Montag, 4. Juli 2016

Teotihuacán (19.05.2016 - 21.05.2016; aktueller Standort: Mérida, Yucatán)

Wir fuhren wieder und zwar nach Norden, an Mexiko-Stadt vorbei. Da wir immer versuchen die kostenfreien Straßen zu nehmen, wurde das Fahren im Einzugsbereich der Großstadt zu einer Tortur der Kupplung. Die Übergänge von Vorort zu Vorort waren fließend und dementsprechend auch die Ampelanlagen und die Bremsschwellen. Tepotzotlán, auch wenn nur 45 km nördlich der Hauptstadt gelegen, erreichten wir erst nach 3 Stunden Fahrzeit (Kartenlink).

Ebenfalls eine Pueblo Mágico und mit einer der schönsten Kirchen des Landes, lag Tepotzotlán fast auf unserem Weg zu der größten Tempelanlage Mexikos. Wir fanden einen guten Parkplatz liefen los und erreichten die Kirche, aber leider verschlossen. Der Rest des Örtchens war ernüchternd und so machten wir uns auf den Weg zurück. Zum Glück passierten wir ein paar Werbeplakate, auf denen das Museum bzw. die Kirche angepriesen wurde. Moment ein Museum gab es an einer Seitenwand der Klosteranlage, die werden doch nicht etwa? Doch hatten sie; das 1582 gegründete Jesuitenkloster Colegio Noviciado y Casa de Probación lautet heute Museum des Vizekönigreiches. Die Klosterkirche San Francisco Javier wurde erst viel später gebaut (über einen Zeitraum von ca. 140 Jahre) und ihre Fassade trägt heute mehr als 300 Skulpturen. Im Inneren waren alle Altarwände mit Gold überzogen! Die Säulen waren rot bemalt, die Kuppeln hell mit Bildern und Verzierungen. Die Altarwände, im gleichen Stil wie die Außenfront, barsten vor Figürchen, Engelchen und sonstigen plastischen Formen. Jeder Quadratzentimeter schimmerte goldgelb, ebenso wie eine kleine Kapelle im großen Trakt. San Francisco Javier war wahnsinnig beeindruckend, aber im Gegenzug auch wieder nicht verständlich. Warum müssen mehrere Kilo pures Gold an einer Kirchenwand kleben, wenn ein großer Anteil der Bevölkerung in Armut lebt?






Wir planten nahe an Teotihuacán zu nächtigen und so mussten wir weiter bei 20 km/h. Die Tempelanlage liegt ca. 60 km von Mexiko-Stadt entfernt, aber östlicher und so quälten wir uns auf einer Kreisbahn um die Metropole. Als es dämmerte hatten wir genug von den Schwellen quer der Fahrbahn. Die machten einen mürbe und somit ging es für ein paar Minuten auf die mautpflichtige Autobahn. 25 Kilometer in nur 20 Minuten und dann parkten wir in einer Kleinstadt mittig auf einer sehr breiten Erdstraße. Wir fanden keinen besseren Platz und manchmal müssen wir eben mit so einem Örtchen vorlieb nehmen. Der Taxifahrer von nebenan meinte die Kleinstadt ist nicht ohne, aber der Bezirk wo wir stünden sei in Ordnung. Da es inzwischen 21 Uhr war hatten wir keine Lust mehr zu kochen und fragten ihn, wo wir einen Imbiss fänden. Er fackelte nicht lange hieß uns einsteigen und brachte uns zu einem leckeren Tacostand direkt an der Straße. Er wartete auf uns und beförderte uns anschließend wieder die 2 km zurück. Wollte kein Geld und war mit einem Dankeschön zufrieden. Tolle Sache und die Nacht war auch sehr ruhig.

Die größte Pyramidenanlage Mexikos heißt Teotihuacán und bereits um 8 Uhr betraten wir diese. Die Unesco hat sich 1988 ihrer angenommen und sie ist seit dem ein besonders schützenswertes Kulturgut. Salopp gesagt weiß man aber kaum was man eigentlich schützt, soll heißen über die Bewohner und Erbauer Teotihuacán ist kaum etwas bekannt. Man kennt weder den Namen des Volkes, deren Herrscher oder Priester, ihre Sprache oder warum Teotihuacán verlassen oder aufgegeben wurde. Nachweisen ließ sich, dass ab ca. 250 v. Chr. eine ca. tausendjährige Bautätigkeit folgte, die Stadt eine Fläche von 22,5 km² einnahm und sie max. 85.000 - 150.000 Einwohner hatte. Der kulturelle Höhepunkt lag etwa um 200 und 600 n. Chr.
Die Azteken fanden den Ort bereits zerstört und verlassen vor und waren, wie später die Spanier, zutiefst beeindruckt und sagten der Ort sei von Göttern erschaffen worden und Begräbnisplatz derselbigen. Teotihuacán heißt ungefähr der Ort, an dem die Menschen zu Göttern wurden. Und warum?
Das zentrale Kultzentrum lag entlang einer 2 km langen Nord-Süd-Achse, die im Norden von der Mondpyramide (45 m hoch) abgeschlossen wird. Im Süden liegt der Tempel des Quetzalcóatl (Gefiederte Schlange) und fast dazwischen die Sonnenpyramide. Sie ist 65 m hoch und hat einen Grundriss von 220 x 225 Meter. Damit liegt ihr Rauminhalt bei mehr als 1 Mio. m³. Rechnungen zufolge hätten 2.000 Arbeiter 20 Jahre ununterbrochen an ihr bauen müssen.
Wir betraten die Anlage beim Tempel der Gefiederten Schlange und spazierten die kerzengerade Straße in Richtung Mondpyramide. Wir erstiegen die 239 Stufen der Sonnenpyramide und hatten trotz leichten Smogerscheinungen einen fabelhaften Blick auf die gesamte Anlage. Die beiden Pyramiden sind so konstruiert, dass man sich auf deren Spitzen auf gleicher Höhe befindet. Wie bei allen Pyramiden und Anlagen gibt es auch hier ganz viele astronomische Bedeutungen. Die Mondpyramide ist nur teilweise frei gegeben, aber trotzdem war der Blick hinunter auf die breite ehemalige Prachtstraße mit den verschiedenen Komplexen zu beiden Seiten und der Sonnenpyramide auf der linken ein einmaliges Bild. Da wir jedes Tempelchen besichtigten, war unser zeitlicher Vorsprung vor großen Tourbussen leider aufgebraucht und so tummelten sich unter uns diverse Pulke. Machte nichts, denn dafür waren wir sicherlich doppelt so lange in der historischen Stätte. Mit Blick auf die Steinfassaden verzehrten wir unser mitgebrachtes Lunch und gingen weiter zwischen den prachtvollen Tempeln die 2.000 Jahre Menschheitsgeschichte sahen. Nach 6 Stunden waren wir dann fix und alle. Die Sonne brannte herunter und wir waren froh wieder im Fahrerhaus bei 45°C zu sitzen. Die kleinen Freuden des Lebens genießen .
Gar keine Frage, die Anlage und die Pyramiden versetzten in Staunen, aber in Bezug auf Schönheit oder Gesamterscheinung fanden wir für uns noch bessere und dies soll bei Teotihuacán etwas heißen!


















Wir entfernten uns weiter aus dem Einflussbereich der City und machten ein paar schnelle Kilometer auf der Autobahn. Das langsame Gehoppel hatten wir satt und so erreichten wir Tula und die gerade geschlossenen Tore der Tempelruine gegen 17 Uhr. Ein Wächter ließ uns direkt auf den Parkplätzen vor den Toren parken und dies teilten wir später den Streifenpolizisten mit. Damit war auch diese Nacht ruhig und sicher und am kommenden Morgen waren wir mit die ersten die auf dem Gelände der Ausgrabungsstätte von Tula standen.

Die ehemalige Hauptstadt der Tolteken muss gewaltig gewesen sein. Riesige Plätze und Gebäude zierten das bedeutendste religiöse Zentrum des Stammes. Warum Tula aufgegeben wurde ist unklar. Eine Theorie besagt, dass sie um 1150 n. Chr. zu einer 1.200 km langen Wanderung nach Yucatán aufbrachen, was den toltekischen Einfluss auf die Maya-Kultur erklären könnte.
Heute ist von der Pracht kaum noch etwas erhalten, nur noch ein paar der kolossalen Atlanten standen auf dem Haupttempel. Vier 4,6 Meter hohe schwarze Steinskulpturen die vermutlich das Tempeldach trugen, das sind die Atlanten von Tula. Ob es mehr waren, wer weiß? Neben den tonnenschweren Atlanten waren die sehr gut erhaltenen Fresken einen Besuch wert. Nach gut einer Stunde reihte sich Pancho wieder in den Verkehr ein und wir fuhren weiter durch die Berge. Mexiko-Stadt lag endgültig hinter uns und die Dörfer wurden kleiner. Ziel war eine weitere Pueblo Mágico, die wir im nächsten Blog vorstellen möchten. Auch wenn wir weiterhin im Hochland unterwegs waren, läuft der kommende Eintrag unter einer neuen Rubrik. Wir hoffen ihr bleibt am Ball!







Da der heutige Blog eher kurz ausfällt hier einen kurzen Kommentar zur Verkehrslage in Mexiko.

Kommentar 13: Der Verkehr ist sehr gewohnheitsbedürftig und die Beschilderung der Richtungsangabe ist sehr schlecht. Meistens kommt das Schild erst nach der Abbiegung, also wenn man richtig ist, weiß man es dann. Die restliche Beschilderung ist nur zu Dekorationszwecken, denn diese werden grundsätzlich nicht beachtet. Für was braucht man auch ein Überholverbot oder eine Geschwindigkeitsbeschränkung...? Baustellenarbeiter leben sehr gefährlich und das Winken der Arbeiter ist so unnötig bzw. überflüssig wie eine Ampel. Wenn wir kein Auto sehen, wieso sollen wir dann stehen bleiben? Die Straßenverhältnisse sind größtenteils sogar ganz gut, allerdings werden Straßenlöcher meistens gar nicht geflickt oder sichtbar gemacht (auch der fehlende Kanaldeckel wird nicht ersetzt; manchmal steckt ein Autoreifen im Kanal, manchmal...). Dies macht das Fahren bei Nacht mehr als gefährlich. Und omnipräsent sind in ganz Mexiko unsere geliebten Topes (Geschwindigkeitsreduzierer), die benötigt werden, da die Schilder nur zur Dekoration dienen. Kreuzungen sind oft ein Kraus, da jeder denkt er darf fahren. Busse, ob klein oder groß haben wie Taxis gefühlt immer Vorfahrt und Narrenfreiheit. Obwohl die Polizei viel patrouilliert, scheinen sie dies nur zu tun, um den Tag herum zu bekommen. Auf der Ladefläche des Polizei Pick ups finden da auch schnell 8 Kollegen Platz. Kann man wenigsten gut plaudern und das Mittagessen zu zehnt macht auch mehr Spaß.
Es gibt in Mexiko einige mautpflichtige Autobahnen, aber fast immer eine freie Alternative. Dafür muss man Umwege in Kauf nehmen, quer durch Ortschaften fahren und auch mal einen Berg rauf und runter anstelle über eine Brücke zu dürfen. Apropos durch Ortschaften fahren. Wir mit Pancho dürfen nur ganz selten nicht durch eine Stadt fahren. Der Gegenteil ist der Fall. Um von A nach B zu kommen bekommt man in jeder Stadt und jedem Dorf eine gratis Stadtrundfahrt. Alternativlos mitten durch, immer am zentralen Platz mit der größten Kirche vorbei. Trucks fahren dann sowieso auf der Autobahn, aber wir immer schön winkend und grinsend durchs Zentrum. In Kleinstädten wird dies zur Farce, wenn es keine größere Straße gibt und jeder Sattelschlepper durch den Ortskern muss, beidseitig die Straßen zugeparkt, Taxis und Minibusse sich dazwischen drücken und Futterbuden auf Fahrrädern geschoben werden. Mit Fug und Recht können wir behaupten die Abmaße unseres Mobils inzwischen sehr gut zu kennen.
Letztes Wort zum Dieselverbrauch. Wir haben uns auf 21,5 Liter im Schnitt eingependelt und dies egal ob in den Bergen im 4. Gang, oder auf flachen Küstenstraßen mit 70 Sachen. Der Liter Diesel kostet in Mexiko zur Zeit 64 Eurocent.

Weg von den Tempeln und zurück in die Natur,
Simone & Stefan