Als wir erneut den Äquator passierten klatschten wir ab und wussten, ab jetzt nur noch Südhalbkugel. In die Hauptstadt Quito folgten wir dieses Mal einer anderen Route, aber
auch diese war nicht viel besser zu fahren. Wir mussten dringend Wäsche machen und genau das taten wir, weit von der Innenstadt entfernt. In einem ruhigen Stadtteil parkten wir einfach an der Straße, erledigten
die Wäsche im Kaltprogramm (es gibt ja kein anderes) und fanden nette Läden und Supermärkte. Fürs Abendessen landeten einige Zutaten im Rucksack und des nachts hatten wir eine ungestörte Ruhe in Quito
(Kartenlink).
Unser Plan war, auf die Spitze des Vulkans Pichincha zu laufen. Dafür fuhren wir in der Früh zu einer Seilbahn in der Stadt, die einen über 1.000 Höhenmeter nach
oben befördert. Von 2.850 auf 4.000 m. Toller Plan, aber wir suchten uns ausgerechnet die Woche im Jahr aus, in dem die Seilbahn gewartet wurde. Wir hätten die gesamte Stecke wandern können, lehnten aber dankend
ab. Die spinnen wohl!
Nach dem wir nun wussten, dass wir nichts mehr in Quito verloren hatten, kauften wir noch 10 Liter spottbilligen Kochalkohol und packten den Kühlschrank richtig voll. Beim Bäcker
noch ein paar leckere kleine Biskuitkekse und dann hieß es Bye Bye Hauptstadt.
Die Panamericana verläuft in Ecuador durch die Anden und schwenkt erst in Riobamba zum Pazifik ab. Südlich von Quito und eben diesem Riobamba passiert sie acht der zehn höchsten
Gipfel des Landes. Ausnahmslos Vulkane auf ca. 190 km Strecke. Von Otavalo (90 km nördlich von Quito) aus betrachtet sieht man, sofern keine Wolken die Gipfel verdecken, alle zehn.
Alexander von Humboldt bereiste im Jahr 1802 Ecuador und wählte eine andere Route durchs Land. Auch wir wählten die sogenannte „Alte Vulkanroute“. Anstatt einer asphaltierten Straßendecke hatten wir nun Schlaglöcher, Schotter
und Gegenverkehr in Form von Rindern. Sie stieg beständig an und wir brauchten einige Stunden für die wenigen Kilometer. Auf dem Panamerikanischen Highway wären wir in Nullkommanichts beim Vulkan Cotopaxi und hätten uns dann durch den Nationalpark die Serpentinen hochgearbeitet.
So kamen wir schon auf der Hochebene an und sahen noch weit bevor wir den Nationalpark erreichten den symmetrischen weißen Vulkankegel in der Landschaft aufsteigen. Was für ein Anblick und da es schon spät
war und wir auf der Schotterpiste nur 3 Autos am Tag sahen, hielten wir direkt auf der Straße. Wir wählten ein ebenes Stückchen, welches breit genug war einen anderen Kleinlaster vorbei zu lassen. Fertig...
versucht dies mal in Deutschland.
So standen wir dort und bewunderten den Kegel. Kühe waren unsere Nachbarn und es kam doch tatsächlich noch ein Auto heran. Die Insassen winkten und grinsten als sie uns am
Rinderzaun stehen und auf den Cotopaxi starren sahen ☺. Zum Sonnenuntergang war er dann fast komplett wolkenfrei und auch am Morgen erstrahlte seine weiße Pracht.
Der Cotopaxi ist der zweithöchste Berg Ecuadors. Er misst 5.897 m und gilt wegen seiner perfekten symmetrischen Form als einer der schönsten Vulkane der Welt und als aktivster von Ecuador; können wir beides
bestätigen. Der Nationalpark kostete wieder keinen Eintritt und nach einer kurzen Registrierung durften wir weiter auf dem Schotter den Gipfel entgegen. Es gab ausgewiesene, kostenfreie Campingplätze, aber prinzipiell
konnte man parken und nächtigen wo und wie lange man wollte. Außer an der Laguna de Limpiopungo und der Grund wurde schnell klar. Etliche Wasservögel brüteten dort. Zwei Wissenschaftler waren vor Ort und
damit die Tiere nachts ungestört blieben musste jeder nach 17 Uhr verschwunden sein. Wir waren um 10 dort und unsere erste Tat war, zwei Korsen Panchos Zugkraft zur Verfügung zu stellen. Der Herr wollte an einer überfluteten Straße drehen und fuhr direkt eine kleine Böschung hinab ins knietiefe
Wasser. Er saß mit seinem Leihwagen auf und konnte aus eigenem Antrieb weder vor noch zurück. Ich verknotete schnell ein Seil und schon stand der Wagen wieder in der Horizontalen.
Danach packten wir uns in windabweisende Klamotten und umrundeten die überflutete Lagune. Den rauchenden Vulkan und das Wasser permanent im Blick, das hatte was.
Danach hatten wir ein Mittagessen an der Lagune und fuhren weiter durch den Park. Schon beim laufen sahen wir große Vögel in der Höhe gleiten und ich tippte total verblüfft
auf Andenkondore und nun sahen wir 4 Tiere auf den Kadaver eines Pferdes herab kommen. Was waren wir aus dem Häuschen, leider nicht nur wir denn ein Sammeltaxi hielt und spukte 6 Ecuadorianer aus, die alle mit Handy bewaffnet
in Richtung Kondore stürmten. Grrrrr, Amateure. Es dauerte nur Augenblicke und die Tiere erhoben sich in die Lüfte. Wir warteten vergebene 30 Minuten. Sie kamen nicht wieder und kreisten nur in weiter Ferne.
Kurz darauf sahen wir eine Herde Wildpferde friedlich grasen. Wir konnten uns zwischen den Tieren frei bewegen und tolle Schnappschüsse mit ihnen, Pancho und dem Cotopaxi machen.
Dann kamen wir an einem der Campingplätze vorbei, welcher nur aus ein paar großen Kiefern bestand. Wir fanden den Platz so super, dass wir dort Pancho abstellten und einen Weg folgten der uns in die Natur brachte.
Einer alten Straße hätten wir ewig folgen können, wir wissen nicht einmal wo die hinführte, bogen aber nach einer Weile ab, um einen Blick auf einen anderen Vulkan zu erhaschen. Dabei sahen wir Kolibris
(auf 3.800 m) und Rehe und als wir ganz alleine im Nationalpark (um 16 Uhr ist letzter Eintritt und werktags ist man nachts fast immer alleine) wieder zu Pancho zurückschlenderten trafen wir auch noch auf ein paar Hasen
im Kiefernwäldchen. Caracaras und andere Greifvögel flogen umher. Es war traumhaft. Eine kühle und friedliche Nacht folgte.
Wir hatten die Wahl zwischen einem weiteren Tag im Nationalpark, oder einem weiteren traditionellen Markt. Da es im Morgengrauen sehr neblig war, entschieden wir uns für den Markt
in Saquisilí, mit der Option nach einer kleinen Runde (siehe unten) noch einmal zum Cotopaxi hochfahren zu können. Im Nachhinein hätten wir im Nationalpark bleiben sollen, denn schon während wir den langen
Weg den Vulkanhang zurück zur Panamericana fuhren klarte der Himmel auf. Von unten hatten wir einen irren Blick auf den Gletscher. Er funkelte in der frühen Sonne.
Der Tier- und Gemüsemarkt war nicht schlecht, aber noch besser war die Fischsuppe mit Popcorn und Reis danach. Auf dem Markt bekamen wir wieder einiges geschenkt. Händlerdamen
fanden es total süß wenn zwei Weiße Erbsen, Bohnen, süße Gurken, Kohl und Bananen einkauften. Schwupps noch ne Avocado und Paprika obendrauf. Bei der Bäckerdame gabs auch noch ein Brötchen
auf die Hand. Märkte waren immer ein Erlebnis.
Wir fuhren in die Stadt Latacunga, ohne weitere Gipfel zu sehen. Dort parkten wir an einem künstlichen See und wollten uns das Zentrum anschauen. Kurz bevor wir den zentralen Platz
erreichten übersah Simone die Bordsteinkante und ich sah sie nur noch aus dem Augenwinkel verschwinden. Sie krachte der Länge nach hin und verdrehte sich zum tausendsten Mal den linken Knöchel. Das rechte Knie
blutete und der Tag war gelaufen. Haha nicht witzig. Simone humpelte bis ins nächste Café und somit war klar, Wanderungen würden in nächster Zeit ins Wasser fallen.
Unschlüssig ob wir zu einem Arzt gehen sollten oder nicht, überdachten wir unsere Möglichkeiten bei einem Kaffee und Skype, einer Eiscreme für die Seele und einem
herzhaften Mittagessen. Die Beine taten zwar immer noch weh, aber nun war eher Aufbruchstimmung. Dies ließ ich mir nicht zweimal sagen und so ging es in den Quilotoa-Loop.
Diese Schleife führte durch Andendörfer, durch den Canyon des Flusses Toachi, über einen 4.006 m hohen Pass, durch felsige Landschaft und dann wieder durch kleine Wälder,
durch Weideland und Felder, bei denen man meinte die Bauern müssten sich wie Bergsteiger abseilen. Ganz im Ernst, wir sahen in Ecuador Felder die fast senkrecht im Berghang standen. Wie auch hier. In Kolumbien sahen wir
einen Bauern, der tatsächlich an einem Seil befestigt sein Feld bestellte. Vielleicht taten sie hier das gleiche, denn mit einem Helikopter waren sie sicher nicht unterwegs. Eigentlich kaum zu glauben, denn wir glaubten
es danach immer noch nicht.
Der Quilotoa-Loop verdankt seinen Namen der vielleicht schönsten Lagune in Ecuador. Die Laguna Quilotoa ist ein atemberaubender Vulkankratersee. Bis zu diesem schafften wir es an diesem Tag. Im späten Licht
des Tages blickten wir hinab ins blaugrüne Wasser. Der See ist so groß, er hatte seinen eigenen Strand und im Kraterhang lebten Bauern und bauten Mais an, oder sie ließen ihre Ziegen und Schafe die Wanderer
erschrecken. Über 300 Höhenmeter war der Unterschied zwischen Kraterrand und Wasseroberfläche und eine Umrundung entsprach 14 km. Der See ist bis zu 250 m tief. Wir nächtigten auf
dem Parkplatz und merkten wieder die Höhe. Zum einen wegen Sauerstoffmangel, zum anderen wurde es in einem schneidenden Wind empfindlich frisch. Wir waren schließlich auf 3.900 Meter. Gute
Nacht.
Nach einem schnellen Kaffee stürmten wir hoch zum Kraterrand. Ok wir schlichen eher hoch. Knöchel dick, Knie schmerzte. Tja nun war es zu spät einen Arzt aufzusuchen und
daher meinte Simone ich solle alleine um den Kratersee laufen. Sie kurierte ihre Haxen und ich trollte mich und lief immer direkt auf dem Rand des Kraters auf und ab. Zum Teil war etwas kraxeln dabei, an einigen Stellen lief
ich über Sand als wäre ich am Meer. An einem klaren Tag überblickt man die Laguna Quilotoa und sieht dahinter den Cotopaxi aufragen. Wir beschweren uns nicht über das was wir geboten bekamen. Grandios,
aber den Vulkan in 50 km Entfernung sahen wir nicht. Was muss das für ein Anblick sein! Wie gut diese Wanderung war, belegten die mehr als 200 Fotos ☺. Nach 4 Stunden und einer kompletten Runde gingen wir zu einem Aussichtspunkt, an dem keiner der 100 Bustouristen die jeden Tag an einer Stelle den Krater überfallen, aufkreuzte.
Nur 200 Meter hinter einem riesigen Felsen stand eine kleine grüne Bank und wir saßen in der Sonne und blickten über den See. Schluss mit den Erklärungsversuchen, seht selbst.
Danach vervollständigten wir den Loop (mit vielen Erdrutschen) und hätten genau jetzt die Möglichkeit gehabt wieder in den Cotopaxi Nationalpark zu fahren. Dies war der
Plan, aber mit einem fahrbaren Krankenlager war dies weniger sinnvoll. Deshalb verbrachten wir auch nur eine Nacht in der großen Schleife, denn wandern hätten wir an mehreren Stellen gekonnt. Wir endeten wieder
in der Stadt Latacunga, parkten aber einfach in einer Straße und stockten die persönlichen Reserven mit Fastfood und einem großen Bier auf.
An einem Sonntag deckten wir uns mit Plätzchen und Weißbrot bei einem Bäcker ein und fuhren auf der Panamericana weiter. Der kleine Ort Salceda, bekannt für sein
Eis, bekam auch einen kurzen Stopp gewürdigt. Kurz über den zentralen Platz, ein Eis aus 100% Frucht, wie aber eh jedes Eis seit Mexiko, und billige Halogenstrahler für Pancho. Dies war Salceda.
Wir näherten uns der Großstadt Ambato und wussten noch genau wie chaotisch die Straßenführung war. Wir hielten nicht und befanden uns nach einer Stunde, die wir
benötigten die Stadt zu durchfahren, auf der Straße hoch hinauf zu etwas ganz speziellen. Wir glauben das Amt für Straßenbau verbietet Umgehungsstraßen in Zentral- und Südamerika. Sonst könnte
man ja nicht für ein Mittagessen, oder einer Autowäsche anhalten. Man könnte keine Mandarinen an der roten Ampel kaufen und das Lautsprechergeplärre der Händler würde ungehört im Wind vergehen.
Das bringt Bonuspunkte für den Chef des Amtes. Armleuchter...
Nun gut wir haben nur fast 3 Autos geschrammt und durften dann in trüben Wetter den Berg hoch. Beim ersten Mal wurden wir mit fiesem kalten Regen begrüßt, nun ein paar
Wochen später wurde das Wetter besser und besser je höher wir kamen. Und schwupps waren wir in der Sonne, die Karottenfelder wurden weniger und dann lag der Chimborazo vor uns. Meine Güte. 6.310 m geballte Eismasse, so erschien er uns, als wir durch eine Mondlandschaft höher
und höher kamen. Bäume gab es schon längst nicht mehr und da der Vulkan in einem sogenannten „Fauna-produzierenden Naturschutzgebiet“ lag, sahen wir überall Vikunjas in der Gegend grasen. Höher
und höher ging es. Auf über 4.000 Meter, noch nicht auf Höhe des Passes, fanden wir unseren Stellplatz. Wir rumpelten die steinige Böschung hoch, für Pancho kein Problem und fuhren dann noch weitere
200 Meter übers Geröll. Basta por hoy! Schluss für heute! Der Vulkan war wolkenfrei, besser hätten wir ihn nicht sehen können. Wir parkten in der Sonne und Vikunjas beäugten uns misstrauisch.
Wegen Simones Handicap lief ich alleine etwas im Hang umher und schnaufte in der Höhe nicht schlecht. Den benachbarten Vulkan Carihuairazo sah ich ebenfalls und wir beide waren von der Schönheit, der Ruhe und der
Erhabenheit dieses Platzes überwältigt. Die erste Nacht über 4.000 Meter und trotz nächtlicher Temperaturen um die 4 Grad würden wir sofort eine Nacht pro Monat dort verbringen wollen. In Ecuador übertrumpften
sich die Naturwunder. Die Plätze an denen wir schliefen ebenso!
Vom höchsten Berg Ecuadors,
120% Zufriedenheit