Montag, 26. Dezember 2016

Eine Runde Werkstatt (08.11.2016 - 15.11.2016; aktueller Standort: Penonomé, Coclé)

Als wir früh am Morgen Pancho starteten kam der erste Erdbeerverkäufer. Nach einer kurzen Verabschiedung standen wir 30 Minuten später auf dem Parkplatz des Nationalparks Vulkan Poás. Das Wetter hätte besser nicht sein können und so früh hatten wir den Blick über den Krater für uns alleine (Kartenlink).

Der Vulkan Poás ist ein aktiver Bursche. Nicht mehr häufig aber immer noch täglich lässt er eine schwefelhaltige Schlammeruption aus seinem Krater in die Lüfte steigen. Dies ist nicht gefährlich und so darf der Besucher wie gesagt bis kurz unterhalb des Kraters fahren, dann die 300 m bis an die Brüstung laufen und dann den Blick über einen 1,3 km breiten und 300 m tiefen Krater schweifen lassen. Der Poás ist „nur“ 2.704 Meter hoch und doch kann sich jeder vorstellen wie bei schönem Wetter der Kinnladen nach unten sackt, wenn der Blick über den Krater und die Vulkanflanke nach unten schweift. Anschließend liefen wir durch einen dichten und niedrigen Nebelwald (wegen der säurehaltigen Luft) zu einem Kaltwassersee, der sich in einem anderen Vulkankrater gebildet hatte. Die blaue Laguna Botas ist dermaßen mineralienarm, dass sich nur ein paar Algen darin halten können. Von der Laguna führte der Weg weg vom Hauptkrater und dadurch wurde der Nebelwald wieder höher und ließ mehr Licht durch. Wir sahen viele Vögel direkt neben uns in den Bäumen, aber Menschen trafen wir dort im Wald nicht. Die fanden sich dafür im Souvenirshop ein und liefen maximal die 300 Meter zum Kraterrand. Wir trafen auf dem Rückweg zu Pancho auf Heerscharen, die aus Reisebussen quollen. Wie gut, dass wir so früh oben waren und den Schlamm gefüllten Krater in Ruhe genießen konnten. Anstatt 37 km bis nach Alajuela zurückzufahren, bogen wir auf die Flanke des Barva ab und kurvten dort langsam auf einer anderen Route durch Kaffeeanpflanzungen nach Heredia und dann weiter bis nach San Pedro. Wir parkten an der gleichen Stelle wie einige Tage zuvor und verbrachten den späten Nachmittag lesend in einem Kaffee. Wir waren zurück für unseren Termin in der Werkstatt.








8 Uhr an einem Mittwoch und wir fuhren vor die Auto Cori Iveco Werkstatt in San Pedro, Costa Rica. Alejandro begrüßte uns und ließ den Torwärter das rote Schiebetor öffnen. Dahinter breitete sich ein riesiger Platz mit zig Iveco Fahrzeugen aus. Reparaturhallen links und rechts und vom Kleinbus bis zum 40-Tonner sahen wir alles. Uns wurde ein Stellplatz zugewiesen und dann durfte Pancho ruhen. Für Tage...

Bevor die eigentliche Arbeit losging wurden wir sofort herumgeführt; Toilette, Küche, oberster Boss, Mechanikerchef, Stromanschluss, TV und was weiß ich (bekamen auch gleich das Internetpasswort). Wir schüttelten fast jedem Büromenschen die Griffel und hatten später nichts mehr mit ihnen zu tun. Dafür allerdings mit den Mechanikern, mit dem Mechanikerchef und Alejandro. Jonny, Henry und Sergio waren unsere Schrauber (Sergio der mit der meisten Erfahrung unter denen die sich die Hände ölig machten). Der Mechanikerchef war ein Guru auf seinem Gebiet und verließ sein Büro regelmäßig um nach Pancho zu schauen und uns nach unserem Befinden zu fragen. Alejandro war am PC tätig (Einkauf und Aufträge) und saß mit dem Chef und Melanie (auch PC, für Abrechnungen zuständig) in einem Büro. Arbeitsbeginn war um 8 Uhr, aber schon ab 7 sind die ersten auf dem Hof erschienen. Manche lasen Zeitung, manche schliefen und manche fingen das Arbeiten an. Zur Frühstückspause wurde alles fallengelassen und Kaffee geschlürft. Bereits am ersten Tag kam Alejandro und lud uns ins Büro ein. Dort durften wir erzählen und die Drei hörten aufmerksam zu. Wann immer es in spanisch zu kompliziert wurde schwenkten wir auf englisch um und Alejandro übersetzte. Der Chef hatte immer was zum futtern dabei und auch wir durften reichlich zulangen. Mittagspause war um 12, in der wir 250 Meter weit zu einem großen Supermarkt liefen. Nebenan war ein winziges Lokal wo es nicht nur billiges sondern auch super leckeres Mittagsessen gab. Dann kauften wir immer noch was im Supermarkt ein (Eis als Nachtisch, Obst und frisches Baguette für den Abend und ne Flasche Bier) und kamen zurück zu den Jungs die bereits wieder über Pancho hingen. Nachmittags um 15 Uhr gabs wieder eine Kaffeepause und jeder weiß wo wir dann saßen. Gegenüber vom Chef im Büro, jeder mit einer Tasse schwarzen Kaffee bewaffnet und dabei Bananen mampfend (brachte auch der Chef täglich mit) . Da wir zweimal täglich zusammensaßen gingen unsere Gespräche viel weiter als das übliche wo kommt ihr her, was macht ihr hier und wo wollt ihr hin. War sagenhaft, vor allem da die Drei im Büro sehr interessiert an Deutschland waren, an Umweltschutz, an Verkehrspolitik und alles ganz genau wissen wollten. Die Mechaniker waren da anders. Sie scherzten viel, auch derb und gaben nach anfänglicher Scheu ihre Zurückhaltung auf und fragten viel über unsere Reise, nach Kosten nach mehr bodenständigen Dingen eben. Begründet lag es sicherlich in der Tatsache, dass ich zu den Pausen oder zu Feierabend (18 Uhr) ähnlich schwarze Hände hatte wie sie. Ich war von der ersten bis zur letzten Minute pausenlos bei ihnen, half soweit ich das konnte und wenn es nur die Lampe halten war. Konnte allerdings auch ein paar nützliche Ideen einbringen und merkte mir jede Stelle, die noch nicht fertig war. Sonst hätten sie einige Schrauben nicht festgezogen da bin ich mir sicher.

Alejandro und der Mechanikerchef ließen sich von mir am Mittwochmorgen erklären welche Probleme wir hatten und sie delegierten weiter. Wir kippten das Fahrerhaus und dies blieb bis zum Freitag nach vorne geneigt. Dann wurden die beiden Vorderreifen abmontiert und wir bekamen fette Blöcke untergestellt. So schliefen wir 2 Tage.
Was wurde nun repariert. Unsere Bremsbeläge waren vorne steinhart, kristallin wie sie es nannten. Die hinteren waren okay, dafür wurde ein Reifen entfernt. Bremsbeläge hatten sie für Pancho keine, aber einen Geschäftspartner der dies für sie erledigte. Der Herr kam später am Tag und holte die Bremsen und die Trommeln ab. Am Donnerstag lieferte er sie zurück.
Sie bauten den gerissenen und wieder geflickten Stahlzug fürs Gas aus und bestellten einen neuen. Sie flickten diverse Löcher in den Druckluftsystemen und tauschten die defekte Kompressordichtung aus Honduras. Sie platzierten einen Ölschlauch neu und montierten den Seitenschutz neu. Sie ölten alle Nippel und ersetzten den Luftfilter. Sie fanden die Dichtungen an den Bremsen defekt und ersetzten diese, nach dem alle Teile sorgfältig geputzt worden waren. Sie bauten die Druckluftkomponente der Motorbremse aus und fanden zweierlei. Zum einen wurde an den Anschlüssen schon einmal geschweißt (noch bevor wir Pancho erwarben) und zum anderen wurde in Honduras daran zu gut maschinell geputzt. Ist uns damals nicht aufgefallen, dass da ein kleines Metallgeschwür an der Seite war. Aber nun pfiff aus einem Loch die Luft raus. Es war der Anschluss für den elektronischen Sensor, damit wir im Fahrerhaus eine Leuchte hätten, wenn wir die Motorbremse betätigten. Wir wussten gar nichts von dieser Leuchte und so grinsten sie und bauten ein neues Stück ein, aber ohne dritten Anschluss. Kein Pfeifen, kein Loch und ob wir wissen dass wir gerade auf der Motorbremse mit dem Fuß stehen sagt uns unser Knie.
Dies ist die Zusammenfassung bis Freitagmittag. Dazu kam, dass als die Bremsen zurück kamen sie herausfanden, dass keine Bremsflüssigkeit nach vorne gepumpt wurde. Also bauten sie am Donnerstag die Pumpe aus, die diese Aufgabe erledigen sollte. Sie war im Inneren ganz verdreckt was sie behoben, aber die Pumpenmembran war auch nicht mehr ganz in Ordnung, was sie aber nicht beheben konnten. Wir versuchten es aber die Membran wollte nicht. Sie bauten sie noch einmal aus und drehten und fingerten an der Membran herum und beim zweiten Anlauf funktionierte die Pumpe wieder. Neue Bremsflüssigkeit erreichte die neuen Dichtringe an den neuen Bremsen.
Am Freitagfrüh bekam Pancho seine neuen Reifen wieder zurück. Bis dann alles fertig war, sie noch ein paar Schrauben und Anschlüsse festgezogen hatten war es kurz vor dem Nachmittagskaffee. Den hatten wir noch einmal gemeinsam im Büro, wo wir den Dreien einen Packen Kaffee in die Hand drückten. Das gleiche machten wir mit den Mechanikern und dann hieß es zahlen. Alejandro hielt uns jederzeit über unsere Ausgaben im klaren und fragte bei jedem Posten ob wir diesen wollen. Z.B. 280 Dollar für die vier neuen Bremsbeläge (2 pro Rad) inkl. der Anpassung der metallenen Trommeln. Daher waren wir nicht überrascht, als uns die Rechnung präsentiert wurde. 862 Dollar (ca. 760 Euro) durften wir bar bezahlen. So sparten wir uns 13% Steuern. Wir fanden den Preis sehr fair und bedankten uns herzlich bei jedermann. Zum Abschluss füllten wir unseren Wassertank voll und winkten dem Torwärter ein letztes Mal zu.
Die Probefahrt stand bevor!

Die erste leichte Berührung des Bremspedals versetzte uns in Entzücken. Kein quietschen und die Bremsen reagierten weich aber bestimmt. Der Motor lief ruhig und rund und wir dachten wir hätten es geschafft. Die Motorbremse konnten wir allerdings erst nach 8 km testen. Zuvor ging es auf einer Nebenroute lang einen Berg hoch bis wir aus San Pedro heraus waren. Auf der anderen Seite ging es dann steil bergab und sofort testeten wir die Bremswirkung der Motorbremse. Diese war gut, aber leider öffnete die Klappe nicht selbständig. Alles beim alten! Also hieß es umdrehen und wieder die 8 km zur Iveco Werkstatt rollen. Den kompletten Weg bis zum Schiebetor wollte die Motorbremse kein einziges Mal aufklappen.
Die Jungs schauten etwas irritiert, als ich sofort unseren alten Platz einnahm und ihnen viel Lob aussprach, aber sie vertrösteten uns auf Samstag denn heute konnten sie die Bremse nicht weiter untersuchen. Es war kurz nach 17 Uhr und um 18 Uhr begann das WM-Qualifikationsspiel Costa Rica vs. Trinidad und Tobago. Jeder wollte schnellstmöglich vor ein Fernsehgerät und da wollten wir nicht außen vor bleiben, fragten die Mechaniker wo eine nett Bar ist und liefen im Regen den kurzen Fußmarsch in die brechend volle Kneipe. Bei ein paar Bier bejubelten wir einen Sieg der Ticos. Pura vida, pura Party war angesagt .

Am Samstag, wir gerade mit spanisch beschäftigt, fing Sergio schon um 7 Uhr an unsere Motorbremse auszubauen. Bis er fertig war, war auch Henry und der Chef da und sie beratschlagten was sie machen könnten. So eine Motorbremse gab es in Zentralamerika oder Nordamerika nicht und auch ist sie anders aufgebaut als sie sie kannten. Der Mechanikerchef war fasziniert und als sie die Druckluftkomponente als Fehlerquelle ausgeschlossen hatten bauten sie die Motorbremse anders herum ein (vorher schnitten sie noch einen Satz neuer Asbestdichtringe zurecht). Henry sprang mit ins Fahrerhaus und zusammen fuhren wir los und schauten was Sache war. Es war spitze. Die Bremse funktionierte und öffnete tadellos wenn ich sie nicht mehr betätigte. Endlich war alles erledigt und das beste war, dass der Mechanikerchef uns eine gute Reise wünschte und kein Geld mehr sehen wollte. Wieder eine Runde verabschieden und um 11 Uhr verließen wir den Hof der Werkstatt.



Franziska aus Orosi hatte uns vor ein paar Tagen eingeladen vorbeizuschauen wann immer wir wollten. Unsere weitere Route sah vor an die Pazifikküste zu fahren und von dort die Grenze nach Panama zu überqueren. Dafür gibt es zwei Strecken. Die eine auf einer neuen ausgebauten Straße zielstrebig ans Ziel, die andere am Vulkanhang vom Turrialba entlang durch Berge und Wälder etwas weniger direkt. Diese Route führte uns wieder nah an Orosi heran und so wählten wir diese, kauften in Cartago fleißig ein (an der Karibikseite gab es keine großen Supermärkte) und standen um drei bei ihr an der Bäckerei. Die war allerdings schon geschlossen und so fuhren wir direkt zum Anwesen von Fredy und Franziska. Dort wurden wir stürmisch von den 4 Hunden begrüßt, lernten dann Fredy kennen und überließen Franziska das Einkaufen im Großmarkt. Wir parkten Pancho wie schon einmal und plauschten mit Fredy auf der Terrasse. Nebenher machte er seinen Smoker fertig und später gab es dann Würste, saftige dicke Steaks und Gemüse frisch vom Smoker. Er erzählte einiges von seinen Touren die er anbietet und wir wollen noch etwas Werbung für ihn machen. Wenn jemand Lust hat mit dem Motorrad durch Costa Rica zu touren, mit Fredy als Guide oder alleine mit Hilfe einer festgelegten Beschreibung, oder sich im Auto zu verschiedenen faszinierenden Fleckchen fahren lassen möchte der klickt doch bitte Mal hier. Nach einem sehr schönen Abend und einem entspannten Morgen brachen wir auf, um Franziska in ihrer Bäckerei unsere letzte Aufwartung zu machen.
Wie immer kamen wir um Kaffee und Kuchen nicht herum und als wir endlich winkend das Eckhaus hinter uns ließen, hatten wir genug Brötchen und Brot für 3 Tage an Bord.

Die Fahrt nach Turrialba war sehr schön, allerdings hüllte sich der Vulkan in einen Wolkenmantel. Als wir so stets auf und ab fuhren beschlich uns das Gefühl, dass Pancho etwas weniger kraftvoll steile Anstiege meisterte. Ebenfalls war er etwas lauter wie wir dachten und was Fakt war, die Bremsen reagierten perfekt, aber bei härterer Betätigung derselbigen hörten wir ein komisches Geräusch. WUPP...WUPP...WUPP... Irgendwas stimmte nicht mit unseren neuen Bremsen, aber wir hofften dass sich dies nach ein paar Stunden oder Tagen in Betrieb geben würde. Sie bremsten schließlich perfekt. Irgendwann waren wir durch die Berge hindurch und in der Karibikebene. Es ging kerzengerade durchs Land und ca. 10 km bevor wir an der Karibikküste in Puerto Limón standen kamen die endlosen Bananenplantagen. Links und rechts der Straße nur Bananen und am Ortseingang einer hässlichen Stadt, aufgereiht zu Hunderten von Metern und 5 Container hoch, standen gigantische Wände bzw. Quader. Tausende von Containern und Verladekränen auf den jeweiligen Parzellen der namhaften Bananenexporteure Zentralamerikas. Dole, Chiquita und Del Monte sind wohl die bekanntesten in Deutschland.


Puerto Limón würdigten wir keines Blickes. Bücher, Internet und Reisende sprechen die gleiche Sprache. Bloß weg von dort, wenn man aus irgendeinem Grund dort gelandet ist. Die Straße Richtung Panama verlief direkt am Strand. Der Ozean war manchmal nur 15 Meter entfernt und an einer Flussmündung fanden wir viele Menschen badend und einen großen Lkw auf dem Strand vor. Dort wollten wir auch hin und fanden sofort den kleinen Weg durch die Büsche. Pancho bahnte sich seinen Weg und nur Sekunden später standen wir längs der Wasserfront. Motor aus und Fenster auf. Der Strand war nur Durchschnitt und der Himmel sehr bedeckt. Wir hofften auf den kommenden Tag, der allerdings im Zeichen des Wassermannes stand. In einer sehr ruhigen Nacht setzte Regen ein und dieser wollte nicht mehr weichen und es regnete den ganzen Tag hindurch. So hatten wir Zeit zu lesen, zu tippen, Tee zu schlürfen und ein großes Brettspiel auszupacken. Le Havre kam auf den Tisch und danach noch 2 kleinere. Spielerherz was willst du mehr.

Am nächsten Morgen hatten wir zwar nicht sonniges Karibikwetter, dafür aber wenigstens trockene Klamotten als wir einen Strandspaziergang machten. Danach hatten wir genug von dem Strand und den riesigen Bananenfrachtern, die in Puerto Limón ein- bzw. ausliefen. Also ging es weiter.




Unser letztes Ziel stand in CR an,
ein fast glücklicher Pancho