Samstag, 6. August 2016

Im Reich der Mayas (29.06.2016 - 03.07.2016; aktueller Standort: Hopkins, Stann Creek District)


Aktuelle Info: Wir haben Mexiko verlassen und befinden uns nun in Belize!

@ Andrea: Hurrikan Earl ist zu verdanken, dass dich unsere Geburtstagsgrüße verspätet erreichen. Nicht weniger herzlich, aber das weißt du ja . Hast du inzwischen alles über den Inkatrail gelesen?

Wir hatten die Yucatán Halbinsel erreicht. Unser letztes Etappenziel in Mexiko.
Die riesige topfebene Halbinsel schiebt sich im Süden Mexikos zwischen den Golf von Mexiko und die Karibische See. Dichtes heißes Buschland vermengt mit niedrigen Bäumen und vereinzelten Farmen charakterisiert die Landzunge aus Kalkstein.
Aus Sicht des Fahrerhauses war Yucatán die mit Abstand langweiligste Gegend Mexikos und doch ist es Urlaubsziel Nummer 1 für In- und Ausland. Die Gründe liegen entlang der Strände, vor allem im karibischen Gewässer. Der Begriff Traumstrände trifft es ziemlich gut. Andere Gründe liegen im Land verstreut. Süßwassergrotten und -höhlen bei denen die Decken im Laufe der Jahrtausende einbrachen und so tiefe Wasserbecken (Cenoten) schufen. Auf der Yucatán Halbinsel sollen mehr als 3.000 Stück existieren und alle sind durch ein einziges riesiges Höhlensystem miteinander verbunden. Cenoten in Meernähe enthalten zu gewissen Prozenten Salzwasser, weiter im Land sind es meist kristallklare „bodenlose“ Süßwasserseen mit Fischen und oft Tropfsteinen an den Decken bzw. im Wasser. Darin zu schwimmen/schnorcheln bleibt unvergesslich. Und genau an vielen dieser Cenoten gründeten die Mayas ihre Siedlungen und wenn wir von Mayas sprechen, wer hat noch nicht von Chichén Itzá gehört. Die berühmteste Mayakultstätte in Mexiko zieht jährlich Millionen von Besuchern an. Wie viele Mayaanlagen auf Yucatán liegen wissen wir nicht, aber gefühlt könnte man ein Jahr problemlos damit verbringen jeden Tag eine andere zu besichtigen. Wem dies nicht Gründe genug sind findet zudem noch ein paar schöne Städte mit kolonialem Hauch (Kartenlink).

Verwaltungspolitisch teilen sich drei Bundesstaaten die Halbinsel. Campeche (mit 50.000 km² etwas größer als Niedersachsen) war der erste und nachdem wir die Wasserfälle von Agua Azul verlassen hatten bekamen wir unseren ersten Vorgeschmack auf das Straßensystem. Endlose Geraden durch Buschwerk, auf kleinen Straßen reichten die grünen Wände bis direkt an den Asphalt und bei jedem Gegenverkehr pflügte der Außenspiegel durch diese. Interessant war dies nicht. Gegen 16 Uhr wägten wir das für und wider ab über eine kleine Stichstraße an den Golf von Mexiko zu fahren (mit dem Wunsch eine Meeresbrise zu erhaschen), oder auf der besser ausgebauten Straße zu bleiben und so zügiger nach Norden zu kommen (dafür aber irgendwo im Land stehen und nächtigen). Der Dickkopf setzte sich durch und als wir in Sabancuy am Meer ankamen wurden wir mit einer steifen Brise belohnt. Konnten überall an der Wasserfront parken, nur suchten wir uns die falschen 200 Meter aus. Hatten die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Die kam in einer sehr verrückten Form.
All dies was Yucatán zu Yucatán machte, suchten wir in Sabancuy vergebens. Als wir am Wasser entlang zum zentralen Dorfplatz liefen rief uns eine offensichtlich angetrunkene Weiße „Hey Gringo“ rüber. Gringo ist die etwas abfällige Bezeichnung für einen US-Bürger. Wir ignorierten die Dame und sie schrie hinter uns her ob wir kein englisch sprechen würden. Egal. Das Dorf war seeeeehr unattraktiv und so landeten wir wieder schnell bei unserem treuen Gefährten. Ich setzte mich zum lesen an die Kaimauer und es dauerte nicht lange kamen zwei Mexikaner mit ein paar Bier vorbei. Fragten sogleich nach ein paar Details zu Pancho und alles war gut. Trank ein Bier mit ihnen und irgendwann riefen sie Robert, der 3 Häuser weiter lebte. Amerikaner seit 21 Jahre immer wieder hier und seit 5 Jahren sesshaft. Robert hatte auch gut einen gezwitschert und die Mexikanerin in seinem Kielwasser hatte eine 1,2 Liter Corona Flasche für sich dabei. Auch sie war weit davon entfernt fahrtauglich genannt zu werden. Wo sind wir hier nur hingeraten?
Das ganze ging so weiter und spitzte sich bis um 22.30 Uhr weiter zu. Irgendwann wurden wir genötigt Roberts Hauskrokodil (1,50 Meter) zu begutachten, welches einfach frei in der Bruchbude herum lief. Er war Ex-Anwalt, Ex-Heroinsüchtig und seine Ex war Miss „Hey Gringo“. Diese (Namen vergessen) lungerte auch auf der Straße herum und wann immer sich die beiden sahen flogen die feinsten Beleidigungen durch die Luft. Nichts von dem war jugendfrei. Sie war happy mit uns englisch reden zu können, jammerte über ihr Leben, wäre froh sie könnte sterben und wünschte der mexikanischen Begleitung von Robert die Pest an den Hals. Das Wort Prostituierte hat sie nicht verwendet, dafür etliche andere wüstere Bezeichnungen. Wegen ihr hat Robert sie verlassen. Es war eine köstliche Dreiecksbeziehung, garniert mit den Mexikanern die auch mehr und mehr das Schwanken anfingen. Miss Gringo war inzwischen auch clean, dürr wie eine Fischgräte und wie Robert froh Alkoholikerin und Kettenraucherin zu sein. Arm wie eine Kirchenmaus und vertrank den mageren Lohn aus einer Fischfabrik mit billigstem Schnaps. Obwohl sie Robert lauthals beschimpfte, wann immer er in Sichtweite kam, schlief sie trotzdem noch in einem Zimmer in dessen Haus. Alles sehr skurril. Fragte uns nach Kippen und Haschisch und nachdem sie sich selbst einlud Pancho zu besichtigen (wir hatten Angst sie könnte sich den Hals brechen wenn sie von der Leiter fliegt) auch noch nach 5 Dollar. Borgen sollen wir es ihr. Ich sagt nein und dann meinte sie wir sollen es ihr halt schenken. Ich hob an zu erklären, dass wir zu oft von Mexikanern nach Geld gefragt werden und wir deshalb nichts geben können und nie eine Ausnahme machen. Daraufhin explodierte sie und beschimpfte mich, ich würde sie mit dieser Aussage angreifen, sie mit Mexikanern vergleichen und dass ich ein so schlechtes deutsches Exemplar sei, wie sie es noch nie vorher getroffen habe. Nun flog sie wirklich fast aus Pancho und stürmte schwankend über die Straße hinweg. Ihr Angebot uns in Roberts Haus mit einer Schöpfdusche zu reinigen widerrief sie noch, aber da verriegelten wir bereits Panchos Tür und sahen uns entgeistert an und fragten uns synchron „Was war das denn jetzt?“
Schon Lust auf Yucatán ?

Auf ca. 160 km begleitete uns der Golf von Mexiko am kommenden Morgen. Strand und Wasser waren meist in Sichtweite und die Fahrt ging gemütlich mit 65 km/h bis nach Campeche, der Bundeshauptstadt. Wir verpassten die eine Abfahrt die uns durch einen Vorort direkt am Golf an den Malecón gebracht hätte und mussten ein paar Kilometer Umweg in Kauf nehmen, passierten dafür aber eine der spanischen Festungsanlagen. Die größte Wehranlage der Stadt, Fuerte de San Miguel behütet heutzutage die bedeutendsten Ausgrabungsfunde der Mayas aus diesem Bundesstaat. Da wir schon einmal hier waren besuchten wir das Fort und das Museum. Beides war relativ übersichtlich, aber der Blick über die Balustraden gewährte einen ersten Eindruck auf die am Wasser befindliche 270.000 Einwohnerstadt.

Die Spanier begannen bereits im 16. Jahrhundert mit dem Bau der Stadt, um schwer beladene Schiffe voller Reichtümer ins Heimatland zu senden. Zu dieser Zeit waren auf hoher See wo Reichtümer waren Piraten gleich zur Hand. Daher wurde um die Altstadt eine 3 m dicke achteckige Wehrmauer errichtet mit 8 Forts und vier schwerbewachten Toren. Eines ins Inland, zwei die Küste auf und ab und eines direkt am Kai, um die Schiffe zu beladen. 7 dieser Wehrtürme, 2 Tore und einige Meter Mauer sind noch intakt, einiges kann besichtigt werden.
Campeche versprühte kolonialen Flair. Die kerzengeraden gepflasterten Gassen in der Innenstadt werden von pastellfarbenen Häusern gesäumt. Ob rot oder rosa, hellblau oder türkis, gelb oder grün jedes Haus muss eine andere Farbe wie seine Nachbargebäude aufweisen (laut Denkmalschutz) und seit dem Campeche zum Welterbe der Unesco zählt strahlen die Farben, die Herrenhäuser wurden aufgepeppt und die Überbleibsel der Verteidigungsanlagen restauriert. In Campeche lagen in wenigen Straßen Bürgersteige verdammt hoch. Über 3 hohe Stufen mussten sie erklommen werden, ein paar Straßen weiter und Gehweg und Pflaster waren gleichauf. Kirchen und Parks gab es natürlich ebenfalls und da die Stadt direkt am Wasser liegt, fehlte auch ein etlicher kilometerlanger Malecón, die Uferstraße, nicht. Diese existiert nur, weil die Stadt gezwungen war den Problemen der Infrastruktur nachzugeben und 100 Meter künstliches Land vor der Stadtmauer zu erschaffen. Direkt dort, auf dem Malecón in Sichtweite zum seeseitigen Stadttor parkten wir Pancho an der Straße. Wir konnten von der Leiter direkt auf den Gehweg am Wasser spazieren. Wir waren der einzige Lkw weit und breit und wir fanden später durch Zufall Verbotsschilder für Lastwagen, aber die Polizei störte sich nicht an uns, obwohl sie wie üblich pausenlos im Wagen patrouillierte. Sie sahen uns ein- und aussteigen, hielten aber nie.
An allen 3 Tagen liefen wir am Malecón, folgten natürlich der Stadtmauer, schlenderten in einigen Palästen der reichen spanischen Gesellschaft, warfen einen Blick in die Kirchen und ruhten an den grünen Plätzen aus. Wir besuchten ein Jazzfestival, sahen vermutlich jedes Haus in der kleinen Altstadt und erhaschten einen Blick auf eine nächtliche Eule zwischen den farbenfrohen Häusern.

Campeche hat uns sehr gut gefallen. Es war für uns die schönste Stadt auf der Yucatán Halbinsel.











Nach der letzten morgendlichen Runde auf der Uferpromenade brachen wir auf, um an China vorbei nach Edzná zu düsen.
Die Mayaruinen von Edzná gehören zu den größten und bedeutendsten im Bundesstaat Campeche.
Die große Akropolis im Wald war gewaltig, die Steine schimmerten weiß in der Sonne und der Himmel war tiefblau. Wenn, ja wenn nur nicht die Moskitos gewesen wären. Schon im Kartenhäuschen beschworen sie uns, wir sollten unbedingt Insektenspray mitnehmen. Lieber 2 Dosen. Okay gingen wir Spray holen, legten ein Schicht auf und mussten trotzdem durch das schwülheiße Unterholz bis zu den ersten Gebäuden von Edzná rennen. Die Biester waren brutal. Sie waren riesig und interessierten sich nicht die Bohne, ob wir sprayten oder nicht. Andere Besucher wurden durch Jeanshosen gestochen so durstig waren die Blutsauger. Wir grenzten unseren Besuch auf die 3 Hauptgebäude ein, jede kleiner Ruine die etwas im Wald lag war Sperrgebiet. Nur oben an der Akropolis waren wir für ein paar Minuten in Sicherheit und konnten so die Mayastätte nicht in dem Maß genießen, wie sie es verdient gehabt hätte. Auch der Fakt, dass viele grüne Leguane auf dem Gelände lebten konnte unseren Dauerlauf nicht verlangsamen. War echt schade.






In der kleinen Stadt Hopelchén mussten wir einfach anhalten. Der Name gefiel uns so gut, dass wir für 2 Stunden eine kurze Rast inklusive Eis am Marktplatz einlegten. Nach weiteren 30 km auf der # 261 passierten wir die Bundesgrenze zu Yucatán. 1,7 Millionen Menschen leben in dem Bundesstaat der als letztes noch am Golf von Mexiko liegt.
Auf dem Weg zur Bundeshauptstadt Mérida sahen wir etliche Hinweisschilder für Grotten und Höhlen. Dies setzte sich bis an die Karibikküste fort, wobei wir keine einzige ansteuerten. Ähnlich viele Tempelanlagen der Mayas lagen auf unserem Weg und kurz vor Mérida hat man die Wahl der Qual welche man besucht. Alle anzusteuern, dafür fehlte sogar uns die Zeit und damit beschränkten wir uns auf Uxmal, eine sehr bekannte und wie sich herausstellen sollte mehr als gerechtfertigte „Berühmtheit“.

Uxmal, wie alle Mayastätten in dieser Region, ist nach dem Puuc Architekturstil gebaut. D.h. vielfältige und zahlreiche Skulptur- und Schmuckelemente zieren die Gebäude, weshalb dies gerne auch als Maya-Barock bezeichnet wird.
Uxmal ist eine kleine und sehr kompakte Anlage. Die Baukunst der Mayas wird dort überdeutlich und wir ließen uns von den Fresken verzaubern. Anders als andere Mayapyramiden bildete die 118 Stufen hohe, ovale (!) Pyramide des Zauberers den Anfang. Direkt anschließend kam ein rechteckiger Platz, der von 4 Gebäuden völlig abgeschlossen war. Jedes unterschiedlich lang, mit unterschiedlicher Anzahl an Zimmern und verschiedenen Schmuckelementen. Wir waren die ersten Besucher an diesem Morgen und hatten den Platz zusammen mit den bunten Motmots (Vogelart) für uns alleine. Schon dieser Start in die Zeremonienstätte war hochgradig imposant, was allerdings vom Palast des Gouverneurs noch getoppt wurde. Der Palast stand auf einer Anhöhe und wiederum auf einem Plateau, von welchem man schön über die gesamte Anlage blicken konnte. Das langgestreckte niedrige Gebäude umlief ein 3 m breites Fries in 5 Meter Höhe. Das aus Mosaiksteinen gefertigte Fries war unbeschreiblich schön. Ca. 20.000 Steine wurden verwendet, jeder zwischen 20 und 60 kg schwer. 150 Mayamasken und zahlreiche Ornamente wurden auf diesem Fries verewigt. Die Rückseite des Gebäudes war nicht komplett erhalten, aber dafür die Frontansicht. Der Detailreichtum, so wie das künstlerische Geschick an diesem Palast machten Uxmal bekannt und Kenner zählen diese Ruinenanlage zu einer der schönsten in Mexiko. Dem können wir nur beipflichten.
Darüber hinaus durfte natürlich auch ein Ballspielplatz, oder eine große Pyramide nicht fehlen. Uxmal war sein Eintrittsgeld wert und wenn wir schon vom Preis reden sollte erwähnt werden, dass der Bundesstaat Yucatán der einzige in ganz Mexiko ist, der eine eigene Eintrittsgebühr erhebt. Neben dem staatlichen Ticket (zwischen 2 und 3 Euro pro Anlage, selbst die großen wie Palenque oder Teotihuacán) mussten wir ein zweites kaufen. Final zahlten wir 10 Euro pro Eintritt. Wie gesagt jeder Tempel in Yucatán hat seinen eigenen Preis, je berühmter umso teurer. Klang ein bisschen nach Abzocke in unseren Ohren.











Schnurstracks nach Norden und 85 km später standen wir in der Millionenstadt Mérida (Hauptstadt des Bundesstaates Yucatán). Dort war es heiß, stickig und schwül. Die Gassen war super eng und trotzdem kamen wir bis auf 600 m an den zentralen Platz heran. Wählten irgendeine Straße und parkten Pancho. War für eine Nacht in Ordnung und länger hätte uns Mérida auch nicht halten können.
Die Stadt war Machtzentrum der kolonialen Yucatán Halbinsel. Eine weitere Blütezeit hatte die Stadt während des Sisal-Booms. Die Agavenfaser machte einige wenige Plantagenbesitzer reich, Zeugnis geben heute noch eine Handvoll Villen. Beide Epochen waren also noch in der Stadt vertreten, aber trotzdem versprühte die Stadt für uns keinerlei Esprit. Die Kathedrale, wie übrigens fast alle Kirchen auf der Yucatán Halbinsel, war sehr nüchtern. Absolut kein Vergleich zu den Sakralbauten aus dem Hochland und einziges Highlight waren die Wandgemälde im Regierungspalast. Naja und die ausgelassene Stimmung mit öffentlichem Tanz auf der Straße, nachdem die Sonne sich für diesen Tag verabschiedet hatte. Auch wir sagten der Stadt am kommenden Vormittag Lebewohl.





Die letzten Tage am Golf von Mexiko folgten!
Alles Gute an euch Allen