Um auf mautfreien Wegen zu bleiben verließen wir Valdivia auf Nebenstraßen. Es war bereits später Vormittag und wir hielten wieder auf den Osten des Landes zu (Kartenlink).
Die 45 km bis nach Paillaco waren schnell erledigt. Dort huschten wir über die Panamericana und legten dann weitere 50 km zurück, bis wir im hübschen Futrono am Lago Ranco
ankamen. Gewisse Zeit später und wir parkten im Dorf Llifén direkt am Ufer des großen Sees. Wir schlenderten ins Dorfzentrum und holten uns eine Eistüte auf die Hand und weil es schön sonnig war,
beschlossen wir am See die Nacht zu verbringen. Zugegeben dies war ein fauler Tag ☺.
Es ging weiter um den See herum und ab der Stadt Lago Ranco wurde es kompliziert. Wir wollten nach Osorno um Geld abzuheben, denn in Valdivia war der Geldautomat defekt. Da wir nur eine
Bank in ganz Chile hatten, an deren Geldautomaten wir gebührenfrei abheben konnten, wollten wir die vorletzte Gelegenheit nicht verstreichen lassen. Generell konnten wir mit einer Abhebung maximal Pesos im Wert von 275
Euro bekommen und je 5 Euro fielen Gebühren an. Da wir weiterhin planten chilenische Pesos in argentinische umzutauschen brauchten wir dementsprechend einen Batzen. Wir hatten meist so 3.000 Euro Bares an Bord, oder korrekt
mehr als 2 Millionen chilenische Pesos. In argentinische Währung hatten wir mehrere Tausender und 800 US Dollar waren auch noch versteckt. Wir waren ein rollendes Finanzhaus!
Dies war aber nicht der Grund warum es kompliziert wurde. Das Netz der Mautstellen verdichtete sich zwischen Valdivia und Puerto Montt extremst und selbst Nebenstraßen wurden kostenpflichtig.
Viele Auf- und Abfahrten an der Panamericana kosteten, neben den normalen Stellen auf dem Highway an sich. Wir hatten eine Karte mit allen Zahlstationen im Internet gefunden und planten in Lago Ranco unseren Spießrutenlauf
durch die feindlichen Stellungen. Es ging kreuz und quer über jegliche Wege. Forststraßen, Schotter, Zubringer und selbst auf dem Panamerikanischen Highway verbrachten wir ein paar Kilometer. Wir schafften es tatsächlich,
aber so ein Gegurke ist auch tagesfüllend und so blieben wir in Osorno auch nur so lange, bis wir unsere Taschen mit Geldscheinen vollgestopft hatten. Da die Innenstadt aber auch nicht ansprechend war, haben wir nicht
viel verpasst indem wir ihr keinen genaueren Blick gewürdigt hatten. Etwas außerhalb hielten wir an einem Markt, der nicht nur teuer, sondern auch halb leer war. Osorno war keine Stadt für uns.
Wir frohlockten als wir aus dem Mautdschungel um Osorno heraus waren und rasten bis nach Entre Lagos am See Puyehue. Die Ortschaft Entre Lagos, also zwischen Seen, deutete es in ihrem
Namen schon an, der nächste See (Rupanco) lag nur 5 km weiter und sie dazwischen. Die richtige Ausfahrt in den Ort zu finden war etwas schwierig, aber dann teilten wir das Seeufer mit nur 326 anderen Menschen. Es war
Sonntag und der ganze Ort am Wasser um zu grillen, zu angeln, oder im Wasser zu planschen. Chilenen sind temperaturtechnisch hart im nehmen. Grrrr...
Ab 22 Uhr kehrt aber Stille ein. Die letzten Dosenbiere waren vernichtet und so blieb nur der Müll zurück. In dieser Hinsicht waren Chilenen nicht viel weiter als (fast) alle
anderen lateinamerikanischen Länder. Eine wirklich schreckliche Sitte auf diesem Kontinent.
Wir wollten am Morgen zu einem deutschen Bäcker im Städtchen, aber dieser hatte zu. Also wählten wir einen anderen und kamen mit Zitronenkuchen und dicken Keksen heraus
und konnten uns nur bis zur nächsten Parkbank beherrschen. Der Zitronenkuchen hatte eine dicke Zuckerkruste auf der süßen Zitronenpampe und auch die Kekse waren nicht minder süß. Dies war sicherlich
nicht unser bestes Bäckererlebnis in diesem Land und unsere Bäuche benötigten 2 Stunden bis sie sich wieder beruhigt hatten.
Über Puerto Octay am Lago Llanquihue ging es nach Frutillar. Eine weitere deutsche Kleinstadt inmitten Chiles. Zuerst sahen wir davon nur wenig, aber als wir am Wasser ankamen reihten
sich schmucke alte Häuser entlang der Promenade. Spitzenvorhänge, Kuckucksuhren, angelegte Gärten und hausgemachte Kuchen beschreiben die Enklave am See am besten. Billig war dort nichts, zu viele Touristen
kamen nach Frutillar um sich „Deutschland“ anzuschauen. Uns hingegen erinnerte das Gesehene nur wenig an die Heimat; oh Schreck waren wir schon zu lange unterwegs???
Nach einer Empanada fuhren wir weiter und kamen auf einer rumpeligen Nebenstraße nach Puerto Varas, immer noch am gleichen See gelegen. Es war kurz nach Mittag und wir hatten im
Vorfeld beschlossen hier einen Ölwechsel durchführen zu lassen. Simone lotste mich fachmännisch zu einer Werkstatt, die anders war als andere (in einem anderen Blog kommt die Auflösung). Zuerst war niemand
da und als wir jemanden erwischten der gerade wegfuhr, meinte dieser Herr wir sollen gegen halb drei wieder kommen. Na dann machten wir uns eben auf und besorgten etwas Alkohol in der Veterinärabteilung eines Vertriebs
für landwirtschaftliche Hilfsmittel (wie BayWa oder Raiffeisen in Deutschland) für unsere Brenner im Kochfeld. Dies war schnell erledigt und da wir sonst nicht wussten wo wir für eine weitere Stunde hin sollten
fuhren wir zurück zur Werkstatt. Kaum angekommen und ein Buch ausgepackt sprach uns ein anderer Typ an was wir wollen. Na einen Öl- und Filterwechsel, Routinecheck, Nippel abschmieren und eine Frage hätten wir
auch noch. Kein Problem er fängt sofort an war seine Antwort. Adrian, so sein Name, fuhr 20 Liter Öl kaufen und hatte nach einer Stunde die Hälfte der Arbeit erledigt. Während er mit der Fettpresse unter
Pancho herumkroch entdeckte er, dass beide Bolzen an den beiden Stoßdämpfern abgerissen waren und die Stoßdämpfer lose und wirkungslos in der Luft baumelten. Nicht gut und wir hatten in den letzten Tagen
noch gedacht, dass manchmal die Fahrerkabine heftig wackelte. Er meinte er könne neue Bolzen besorgen, aber nur im 23 km entfernt liegenden Puerto Montt. Die beiden Puertos im Vergleich waren 30.000 Einwohner zu 170.000,
oder beschauliche Kleinstadtidylle mit Vulkanblick am See versus Großstadt mit riesigem Frachthafen am Pazifik. Wir verständigten uns darauf, dass er die Schrauben kaufen sollte und wir am Morgen des übernächsten
Tages wieder antanzen würden. Kein Problem für Adrian und so verblieben wir. Die Ursache warum unsere Kontrollleuchten für Blinker und Warnblinker nicht mehr gingen fand er allerdings nicht. Er tat das selbe
wie wir zuvor. Sicherungen prüfen und Lämpchen wechseln, aber das Resultat war ebenso wirkungslos wie nach unserem Bemühen. Wir verließen den Hof ohne einen Cent gezahlt zu haben. Adrian, übrigens
fix, kompetent und super nett, meinte wir sollen zahlen wenn alles erledigt sei. Zu wildfremden Leuten sagen, och ja zahl in 2 Tagen. Dies gibt es zu Hause nicht!
Ein Platz am Wasser am Rande der Kleinstadt war schnell gefunden und über dem Wasser sahen die beiden weißen Vulkane Osorno und Calbuco prächtig aus. Osorno symmetrisch
bis zum Scheitel und Calbuco zerrupft da er meinte bei einer gewaltigen Eruption im Jahre 1893 seine Kegelform absprengen zu müssen. Uns war es egal, die Sicht war perfekt und die sanften Wellen plätscherten dahin.
Die Stadt, wieder mit deutschem Baustil (keine Ahnung wo!) gefiel uns nicht ganz so gut wie andere Städte vorher, aber das Bier in der Kleinbrauerei in einem Haus über dem See war genau richtig.
Die Nacht war herrlich ruhig. Eine Wolkendecke lag über dem Gewässer und trotzdem machten wir uns an die halbe Umrundung des Llanquihue. Bis wir auf Höhe des 2.015 Meter
hohen Vulkan Calbuco waren rissen die Wolken bereits auf und eine stimmige Alpenkulisse empfing uns. Ein See zur Linken und rechts eine saftige Wiese mit Milchvieh. Dahinter der Schneemantel des Berges.
Als wir der Straße um den See hätten links folgen müssen fuhren wir auf einem Schotterweg gerade weiter. Nach wenigen Metern empfing uns das Schild: Vicente Peréz Rosales Nationalpark. Wir befanden uns auf exakt der gleichen Höhe wie Bariloche in Argentinien und fanden hier in Chile die Fortsetzung des riesigen Nationalparks Nahuel Huapi. Der Lago Todos Los Santos (unser Ziel) lag umgeben
von den verschneiten Vulkanen Osorno, Puntiagudo und dem Monte Tronador. Wieder begegneten wir den Tronador mit seinen 3.554 Metern Höhe. Der Park war kostenfrei, nur für den Besuch eines Wasserfalls hätten wir zahlen sollen und so
lehnten wir dankend ab. Sahen täglich Wasserfälle, da brauchten wir nicht für einen zahlen. Der Osorno lag direkt neben uns und wir folgten dem türkisgrünen Fluss Petrohué bis an seinen Ursprung
im oben genannten See. An einem Ausblick schoss das unbeschreiblich farbige Wasser durch Felsen hindurch und Simone wäre am liebsten dort geblieben. Sie ließ sich überreden bis zum See zu fahren, an dem es
aber pausenlos Lavasand ins Gesicht gab. Der Wind war heftig! Sie ließ sich weiterhin zu einer Wanderung überreden und musste deshalb durch feinen Lavasand und feines Geröll am Fuße des Vulkans marschieren.
Um uns war die Natur schlichtweg gelb. Es gab nur diese Farbe. Wir liefen eine lange Schleife und Simone hatte so was von keine Lust und als sie auch noch durch ein ausgetrocknetes Flussbett aus grauer Lava zurück an
den See musste und dort gegen den Wind über Wurzeln und Felsen direkt am Seeufer entlang, inkl. tropfnassen Schuhen, zurück zu Pancho durfte war ihre Stimmung weit unterhalb eines Kellergewölbes gesunken. Ohhh
da hieß es bloß nicht ansprechen ☺. Aber die Lösung lag so nahe und war so einfach. Ich brachte sie zurück an den Ausblick über dem Fluss.
Wir parkten im Nationalpark an einer offiziell nicht genehmigten Stelle, aber der Ranger der uns hätte verjagen wollen hätte sich ruhig mit Simone auseinandersetzen können. Armer Wicht...
Dann gab es noch einen Tee und bald war die Welt wieder in bester Ordnung. Natürlich kam niemand um zu meckern und als die letzten anderen deutschen Touristen den Ort verlassen
hatten gehörte die Natur uns alleine. Was war diese Wasserfarbe einmalig!
Tief entspannt fuhren wir nach einem ausgedehnten Morgenkaffee auf der selben Route zurück nach Puerto Varas. Bei Adrian waren wir um 9.30 Uhr und 15 Minuten später waren die
beiden Bolzen festgezogen. Die Stoßdämpfer waren wieder an ihrem Platz. Wir schwatzten noch für ein paar Minuten und gaben Adrian dann 80.000 Pesos (etwas mehr als 100 Euro). Da Pancho rundum versorgt war,
fehlte nun uns noch etwas. Na klar eine Abschiedsempanada! Der kleine Hunger war gestillt und wir kamen bald darauf in Puerto Montt an. Die Stadt war, nun ja eine Hafenstadt mit wenig Flair. Trotzdem hatte sie Supermärkte
und einen kleinen Markt für lokale Landwirte die dort ihre Produkte verhökerten. Wir hielten bei beiden und brachten am Ende den Kühlschrank kaum zu. Mit frischen Sachen schmeckte der Happen danach noch besser.
Anstatt auf der 5 nach Süden zu fahren und einer Mautstelle auf den Leim zu gehen, nahmen wir die doppelt so lange Strecke am Ozean entlang. Da es ziemlich kurvig zuging dauerte es eine Weile, aber schlussendlich reihten
wir uns in Bahía Pargua in die kurze Autokolonne ein, die auf die Fähre hinüber zur Chiloé wartete. Wir mussten nur 20 Minuten warten und dann wurden alle Verkehrsteilnehmer weiter gewunken. 500 Meter
am Wasser entlang und dann lag die Fähre vor uns. Gegenüber des schmalen Kanals sahen wir schon die große Insel. Wir zahlten ca. 25 Euro, rollten auf die Fähre und waren 15 Minuten später am Ziel!
Willkommen auf,
Chiloé