Angekommen in den Nordkaskaden verbrachten wir den Tag der Deutschen Einheit auf einer genialen Wanderung unterhalb des Mount Baker. Der immer schneebedeckte Stratovulkan ist 3.286 Meter hoch und zeigte sich bei strahlend blauem Himmel von seiner besten Seite.
Eine weitere Straße führt von der Nordseite an den Vulkan, von wo etliche Wege auf den Hochebenen
oberhalb der Baumgrenze zu Ausblicken über die Bergwelt einladen. Auf diesen Abstecher verzichteten wir, auch wenn jedermann davon schwärmte wie schön es dort oben sei. Wir beschränkten uns auf die Südseite des wunderschönen
Berges.
Als wir von dem 25 km Marsch zurück waren (im Gepäck einen 800 Gramm schweren, aber wie sich
leider später herausstellte total verwurmten Steinpilz), fuhren wir weiter zum nächsten Ausgangspunkt einer Wanderung. Dort oben in den Wäldern an der Flanke des Vulkans verbrachten wir die Nacht (Kartenlink).
Wir liefen dort an der Südostflanke von Mt Baker und sahen unsere erste Eule in freier Natur.
Kaum erspäht segelte sie lautlos durch die Tannen hinfort. Dann ging es ein paar Kilometer weiter in den Nationalpark der Nordkaskaden und eine weitere holprige und steile Anfahrt
zum nächsten Beginn einer fantastischen Wanderung stand an. Fast alle Wegpunkte entlang des Highways 20 lagen etliche Kilometer abseits der Straße, nur erreichbar über Serpentinen auf zum Teil abenteuerlichen Pisten. Pancho
wurde gequält, hielt aber standhaft durch.
Der dritte Tag, bei gleichbleibendem perfektem Herbstwetter, brachte wieder einen atemberaubend
schönen 21 km Hike über zwei Pässe und an zwei toll gelegenen Bergseen vorbei. Die Tage waren angenehm warm, nicht zu warm zum wandern, aber nachts gingen die Temperaturen auf 5°C runter. Unsere Heizung hatte immer wieder
kleinere Aussetzer und dann musste der Propanstrahler ran. Dies war die Zeit, als wir Panchos Innere nicht immer komplett trocken bekamen, manchmal war es klamm und vor allem nachts beschlugen die Kältebrücken im Bereich
der Decke und der Verschraubungen schon ziemlich. Neues Übel, von dem wir zu diesem Zeitpunkt noch nichts ahnten, bahnte sich seinen Weg zu uns. Es sollte noch einige Wochen im Verborgenen schlummern...
So genug der Worte, wie angekündigt gibt es heute Bilder satt und wer noch mehr von Mt Baker
sehen möchte muss sich entweder gedulden bis wir Washington State auf unsere Webseite online haben, oder soll uns einfach schreiben. Wir können Abhilfe schaffen, garantiert ☺.
Nach diesen Tagen auf der Westseite der Kaskaden ging es über den höchsten Straßenpass innerhalb
des Nationalparks, dem Washington Pass auf die Ostseite. Wir wurden vorgewarnt, dass die Ostseite kaum Regen abbekommt und die Westseite die grüne Bergwelt besitzt, aber dies war dann doch reichlich
krass. Der 1.669 m hohe Washington Pass spaltet förmlich das Gebirge und in einer aus der Eiszeit stammenden Moräne ging es im Sauseschritt ins knochentrockene Tal. Es war eine 10 minütige Schussfahrt, einer Fahrt auf dem
Jahrmarkt gleich. Das war so cool, am liebsten wären wir nochmal hoch. Aber der Anstieg hätte wahrscheinlich eine Stunde gedauert... Naja auf der anderen Seite war gelbes verdorrtes Grasland, Bäume die nach Wasser lechzten
und ein paar Rinder und Pferde verbrachten ihr Dasein auf große Ranches. Die beiden Seiten der Kaskaden hätten unterschiedlicher nicht sein können!
Wie dem auch sei, wir wären noch so gerne länger in diesem Bereich des Nationalparks geblieben,
denn dort gibt es Wanderwege im Überfluss. Gefühlt würden wir sagen gibt es dort keinen schlechten. Da wir unsere Route als Rundstrecke ausgelegt haben, kamen wir später ohnehin etwas weiter südlich wieder durch diese
Berge. Weitere Wanderungen erwarteten uns.
Nach unserer Talfahrt stoppten wir in Winthrop, einer Westernstadt. Farmland drumherum und für
Besucher die Häuserfassaden auf Cowboy Town-Look hergemacht. Die „Stadt“ besichtigten wir am Abend und am Morgen fuhren wir weiter durch die trockene Osthälfte des Bundesstaats, durch besagte Steppe und über Berge.
Bevor wir den 250 km langen Roosevelt Stausee erreichten, hielten wir in der größten Ortschaft weit und breit und dort gab es wieder einen Home Depot. Wir lieben diesen Baumarkt. Inzwischen könnten wir ein Buch über diesen
Laden schreiben. Tage verbrachten wir zwischen den Hochregalen in dutzenden Filialen, sprachen mit keine Ahnung wie vielen Angestellten und erlebten die tollsten Sachen. So wie diese hier:
Pancho fuhr wie gesagt seit einigen Tagen mit dem gelben Schaumwulst an jedem Fenster durch die
Landschaft. Ohne Leiter konnten wir die überstehenden Reste aber nicht entfernen. Unsere kleine Leiter reichte nicht bis ganz hoch an die Fenster und inzwischen hatten wir keine Hemmung mehr in den Home Depot zu marschieren
und einfach zu fragen, ob sie uns helfen könnten. Wir haben schon einmal eine Leiter ausgeliehen bekommen und so fragten wir in dieser Filiale wieder, ob wir vielleicht eine Leiter für eine Stunde ausleihen könnten. Wir
erklärten kurz unser Anliegen und die Lösung war so einfach wie genial. Der Angestellte strahlte uns an und nickte fleißig. Gar kein Problem wir sollen mitkommen. Er lief los und fragte wie lang die Leiter sein solle, welche
Ausführung etc. und blieb schließlich vor der Wand stehen, an der das ganze Leitersortiment des Ladens stand. Ich meinte wir wollen keine kaufen sondern nur ausleihen und er strahlte weiter und nickte weiter und drückte
mir (Stefan) eine nagelneue Leiter in die Hand.
Verdutzt nahm ich sie entgegen und durfte damit raus aus den Laden und auf dem riesigen Parkplatz
meine Arbeit erledigen. Niemand kümmerte es was wir mit der Leiter anstellten. Aufkleber und Schildchen waren noch überall angebracht und wir versuchten nur ja keins zu beschädigen, keine Macke in die Leiter zu machen und
so schnell wie möglich fertig zu werden. Versiegelten den Schnitt an dem Dichtungsschaum noch mit Silikonspray und seit dem haben wir bis heute keinen einzigen Wassertropfen mehr vom Fensterrahmen im Inneren gesehen. Kapitel
undichte Fenster abgehakt.
Kapitel Leiter ebenso. Ich brachte sie rein in den Laden und erklärte einer Kassiererin, dass
ich sie zurück geben möchte. Sie dachte ich hätte sie gekauft und wolle mein Geld zurück und ich war so ehrlich und meinte wir hätten sie nur kurz ausgeliehen und gehört uns nicht. Dann auch dort das Strahlen und Nicken.
Sie bedankte sich bei mir! Abermals verdutzt verließ ich den hochgeschätzten Home Depot.
Der Roosevelt Stausee ist das Ergebnis des Coulee Staudamms, der den Columbia River bis an die Grenze zu Kanada aufstaut. An seinem Ufer verbrachten wir die Nacht und besichtigten am kommenden Tag den Staudamm kostenfrei.
Eine beeindruckende Anlage und das über Jahre hinweg größte Betongebäude gemessen am Bauwerksvolumen der Welt. Ein in China stehender Staudamm hat dem Coulee Damm diesen Titel 2003 abgenommen. Seitdem liegt er auf Platz
2 und hat eine Länge von 1.592 m. Er ragt 167 Meter über dem Flussbett auf und es wurden 9.155.944 Kubikmeter Beton verbaut. In den USA wird in großen Dimensionen gedacht ☺. Verblüffend die Baukosten nach denen ich fragte. Das gesamte Konstrukt wie
es heute Strom produziert kostete genauso viel wie ein Dreamliner von Boeing, ca. 335 Millionen US-Dollar. Fand ich gar nicht mal so viel für diesen Koloss.
Auf der Weiterfahrt auf Highway #2, passierten wir überraschend unseren ersten kleinen Canyon
am Banks Lake. Das erste Ahhhh Erlebnis im Hinblick auf Canyons. Vorbei an Obstplantagen-Oasen ging es langsam wieder in die westliche Region der Berge und somit wieder in die grünen, bzw. herbstlich gelben Wälder von Washington
State.
Wir sahen einige Wasserfälle entlang der Straße (z.B. Deception Falls, aber weniger aufregend)
und wanderten zum Bridal Veil Wasserfall hoch. Wollten von dem schönen Wasserfall weiter hoch durch den schwülen Wald zu einem angeblich pittoresken See, aber wir beide kamen überein, dass diese Strapaze an diesem Tag zu
viel war. Keine Ahnung wieso, aber wir waren sowas von ausgepumpt. Nichts ging mehr und wir mussten selbst bergab anhalten um zu verschnaufen. So nutzten wir die Zeit anderweitig. Haare schneiden, putzen, umräumen, Wäsche
machen, Dinge eben die auf solch einer langen Reise auch zum Alltag dazugehören. An der Wäscherei durften wir über Nacht stehen bleiben und konnten deren Internet nutzen. Gut für uns, denn so konnten wir an der Sultan
Laundry die letzten Einzelheiten für unseren Besuch in Seattle ausfindig machen. Dorthin, in die größte Stadt des Nordwesten der USA ging es am nächsten Tag. Gespannt waren wir, das könnt ihr uns glauben. Davon mehr im
nächsten Beitrag.
Schöne Feiertage und winterliche Grüße!