Mittwoch, 12. Juli 2017

Rüber ins Amazonastiefland (09.05.2017 - 15.05.2017; aktueller Standort: Lima, Lima)

@ Alfons: Paps, kein runder Geburtstag, aber eine Schnapszahl und zu dieser wünschen wir dir (auch nachträglich) das Allerbeste! Wir stoßen auf dich in Lima an .

Nachtrag zu den Galapagosinseln: Für unseren 12-tägigen Aufenthalt im Archipel, inkl. der Bootstour samt Trinkgelder, den Flügen, den Unterkünften, Transport, Nationalparkeintritt, Touristenkarte und Mahlzeiten bezahlten wir 5.360 Euro. Ohne Last-Minute Angebot wären es fast 10.000 € gewesen!

Der Flieger setzte in Guayaquil pünktlich auf, eine Taxe war sofort zur Hand und so sahen wir schon eine Stunde nach der Landung von den Galapagosinseln Pancho im grellen Sonnenlicht schimmern. Bei unserem Dicken war alles in bester Ordnung und wir dankten schnell dem Sicherheitsbeamten und fuhren zum nächsten Supermarkt. Einmal alle Regalreihen in der Santa María Filiale abgelaufen und weiter gings raus aus der Millionenstadt. Leider standen wir lange im Stau und so mussten wir noch in der Peripherie von Guayaquil an einem kleinen Platz für die Nacht halten. Es war bereits dunkel und wir gingen schnell einen Happen essen. Die Basketballer von nebenan behielten Pancho im Auge und in der Nacht war es angenehm ruhig. Nur die Abgase auf dem Festland störten... (Kartenlink).

Gefühlt benötigten wir ewig als wir morgens über eine Insel (noch zu Guayaquil gehörend) in Richtung Hinterland zuckelten. Links und rechts bogen Straßen zu privaten Wohnanlagen im Stile der USA ab und dementsprechend waren auch die Autos schicke Karossen. Dort durfte natürlich auch die Mall nicht fehlen und wir dachten es wäre nicht schlecht zu Hause kurz Bescheid zu geben, dass wir wieder rollen. Also verschwendeten wir 30 Minuten um einen Parkplatz zu finden und weitere 30 Minuten um in dem Gewimmel ein Café mit Internet ausfindig zu machen. Der Laden war nobel, der Laden war teuer, aber das Internet war von 1998. Kaffee leeren und einen weiteren Laden ausprobieren. Gleiches Spiel und so ließen wir es sein. Noch ein paar Kleinigkeiten, die wir am Vortag vergessen hatten, im Supermarkt bezahlt und endlich fuhren wir Richtung Berge. Allerdings verliefen die ersten 100 km noch im heißen und langweiligem Flachland mit Reis und Weizen. Erst dann stieg die Straße an.
Unsere Route verlief über Babahoyo nach Guaranda und vor dieser Kleinstadt zogen wir auf 2.300 Höhenmeter rechts raus, um an einem Familienrestaurant stehen zu bleiben. Wir tranken für 1,50 Dollar drei Säfte und schliefen dort. Kein schlechter Deal für uns!

Hinter Guaranda zogen langsam Wolken auf. Grund, wir kletterten weiter in die Höhe und als wir die Baumgrenze erreichten, verschwanden wir im Regen. Das Páramo wäre sicherlich schön gewesen, aber es regnete in Strömen. Es wurde windiger und als wir endlich die Passhöhe auf 4.200 Höhenmeter erreicht hatten, zeigte das Thermometer nur noch 5 Grad Celsius an. Dort in der Ödnis aßen wir zu Mittag und hätten eigentlich die höchste Erhebung Ecuadors direkt vor uns haben müssen. In dieser Wolkensuppe konnten wir jedoch nur anhand des GPS grob die Richtung ausmachen in dem der Vulkan Chimborazo lag. Über 6.000 Meter mit einer ewigen Eiskappe und wir sahen Regentropfen die Scheibe herabrinnen und einen dürren Hund vor unserer Tür. Mist!
Dazu kam, dass unsere Toilette wieder leckte. Wir hatten dies schon einmal auf über 3.000 Meter in Kolumbien und nun lief das Wasser abermals unten aus. Es war nicht viel und es war klar, aber irgendwie schien die Toilette eine Höhenkrankheit zu haben. Das mussten wir untersuchen, aber in wärmeren Gefilden.
Wieder in den Anden und wieder im schlechten Wetter. Auf der anderen Seite des Passes begegneten wir ein paar Vikunjas (Kamelart, die über 3.000 Meter in den Anden vorzufinden ist) und Lamas und als wir die Wolken durchstießen lag die Großstadt Ambato unter uns. Kurz vorher hielten wir zum tanken und der Tankwart meinte in ein paar Wochen würde man den Chimborazo jeden Tag am Vormittag zu Gesicht bekommen. Na toll, schon wieder „in ein paar Wochen“.
Es ging weiter bergab bis wir die Ortschaft Baños erreichten. Eingebettet in einem grünen Tal mit grünen Gipfeln und dem 5.016 m hohen, aktiven Vulkan Tungurahua war Baños sehr touristisch. Wir parkten erst gar nicht in der Stadt, sondern fuhren sogleich einen Aussichtspunkt an. Eine Dame erlaubte uns auf ihrem Grundstück zu parken und so blieben wir dort oben. Wir lasen und schauten hinab auf die Stadt und am späten Nachmittag konnten wir sogar einen kurzen Blick auf die kleine Schneekuppe des Vulkans erhaschen. Sonst blieb auch dieser in Wolken verhüllt. Als kurz nach 22 Uhr eine kleine kirchliche Prozession endete kehrte Ruhe und Frieden ein. Pancho wachte über Baños.





Wir fuhren am Hang des Vulkans weiter bergauf und dachten wir würden einen Adrenalinkick aufsuchen. Im Berg gab es mehrere Anbieter die Rutschen, Seilbahnen, Schaukeln, Trampoline und ähnliches auf ihrem Grundstück anpriesen. Dabei könnte man z.B. über einen Abgrund schaukeln und dabei den Tungurahua bestaunen. Wir sahen fantastische Bilder wie der Vulkan im Jahr 2013 ausbrach, Feuer und Asche kilometerhoch in den Himmel schleuderte und Menschen auf Schaukeln den wohl besten Blick auf dieses Ereignis hatten. Wie gesagt wir sahen den Vulkan an diesem Tag nicht und die Schaukeln waren nur an der Schräge errichtet, nicht über nichts.
Nach diesem eher langweiligen Vergnügen fuhren wir hinab nach Baños und parkten zentral neben einem Spielplatz. Ein kurzer Stadtbummel enthüllte die Haupteinnahmequelle: Touristen. Es wimmelte von Touranbietern, Kneipen und Diskos. Jeden Tag konnte man in dieser Kleinstadt bis um 3 Uhr ausgehen, am Wochenende meist bis um 6 Uhr. Dies haben wir in keiner anderen Stadt in Ecuador, geschweige denn in anderen Ländern Amerikas gefunden. Wir gingen schnell ins Internet und später wieder zurück zu Pancho. Am Abend machten wir uns wieder auf die Socken und fanden ein sehr einfaches Abendessen mit gekochtem Mais und gebratenes Schweinefleisch. Eigentlich wollten wir dann nur auf ein Bier in eine Kleinbrauerei, aber als uns dieses Bier nicht ganz so schmeckte versuchten wir ein anderes 5 Häuser weiter. Wieder eine Kleinbrauerei und das Bier war lecker. Also tranken wir noch eins und gingen dann fröhlich in die Ausgehmeile. Ein Bier in einem großen Laden und dann fanden wir eine Rockkneipe, in der wir im Freien auf Barhockern am Tresen sitzen konnten. Für 3 Dollar gab es 2 große Mojitos und da war es um uns geschehen. Eine Runde, noch ne Runde, wieder eine und dazwischen für den Durst 2 Bier und dann wieder alles von vorne. Ohje!!! Armer Stefan, arme Simone, glücklicher Pancho, denn der musste am nächsten Tag nirgendwo hin. Schwankend auf dem Nachhauseweg kreuzte unser Weg eine weitere Kleinstbrauerei und Simone zog mich um halb zwei am Morgen sogleich in den Laden. 3 Pints für 5 Dollar und probieren durften wir auch. Das war der Ruin. Um 3 lagen wir im Bett, vor 10 tat keiner von uns Zweien ein Auge auf und erst um 13 Uhr krochen wir langsam aus dem Bett. Um 16 Uhr gingen wir geblendet auf die Straße und nach 45 Minuten im Internet rief das Bett ganz laut. Was für ein schrecklicher Tag .




Schlussendlich wanderten wir in Baños überhaupt nicht. Wir hatten Dauerregen und gingen schnell ein paar Kleinigkeiten besorgen. Am zentralen Platz versuchten wir unser erstes gegrilltes Meerschweinchen, fanden an dem Vieh aber nur Haut und Knochen. Ersteres zäh ohne Ende und zweiteres winzig klein als Zahnstocher geeignet. Es gilt in Südamerika als Delikatesse und ist verhältnismäßig teuer, aber uns hat es nicht überzeugt. Wir wollen unser Glück, oder des Meerschweinchens Pech, ein weiteres Mal in Peru probieren. Nach einem kurzen Blick in die Kirche machten wir uns aus dem Staub. Eine windige Serpentinenstraße führte hinab ins Amazonastiefland. Noch zu Beginn hielten wir an einem Empenada-Stand. Nach dem dürren Nager plagte uns weiterhin der Hunger und wir kauften einige gefüllte Teigtaschen. Alle frisch zubereitet und in heißem Öl frittiert. Wir hatten schon einige, aber die waren vielleicht die besten, die wir jemals aßen. Gefüllt mit Gemüse, oder mit Hühnchen und Käse und als Nachspeise mit Erdbeeren bzw. Bananen und Schokolade. Verdammt lecker!
Gestärkt hielten wir an einigen Wasserfällen und erreichten am Nachmittag Puyo, einen unansehnlichen Ort auf nur noch 400 Metern über Null. Es war schwül und heiß, etwas was wir gar nicht mehr wollten. Wir suchten außerhalb des Ortes ein Plätzchen für die Nacht, fanden aber „nur“ den wunderschönen Vulkan Sangay (Höhe: 5.230 m) und den El Altar (Höhe: 5.319 m) in der Ferne. Beide teilweise in Wolken, aber beide mit dickem Eispanzer. Daraufhin stellten wir uns auf den riesigen Parkplatz des Fußballstadions von Puyo und bereiteten in weiser Voraussicht die Fliegengitter vor.




Warum klebten wir am Morgen für 2 Stunden mit dem Kopf im Klo? Zum ersten Mal erlebten wir das Phänomen in Kolumbien und dann wieder hier in Ecuador. Immer wenn wir über 3.000 Höhenmeter waren, meist so ab 3.300, lief unter dem Klo nach mehrmaligen spülen Wasser in die Duschwanne. Sobald wir wieder tiefer kamen trat kein Wasser mehr aus. Irgendwie musste dies mit dem verminderten Luftdruck zusammenhängen. Wir tippten auf eine Schlauchschelle und einen verhärteten Schlauch. Also mussten wir von unten einige Schrauben lösen, um dann die Sitzschale anlupfen zu können. Dort wären Kinderhände vonnöten gewesen, denn wir kamen kaum an die Schläuche bzw. an die Verbindungen. Da wir uns nur auf 500 Höhenmeter befanden, war alles schön trocken und wir mussten deshalb alle Schläuche überprüfen und die Schellen nachziehen. Mit viel Fingerspitzengefühl wurde alles wieder an Ort und Stelle platziert und von unten die Sitzschale wieder arretiert. Fertig! Wir hofften wir waren mit dem unliebsamen Thema durch.
Das Tiefland erinnerte uns stark an Zentralamerika. Der Primärwald war längst verschwunden und nun wurde Ackerbau und Viehzucht betrieben. Aufgeforstete Gebiete vermittelten die Illusion von Urwald, aber urtümlich war da sehr wenig. Es war heiß und schwül und die Stechfliegen summten. Wenn man Amazonas spüren möchte, muss man weit die Flüsse entlang schippern und in Regionen vorstoßen, wo kaum Weiße sesshaft wurden. Dies ist aber mit viel Zeit und mit noch viel mehr Geld verbunden. Uns war sofort klar wir hatten darauf überhaupt keine Lust. Schnell wieder in die Anden lautete die Devise und genau das taten wir.
Vor allem nach dem der Zufahrtsweg in Puerto Napo nach Misahuallí nach Überschwemmungen gesperrt war hielt uns nichts mehr. Misahuallí soll ein kleines Nest am Zusammenfluss zweier großer Flüsse sein, mit der Möglichkeit einige Vögel vor die Linse zu bekommen.
In den Bergen hingen Wolken und so spulten wir die Kilometer einfach herunter. Bis nach Cosanga auf fast 2.000 Meter kamen wir, dann parkten wir zum hundertsten Mal an einem gurgelnden Fluss und sahen auch dort einige gelb-schwarze Singvögel hin und her schießen. Die Nacht war schon viel angenehmer, gleichwohl noch nicht kalt. Überraschend wie warm es in den Anden in der Nähe zum Äquator war.
Das Kapitel Amazonas war beendet und wird wohl auch nicht wieder geöffnet.



Dem Ausgangspunkt näher kommend,
die Kältesuchenden