Also wir sind in Oregon. Über den mächtigen Columbia River, dem Grenzfluss der beiden Bundesstaaten Washington State und Oregon, und rein in die erste Stadt; The Dallas. Beim anstehenden Einkauf inkl. Tanken trat sofort
einer der Vorzüge Oregons in Kraft. Es gibt keine Mehrwertsteuer in Oregon. Die ausgezeichnete Ware kostete an der Kasse den aufgedruckten Preis und nicht wie in Washington State den Preis zuzüglich Steuern, die wie in Deutschland
je nach Warengruppe unterschiedliche Steuersätze hatte (Kartenlink).
Bevor es an die Erkundung der Columbia River Gorge ging hielten wir am nächsten State Park,
um fix zu duschen. Der großzügig angelegte Campground war fast leer und wir parkten auf Nr. 21, direkt an den Duschen. Ich (Stefan) lief zur Infotafel zur Selbstregistrierung. 2 Dollar pro Person fürs duschen und für Frischwasser
nochmal 2 Dollar. Dem Bewirtschafter des Platzes war es wie es schien ziemlich egal ob wir zahlten oder nicht. Der ältere Herr am Wohnwagen mit dem Schildchen „Host“ war mehr mit seinem Grill beschäftigt und auf Anfrage
was ich auf dem Zettelchen genau ankreuzen müsse meinte er nur ich soll einfach alles aufschreiben, das Geld in das Kuvert packen und es dann in den Kasten an der Infobox werfen. Gut dann nahm ich halt ein Kuvert mit. Nach
dem Duschen kam eine Rangerin vorbei und wir dachten schon oh je jetzt gibts Ärger, aber sie war nur neugierig und nach kurzem Plausch ist sie wieder gefahren. Wir füllten Frischwasser auf und beim Verlassen des Platzes
und höflichem Winken in Richtung Platzhirsch, steckten wir den Zettel und das Kuvert zurück an ihre Plätze und gaben Vollgas. Fast wie im Roadmovie... ☺.
Jetzt aber zum eigentlichen Grund, warum wir nicht an der Pazifikküste die Bundesgrenze überquerten,
sondern hunderte Kilometer Inland. Das Flusstal östlich von Portland wird als Columbia River Gorge National Scenic Area bezeichnet und irgendwo hörten oder lasen wir, dass auf einer Länge von etwa 45 Kilometern 77 Wasserfälle auf Oregons Seite liegen. Einige wenige rauschen
direkt an der Straße über die Felsen, wie der zweistufige 190 Meter hohe Multnomah Wasserfall. Die meisten sind auf Wanderungen zu entdecken, ob auf Wegen entlang eines Flusses oder ob in den Bergen, aber egal wie man läuft
durch Regenwald, sehr ähnlich dem von der Olympic Peninsula. 2 Tage sollte das Wetter noch stabil bleiben, Zeit genug um ein paar Wasserfälle aufzusuchen.
Eine tolle Wanderung war entlang des Eagle Creeks, an dem gleich einige Fälle zu bewundern waren,
oder den Weg hinauf auf den Multnomah Wasserfall und dann weiter durch die Berge mit grandiosen Ausblicken über den Columbia River und weiteren Fällen in den Wäldern. Ohne es ganz genau zu wissen, aber 20 Wasserfälle könnten
es gewesen sein, die wir in 2 Tagen sahen. Für unsere erste Nacht in Oregon hätten wir keinen schöneren Platz finden können. Wir parkten inmitten eines Discgolf Platzes, was uns sofort inspirierte eine Frisbee Scheibe
zu kaufen. Beim Discgolf bewegt man sich von Ziel zu Ziel und versucht in so wenigen wie möglichen Würfen mit seiner Frisbee diese Ziele zu treffen. Übrigens sahen wir auch in Kanada einige dieser Plätze und Könner dieses
Sportes haben eine fantastische Präzision in ihren Würfen.
Nur einen Katzensprung entfernt lag der höchste Berg Oregons, der 3.427 m hohe Schichtvulkan Mount Hood. Ein alter Horrorklassiker von Stephen King wurde dort verfilmt. Wer den Film „The Shining“ mit Jack Nicholson kennt, sah Mt Hood im Hintergrund und die Anfahrt hoch zum Nobelhotel Timberline Lodge an der Bergflanke. Da die Wetterprognosen in Richtung Frühwinter umschwenkten, was Regen, Regen und noch mehr Regen bedeutet, ließen wir den Berg links liegen und fuhren noch bevor wir nach Portland einschwenkten zu einer großen Outlet Mall. Unser Schuhproblem sollte endlich gelöst werden.
Einen halben Tag verbrachten wir in dem riesigen Komplex und wir beide fanden je ein paar Schuhe.
Voll zufrieden waren wir nicht, da es in den USA keine Wanderschuhe zu geben scheint, die aus Leder bestehen. Suchen wir halt weiter. Eine Frisbee zu finden war dafür gar nicht schwer!
Auf den Weg in die City von Portland hatten wir eine komische Begegnung mit einem Sheriff. Mit
Blaulicht wurden wir angehalten und der Beamte begnügte sich mit unserem deutschen Führerschein, aber was ihm nicht passte waren unsere deutschen Nummernschilder. Etwas von dem wir vorher nie hörten und auch nachher nie
wieder hörten: In Oregon dürften nur Autos mit US-Nummernschild fahren. Jedes andere Fahrzeug benötigt ein vorübergehendes Schild aus Oregon. Uns wurde die Adresse genannt, wo wir dies bekommen würden, aber da Freitagnachmittag
war, könnten wir erst am Montag dort vorbei. Wir versicherten, dass dies unser erster Weg kommende Woche sein wird, was den Sheriff zufrieden stellte. Wir fuhren weiter und grinsten uns nur an. Wieder fast wie Roadmovie ☺.
Kurze Zeit später und Portland lag unter uns. Vom Pittock Mansion hatten wir eine tolle Sicht auf die Stadt und trafen dort ein australisch-schweizer Pärchen. Wir verbrachten eine Stunde
mit ihnen, austauschend über Erfahrungen in Kanada, Handicaps an den Fahrzeugen und lachten viel über gleiche Erlebnisse. Leider rächte es sich, dass wir bis zur Einbruch der Nacht auf dem Berg oberhalb der Stadt waren.
Wir hatten keinen Schlafplatz und wie immer war es ungemein schwieriger ein Plätzchen zu finden. Inzwischen schaffen wir es immer vor dem Dunkelsein Pancho an einem geeigneten Fleckchen zu parken. Dieser Tag in Portland war
seit langem mal wieder ein Ausreißer und so kreiselten wir durch die Stadt von Verbotsschildern wie „No overnight parking“ (Nachtparkverbot) oder „No parking between 2am and 5am“ (Parkverbot zwischen 2 und 5 Uhr),
zu dunklen schäbigen Gassen, Parkplätzen mit Schranken und „Towing away zones“ (Abschlepp-Zonen). Fast 2 Stunden später und mit den Nerven am Ende fanden wir endlich eine Stelle an der Straße an dem nur werktags max.
2 Stunden geparkt werden durfte. Wochenenden waren frei. Wie gut, es war Freitag Abend und wir ausgehungert. Los in die Stadt und was zum futtern besorgt. Auf unserem Weg durch die Straßen wurden wir von einem Feuerwerk überrascht.
Wir wissen bis heute nicht was gefeiert wurde, aber das Feuerwerk war groß angelegt. Darüber vergaßen wir fast unseren Kohldampf. Nur fast.
Über Nacht kam der versprochene Regen. Am Morgen stoppte er kurz, um dann am Vormittag wieder
heftig einzusetzen. Es war kalt und wir liefen durch die Innenstadt. Wie gerne hätten wir Portland besser gemocht, aber leider sprang der Funke nicht über. Mit 600.000 Einwohnern und über 2 Mio. im Einzugsbereich stellt
Portland mehr als 50% der Bevölkerung Oregons. Die Stadt wurde 1844 als Etappenziel einer Kanuroute (Oregon City - Vancouver in Washington State) gegründet. 60 Jahre später und Portland war bereits die wichtigste Stadt
zwischen Seattle und San Francisco und gilt heute als eine Stadt mit sehr hoher Lebensqualität. Leider regnet es auch ausgesprochen viel in den Wintermonaten.
Viele Sehenswürdigkeiten fanden wir nicht, dafür umso mehr Kleinbrauereien. Portland liegt,
was die Anzahl an Brauereien betrifft, sehr weit vorne in den USA. Schuhe fanden wir auch in dieser Stadt keine, dafür sehr billige Speicherkarten für die Kamera und den wahrscheinlich größten Buchladen aller Zeiten. Am
Abend, nachdem wir auf komplett Regenmontur umgestiegen sind, liefen wir an dem Basketball Station der Portland Trail Blazers vorbei und endeten im White Eagle Pub. Mit frisch
gezapftem Bier und Livemusik verbrachten wir ein paar Stunden im Trockenen und auf dem Rückweg gab es natürlich auch kein weiteres Nass. Typisch!
Sonntag Morgen und es regnete wieder und wir hatten keine Ambitionen noch einmal in die Stadt
zu gehen. Also ging es weiter. Diagonal nach Nordwesten mit Ziel Astoria, der Stadt in dem der Columbia River in den Pazifik mündet. Wir trödelten tagsüber, beschlossen Wäsche zu machen, suchten und fanden einen super
Schlafplatz in Nachbarschaft des Schwimmbads und fuhren zum Sonnenuntergang auf einen Hügel im Stadtzentrum. Auf dem Hügel stand die Astoria Säule, von der wir mit einem 360 Grad Blick über den Fluss, dem Ozean, die Stadt
und das Hinterland belohnt wurden.
Wir parkten Pancho für die Nacht und liefen noch etwas durch das kleine Städtchen. Auch dort
durfte eine Brauerei, wie in jeder Ortschaft in den USA, nicht fehlen und wir fanden obendrein den wohl urigsten Musikladen. Die Fensterfront bis oben voll mit Pflanzen und beim Betreten des Ladens kam uns Räucherstäbchen
geschwängerte Luft entgegen. Die Besitzerin des Ladens, eine rüstige Oma, drehte zwischen Hund, Katze und Papagei die Räucherstäbchen selbst und ließ zünftigen Rock erklingen. Es gab uralte VHS-Musikvideos, Kassetten,
Platten und CDs. Ihre Auswahl aus neu und gebraucht war riesig und wir unterhielten uns über Rock aus den USA, aber genauso über Rammstein aus Deutschland. Ich fragte nach einer CD und sie, fit wie sie war, ist gleich an
den Computer gestürzt und hat in verschiedenen Datenbanken nachgesehen. Sie wollte mir die CD gleich bestellen, aber da musste ich sie bremsen. In einer Woche hätte sie sie bekommen, vielleicht auch noch vor dem nächsten
Wochenende. Ähhmm dann könnte ich sie auch in Deutschland bestellen. Trotzdem toller Laden, tolle Omi.
Nach dem Morgenkaffee sind wir kurz ins Schwimmbad; was ein seltenes Vergnügen.
Der Fort Stevens State Park lockte uns aus zweierlei Gründen. Zum einen ist es Oregons nördlichster
Punkt auf dem Festland, zum anderen liegt dort ein Schiffswrack von 1906 am Strand. Punkt eins war ganz interessant. Ein kräftiger Wind blies hohe Wellen an die Wellenbrecher und in unserem Rücken floss der Columbia River
ins offene Meer. Punkt zwei war total enttäuschend. Das Schiffswrack bestand aus 3 verrostete Streben. Ende der Geschichte.
Das beste sahen wir allerdings erst vor Ort. Jeeps jagten am Strand auf und ab und dies völlig
legal. An fast allen Stränden des Fort Stevens State Parks ist es ausdrücklich erlaubt mit Allradantrieb seinen Spaß zu haben. Dies war eher nach unserem Geschmack und wir tasteten uns langsam auf den Sand vor. Dass er
fest war hatten wir vorab schon geprüft und so kam Pancho mühelos ans Wasser und dann gab es kein Halten mehr. Schnurgerade ging es mit Vollgas den Strand runter und in Schlangenlinie wieder gemächlich zurück. Wir hatten
riesigen Spaß.
Nachdem wir wieder Asphalt unter den Reifen hatten ging es auf dem Highway 101 nach Süden. Diese Küstenstraße verläuft auf 540 km an Oregons Küste bis sie die Grenze zu Kalifornien erreicht. Nach nur 40 Kilometern stoppten wir oberhalb von Cannon Beach im Ecola State Park. Nach einem kurzen Mittagessen und einer Stunde zu Fuß rollten wir die letzten Meter in die kleine Ortschaft. Attraktion am Strand ist der ca. 70 Meter hohe Haystack Rock und wir schlenderten bei 20 Grad am herrlichen Sandstrand an ihm auf und ab. Hinter den Dünen reihten sich Boutiquen und Sommerhäuser und wir bemerkten, dass in der Sommersaison doch einiges mehr am Strand los sein wird.
Dort bekamen wir den Tipp einen kurzen Stopp am Hug Beach einzulegen. Gesagt getan. Nach einigen
Minuten am Strand erreichten wir einen Wasserfall, der sich direkt auf den Sand ergoss und einen Felsen, aus dem eine Kutschenstraße aus dem Fels gehauen worden war. Als Postkutschen noch ihren Dienst ausübten wurde bei
Ebbe über den Sand geprescht und dieser Fels war einfach im Weg. Also musste schweres Gerät her und auf eine Länge von 25 m wurde der Fels geebnet.
Kaum hatten wir den Motor angelassen, konnten wir ihn in Tillamook wieder abstellen. Die Stadt ist berühmt für ihren Käse und in fast jedem Supermarkt in den USA findet man Tillamook Käse und deren Eis. Wir kamen kurz vor Ladenschluss und mampften uns 3 mal durch die Reihe der Kostproben. Danach noch ein fettes Eis und der Entschluss war gefasst am Morgen in Ruhe die Fabrik anzuschauen. Weit wollten wir also nicht mehr fahren und wie so oft folgten wir unserem Gespür und fuhren am Ortsrand vorbei und wollten an einem Fluss nach einer Parkmöglichkeit suchen. Am Weg lag die Pelican Brewery, eine weitere Kleinbrauerei und dahinter war noch Platz an der Straße. Dank Tillamook waren wir vorerst satt und so sind wir auf ein Pint in die Brauerei und konnten zusehen wie unter uns Bier gebraut wurde. Alles war offen, nichts hygienisch abgesperrt oder so. Super cool mit feinem Bier. Beide, das dunkle Stout und das Bad Santa Porter schmeckten nach mehr, aber wir verzichteten. Wollten schließlich um 8 Uhr in die Käsefabrik.
In Kanada beantworteten wir ein paar häufiger gestellte Fragen. Sehr oft wurden wir gefragt,
ob wir die Arbeitswelt vermissen und ob wir in den Tag hinein leben, oder mehr geregelt reisen. Vor etwa 6 Monaten antworteten wir darauf und wollen jetzt, während wir die USA bereisen noch einmal auf diese Fragen eingehen.
Kommentar 7: Das Arbeiten vermissen wir immer noch nicht (hätten wir nicht gedacht) und unser Weg durch die USA ist schon etwas mehr dem Bummeln ähnlich. Wir übernachten zwar
selten am gleichen Platz, aber unsere Fahrdauer pro Tag ist nicht mehr so lang wie in Kanada, vor allem weil die Küste sehr zum verweilen einlädt. Wir schauen uns im Gegensatz zu Kanada nur die Westküste der USA an, mit
kleinen Abstechern ins Landesinnere. Für uns heißt das, einige Kilometer weniger pro Tag und trotzdem sind unsere Tage ausgefüllt, denn es gibt immer was zu entdecken. Wir wollten größere Abstecher in Richtung Rocky Mountains fahren, aber da hat uns der Winter gebremst, denn bei -20 Grad macht das Campen dann doch nicht mehr so viel Spaß.
Dafür sind wir zu viel Sonnenkind ☺.
Morgens klingelt bei uns weiterhin der Wecker um 6.15 Uhr, denn um 17 Uhr ist es schon wieder dunkel. Das war in Alaska im August sehr interessant zu sehen. Es gab keine stockdunkle
Nacht, man konnte immer noch die Umrisse der Landschaft erkennen. Abends wurde es erst um 23 Uhr dunkel und morgens wurde es bereits um 4 Uhr wieder hell.
Also wir sind immer noch auf der Suche nach dem endgültigen loslassen.
Aus der Kaasfabrik,
Simone, Stefan