Mittwoch, 21. Juni 2017

Quito (10.04.2017 - 17.04.2017; aktueller Standort: Huanchaco, La Libertad)


Nach einem Kaffee in der kühlen Morgenfrische hieß es Abschied nehmen. Der Zeitplan von Barbara und Hannes war etwas straffer geschnürt und sie mussten etwas beschleunigen. Als sie am Äquator ans Denkmal abbogen röhrten Panchos Hupen und für uns ging es dann weiter in Richtung Hauptstadt (Kartenlink).

In einem Sonne-Wolken-Mix fuhren wir die Panamericana entlang. Die Distanz bis nach Quito war nicht weit, aber es musste natürlich erst in ein tiefes Tal gehen und dann in weiten Windungen eine zweispurige steile Straße auf 2.850 Meter über Null sein. Vor allem die Bergfahrt zog sich. Auf fast 3.000 Meter angelangt passierten wir die erste große Vorstadt, die schleichend in Quito überging.
Wir hatten ein konkretes Ziel. Wir wollten zu einer IVECO-Werkstatt, um wieder Panchos Bremsen nachsehen zu lassen. Sie machten weiterhin einen Höllenradau und wir hofften in einer Vertragswerkstatt hätten sie mehr Ahnung. Wir fanden den Laden sofort, mussten aber aufgrund von Verbotsschildern einen großen Kreis ziehen. Angekommen wurden wir bald vom Chef persönlich begrüßt und nach der Mittagspause würde der Chefmechaniker sich Pancho anschauen. Es war erst 11 Uhr und wir hatten 3 Stunden Zeit, die wir auf dem Werksgelände verbrachten. Es regnete in Strömen während wir im trockenen saßen. Dann war es Zeit und Pancho kam an die Reihe. Kurzum die Bremsbacken sind vom Material her nicht die besten und wurden nicht exakt ausgemessen, aber die Bremsen funktionierten einwandfrei. Der Bremsstaub wurde entfernt, die Muttern nachgezogen und uns empfohlen in Peru neue Bremsbeläge zu kaufen. Dort wären IVECO häufiger vertreten und die Auswahl an neuen Belägen besser als in Ecuador. Nun gut quietschen wir halt weiter. Der Chef orderte die Rechnung und wir beglichen die 80 Dollar und nahmen dankend seine Visitenkarte mit.
Ab ins Zentrum um einen Platz für die Nacht zu finden. Wir quälten uns durch den Feierabendverkehr und klapperten diverse Grünflächen, Schulgegenden und öffentliche Einrichtungen ab. Parkverbote überall oder erst ab 18 Uhr kostenfrei für die Nacht. Sonst lag die Höchstparkdauer bei 2 Stunden. Also versuchten wir einen gebührenpflichtigen Parkplatz zu finden, aber die meisten hatten keinen 24 Stunden Service, oder ein Problem mit unseren Abmaßen. Total genervt parkten wir um 18 Uhr in einer Seitenstraße zwischen Neu- und Altstadt. Irgendein Verwaltungsgebäude lag nebenan und wir zitterten, sei Quito nachts doch unsicher. Haben geschlafen wie die Murmeltiere und Pancho hatte am Morgen noch alle 4 Reifen.

Quito ist die höchstgelegene Hauptstadt der Welt mit ca. 1,8 Millionen Einwohnern. Sie wurde im Jahre 1534 gegründet und liegt in einem Andental (bevölkert seit ca. 1500 v. Chr.) umgeben von nebelverhangenen Gipfeln. Viele hohe Bergzinnen lagen ringsum, aber der 4.680 m hohe aktive Hausvulkan Rucu Pichincha überragte sie alle.
Quitos Herzstück ist die historische Altstadt, eine UNESCO-Welterbestätte. Plätze, Kirchen und prächtige Fassaden hatte die Altstadt reichlich, die Neustadt Kneipen, Brauereien und Diskotheken. Quito war nicht billig, aber eine Stadt in der man alles bekommen kann. Unsicher fühlten wir uns nie, waren aber auch nie bis spät in die Nacht unterwegs. Außer beim fahren durchs Zentrum konnte einem Angst und Bange werden. So viel Verkehr auf engstem Raum; schrecklich.

Wie ging es weiter. Wir hatten 3 volle Tage um die Stadt zu erkunden, da wir die Osterprozession miterleben wollten. Es soll ein bemerkenswertes Ereignis sein...
Also brauchten wir einen Parkplatz. Wir kurvten wieder für 2 Stunden und fanden in der Nähe der Neustadt endlich eine Parkfläche. 8 Dollar für 24 Stunden und wir konnten kommen und gehen wie wir wollten. Wir verzogen uns gleich in den hintersten Bereich des Parkplatzes neben einem Fußballfeld und hatten freie Sicht auf den Rucu Pichincha. Auf in die Neustadt mit Cafés und Souvenirläden. Wir übermittelten Geburtstagsgrüße, verabredeten uns für den nächsten Tag im Chat, versendeten teure Postkarten (3,50 Dollar Porto das Stück!) und besichtigten das älteste Observatorium Südamerikas. Weiter ging der Bummel über Schokoladenläden, einer herzhaften französischen Bäckerei und diversen Touranbietern für die Galapagosinseln. Am Abend wollten wir Essen gehen, fanden die Preise in der Neustadt aber viel zu überteuert. So wärmten wir die Reste von vor zwei Tagen auf und machten nichts, denn selbst die Brauereien wollten fast so viel für ein Bier wie in den Staaten (bedingt durch den importierten Hopfen und Malz, wobei wir später auch noch richtig günstiges lokal Gebrautes fanden).






Heute war Altstadt-Tag. Wir durchschritten zügig das Zentrum der Neustadt und fanden uns im Gewimmel der österlichen Feierlichkeiten wieder. Wir starteten in der Basilika del Voto Nacional. Der riesige gotische Bau von 1926 thronte auf einem Hügel über den nordöstlichen Teil der Altstadt und die Basilika war von innen wie von außen beeindruckend. Wir wagten uns in die Spitzen der Türme hoch und kletterten über Holzbalken und senkrechten Leitern empor. Dass die Aussicht über Quito überwältigend war muss ich nicht erwähnen, vielleicht ist sie nur vom Vulkan Pichincha besser.
Wir schlenderten weiter durch die engen Gassen mit den pastellfarbenen Fassaden. Alle Kirchen waren weiß und die Plätze großzügig ausgelegt. Die Kathedrale fiel von außen nur durch ihre mosaikartigen Kuppeln auf. Schwarze Regenwolken hingen drohend über der Kathedrale, aber die Menschen am zentralen Platz lauschten der Predigt im Inneren. Wir schlichen uns über einen Seitengang hinein und fanden den Hauptraum mit seinen gigantischen Bildern pompös, er erinnerte fast an einen Burgsaal. Dafür war die Seitenkapelle ein Schmuckstück. Kapelle hört sich vielleicht klein an, diese hatte die Dimension einer üblichen Kirche in Deutschland. Holzportale, Gold, bemalte Kuppeln und Wände, Marmorböden und noch vieles mehr. Es gab einiges zu bestaunen.
Ebenso im Kloster San Francisco. Es ist das größte und älteste Kolonialgebäude der Stadt (1534) und steht strahlend weiß an einem großen Platz, der allerdings für Ostern gesperrt war. Ein Teil des Klosters beherbergte heute ein Museum für die schönsten Kunstschätze der Kirche. Kaum zu glauben, denn betritt man San Francisco braucht man einen Stuhl. Es haut einen um (wie so viele andere Kirchen auch). Fotografieren war tabu aber auch hier war jeder Quadratzentimeter bemalt.
So schritt der Tag voran. Wir liefen viel und kehrten am nächsten Tag wieder in die Altstadt zurück.











Bis Mittag strahlte die Sonne am Himmel, am Nachmittag zogen Regenwolken auf die ihre Last auch abluden. Wir schlüpften abermals in die Kathedrale und besuchten noch weitere Kirchen. Alle Kirchen waren faszinierend, da Gold und Malereien sich abwechselten. Viele Kirchen waren in einem warmen grün oder hellblau gehalten. Darüber kannte die Kreativität keine Grenzen. Hoffentlich können die verwackelten Bilder einen stimmigen Eindruck vermitteln.
Ein kleines Museum stand noch auf unserer List, in dem perfekt erhaltene präkolumbische Kunstwerke ausgestellt waren. Viele Skulpturen aus Stein und Keramik waren zu sehen und der Besuch lohnte sich definitiv.
Da der Vulkan Pichincha immer am späten Vormittag in Wolken verschwand, verschoben wir die Besteigung auf unsere Rückkehr. Warum aber Rückkehr? Da das Land so klein ist und wir endlich die schneebedeckten Vulkangipfel sehen wollten, schmiedeten wir den Plan von Quito an die Küste zu fahren, um dort etwas Sonne tanken zu können. Falls wir ein gutes Angebot für einen Besuch der Galapagosinseln bekommen sollten wollten wir auch diese einmalige Chance nutzen. Es hat etwas gedauert bis wir uns zu diesem Entschluss durchrangen, denn günstig gibt es auf den Galapagos nicht. Auf dem Rückweg planten wir die Überquerung der Anden und einen heißen Ritt im Amazonastiefland. In Ecuador ist es so einfach wie in keinem anderen Land im Westen Südamerikas durch Amazonien zu fahren. Per Auto wohlgemerkt und nicht per Boot! Dann so der Plan, würden wir wieder in Otavalo nördlich von Quito in die Anden hochsteigen und die Panamericana an den Gletschern der Vulkane (bei guter Sicht) nach Süden folgen.












Karfreitag und der Tag der Prozession. Wir waren früh unterwegs und skypten kurz, um dann schleunigst einen guten Platz am Straßenrand zu erhaschen. Die Prozession startete um 12.30 Uhr, aber bereits ab 10 trafen die ersten Menschen ein, um sich neben den abgesperrten Straßen zu stellen. Es war wie an Fasching. Man konnte Essen und Trinken kaufen und die Menschen lachten und scherzten. Polizei war überall präsent und die Orte füllten sich. Neben uns gesellten sich zwei ältere Menschen, die hellauf begeistert waren, dass zwei Deutsche die Karfreitagsprozession in Quito beiwohnten. Der Herr fing an alles mögliche bei den Straßenverkäufern zu erstehen und nötigte vor allem Simone mitzufuttern. Ich war fein raus, da ich ihm erklärte nie etwas vor 12 Uhr zu essen. Fand er komisch, aber egal. In Simone fand er ein williges Opfer .
Dann ging es los und es wurde skurril. 4.400 Menschen nahmen an der Prozession teil und die meisten waren in purpurfarbenen Ku-Klux-Klan Kostümen verhüllt. Also Kutte mit Gesichtsmaske und spitzem Hut. So latschten sie durch die Straßen, durchmischt von Menschen die Jesus imitierten und ein Kreuz durch die Häuserreihen schleppten. Manche Kreuze waren so riesig, dass 10 Männer sie trugen. Einige Leute geißelten sich selbst aufs Blut und die krassesten hatten sich Kreuze aus Kakteen auf den nackten Rücken gebunden und trugen einen Kaktusstamm über die Schultern. Das Rot an Armen und Rücken war keine Farbe. Ein Typ kam mit einer Stachelkrone aus Stacheldraht daher und hatte ebenso etliche Windungen um seinen Oberkörper gewickelt. Auch er blutete aus zahlreichen Wunden. Dazwischen spielten Musikkapellen fröhlich auf und das ganze sollte ca. 3 Stunden gehen. Wir verabschiedeten uns nach 40 Minuten. Genug war genug.
Wir gingen in der Neustadt zu einem All-you-can-eat Buffet und kurierten später die Bauchprobleme aus. Im Nachhinein hat es sich nicht gelohnt für den Umzug zu bleiben, wobei die Tage in Quito gut investiert waren. Wir mochten die Hauptstadt Ecuadors!











Nach einer Runde Spanisch am Morgen zogen wir weiter. Wir hielten nach einer Stunde (noch immer in Quito) und kauften einige Lebensmittel ein. Anschließend fuhren wir am riesigen Äquatormonument vorbei und fuhren einige Kilometer wieder auf der Nordhalbkugel. Es zog uns nach Westen und in Richtung Pazifik. Es begann der rasante Abstieg. Von 3.000 Höhenmetern prügelten wir etwa die Hälfte bergab. Pancho war im Rausch und wir stoppten ihn an der Ausfahrt zum winzigen Mindo. Das kleine Kaff liegt in einem Kessel inmitten steiler Nebelwälder. Angeblich ein guter Ort um laufen und Vögel beobachten zu gehen. Also hielten wir und parken fast am zentralen Plätzchen. Quitos Kathedrale und Hauptplatz waren so groß wie ganz Mindo, ein extremer Wechsel. Wir erkundeten die 4 Straßen und informierten uns über die bestehenden Wandermöglichkeiten. Dann noch ein Käffchen und wir entspannten in der Ruhe. Unser „Nachbar“ klopfte und kam auf einen Plausch vorbei. Später brachte er Hühnersuppe. Er war von Pancho total begeistert . Ein Abendbier in einer Kneipe und es folgte eine störungsfreie Nacht.

Wir wanderten auf einem privaten Grundstück durch herrlichen Regenwald. Frühmorgens bekamen wir einige Tukane zu sehen, sahen Papageie lamentierend vorbei segeln und konnten auch wieder viele Kolibris bewundern. Ein roter Andenklippenvogel ließ sich von uns aufschrecken, war für die Kamera aber zu schnell. Hier ein Bild aus dem Netz. Wir liefen für Stunden und kehrten am Nachmittag in ein Café in Mindo ein. Die Nacht verbrachten wir an der gleichen Stelle.





Auch an diesem Tag verbrachten wir viel Zeit zu Fuß. Zuerst fuhren wir einige Kilometer an einem Fluss entlang und wanderten vom Ende der Straße auf einen Berg und ließen uns dann mit einer offenen Seilbahn über ein grünes Flusstal in den geschützten Nebelwald Mindo-Nambillo befördern. Die Fahrt mit der Seilbahn war nichts für schwache Nerven. Ein Herr bediente die alte ölige Dieselmaschine per Pedalen und lenkte so eine rostige offene Gondel, die über uns nur zwei Metallrollen am Förderseil hatte. Im Wald gab es einige Wanderwege, alle einen oder mehrere Wasserfälle als Ziel. Wir suchten zuerst den höchsten Fall tief im Wald auf und wanderten dann zum Fluss in die Tiefe. Weitere Wasserfälle kamen vor die Linse, aber dann zogen dicke schwarze Wolken auf und wir verzichteten auf die Seilbahnfahrt zurück, überquerten stattdessen den Wasserlauf und marschierten stramm den Hang hoch. Oben angekommen hatten wir den ersten Regenguss bereits hinter uns und wir teilten lieber ein Sammeltaxi und ließen uns 4 km von Pancho entfernt absetzen. Danach mussten wir nur noch die Straße ebenerdig zurück laufen und erreichten Pancho haargenau als das Gewitter einsetzte. Wir warteten 30 Minuten und machten uns auf die Rückfahrt nach Mindo. Kurz vor dem Dorf entdeckten wir eine schöne Stelle direkt am Fluss und blieben dort. Ab 18 Uhr setzte wieder Starkregen ein und es regnete für mehr als 6 Stunden heftig. Erinnerungen an Mocoa kamen hoch und wir fragten uns, ob wir so nah am Fluss sicher stehen würden.
Wir blieben dort, nichts passierte und um Mitternacht wurde ich 40. Alles prima!






Auf ans Meer,
die Hauptstädter