@ Carola: Willkommen im Club der 40er ☺. Alles Liebe zum Geburtstag!
Nach einer letzten „Stadtbesichtigung“ in Trujillo, vorbei an wohlriechenden Freiluftkompostanlagen mit Plastik und Bruchstein, hielten wir noch lange genug um im Tottus Ciabattabrötchen, Müsli, Bratwürste und Wurstaufschnitt zu kaufen. Wurstartikel sind übrigens in Peru sehr lecker, kommen die meisten Produkte schließlich von
schweizer oder deutschen Auswanderern. Danach hielt uns nichts mehr in dieser Stadt und wir ließen Pancho durch die Wüste gleiten (Kartenlink).
Die Fahrt auf dem Panamerikanischen Highway führt in Peru ausschließlich an der Küste entlang und somit durch Wüste. Auch für uns hieß es an grauen Sanddünen
vorbeirollen, durch offenes Gelände im Wüstensand, gelegentlich durchbrochen von kahlen Bergen, mit 65 Sachen gemächlich gen Süden tuckern. Dazwischen lagen immer wieder riesige Felder die pausenlos bewässert
wurden. Wir verstanden nicht ganz den Sinn darin, außer dass die Nutzfläche vorhanden war denn wohnen wollte dort so gut wie niemand. Nur im Mündungsgebiet von Flüssen, oder direkt am Ozean gab es vereinzelt
Siedlungen. Dies hielt leider den Plastikmüll nicht davon ab sich weiter zu vermehren und die ansonsten vielleicht attraktive Wüstenlandschaft in einen Plastikfriedhof zu verwandeln.
Wir kamen an diesem Tag zu unserer ersten Polizeikontrolle. Graus, die korrupten Beamten, so wird zumindest oft berichtet. Wir wurden natürlich herausgewunken und der Beamte schüttelte mir zuerst Mal die Hand. Dann wollte er die Dokumente sehen. Ich gab ihm Pass, Führerschein, Einfuhr und Versicherung für Pancho und nach nur 60 Sekunden bekam ich unsere
Unterlagen zurück, der Beamte salutierte und wünschte uns eine gute Weiterreise. Man war der korrupt; nein im Ernst der Herr war sehr nett und korrekt und uns nahm es etwas die Muffe vor der Polizei. Ich nehme es
gleich vorweg. Wir wurden noch ein weiteres Mal kontrolliert und sonst immer durchgewunken. Polizei hatten wir pausenlos hinter uns, aber kein einziges Mal wurden wir wegen einem fadenscheinigen Grund angehalten, mit der Hoffnung
von uns Gringos ein paar Sol zu bekommen. Vielen Dank und ein Lob an die peruanische Polizei.
Mittagessen wollten wir nicht am Straßenrand und fuhren deshalb ab nach Puerto Morin. Dieses winzige Fischerdorf bestand aus 20 Häusern und hatte einen langen Sandstrand vor
seiner Tür. Wir fackelten nicht lange und Pancho sauste über den Sand bis ans Wasser. Die Tür zum Meer hin ausgerichtet und die Brotzeit konnte beginnen. Wir überlegten kurz für den restlichen Tag
dort zu bleiben, entschieden uns aber dagegen. Sandfliegen gab es dort und die würden ab dem späten Nachmittag zu beißen anfangen. Deshalb fuhren wir nur einen Kilometer am Strand entlang, parkten wieder, rasierten
uns die Haare ab und sprangen im Freien unter die Dusche.
Wie frisch aus dem Ei gepellt ging es weiter. 2 Stunden fuhren wir noch, dann zogen wir wieder rechts raus und parkten in Tortugas großen Bucht am Pazifik. Kormorane, Möwen
und peruanische Tölpel sahen wir weit häufiger als Menschen. Winterzeit an der Küste ist Tote-Hose-Zeit.
Von Tortugas bis nach Sechín waren es am Morgen nur 40 Kilometer. Wegen Sechín sind wir länger an der Küste geblieben als wir hätten müssen. Die Ruinen
von Sechín zählen mit zu den ältesten in Südamerika und die Tempel wurden 1600 v. Chr. errichtet. Die Flachreliefs am Haupttempel waren noch sehr gut erhalten, in den Steinplatten verewigt waren Krieger und
jede Menge abgeschlagene Köpfe. Sonst gab es aber nicht viel zu sehen und etwas enttäuscht fuhren wir bereits nach einer Stunde wieder zurück nach Tortugas. Jetzt aber nur in die Bucht um zu Mittag zu essen
und dann wollten wir durch die Wüste, um wieder auf die Panamericana zu gelangen. Dazu fuhren wir direkt am Wasser entlang und dachten an einen der vielen Sandwege, die an den in 3 km entfernten Highway führten.
Soweit kam es aber nicht, fanden wir doch ein Plätzchen welches uns sofort gefangen hielt. Mitten im Nichts, Sand und Sand und das Meer. Ein paar Hügel die wir zu Fuß erkundeten und Möwen die sich in Scharen
in Sandmulden verkrochen. Kaum ein Geräusch war zu hören. Wir lasen, faulenzten und kramten nach langer Zeit die Frisbee aus unserem Keller.
Wir hatten einen tollen Nachmittag in der Wüste und himmlische Ruhe in der Nacht.
Zurück auf dem Asphalt waren wir in 90 Minuten wieder in Chimbote. Diese Stadt war nicht ganz so groß wie Trujillo, aber genauso hässlich. Wir begegneten ihr, nun auf
dem Rückweg, zum zweiten Mal und attraktiver wurde sie dadurch nicht. Überall Müllberge. Aber auch dort hielten wir am großen Tottus Supermarkt und kauften schnell ein paar Kleinigkeiten. Schon fast aus
der Stadt heraus, sahen wir einen Fischverkäufer zwischen den beiden Fahrbahnen. Bei ihm bekamen wir fangfrischen Fisch für unter 2 Euro das Kilo. Wir ließen uns Bonito (Raubfisch mit rotem Fleisch) einpacken
und freuten uns schon jetzt auf das Abendessen ☺.
Bevor es soweit war, wollte ich wieder eine Abkürzung nehmen und musste dann Wegzoll zahlen. Eine Bürgerschutzgruppe bewachte die bewirtschafteten Felder und sorgte angeblich
für Sicherheit auf der festgebackenen Erdstraße. Wir zahlten die 1,50 €, aber als dann 3 Kilometer weiter wieder 2 Männer 1,50 wollten blieb ich stur. Ich zeigte einem das Ticket von gerade eben, aber
er wollte davon nichts wissen. Sie wären von einem anderen Dorf und möchten auch Kohle sehen. Ich sagte nein, woraufhin der andere in eine Lehmruine verschwand und mit einer Schrotflinte zurück kam. Ich sagte
trotzdem nein und versicherte ihnen, dass ich viel Zeit habe und ihnen den Weg den ganzen Tag blockieren werde wenn es sein muss. Mr. Flinte und Mr. Ticket versuchten es ein letztes Mal, aber als dann ein Kleinbus hupend ankam
gaben sie den Weg frei. Auf meinen sturen Widderkopf ist halt Verlass!
Dann ging es wieder ins Landesinnere und an einem Flusslauf langsam wieder in die Höhe. Je weiter wir vom Meer wegkamen, umso besser wurde das Wetter. Der winterliche Küstennebel
verschwand und die Temperatur stieg. Wir erreichten die Berge der Cordillera Negra (Schwarze Gebirgskette) und sahen bis auf Kakteen nur kahle Felswände in unterschiedlichen Farben. An diesem Tag kamen wir im unteren
Bereich des Tablachaca Canyon an. Auf 1.000 Höhenmeter fanden wir eine Kiesstraße, die direkt ans Flussufer hinab führte. Das Wasser rauschte heftig und schluckte die Motorgeräusche des spärlichen
Verkehrs komplett. Nachts fuhr eh niemand mehr auf diesen Kamikazepisten. Nach einer Nacht mit Abermillionen funkelnden Sternen in einer ansonsten pechschwarzen Umgebung sollten wir erfahren warum man diese Schotterstraßen
nur am Tage fährt.
Wir fuhren den Tablachaca Canyon entlang. Es waren 52 km bis zum Bergdorf Pallasca und wir benötigten den gesamten Vormittag. Die Strecke war natürlich Schotter, die Fahrbahn
natürlich einspurig. Zuerst war das Flusstal noch breit, aber es verjüngte sich zusehends. Der Gebirgszug der Cordillera Negra war überall extremst karg, ich denke deshalb bekam er auch seinen Namen. Nackter
Fels mit vereinzelten Stachelgewächsen. Allerdings waren die Berge nicht schwarz, nicht nur, sondern leuchteten vor allem in diesem Canyon in allen Farben. Rottöne, ocker, orange, Blauschimmer, gelb und sogar Nuancen
ins grüne. Die Fahrt unter blauem Himmel war fantastisch. Wir starteten auf 1.000 Höhenmeter und kamen bis auf 1.500 als dann die Canyonwand erklommen wurde. In Serpentinen verdoppelten wir die Höhenmeter und
waren sprachlos von der Schönheit der Natur. Ein paar Tunnel mussten wir meistern, aber in diesem Canyon herrschte fast kein Verkehr. Hupend meldeten wir uns an, trafen aber nie auf jemanden. Kurz vor dem Dorf mussten
wir in einem Eukalyptushain über einen Erdrutsch rumpeln und erreichten kurz vor 12 die ersten Häuser. Wir hielten sogleich um unsere Energiereserven aufzufüllen. Dann wollten wir eigentlich ins Dorf, tauchten
dabei aber in eine Prozession für den Schutzpatron San Juan Bautista ein. Die Straßen waren mit Luftballons und Girlanden geschmückt, die Gassen eng und viel zu viele Leute unterwegs. Einige schon im Zickzackkurs
mit der Flasche in der Hand. Wir konnten nicht wenden und zwei Kipplaster mit Bauschutt ebensowenig. Im Konvoi krochen wir an den Lehmziegelhäusern vorbei, immer kurz davor etwas oder jemanden zu schrammen. Ein Albtraum! Wir benötigten 20 Minuten bis zum zentralen Platz, den wir sofort zum wenden
nutzten. Zurück, ohne die beiden Laster, ging es etwas zügiger und dann parkten wir, ich total durchgeschwitzt, am Rande des Dorfes. Für 2 Stunden waren wir dann Gäste im bunten Treiben. Die Heiligenfigur
wurde mit Unterstützung einer Blaskapelle durch die Gassen getragen. Trachten wurden präsentiert und komische Musikinstrumente kamen zum Einsatz. Einige Herren umarmten uns und forderten uns auf mitzukommen, aber
dann wären wir sicherlich in Pallasca versumpft.
So ging es am Nachmittag die gleiche Strecke wieder zurück (immer noch genauso bezaubernd) und am frühen Abend parkten wir abermals neben dem Fluss wie nachts zuvor. So machen
es die alten Hasen im Geschäft des Langzeitreisen. Gemütlich in der Gegend herumgondeln und sich durch nichts mehr aus der Fassung bringen lassen. Spontan und flexibel muss man eben sein ☺.
Ein weiterer Canyon stand auf dem Programm. Bevor wir aber nach dem normalen Morgenprozedere los kamen, entdeckte ich einen kleinen Skorpion vor unserer Tür. Dadurch verzögerte
sich unsere Abfahrt um wenige Minuten...
Der Cañon de Pato, also Entenschlucht, durchschneidet einspurig die Cordillera Negra und verbindet die Küstenregion mit der Cordillera Blanca (Weiße Gebirgskette). Ich glaube es waren 38 pechschwarze Tunnel die wir meistern mussten und im Gegensatz zum Tablachaca Canyon ging es sofort sehr schmal los, wurde dann breiter
und wurde erst am Ende wieder sehr eng, den Fluss permanent neben und unter uns. Die Farbenpracht der Felsen war weniger beeindruckend, dafür machte dies der Entencanyon aber mit seiner Straßenführung wett.
Jeder Tunnel war eine Herausforderung, denn auf dieser Strecke fuhren sehr wohl Busse und Laster geschweige denn von Rasern in ihren alten Blechkarren. Manche Tunnel waren nur wenige Meter lang, andere bis zu 250 Meter. Im
Scheinwerferlicht sahen wir die gezackten Felswände und -decken nur 20-30 cm neben uns vorbei ziehen. Ich hupte pausenlos in der Hoffnung niemanden in den Tunneln anzutreffen. Schon außerhalb war es immer wieder
eine Kunst entgegenkommenden Schwerverkehr passieren zu lassen. Wenigstens war die Straße asphaltiert. So folgten wir dem Río Santa bis wir auf 2.200 Meter in einem alpinen Tal ankamen. Der Fluss setzte seinen
Weg im Tal fort, welches stetig an Höhe gewann. Wir brauchten allerdings nicht mehr allzu weit fahren, wären auch nicht weit gekommen, denn da waren sie. Noch im Canyon zeigte sich die erste weiße Spitze über
den rauen Felsen emporsteigen. Im Tal angekommen und wir sahen mehrere. Die Cordillera Blanca in Peru, für viele Naturbegeisterte einer der schönsten Orte auf der Welt! Davon aber im nächsten Blog weit mehr.
Für heute soll genügen, dass wir bis ins kleine Städtchen Caraz fuhren und aufgrund von Verbotsschildern direkt daran vorbei mussten. Wir waren einen Kilometer außerhalb
und tankten und so fragte ich den Tankwart ob er einen Platz wüsste. Klar und er deutete über die Straße auf abgeerntete Felder. Er sagte es sei kein Problem wenn wir uns dort hinstellten, es sei ruhig und
sicher; ganz Caraz sei sehr entspannt.
Also gut ab aufs Feld und dann zu Fuß in die Stadt. Wir bummelten durch die Straßen, machten wieder einen kurzen Halt bei einem Bäcker und waren nicht sehr angetan von
Caraz. Dies sollte sich aber noch ändern, und wie! Bei einem Chinesen, die meisten anderen Läden hatten zu da Sonntag, bestellten wir Limettensaft und fragten nach dem Internetpasswort. Auch dies geht inzwischen
mühelos von der Hand und wenn die Angestellten komischen bzw. irritiert schauen, dürfen sie ist ihr gutes Recht. 1,50 Euro ärmer, dafür aber um einen Liter frisch gepressten Saft und eine Stunde surfen
reicher gingen wir zurück zu Pancho. Wir wussten alles was wir wissen wollten und freuten uns auf den kommenden Tag.
Aus den Cordillera Blanca,
Simone & Stefan