Freitag, 21. Juli 2017

Rund um Otavalo (16.05.2017 - 22.05.2017; aktueller Standort: Paracas, Ica)

@ Frank: Hi Franki! Die Orte die wir hier in Ecuador erwähn(t)en kennst du zum Teil, aber zu deinem Geburtstag gratulieren wir dir aus Peru. Du hättest deine wahre Freude an den Anden... alles Liebe nachträglich nach Stuttgart!

Wären wir auf der Straße Nummer E20 geblieben, wären wir direkt nach Quito gekommen. So aber fuhren wir sie nur ein Stück das Flusstal empor, mit zahlreichen Wasserfällen auf beiden Seiten, und wählten dann eine Schotterstraße (Kartenlink).

In Papallacta gab es ein halbes Dutzend Thermalbäder und unsere Karte lotste uns direkt zum nobelsten. Angestellte wollten uns zum parken einweisen, aber wir wollten gar nicht planschen sondern nur den Weg in die Berge finden. Wir dachten wir seien falsch, aber auf Anfrage wurde uns bestätigt wir sollten weiter fahren. Taten wir und kamen an eine kleine Schranke. Wir fragten wieder und es hieß weiter, weiter. Also behalfen wir uns selbst und kamen doch tatsächlich auf die Schotterstraße, die in den Nationalpark Cayambe-Coca führte. Kein Wagen kam uns entgegen, nur eine Wanderin der wir just in dem Augenblick begegneten, als wir für ein Foto stoppten. Sie wollte uns ansprechen tat es aber nicht. Also grüßten wir sie und da kam sie zurück und fragte, ob wir in den Nationalpark wollten. Klar wollten wir und da stellte sich heraus wir standen vor einer Parkrangerin, die am Eingang weiter oberhalb arbeitete. Wir mussten uns registrieren und sie wollte wissen, ob wir eine Genehmigung hätten. Ja natürlich hatten wir keine! Also sprang sie zu uns ins Fahrerhaus und wir fuhren die restlichen 4 Kilometer hinauf zu ihrer Station. Sie telefonierte und besorgte uns die Erlaubnis durch den Park fahren zu dürfen, dann noch schnell registriert und schon durften wir mit einer Broschüre in der Hand weiter. Sie lief wieder bergab und verschwand hinter der nächsten Biegung. Wie wir ihr nachschauten zeigte sich zwischen den Wolken ganz kurz ein Teil des Gletschers vom 5.753 m hohen Antisana. Vulkane überall!
Wir aßen fix was und schnürten die Wanderschuhe. Wir befanden uns bereits auf ca. 3.500 Höhenmeter und liefen 300 weitere in die Höhe. Die höchste Erhebung im Park ist die Spitze des dritthöchsten Vulkans von Ecuador. Der Cayambe ist schlappe 5.790 m hoch. Die Wanderung und auch später die Fahrt durch die hochalpine Landschaft war traumhaft schön (höchstwahrscheinlich die schönste Route die wir in Ecuador fuhren). Oberhalb der Baumgrenze war die Vegetation karg, aber überall durch Gräser vertreten. Im Páramo verteilt lagen eiskalte, aber kristallklare Bergseen. Ein paar Enten sahen wir, aber sonst nur gelbgrünes Gras und etwas blühendes, welches sich an die raue Umgebung bestens angepasst hatte. Wir liefen bis zu zwei Lagunen und hätten den Weg noch weit fortsetzen können, aber leider durften wir im Park nicht für die Nacht stehen bleiben. Um 16.30 Uhr mussten wir auf der anderen Seite den Checkpoint passiert haben. Uns ging in dieser Höhe schnell die Puste aus und so war es nicht sonderlich schlimm, dass Pancho danach die meiste Arbeit tun durfte. Wir fuhren bis auf 4.000 Meter und pausenlos gab es neue fantastische Ausblicke. Bei blauem Himmel wäre dies noch beeindruckender gewesen, aber auch so haftet dieser Tag in unseren Gedächtnissen, als wären wir gestern erst dort gewesen. Unbeschreibliche 58 km rumpelten wir durch die unwirtliche Gegend und kamen kaum aus dem staunen heraus. Kurz nach 16 Uhr trugen wir uns aus und waren praktisch im nächsten biologischen Reservat. Wir ließen Pancho ein paar Meter ein grandioses Tal auf 3.500 Meter hinunter rollen und parkten neben der Straße mit Blick auf 3 gigantische Wasserfälle und grasenden Kühen im feuchten Tal. Wir warfen ein paar Koteletts in die Pfanne und anschließend die Knochen aus dem Fenster. Wäre nicht weiter wichtig, wenn nicht ein Kojote um 21 Uhr diese splitternd vor unserer Leiter vernascht hätte. Per Taschenlampe konnten wir ihn gut beobachten und kaum war er fertig verschwand er wieder im Páramo.
Selbst auf dieser Höhe viel das Thermometer nur auf 8°C in der Nacht.








Ach ja was wir im Nationalpark noch feststellten waren zweierlei. Unsere Toilette war noch nicht vollständig repariert und wir konnten den 6. Gang nicht mehr benutzen. Ließ sich nicht einlegen.

Nach 10 Kilometern waren wir im winzigen Ort Oyacachi und dort wollten wir endlich ins Thermalbad. Wir waren um 9 Uhr dort und ganz alleine. Auf 3.200 Meter lagen wir in 42° heißem Wasser, welches aus den beiden oben genannten Vulkanen stammte. Trotz der herrlichen Berge rundum konnten wir nicht länger als eine Stunde dort verweilen. Das Wasser war schlichtweg auf Dauer zu heiß.
Es ging weiter durch das Reservat und langsam näherten wir uns dem Cayambe. Wir hatten Traumwetter und doch lag ein Wolkenkranz um den Gipfel. Wir sahen ein gutes Stück der weißen Wand, aber nicht alles. Wir warteten für 30 Minuten, aber nachdem sich nichts änderte fuhren wir wieder bergab und kamen zurück in die Zivilisation. 3 km nach Norden und wir überschritten den Äquator ein weiteres Mal. Wellcome back Nordhalbkugel .
Im Ort Cayambe kauften wir Gemüse, Brot und etwas Fleisch und fuhren weiter bis nach Otavalo (mit viel mehr freier Sicht auf die umliegenden Berge, Vulkane und Höhenzüge als am 8/9 April), hielten uns dort aber gar nicht lange auf sondern fuhren ein zweites Mal hoch an die Lagune Cuicocha am Vulkan Cotacachi (4.939 m). Bis wir am Abend dort ankamen waren die Wolken zur Stelle und in der Nacht nieselte es. Wir übten uns in positives Denken!






Was half’s? Es regnete um kurz nach 6 und wollte vor 7 Uhr nicht stoppen. Etwas angefressen tranken wir unseren Kaffee und lernten Spanisch. Um 7.30 hörte es endgültig auf und wir packten ein leichtes Lunchpaket ein. In Regenmontur waren wir die ersten die pünktlich um 8 Uhr am Eingang standen. Die ersten Minuten versprachen nicht viel, aber je weiter wir um den Cuicocha See liefen um so besser wurde das Wetter. Es klarte nach ein paar Kilometer komplett auf und plötzlich hatten wir eine Sicht zum hinschmelzen. Die Runde um den See war ca. 13 km lang und führte von 3.000 auf 3.400 Meter; immer unterhalb des Vulkans. Im tiefblauen, zum Teil grünen Wasser lagen zwei Inseln und unser Blick schweifte hinüber zum Cayambe, der seinen Eismantel vollständig gegen den blauen Himmel in die Höhe streckte. Davor lag der Imbabura, weiter rechts der Fuya Fuya und noch weiter rechts sahen wir den Hausvulkan von Quito, den Pichincha. Dann, wir glaubten es kaum, ein symmetrischer weißer Kegel der am Horizont seitlich der Hauptstadt auftauchte. Es musste der Cotopaxi sein. Der zweithöchste Vulkan des Landes mit fast 6.000 Metern und über 100 Kilometer Luftlinie entfernt. Oh Freunde wenn es klar ist in den Anden versteht man was Fernblicke wirklich sind. Wir waren verzaubert und störten uns auch nicht daran, dass wir für 2 Kilometer wieder in den Wolken eintauchten. So schnell sie kamen, so plötzlich verschwanden sie auch wieder. Passend, denn so enthüllte sich auch der Cotacachi und ließ sich hinter der Lagune auf unserer Speicherkarte verewigen. Am frühen Nachmittag waren wir bereit, um ins Tal zurück nach Otavalo zu brausen. Ein kurzer Bummel zur Eisdiele und wir düsten weiter um am Fuße des Imbabura, über dem See San Pablo die Nacht zu verbringen. Zum Kondorpark waren es nur 500 Meter und dorthin wollten wir am Morgen. Kurz bevor wir Pancho seine verdiente Ruhe gewährten, musste er einem jungen Pärchen helfen, die sich in einem Feldweg in ein kleines Matschloch festgefahren hatten. Es dauerte 10 Minuten und sie waren wieder fahrbereit und wollten uns danach Geld geben. Wir lehnten strikt ab, woraufhin sie uns einluden, aber wir erklärten höflich dass dies nicht nötig sei und verabschiedeten uns winkend.











Wir wachten um 6 Uhr auf und sprangen sogleich von Fenster zu Fenster. Rechte Seite, linke Seite und auch das hintere Fenster durfte nicht fehlen. Keine Wolke in welche Richtung auch immer. Ich schnappte mir sogleich den Fotoapparat und war draußen in der kühlen Luft. Der Cotacachi blieb fast den ganzen Tag wolkenfrei, der Imbabura umwölkte sein Spitze gegen Mittag. Klasse denn genau so hatten wir es uns erhofft. Über die Küste, Galapagos und durch das Amazonastiefland zurück auf Start und dann die Anden wolkenfrei. Der Kondorpark, ein Projekt um verletzte Greifvögel zu retten, öffnete allerdings erst gegen 10 Uhr und wir nutzten die Zeit um den See zu umfahren. Wir dachten an eine kurze Wanderung, aber den Ausgangspunkt konnten wir wegen Panchos Breite und Höhe nicht erreichen. So trödelten wir und schauten uns dann die Greifvögel in ihren großen Volieren an. Bussarde, Falken, Geier, Caracaras, Adler, diverse Eulen und als Highlights eine Harpyie und zwei Kondore. Die Harpyie ist selten geworden im tiefsten Amazonasdschungel. Es ist ein anmutiger großer Raubvogel mit bis zu 13 cm langen Krallen. Die durchbohren alles!
Tja und der Kondor ist der Herr der Anden. Vielleicht keine Schönheit, aber mit über 3 m Spannweite ein wahrer Künstler in der Thermik. Bis zu 80 Jahre gleitet der größte Greifvogel auf Erden durch die Höhenlagen der Anden, immer auf der Suche nach Aas. Nach einer tollen Flugshow einer Schleiereule, eines Andencaracaras, eines Wüstenfalkens und eines Weißkopfseeadlers verabschiedeten wir uns von den Tieren und nahmen ein spätes Mittagsmahl ein.
Ein weiteres Mal kurvten wir nach Otavalo und blieben für die Nacht. Am Sportzentrum ließen wir Pancho stehen und gingen in die Innenstadt. Kaffee, Kuchen, das Übliche. In einem anderen Laden bestellten wir diverse Dinge im Internet. Wie gut wenn Freunde einen besuchen kommen .
Simone ließ sich dann von den 358 Sportverrückten anstecken und joggte am Abend für eine Stunde um den Sportplatz. Von Kleinkindern bis alten Damen in Röcken war alles vertreten. Manche kickten, andere hatten Fußballtraining, manche spielten Basketball oder belegten die Fitnessgeräte im Freien. Solange die Sonne noch über den Bergen stand saß ich im Freien und las, später verzog ich mich aber lieber ins warme.










Samstag und der berühmte Markttag in Otavalo. Im ganzen Land ist dieser Markt bekannt und Indigenas aus dem weiten Umland kommen um zu tratschen, zu handeln und Besorgungen in der Stadt zu tätigen. Spanisch viel aus, denn der Viehmarkt öffnete bereits um 6 Uhr seine Pforten. Wir liefen dorthin und bestellten an einem Café für Ecuadorianer schnell einen Kaffee zum mitnehmen. 50 Cent und er würde ihn fix zubereiten. Gut kein Problem. 3 Minuten später bekamen wir guten Instantkaffee in einem Plastikbecher. Besser gesagt Plastikhumpen. Ein Liter und der Deckel wurde fachmännisch mit Tesa von allen Seiten beklebt. Ab in eine Plastiktüte und weiter gings. Ecuador machte so viel Spaß!
Auf dem Viehmarkt gab es altbekanntes wie Schafe, Ziegen, Rinder, Schweine, Puten und Hühner ungewöhnlicheres wie Esel und exotisches wie Lamas, Alpakas oder Meerschweinchen (nicht für die lieben Kleinen, sondern für den Bratenspieß). Auf dem großen Markt in den Straßen der Innenstadt waren es Haushaltswaren, Kleidung aller Art, Lebensmittel wie verschiedenste Sorten Mais, Avocados oder Würste, Schmuck für Indigenas und für Touristen, Holzarbeiten, Gemälde und Bücher. Es gab noch viel mehr und einen großen Platz voll mit Spanferkel, gekochten Maiskolben, Kuchen und Säften. Wir ließen uns nicht zweimal bitten und langten kräftig zu. Gut genährt mit zwei neuen Ponchos aus Alpakawolle trafen wir bei unserem Mobil an. Einmal volltanken und wir fuhren 18 km hoch auf rund 3.750 m. Am Ufer der großen Laguna Caricocha inmitten des Páramos nächtigten wir. Nach einem schönen sonnigen Finale wurde es ziemlich kalt dort oben (5 Grad), aber nicht deshalb hatten wir eine schlechte Nacht, sondern wegen der Höhe. Wir waren zwar schon seit einigen Wochen in den Anden, abzüglich der Zeit an der Küste, aber ab ca. 3.400 Höhenmeter hatte vor allem ich massive Probleme in der Nacht. Am Tag kein Problem, beim laufen ging es auch, aber in der Nacht wachte ich immer gegen 2 Uhr auf, geplagt von Kurzatmigkeit, erhöhter Herzfrequenz und leichtem Druck im Kopf. Ich konnte dann für Stunden nicht einschlafen und fiel erst im Morgengrauen in einen Dämmerzustand. Skurril, konnte ich am Nachmittag ohne Probleme ein Nickerchen halten, waren die Nächte zum Teil wirklich unangenehm. Dies besserte sich erst in den Hochanden Perus, weil wir dort permanent oberhalb der Zugspitze (höchster Berg Deutschlands) nächtigten. Und ich meine weeeeeiiiiiit oberhalb.









Auch der Morgenkaffee half nicht die Lebensgeister zu wecken. So fiel Spanisch ins Wasser und während wir uns fürs laufen rüsteten hielt vor Pancho ein Taxi und spuckte zwei Personen aus die wir kannten. Wie klein die Welt doch ist. Ein kanadisches Paar, welches mit uns zusammen auf der Monserrat war, wollte zwar nicht um die Bergseen wandern, aber empor zum erloschenen Vulkan Fuya Fuya. Wir hielten kurz ein Schwätzchen, sie waren in der Zwischenzeit für 3 Tage in Peru zum trekken gewesen, und blieben noch einen weiteren Tag in Otavalo und dann machten sie sich den strammen Aufstieg hinauf.
Die Lagunas de Mojanda bestehen aus drei Seen, die zwischen Bergspitzen und einem Vulkan eingebettet im baumlosen Páramo liegen. Wir planten um den größten See zu wandern, stellten aber schnell fest dass durch Hochwasser der Wanderweg nicht mehr existierte. Also befragten wir unser Wander-GPS und kreierten eine Schleife, die alle drei Bergseen einschloss und hoch auf den Cerro Negro führte. Wegen der Höhenlage waren die 14 Kilometer etwas beschwerlich, aber zurück an Pancho und einem stärkenden Mittagessen fühlte ich mich fit genug die 2,5 km hoch auf den Fuya Fuya zu stürmen. Simone war anderer Meinung und blieb am Ufer des Sees. Die gut 500 Höhenmeter schaffte ich in einer Stunde und schnappte nach Sauerstoff. Die Laguna Caricocha lag unter mir, ich zwischen den beiden Gipfeln des Vulkans (4.279 m). Ein paar Wolken versperrten den 360° Rundumblick, aber auch so war die Szenerie einmalig. Ganz große Klasse. Hinunter setzte ich mich auf den Hosenboden meiner Regenhose und fuhr im Stile von Schlittenfahren über das gelbliche hohe Andengras hinab. Ging ganz fix und schon hatte ich die Hälfte des Weges hinter mir gebracht . Total ausgepumpt entschieden wir uns für das Hinabfahren nach Otavalo. Dort würden wir eine erholsame Nacht erhalten, auch wenn die Landschaft an den Lagunas tausendmal schöner war. Gegen 16 Uhr parkten wir wieder am Sportplatz und aufs Neue bewunderten wir die Fitness und den Elan der Einheimischen. Hunderte von Menschen betrieben tagtäglich in den frühen Morgenstunden (ab 5.30 Uhr) und bis in die Nacht hinein Sport (23 Uhr).













Nun noch schnell die Toilette auseinander geschraubt und zwei Schläuche vertauscht und ein offenes Regulierungsloch mit Isolierband abgeklebt. Die Konstruktion machte in den „normalen“ Lagen Sinn, aber auf über 3.000 Meter mit einem verminderten atmosphärischen Druck, lief immer etwas Wasser, da der Pumpendruck zu stark war, oben aus dem Loch. Dies sammelte sich während einigen Spülgängen unterm Toilettensitz und floss dann in einem Rutsch unten heraus. Problem erkannt, Problem gebannt!
Dann noch einmal in die Innenstadt und 3 Stangenbaguettes in einer vorzüglichen Bäckerei besorgt und schon konnte es in Richtung Quito weitergehen. Déjà-vu...

Ab durch die Mitte,
die Vulkaneros