Wer eine knochentrockene und kaum besuchte Wüste sucht, wird mit Sicherheit in der Anza-Borrego fündig. Außer Kakteen und anspruchslosen Wüstengewächsen gedeiht dort nicht viel und die wenigen Besucher finden sich ausschließlich in den Wintermonaten
hier ein. Die riesige Wildnis und zugleich State Park wird von 3 Straßen durchkreuzt und mit Borrego Springs liegt
nur eine einzige kleine Ortschaft genau im Zentrum (Kartenlink).
In weiten Gebieten der Anza-Borrego Wüste ist freies campen erlaubt und auch direkt um Borrego
Springs sahen wir bei unserer Einfahrt Wohnwägen weit verstreut im Gelände parken. Da Borrego Springs in einer großen Senke lag, war es für uns später ein Leichtes ein schönes Plätzchen zu finden.
Bevor es aber so weit war vereinbarten wir einen Termin für Pancho in der örtlichen Werkstatt
am Nachmittag. Zeit genug um eine kleine Oase in einem Canyon zu Fuß aufzusuchen. Dort wächst die nur noch selten zu findende einzige heimische kalifornische Palmenart. Im Joshua Tree NP sahen wir die ersten Exemplare der
kalifornischen Fächerpalme, hier die nächsten. Auf der sehr schönen Wanderung konnten wir hoch in den Bergen eine sehr seltene Unterart des Dickhornschafs ausmachen und sahen zum ersten
mal einen Ocotillo. Diese skurrile Pflanze sieht aus wie ein lebender Zaun, einzelne lange dornenübersäte Ruten die im Bündel auch locker 3 Meter Höhe erreichen können.
Nach einem Schauer treibt der Busch (kein Kaktus!) Blätter und leuchtend rote Blüten. Sonst können die Ruten jahrelang als graue fiese Stachelwände in der Wüste stehen.
Es war Zeit für die Werkstatt. Sie fanden die Schellen am Ölschlauch nicht korrekt platziert
und schoben sie weiter zurück ans Muffenende. Mehr konnten sie nicht tun, wollten kein Geld und entließen uns mit besten Wünschen. Leider änderte sich nichts. Pancho verlor weiterhin Öl.
Wir hatten noch Zeit ein paar der Eisenskulpturen in Borrego Springs anzuschauen. Es stehen dort
mehr als 100 Stück quer über den Ort und außerhalb in der Wüste verteilt. Verschiedenste Motive wie Dinosaurier, Drachen oder Säugetiere wurden in verrostetes Eisen gebannt. Am Ende parkten wir unweit eines T-Rex zwischen
Kakteen und gaben ein kurzes Statement einer Reporterin aus San Diego, die auch für die kleine örtliche Nachrichtenagentur schrieb. Ob unsere Geschichte im „Borrego Sun“ erschien oder erscheinen wird, wissen wir nicht.
Egal wir hatten Spaß.
Ein neuer sonniger Tag zog über die Wüste auf. Wir wieder mitten rein um zu laufen, sind schon
seit langem süchtig nach der täglichen Bewegung und sahen unsere erste blühende Agave, die gewöhnlich erst zwischen 50-75 Jahre ihren meterhohen Blütenstamm austreibt. Sie blüht dann für einige Wochen um danach abzusterben.
Später an anderen Stellen im Park, in San Diego und vor allem auf der Baja California (Mexiko) sollten wir noch viele Agaven in ihrer einzigen gelben Blütenpracht sehen.
Eine glückliche Fügung ließ uns in die Arme eines schottischen Pärchens laufen, die von San
Diego kommend, uns einen Tipp zum parken in direkter Nachbarschaft einer von ihrer Warte aus leckeren Brauerei gaben. Kürbisbier sollen wir probieren... klang schräg.
Wir stoppten auf einen Kaffee im Städtchen und landeten auf der Suche nach Internet in der Bücherei
(immer eine gute Option). Dort lagen Hunderte Bücher zum Verkauf und aus dem privaten Fundus einer Person schleppte ich (Stefan) 2 Taschen voll mit SF-Bücher raus. Simone ging aber auch nicht leer aus... ☺.
Einige Kilometer von Borrego Springs entfernt befand sich ein kleiner Slot Canyon im State Park.
Dort vertrieben wir uns am späten Nachmittag die Zeit, liefen im Labyrinth des engen Canyons bis die schwindende Sonne uns wieder nach oben trieb. Kein Auto in Sicht, also bleiben wir an Ort und Stelle und hörten auch in
dieser Wüste Coyotengeheul in der Nacht. Es war wie immer schön, diesen langgezogenen traurigen Klagelauten zu lauschen.
Unser letzter Tag im Anza-Borrego Desert State Park und ja natürlich wanderten wir noch 2 kleine
Runden, bekamen sogar noch kostenfrei Wasser in der Wüste (an einem Campground wo wir parkten). Danach wurde es krass. Wir fuhren vom Campground ca. 16 Kilometer und kamen von ca. 250 Höhenmeter aus einem Brutofen von Wüste
in ca. 1.500 Meter Höhe in Kiefernwälder und ein bisschen Schnee. Julian die Apfelkuchenhauptstadt der USA im Cleveland National Forest war erreicht. Hatten bis vor 2 Tage noch nichts von Julian gehört und wären sicherlich
direkt durch das kleine Nest gefahren. So aber hielten wir. Fast jeder 2te Laden im Ortskern verkaufte gedeckte Apfelkuchen aller Art und wir pickten uns ein Café aus und ließen uns die beiden Stücke schmecken. Waren genial
lecker und am Ende nahmen wir uns noch 2 Gebäckstücke vom Vortag mit. Als wir während des Stadtbummels die Nickel Brauerei passierten hielten wir kurzentschlossen und teilten uns ein Bier im Freien und verputzten das soeben
erworbene Gebackene. Auf dem Rückweg zu Pancho schlugen wir noch einmal zu und bestellten uns in einem anderem Café ein Stück Apfelkuchen. Sündigen hoch Drei. Danach viel das Mittagessen spärlich aus.
Wir fuhren weiterhin auf Highway 78 und erreichten irgendwann Escondido und beschlossen in dieser
großen Stadt über Nacht zu bleiben. Wir haben keine Ahnung wie die Stadt ist, das Gesehene war sehr unattraktiv. Überwältigend dagegen der landschaftliche Wechsel. In 160 km fuhren wir aus der Anza-Borrego hoch in einen
leicht winterlichen Kiefernwald und auf dem Weg zum Pazifik zwischen Escondido und Oceanside wuchsen Zitrusbäume prall behangen. Die ganze Region war grün, grüner, aliengrün für uns nach wochenlanger Wüste ein urplötzlicher
Wechsel, höchst willkommen und dann war es wieder da; das Meer. Die Wüste war geil und trotzdem lachten wir wie Kinder als wir in Oceanside am Strand standen.
Der Himmel war bewölkt und die Vorhersagen standen auf Sturm. Wir liefen trotzdem entlang des
Strandes in Oceanside und besuchten jeden auf den nächsten Kilometern gen Süden. In Solana Beach, schon im Einzugsbereich von San Diego, fanden wir einen guten Platz direkt im Ort und nach Auskunft einiger Passanten sei
dies auch völlig in Ordnung dort zu stehen; auch über Nacht. Wir erfuhren auch, dass es in Solana Beach keinen Fachmann für LKW Reparaturen gab und mussten wohl oder übel nach San Diego um unser, inzwischen dringliches
Ölproblem beheben zu lassen. Die Öllache wuchs inzwischen auf Handflächengröße an. In der Nacht auf Sonntag kam dann der Sturm. Die Palmen in Sichtweite bogen sich heftig in die Straße und die Regen- und Windböen peitschten
an Panchos Außenhülle. War eine heftige Nacht, aber wir überstanden sie problemlos, dazu noch ausgeruht am Morgen. Da Sonntag und mit unserem Ölproblem entschieden wir Pancho heute nicht zu bewegen, liefen selbst für
ein paar Minuten am Strand und verbrachten den restlichen Tag, als es draußen für Stunden regnete in einem Café und waren auf unserer Homepage/Blog tätig.
Der Himmel am Montagmorgen war nur noch leicht bedeckt und nach 2 Stunden hatte die Sonne die
Herrschaft wieder an sich gerissen. Azurblauer Himmel von diesem Tag an, für die nächsten 5 Wochen. Nicht dass wir die 5 Wochen zuvor einen Tropfen Regen abbekommen hätten... ☺.
Dann ging es los zur ersten Adresse, die wir im Internet gefunden haben. Umgezogen, aber eine
Werkstatt in der Nähe sah sich Pancho an und lehnte ab. Zu ungewiss, ob sie den Schlauch ersetzen bzw. bestellen können. Aber sie haben uns wenigstens die neue Adresse der anderen Werkstatt sagen können und so fuhren wir
quer durch San Diego zu dieser internationalen Kette. Angekommen hieß es der Fachmann für Ivecos sei gewechselt und sie würden Pancho nicht anrühren. Die haben sich nicht einmal die Mühe gemacht ihn anzuschauen. Gleich
nein, haben aber ihren alten Angestellten angerufen und nachgefragt ob er Zeit hätte. Hatte er nicht und so standen wir da. Die haben bei 2 weiteren Betrieben angefragt und C+M Motor Inc. meinten sie könnten einen Blick
auf unseren Iveco werfen. Jeder hört nur Iveco und sagt nö kennen wir nicht. Dass wir nur einen kurzen Schlauch ausgetauscht haben wollen scheint dabei total nebensächlich.
Also nochmal durch San Diego, in einen südlichen Vorort namens National City. Von dort konnten
wir Mexiko schon förmlich riechen so nah befanden wir uns an der Grenze. C+M hat ewig gebraucht um die Gummimuffe zu wechseln. Was sie aber gleich zeigen konnten war folgendes. Bill’s Diesel in Joshua Tree hat einen zu
großen Dichtungsring eingebaut, der sich am scharfen Metall komplett zerschnitten hat. Dazu haben sie neue, aber wie es schien schlechte Schlauchschellen verwendet und diese direkt über die Metallkanten über dem Gummi festgezogen.
So fest, dass die Gummimuffe jetzt innerlich kaputt war. Deshalb tropfte in den letzten Tagen mehr und mehr Öl.
Kurz und bündig. Nach 2,5 Stunden war der flexible Schlauch durch einen starren ersetzt worden.
Er ging gerade so über die Anschlüsse und bei einer nur 6 km langen Testfahrt mit dem Mechaniker war alles ok. Wir sagten gleich wir müssten länger fahren und so zahlten wir und taten dies. Wieder durch San Diego bis nach
Solana Beach. 30 km später und wir hatten Gewissheit. Wir leckten Öl. Vielleicht weniger aber trotzdem Öl ist Öl.
Also fuhren wir am Dienstag wieder nach National City. Langsam kannten wir die Route durch San
Diego auswendig. Da wir mit dem gleichen Problem ankamen belief sich die Reparatur auf Garantie. Wo wir am Vortag 300 US Dollar zahlten, benötigte der Mechaniker an diesem Tag fast doppelt so lange. Diesmal öffnete er auch
den Turbolader und bestellte einen flexibleren Schlauch. Der Turbo lief problemlos und als der neue Schlauch eintraf war klar auch dieser war bei weitem nicht so geschmeidig wie die alte Gummimuffe. Dies schien genau das Problem
zu sein. Die Schläuche in den USA sind so starr, dass sie sich nicht passgenau anlegen und durch die Motorhitze früher oder später Öl austreten lassen.
Es war schon früher Nachmittag bis der neue Schlauch eingesetzt war. Klar die Probefahrt zeigte
kein Leck, aber wir waren alles andere als optimistisch. Wenigstens mussten wir nichts zahlen und fuhren wieder los, um den Motor auf Touren zu bekommen. Wir haben vorher schon entschieden, komme was wolle wir fahren nicht
wieder nach Solana B. Also parkten wir für eine Stunde an der Mission Bay (im nächsten Blog mehr davon), sahen noch kein neues Öl austreten und liefen in der ausgedehnten Parkanlage spazieren. Laut schottischem Pärchen
musste die Knoxville Street in unmittelbarer Nähe zur Mission Bay sein und so war es dann auch. Wir fanden die Straße nach kurzer Suche und am Ende dieser die Coronado Brauerei. Wir parkten vor deren Tür und betraten um
16 Uhr, noch etwas gefrustet nach den letzten Tagen, dieses Brewpub (Brauerei und Pub in einem). Wir waren in San Diego angekommen.
Prost!