@ Claudi: Die allerliebsten Geburtstagsgrüße vom Pazifik in Mexiko. Wir denken an dich und würden dich sehr gerne
in den Arm nehmen...
Bevor wir zur nächsten fantastischen Kolonialstadt kamen besuchten wir eine kleine Tempelanlage auf privatem Grund.
Deshalb durfte wir nur per geführte Tour Cañada de la Virgen betreten. Von den Erläuterungen auf spanisch verstanden wir nur wenig und auch sonst war der Besuch sicherlich kein Muss (Kartenlink).
Ein absolutes Muss hingegen ist bzw. war die jahrhundertealte Silberstadt Guanajuato. Ein weiteres Juwel unter den Kolonialstädten! Der gleichnamige Bundesstaat hat in etwa die Größe von Brandenburg.
Guanajuato zählte zu einer der ersten Regionen, die von Spaniern nach ihrer Landung besiedelt wurde. Noch heute
zählen die Silberminen zu den bedeutendsten der Welt und daher wundert es nicht, dass zahllose Paläste die Innenstadt schmücken. Enge kopfsteingepflasterte Straßen zogen sich durch die hügelige Stadtlandschaft, verbunden
mit Treppen und kleinen Plätzen. Minenschächte, die heute als Tunnellandschaft den Verkehr großteils unterirdisch lenken tragen ebenso wie die Universität im Zentrum zu einer friedvollen, ruhigen und heiteren Atmosphäre
bei.
In einem engen Talkessel liegt die Stadt auf über 2.000 Meter. Eine Panorama Straße führt komplett um die ca.
120.000 Menschen zählende Stadt, von der aus man von unterschiedlichen Blickwinkeln auf die bunte Stadt hinunter schauen kann. Am bekanntesten Aussichtspunkt (Pípila-Denkmal) direkt oberhalb des Stadtkerns parkten wir Pancho
und liefen die steilen Treppen und engen Gässchen hinauf und hinab.
In die Stadt sollte man sich als Ortsfremder nicht mit dem Auto wagen. Die Tunnel, sprich Minenschächte sind abenteuerlich. Manche sind nur ein paar Dutzend
Meter lang und man findet sich auf der anderen Seite eines Platzes wieder, andere sind etliche Kilometer lang mit Kreuzungen oft ohne Beschriftung. Spärliche Beleuchtung und die natürliche Beschaffenheit der Tunnelwand (mal
näher am Auto mal weiter weg) erhöhen den Schwierigkeitsgrad. Viele Schrammen im Gestein zeugen von Kollisionen mit den Wänden bzw. der Decke.
Die historische Altstadt ist ebenso wie die Bergwerksanlagen seit 1989 auf der UNESCO-Liste.
Wir liefen wieder Unmengen, ruhten uns auf den Plätzen aus. Ob unter 100 Jahre alte Lorbeerbäumen auf schmiedeeisernen
Bänken am Jardín de la Unión, oder auf Holzbänken am Plaza San Roque mit frisch gezapftem Bier und Mezcal (Agavenschnaps der mit geröstete Grillen gereicht wurde). Wir liefen in der Nacht durch die Minenschächte
und genossen den Spuk im fahlen gelben Laternenlicht an dunkle vergitterte Durchgänge vorbeizukommen, oder wenn ein Auto im verwinkelten System uns kurz ins Rampenlicht stellte.
Die Kirchen waren reich verziert, die Paläste gigantisch und in den Herrenhäusern logieren heute Restaurants,
Cafés, Kunstausstellungen und Hotels.
In der Uni verliefen wir uns fast und fanden auch die Wandmalereien nicht, dafür am 2ten Tag das Mumienmuseum, ein schauriger Spaß. Über 100 menschliche mumifizierte Leichen, vom 6
Monate alten Baby bis zum 98-jährigen waren dort hinter Glas zu sehen. Die mineralhaltige Erde und trockene Luft sorgen für eine schnelle Mumifizierung. Hinzu kommt, dass in Guanajuato viele Leichen in einem aufrecht stehenden
Sarg beigesetzt wurden, was diesen Effekt begünstigte. Die meisten Mumien hatten ihre kleine Geschichte, aber die beste war dass eine Klasse mit Grundschülern zeitgleich mit uns im Museum war. Die Kids preschten umher, jeder
mit Handy bewaffnet um den besten Schnappschuss eines verwelkten Gesichtes oder schlimmeres zu bekommen. Wir fanden dies, wie die Mumienausstellung, faszinierend. Ohne Scheu, ohne Ekel oder Angst wurde gedeutet, erklärt,
gelacht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass in Deutschland eine Klasse mit 7-jährigen Buben und Mädchen so reagiert hätte, geschweige denn von der Schule auf so einen Ausflug mitgenommen worden wäre.
Ein weiteres Highlight in dieser Stadt waren die allabendlichen Tanzeinlagen auf den diversen Plätzen. Kaum neigte
sich die Sonne dem Horizont entgegen wurde live oder vom Band Musik gespielt. Dazu tanzten meist ältere Paare nach Lust und Laune. Zuschauer platzierten sich auf Stühle, auf den Gehwegen, Treppen etc. und applaudierten nach
jedem Song. Wir hatten dies schon vorher und auch nachher noch des öfteren miterlebt, aber mit so viel Elan wie in Guanajuato nie wieder.
Der Rest ist schnell erzählt. Wir verließen eine großartige Stadt auf der Panorama Schleife. Wir benötigten
90 Minuten um an den Berghängen die Stadt zu umrunden und fuhren dann durch den Bundesstaat Guanajuato nach Süden. Gegen Mittag stoppten wir hinter einem Einkaufszentrum in Irapuata und stockten den Kühlschrank etwas auf.
Da wir schon dort parkten liefen wir noch auf der Suche nach Ethanol für unsere Küchenbrenner durch die Industriestadt. José, der Besitzer eines Hamburgerrestaurants lud uns auf einen Burger ein, falls wir bis um 18 Uhr
in der Stadt blieben.
Geplant war es nicht, aber als wir erfolglos von unserem Streifzug durch Supermärkte, Bauhäuser, Farbengeschäfte
und Apotheken ohne Industrieethanol wieder an Pancho waren, fiel uns beim Einsteigen in die Kabine auf, dass die Bügel an einer der Stauboxen offen waren. Der zweite Blick bestätigte die Vorahnung. Das Schloss war aufgebrochen
und die Stahlstifte an den Bügeln zerstört. Die Box war bis auf den Spaten und unseren Sonnenschutz leergeräumt. Um ein paar leere Kanister, den alten Grill oder den Wasserschlauch war es nicht schade, aber die Axt und
13 Liter Öl waren weg. Am schlimmsten war allerdings der Verlust des Drehmomentschlüssels samt Verlängerung und Nuss für einen eventuellen Reifenwechsel. Wir waren ganz schön genervt, dass am helllichten Tag 400 Meter
Luftlinie von einer Polizeistation entfernt uns die Staubox geknackt wurde. José kam zu seinem Laden zurück und erzählt uns dann, dass die Gegend nicht die beste sei (3 Einbrüche in sein Restaurant). Er überredete uns
zu bleiben und lud uns ein in seiner Straße vor seinem Haus zu parken. Wir sagten zu, ließen uns bekochen und redeten den ganzen Abend mit der Familie. Als die Tochter Valentina kam wurde die Verständigung, dann auf englisch,
leichter.
Am Ende hatten wir eine sehr ruhige Nacht, bekamen den Zugangscode des Familiennetzwerkes und konnten bereits am
kommenden Morgen fast alles Geklaute wieder ersetzen. Und für so viel weniger, als in Deutschland!
Da Pancho in den letzten Tagen verstärkt Öl verlor (über den alten Ölschlauch) und zusätzlich die Bremsen fürchterlich
zu quietschen begonnen hatten, fanden wir nach langem suchen einen Mechaniker, der uns einen Ölwechsel inkl. Service machte und die neue Gummimuffe einbaute. Zum Thema Bremsen meinte er nur, dass wenn sie heiß sind auch
quietschen können und ein kleines Birnchen im Fahrerhaus konnte er nicht wechseln. Da müsste ich zu einem Autoelektroniker... nicht mal ein Birnchen hatte er für uns. Wenigstens war der Ölwechsel billig. 50 Euro zahlten
wir komplett.
Wir fuhren weiter bis an die Bundesgrenze nach Michoacán und parkten an einem ausgetrockneten See neben dem Friedhof.
Ob wir dort nächtigen könnten fragten wir zwei Herrn auf der Friedhofsmauer. Klar, aber noch besser wäre es die Polizei zu fragen. Sie erklärten uns den Weg und wir liefen schnell ans Revier. Sie wollten nur wissen woher
wir sind und das war auch schon alles. Seit dem praktizieren wir dies häufiger und suchen gezielt ein Streifenauto auf und fragen, ob wir parken könnten wo wir es vorhaben. Es war nie ein Problem und wir werden so nie nachts
gestört. Oft sagen sie uns sogar zu, ein paar Mal öfters in der Nacht an unserem Standpunkt vorbei zu fahren. Klasse Service ☺.
Hiermit schließen wir das Kapitel „Hochland“, auch wenn wir weiterhin durch die Berge unterwegs sind. Alle
Bilder zu den sagenhaften Kolonialstädten sollten auf unsere Homepage zu finden sein.
Wir nähern uns langsam Mexiko-Stadt,
Stefan