor dabei mehr als das 1000-fache seines Volumens im Vergleich zum Ausbruch vom Mount St. Helens in Washington. Der Krater ist heute kaum noch zu sehen. Es sind zwei kleine Hügel in der Landschaft, die den Kraterrand bilden. Nach Erosion verblieben Felsskulpturen in Form von Nadeln, balancierende Steine, Bögen, aufeinander geschichtete Steine usw., viele mit Gesichter. Wie so oft schafften wir es noch vor der Schließung des Parks uns mit Karten und Möglichkeiten aus erster Hand (Ranger) einzudecken. Auf einem Straßendreieck direkt vor dem Park schliefen wir und waren so die ersten am kommenden Morgen im National Monument.
Wir ließen uns mit dem Shuttlebus auf den höchsten Straßenpunkt im Park, dem Massai Point auf 2094 m bringen und liefen 17 Kilometer mit unseren Eiskrallen an den Schuhen durch Winterlandschaft, umgeben von Tausenden Felsformationen. Wir trafen 2 weitere Personen an diesem Tag, sonst gehörte uns die bizarre wiewohl fantastische Landschaft ganz alleine.















Nach Natur ging es wieder zurück in die Zivilisation, auch wenn diese im Jahr 1880 stehen geblieben ist. Die historische Wild West Town Tombstone wirbt für sich als die „Stadt die zu zäh ist um zu sterben“. Auf 3 Straßen, die im Look von 1880 gehalten worden sind, verkehren Kutschen und Cowboys laufen mit Sporen an den Stiefeln die Holzplanken der Gehwege auf und ab. Täglich um 12 wird die Schießerei beim O.K. Corral nachgestellt, wo Wyatt Earp mit seinen Brüdern und Doc Holliday ein paar Mitglieder der Dalton Gang über den Haufen schoss. Die kann man auf dem Boothill Grave Yard (Boothill Friedhof), neben vielen anderen ermordeten, gelynchten und versehentlich erschossenen in ihren Steingräbern besuchen. Auch 3 oder 4 Gräber natürlich verstorbener befinden sich dort... woher wir das wissen? An jedem Grab steht ein Holzbrettchen mit Namen, Jahreszahl und Todesart. In einem Beiblatt kann man mehr Informationen über die Verhältnisse zueinander und die Todesumstände der Beerdigten erfahren. In Tombstone befinden sich noch weitere Gebäude, die aus dem einen oder anderen Film bekannt sein könnten. So z.B. das Bird Cage Theatre oder Big Nose Kate’s Saloon. Die älteste Zeitung, die sich noch im Druck befindet (Arizona wie wir glauben), hat noch eine originale Setzmaschine von Ottmar Mergenthaler im Laden stehen. Dies dürfte unsere Familie/Freunde aus dem Bad Mergentheimer Raum interessieren .

Danach ging es weiter auf Schotterstraßen, abseits der üblichen Wege in Richtung Tucson. Kurz vor der Stadt besuchten wir am Nachmittag einen weiteren Militärstützpunkt. Das Titan II Missile Museum zeigt eine von 54 9-Megatonnen Interkontinentalraketen, die beim Wettrüsten mit der UDSSR zu Zeiten des Kalten Krieges immer auf ein Ziel im Fernen Osten gerichtet war. Die Zerstörungskraft einer dieser Bomben betrug das 600-fache der Hiroshima Bombe. Die Einrichtungen in 3 Bundesstaaten und die 54 Bomben waren 23 Jahre aktiv, rund um die Uhr mit jeweils 2 Mannschaften bestückt. Bei einem Erstschlag aus Russland, wäre die Vergeltung innerhalb 30 Minuten in Moskau eingetroffen.
Wir waren im Abschusssilo und standen nur von einer Plexiglasscheibe getrennt neben der mit Atomsprengköpfen bestückten Rakete. Wir sahen die Kommandostelle und bekamen detailliert erklärt was im Ernstfall wie abgelaufen wäre. Natürlich stand dort auch das rote Telefon durch das Mr. Präsident seinen Code gegeben hätte. Ob man es Gut heißt oder nicht, das Schrecken vor Augen geführt zu bekommen wie verdammt knapp es im Kalten Krieg war, lohnte den Besuch auf jeden Fall.

Danach ging es wieder auf den Lowe`s Parkplatz in die Innenstadt Tucson’s.










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Mit Pulverdampf im Gesicht,
die Cowboys