Mittwoch, 29. November 2017

Die Lagunenroute (21.09.2017 - 23.09.2017; aktueller Standort: Pucón, Araucanía)

Aktuelle Info: Da sind wir wieder in Chile!

Einer der kürzeren Blogs, da die Bilder sprechen dürfen.
Nach einer wunderbaren Nacht auf der Isla Pescado waren wir zum Sonnenaufgang wieder auf dem Salz. Nur hundert Schritte weg vom Gestein und die Temperatur fiel um einige Grad unter Null. Kurios und bitterkalt und als die Sonne das Salz zum rosa Schein verhalf kletterten wir eilig zum Morgenkaffee zurück in unsere warme Kabine (Kartenlink).





Wir machten noch eine kurze Rast an einer weiteren Insel und durchquerten den Salzsee bis an einen seiner südwestlichen „Ausgänge“. Von dort ging es auf einer Schotterstraße weiter und im ersten Dorf kauften wir in einem Tante-Emma-Laden 20 Liter Diesel. Dann stärkten wir uns an Empanadas, die eine Dame auf der Straße verkaufte. Weiter zum nächsten Dorf und dort erwarben wir flache, brötchenähnliche Teile. Dahinter verließen wir die Straße, die uns weiter bis nach Chile geführt hätte. Anstatt begaben wir uns auf ins nächste Abenteuer. Wir fanden einen Weg in unserer Karte verzeichnet, welcher sich als ausgetrocknetes Flussbett mit enorm vielen Salzablagerungen herausstellte. Wie auf dem Salar konnten wir frei wählen solange wir im Flussbett blieben. Beidseitig ragten Vulkane auf, alle in den typischen Farbkombinationen die hier und bis nach Argentinien und Chile hinein anzutreffen waren. Rot dominierte, aber auch hellere Nuancen oder dunkle Töne bis schwarz waren in den Kegelformen enthalten. Als auch dies hinter uns lag mussten wir noch 20 km auf einer schrecklichen Rüttelpiste absolvieren und machten schon aus der Ferne unser Ziel aus. Am Fuße des Vulkan Ollagüe lag sowohl eine Grenzstation nach Chile und eine Aduana (Zoll). In Uyuni gab es aus unerfindlichen Gründen zwar ein Einwanderungsbüro, aber keinen Zoll um sein Auto legal im Land registrieren zu lassen. Deshalb nahmen wir das Gerüttele in Kauf. Wir erreichten den komplett verlassenen Grenzposten am Arsch der Welt zur Mittagszeit und natürlich waren die Beamten ausgeflogen um zu essen. Wir mussten bis um 14 Uhr warten und nutzten die Zeit mit lesen. Dann ging es schnell und nach 2 Minuten durfte Pancho um 4 weitere Monate bleiben.





Die Straße wurde nur bedingt besser und wir schafften es doch tatsächlich weiter bergauf zu fahren. Der aktive Vulkan Ollagüe (5.868 m) puffte unentwegt Rauchwölkchen empor und diesen Vulkan folgten wir um seine Flanke und kamen dabei von 3.700 m (Grenze) auf 4.120 m. Die Hochanden waren weiterhin der absolute Hammer. Bäume gab es ja schon lange nicht mehr und so wechselte ein Berg, meist vulkanischen Ursprungs, mit dem nächsten. Alle beeindruckend in ihrer Form und Farbe. Nach 25 langen Kilometern ging es dann rechts ab und ohne dass es wie eine Fahrbahn wirkte waren wir am Beginn der Lagunenroute im Südwesten von Bolivien angekommen. Der Salar de Uyuni bereitete uns im Vorfeld ein flaues Gefühl im Magen, die Lagunenroute flößte uns eine Heidenangst ein.




Wir fuhren die Lagunenroute von Nord nach Süd und passierten an ihrem Ende die Grenze nach Chile. Die Landschaft war surreal und sicherlich eine der rauesten die wir auf unserem Trip antrafen. Blutende Nasen, aufgeplatzte Lippen, leichte Kopfschmerzen und permanenter Wassermangel sind der Normalzustand auf dieser Strecke. Bäume oder dergleichen gedeihen in dieser Höhe nicht, da wir von Norden nach Süden von einer Höhe von ca. 4.000 bis zum Ende hin 5.000 Metern über Normalnull reden. Etwas was wie eine Straße erscheint sucht man auf den meisten Kilometern vergebens und hier sprechen wir von, je nach persönlichen Abstechern, mindestens 230. Wie soll man sich so eine Fahrt vorstellen? Nach 20 km waren wir kurz davor umzudrehen, die Steinfelsen über die wir Pancho schicken mussten wurde dort als Straße verkauft. Danach schrumpften die Steine auf die Größe einer doppelte Männerfaust und diese wechselten sich höchstens mit groben Sand ab. Vereinfacht gesagt ging es durch Stein- und Sandwüste, mit einer vorhandenen Spur die niemand wählte, weil sie mit Abstand die bescheidenste war. Ach was solls sagen wir wie es war, sie waren alle beschissen! Bis zu 10 Spuren beiderseitig verliefen durch die Hochwüste, wenn eine zu viele Schlaglöcher aber vor allem Wellenprofil hat wird eine neue nebenan aufgetan (achtet bei den Bildern mit Straße auf deren Oberfläche!). Oder man wählt eine eigene Route und versucht alle Wellen zu vermeiden. Doch der permanente und heftige Wind erzeugt von sich aus dieses Muster und so ist selbst eine neue Spur eine Rüttelpartie. Und wie wir durchgeschüttelt wurden. Schmerzende Knochen, wie Rücken und Arme müssen daher zum Normalzustand ergänzt werden. Es gab zwei kleine Ecohotels, winzige Dinger, auf der gesamten Lagunenroute. Sonst ist man frei zu parken wo man möchte, ach ja wenn möglich aus dem Wind, wobei der bei unserer Durchquerung nachts abflaute.
Schnell konnten wir nie fahren, Jeeps und Landcruiser kamen wenigsten auf eine Geschwindigkeit damit sie mehr oder weniger über die Wellen dahinfliegen konnten. Obwohl wir krochen, hatte ich als Fahrer nicht einmal die Möglichkeit die Landschaft zu genießen und diese war sicherlich als einzigartig und schön zu bezeichnen. Steine, Löcher und Wellen forderten die komplette Aufmerksamkeit. Die Strecke verlief entlang von Bergen, Hügeln und Vulkanen, alle mit besagten Farben und da wir hoch genug waren hatten einige noch Schneefelder. Auf 4.700 m mussten selbst wir durch die Überreste des letzten Eises und da wir beim Wetter sind, wir hatten wolkenlosen blauen Himmel mit Tagestemperaturen im einstelligen Bereich. Nachts und dies gilt für 365 Tage im Jahr fällt die Temperatur unter Null.
Zwischen den Erhebungen lagen Lagunen eingebettet; daher der Name. Wir sahen 5 noch am ersten Tag. An der fünften, der Laguna Honda parkten wir auf einer Landzunge die in den See hineinreichte. Was für ein einmaliger Ort für die Nacht. Seltene James-Flamingos siebten das Wasser neben uns durch und wir betrachteten sie vom Inneren unserer Kabine. Draußen war es zu windig und kalt. Auf 4.111 m fiel das Thermometer nur knapp unter -5°C.












Die Sonne kündigte sich genau zwischen einem Berggipfel an und die Flamingos riefen bzw. sangen weiter, wie durch die Nacht hindurch. Ein sehr trauriger Gesang, aber vielleicht weil die Laguna Honda fast zugefroren war und sie sich in Gruppen, im eiskalten Wasser stehend aneinander drängten. Die Nacht war wieder nicht die beste und während wir Kaffee tranken ging unsere Heizung auf Störung. Wir wussten nicht genau was die Ursache war, fanden aber später nach 10 Kilometer Fahrt Diesel am Dieselfilter hinab tropfen. Durch das Gerüttel hatten sich zwei Schlauchschellen gelöst und bei Minusgraden reparierten wir das schnell. Hätte dumm laufen können auf der Lagunenroute wegen Spritmangel liegenzubleiben...
Auch dies darf getrost zum Fahralltag auf der Lagunenroute notiert werden. Reparaturen! Wir hatten nur die lockeren Schlauchschellen, unser Ladeproblem der Solarpanelen kehrt wieder zurück und eine Staubox ging etwas kaputt. Dafür mussten wir im Inneren abends Schrauben nachziehen und Dinge neu verstauen, die aus den Hängeschränken gefallen waren. Bei anderen Reisenden liest man, dass man mindestens einen Platten auf der Lagunenroute haben muss! Hatten wir nicht und wir waren mehr als froh darüber.
Die Strecke war an diesem Tag vielleicht noch grauenhafter als am ersten Tag. Entgegen ihres Namens kamen wir nur an einer weiteren Lagune am frühen Morgen vorbei. Der Rest war Sand und Stein, wunderschöne farbige Bergketten an der Siloli Wüste und kuriose von Wind und Wetter geformte Steinformationen. Die bekannteste ist der Arból de Piedra (Steinbaum). Dort hatten wir unsere Mittagspause und der Versuch die Solarzellen wieder zum laden zu animieren scheiterte in dem schneidenden Wind kläglich.
















Am Nachmittag erreichten wir, von weitem sichtbar, die spektakulärste Lagune. Mit ihr begann auch die Reserva Nacional de Fauna Andina Eduardo Avaroa, ein Naturschutzgebiet welches sich über 7.150 km² nach Süden und Osten ausbreitete. Die Laguna Colorada war ein großer ziegelrot leuchtender See, der von Salz oder weißem Gestein eingefasst war. Was für ein Anblick!!! An der Laguna Colorada nistet die größte Population von James-Flamingos und wir sahen Tausende der kräftig violetten Vögel. Wir zahlten die 18 Euro pro Person Parkeintritt und rumpelten bis zu einem weiteren Aussichtspunkt. Vor uns erstreckte sich von links nach rechts der blutrote See auf 4.320 Meter (wir waren schon zwischenzeitlich auf 4.600 m). Danach würde es nur noch nach oben gehen und deshalb blieben wir dort für die Nacht. Als die letzten Touren weg waren hatten wir den See und die Tiere für uns, allerdings auch den extremen Wind. Die Temperatur fiel auf -6,7°C und um 4 Uhr, diese Nacht war ziemlich schrecklich, streikte unsere Heizung wieder. Nun wussten wir was Sache war. Der Diesel im dünnen Schläuchen zur Heizung muss bei dieser Temperatur etwas zähflüssiger geworden sein und daher hatten wir keine Flammbildung. Panchos Motor sprang ohne Probleme an und die Bolivianer hatten uns versichert, dass wir keine Scherereien mit dem Diesel haben werden. Sie hatten Recht im Unrecht.






















Wir waren beide total übermüdet. Dazu war es mit 3 Grad plus in unserer Kabine kälter als im Kühlschrank. Wohlweislich parkten wir mit dem Tank und der Tür zur Sonnenseite und so schmolz das Eis am Türschloss bald nach Sonnenaufgang ab. Andere Eisflächen hielten sich dafür aber länger .


Es war Schade, denn wir hätten 3 Tage in dem Reservat bleiben dürfen, wollten aber nur noch nach unten. Der Schlafmangel, die Höhe und die Temperaturen machten uns fertig. So beschlossen wir, auch weil wir wussten dass es höher und kälter wird und unsere Heizung wieder in der Nacht den Dienst quittieren würde, zu versuchen in einem Tag bis zur Grenze zu gelangen. Es kamen wieder ein paar riesige Seen, die Laguna Chalviri zum Beispiel war türkis mit Thermalquellen. Ohne Zeitdruck hätten wir uns am Seeufer ins warme Wasser gesetzt, bei inzwischen 4.550 m. Bald kamen Schneeüberreste und wir gelangten an das vielleicht höchst gelegene Geysirfeld der Erde. Auf 4.850 Meter lag das Sol de Mañana.












Da unweit eine Mine auf 5.100 war wurde nun die Straße etwas besser. Wir konnten zum ersten Mal in den fünften Gang schalten und machten 50 km die Stunde. In Sichtweite auf die Salvador Dalí Wüste aßen wir und verkochten unsere Vorräte. Die chilenischen Zollbestimmung sind was die Einfuhr von frischen Lebensmitteln betrifft sehr strikt.











Wir lagen gut in der Zeit und erreichten nach einer weiteren Stunde die beiden Nachbarlagunen Blanca und Verde. Also der weiße und grüne See, wobei die Laguna Verde in der Sonne hellblau schimmerte. Hinter der Lagune ragte der Vulkan Licancabur mit 5.920 Meter in die Höhe. Letzte Eisflächen lagen um dem Krater und wäre der Wind nicht gewesen, hätte man es dort für ein paar Minuten länger ausgehalten. Der Abschluss in Bolivien war noch einmal wunderschön. Gegenüber der Laguna Blanca sahen wir bereits das Rangerhäuschen des Parks und die Zollstelle. Doch leider war der Zoll geschlossen, mit einem Schild versehen dass das Zollbüro an der Mine geöffnet sei (84 km retour). Nun muss man wissen, dass früher jeder zur Mine musste, um dort seine Ausfuhrpapiere abgestempelt zu bekommen. Inzwischen wurde aber ein neuer Zoll 6 km hinter der Grenze errichtet und Reisende berichteten, dass in der Übergangsphase beide geöffnet hatten und nun nur noch der Neue. Tja oder doch nicht? Wir fuhren zur Grenze, was eigentlich keine Grenze war. Ein winziges Steinhäuschen mit Wellblechdach, welches durch Steine beschwert am Fortfliegen gehindert wurde war der Grenzposten. Weißer Qualm stieg aus einem Schornstein und sonst war da nichts. Wie schon seit 3 Tagen hätten wir genauso gut durch die Wüste fahren können, ohne an der Bruchbude halten zu müssen. Wir betraten den Laden und drei dick vermummte Herren saßen in einem Zimmer. Wir fragten wegen dem Zoll und sie sagten wir müssten zurück zur Mine. Vielleicht hätte am Morgen das Büro hier an der Laguna Blanca geöffnet, aber sie waren sich da nicht sicher. Wir logen und sagten wir hätten nicht genug Diesel um zurückfahren zu können und müssten weiter. Sie schauten etwas komisch und meinten sie können unsere Pässe abstempeln, aber wir könnten dann mit unserem Auto Bolivien nie wieder betreten. Wunderbar! Wir sagten wir hätten dies auch sicherlich nicht mehr vor, was noch verwirrtere Mienen auf ihre Gesichter zauberte. Sie vergaßen sogar ihr übliches Bestechungsgeld einzustreichen. Nach 3 Minuten waren wir fertig und nach 10 Metern fing die Asphaltstraße in der Republik Chile an.











Hinunter in die Atacamawüste,
die müden Krieger