Montag, 28. November 2016

Das süße Nichtstun (11.10.2016 - 17.10.2016; aktueller Standort: Isla Colón, Bocas del Toro)

Die Nebelsuppe löste sich am Morgen nur zäh auf, weshalb der Blick über den Kratersee sehr, nun ja neblig ausfiel. Wir warteten nicht auf später und fuhren vom Aussichtspunkt den Kraterrand hinab in die Tiefebene. Auf Meeresniveau kamen wir in der Stadt Rivas an und merkten nicht zum ersten Mal, dass unsere Motorbremse zwar noch funktionierte aber von selbst nicht wieder öffnete. Das ging schon eine Weile so und ich musste die Kupplung durchdrehten, damit die Klappe in ihre Normalstellung zurück fiel. Wir hatten genug davon und suchten einen Mechaniker (Kartenlink).

Wir fragten an 5 Stellen bis ein Radfahrer angehalten wurde. Dieser, so stellte sich heraus, hatte seine eigene kleine Werkstatt und wollte sich das Problem ansehen. Er nahm die Druckluftkomponente heraus und übergab die 3-Wege-Verbindung einem Angestellten, der seinerseits mit dem Fahrrad los radelte, um sie reinigen zu lassen. Etwas völlig normales in Mittelamerika. Wenn etwas besorgt werden musste, oder etwas zur Bearbeitung außer Haus gebracht wurde geschah dies zu 99,5% per Drahtesel. Es hieß warten und nach fast einer Stunde kam unsere kleine Verbindung blitzsauber wieder zurück. Während dem Einbau meinte dann der Chef, dass das Problem höchstwahrscheinlich nicht behoben sei und wir eine neue Drosselklappe kaufen müssten. Er hätte so eine nicht und wüsste in Nicaragua auch niemanden der eine haben könnte. Diese Episode kostete uns fast nichts und brachte uns die Erkenntnis ein, dass Pancho in Costa Rica eine Inspektion bekommen wird. Dort, so wussten wir, gibt es eine IVECO Werkstatt. Wir fuhren noch 4 Kilometer weiter und parkten direkt am Ufer des Nicaraguasees mit der Insel Ometepe in Front. Wir hätten Pancho problemlos verschiffen können, aber unser etwas enger Zeitrahmen verhinderte dies. Darum wollten wir wenigstens einen Tag die beiden Vulkane Concepción und Maderas bewundern, die die 8-förmige Insel prägten. Je ein Vulkan formte einen Kreis der Insel. Mit dem starken Wind und den großen Fähren die auf die Insel übersetzten hätte man nie geglaubt an einem See zu stehen. Es gab kein Gegenüber, sondern nur der Strand an dem wir standen. Der Süßwassersee ist der größte Zentralamerikas und unter den Top 20 der Welt. Er ist ca. 15 mal so groß wie der größte deutsche See, der Bodensee. Wir gingen schwimmen, trotz der Tatsache dass Bullenhaie im Gewässer heimisch sind. Sie werden heutzutage sogar als eigene Unterspezies geführt, da sie sich im Laufe der Jahrhunderte getrennt weiter entwickelt haben.
Kaum waren wir heimisch eingerichtet kam eine Horde von Männern und steckten vor uns ein Baseballfeld ab. Bei uns würde man sagen von C-Jugend bis „Alte Herren“ waren die beiden Teams bunt gemischt. Die Bälle waren aus Papier und Tesa selbst hergestellt, es gab einen Holzprügel und natürlich keine Handschuhe. Einer der Herren suchte sogleich bei uns Schatten, die anderen kamen nach und nach während sie nicht an der Reihe waren. Irgendwann war unsere Treppe belagert, die jüngere Generation lag unter Pancho und ich stand am Schlag und semmelte jedes Mal am Ball vorbei. Dafür fing ich ein paar Bälle was mir großen Jubel einbrachte. Besonders 4 Herren bemühten sich redlich um mich, einer war meiner Meinung nach etwas verrückt und quasselte mich pausenlos voll, obwohl ich ihm mehrmals zu verstehen gab, dass ich kein Wort verstünde. Die anderen machten auch die typische Fingerbewegung zur Stirn hin und verdrehten die Augen, aber geholfen hat es mir nicht...
Immer wenn die Lust nachließ sprangen alle in den See, genehmigten sich einen Schluck Schnaps und dann konnte es weiter gehen. 2 Jungs warfen sich gerne wie die Profis auf die Base und da wir am Strand spielten konnte man gut ihm feuchten Sand rutschen. Bei einer dieser Aktionen zog sich der eine einen tiefen langen Schnitt in der rechten Handfläche zu. Er schnitt praktisch seine ganze Handinnenseite auf und blutete wie verrückt. Die Base bestanden aus Treibmüll vom See und etwas war wohl ziemlich scharf. Als ich es bemerkte forderte ich ihn auf mir zu folgen und Simone und ich desinfizierten die Wunde, legten ihm einen Mullverband an und verklebten alles gründlich. 20 Mann standen um uns herum und gafften, aber am meisten der etwa 30-jährige dem wir seine Hand bandagierten. Ihm fielen fast die Augen aus. Danach wurden wir von jedem geherzt und der Umgang mit uns war schlagartig anders. Jeder Ausländer ist in Mittelamerika ein Amigo, denn natürlich wittert jeder ein Geschäft, aber an diesem einen Tag waren wir für ein paar Stunden wirklich Amigos. Nach einem letzten gemeinsamen Bad als die Sonne schon hinter dem Horizont verschwunden war verabschiedeten sie sich alle. Wir wurden aufgefordert so lange hier zu campen wie wir wollten mit der Garantie, dass wir keine Probleme bekommen werden. Jeder kennt jeden und seit heute gehörten wir dazu. Simone bekam etliche Küsschen und ich wurde gedrückt. Als sich alle schon winkend umdrehten kam unser Unfallopfer zu uns. Als letzter und nur mit einem Gracias drückte er uns. Ein Amigo!





Am nächsten Tag kreuzten wir quer durch den schmalen Landstreifen und befanden uns nach 30 Minuten schon wieder kurz vor dem Pazifik. Wie gut dass die Motorbremse noch funktionierte wenn auch nicht ganz wie gewünscht, denn die Schlaglochpiste an den Strand Maderas hatte es in sich, aber die letzten 500 Meter hinunter ans Wasser waren brachial. Etwas Geröll, viel Erdreich und ein bisschen Matsch vom letzten Regen. Wir bangten ob Pancho den Steilhang hinunter käme, denn wenn er auf dem Matsch ins Rutschen kommt würde es kein Halten geben. Als weiteres schwang sofort hinterher was ist wenn wir unten sind und nicht mehr hoch kommen weil es z.B. geregnet hat und alles nur noch seifig ist. Aber das eine oder andere kleine Wagnis muss dann doch auch eingegangen werden und so rollten wir im ersten Gang den Berg runter. Die Motorbremse verhinderte die Beschleunigung und wir kamen viel einfacher unten an als gedacht. Am Wasser standen 5 Holzhütten. Ein Hostel, 2 Kneipen, 1 Surfbrett-Verleih und ein Privathaus. Wir parkten neben einer der beiden Kneipen direkt am Wasser und sahen sofort viele Surfer die Wellen reiten. Der Strand war genial. Wir brachten Pancho in die richtige Position und waren schon wieder am Ziel. Filmklappe: Strand die nächste und Aktion! Wir rissen die Fenster auf und sprangen ins Wasser. Nicht nur dass es warm war, die Wellen waren nahe am Strand noch hoch genug um viel planschen zu können. Viele Felsen waren im Wasser und unterteilten so die grandiose Bucht in mehrere kleine Abschnitte. Später tranken wir ein Bier in der Kneipe und holten uns den Internetzugang. Danach konnten wir von Pancho aus ins Netz, bis um 20 Uhr das Stromaggregat abgestellt wurde. Schluss für heute. Es wurde schlagartig dunkel und ruhig. Nur im Hostel brannte noch etwas Licht, aber auch da war um 22 Uhr Feierabend. Die Surfer dort waren reine Sportler. Die gingen um 6 Uhr ins Wasser und kamen abends mit dem letzten Dämmerlicht zurück. Wir sahen ein paar wirklich nur kurz ans Land kommen um 2 Bananen zu futtern und einen Liter Wasser hinunter zu stürzen, um sich dann ihrerseits wieder in die Wellen zu werfen.
Den ganzen Nachmittag faulenzten wir und am Abend setzte der Regen ein. Es regnete beständig aber nicht viel und trotzdem stand am Morgen viel Wasser um Panchos Reifen.



Nach dem Kaffee gingen wir ins Wasser und anschließend entschieden wir einen weiteren Tag am Maderas Strand stehen zu bleiben. Er war nicht lang, aber einfach schön und ruhig war es auch noch. Selbst am Tag war es sehr entspannt dort. Wir wechselten wieder zwischen schwimmen, lesen, dösen und surfen (Internet). Der Regen kam wieder am Abend, aber nur für 2 Stunden und so hatten wir keinerlei Probleme den Berg hochzufahren. Die Schlaglöcher waren jetzt allerdings kleine Tümpel in einem braunen Matschband. Unsere Vorderreifen waren wahrlich nur noch bessere Slicks und so rutschten wir fröhlich nach links und rechts .



Wer glaubt wir wären wieder nur bis zum nächsten Strand gefahren irrt total, es war der übernächste. Wir waren in der Segelboothauptstadt von Südnicaragua angekommen. San Juan del Sur war vieles; Kleinstadt, sehr touristisch, Versorgungszentrum und begnadet durch seine Lage in einer großen Bucht, die eingerahmt von Felsen war und einen langen halbmondförmigen Sandstrand hatte. An diesem gab es auch wieder einen Malecón an dem wir uns direkt breit machten. Die Uferpromenade fing an einer Seite mit einer Disko an, es folgten sehr kleine Bierkneipen für Nico’s (Nicaraguaner und überhaupt nicht abfällig zu verstehen) dann kamen die teuren Kneipen und Restaurants und dann lief er die letzten 300 Meter aus ohne am Wasser bebaut zu sein. Dort parkten wir und trafen auf eine deutsche Familie im Mercedes Expeditionsmobil. Ehepaar mit 3 Kindern, die sie in Deutschland abgemeldet hatten um die Schulpflicht zu umgehen. Unterwegs seit einem Jahr und wollten max. 2 Jahre machen. Wir sind ja schon fast langweilig in dem was wir tun. Fabian war 6 Jahre unterwegs und wollte noch 2, die hier waren mit 3 Kindern on Tour. Wir tauschten förmlich die Plätze. Sie verließen die Stadt und wir stellten uns an ihren Platz.
Wir gingen einkaufen, gaben Wäsche auf, tranken einen Kaffee in genau meinem Laden (Secondhand-Buchladen und buntes Café) und hatten ein Feierabendbier am Strand. Kaum an Pancho liefen wir einem US-Pärchen in die Arme und sie waren nicht nur von Pancho begeistert sondern hatten auch noch ein eigenes Gewerbe und wollten mit uns am nächsten Morgen ein Liveinterview machen. Ging live auf ihre Seite, ohne Manipulation. Wir stimmten zu und waren gespannt.
Die Stadt als solche traf aber weniger unseren Geschmack.


Frühs um 6 ins Wasser, dann Kaffee, dann das Interview in 10 Minuten welches sehr gut lief und abschließend am Fischmarkt für 1 Euro drei Red Snapper gekauft (1 Kilo für 2 Euro, ein Spottpreis). Beim verlassen der Stadt hielten wir am Bäcker und kauften ein paar Laugenbrötchen (!). Bergauf bergab ging es an der Küste entlang. Zu Beginn geteert, dann in Schotter übergehend. Die Straße verläuft als Sackgasse am Pazifik bis an die Grenze zu Costa Rica und ist etwa 30 Kilometer lang. Nach 20 erreichten wir den Playa El Coco. Der Strand war wieder eine Augenweite, das Wasser hatte eine schöne hellblaue Färbung aber Stellplätze gab es nicht. Wir tranken einen Maracujasaft am einzigen Restaurant und konnten so Pancho vor dem Laden parken. Nach ner Stunde am Strand brachen wir wieder auf.

Danach erreichten wir einen der schönsten Strände in Nicaragua. Aber der Playa La Flor war nicht nur menschenleer und weit geschwungen, das Wasser war nicht nur herrlich warm, sondern lag dieses Idyll in einem Refugium für Meeresschildkröten. Am kleinen Parkplatz parken war umsonst, um auf den Strand zu dürfen zahlten wir 6 Dollar pro Person und dies beinhaltete praktisch Zugang rund um die Uhr. Zuerst schauten wir die kleine Station an, in der 3 Angestellte in der Hitze schmorten. Im gleichen Haus befanden sich zudem die Unterkünfte von etwa 15 Soldaten. Die schwangen in ihren Hängematten und taten nichts. Die Personen die sich um die Schildkröten kümmerten konnten zwar jede Menge Fakten liefern, aber glauben wir nicht, dass sie geschultes wissenschaftliches Personal waren. In etlichen mit Sand gefüllten Plastiksäcken befanden sich einzelne Schildkrötennester. In langer Reihe in 4 Zeilen standen sie im Schatten an der Hauswand aufgereiht. Dann gab es noch 8 Nudelsiebe, wobei immer zwei eine Kugel bildeten und in ihnen befanden sich neu geschlüpfte Schildkröten. Ein Gelege schlüpft immer gleichzeitig aus und erst wenn die Babys stark genug sind buddeln sie sich nachts ins Freie und eilen in Richtung Ozean. In den Nudelsieben verbleiben sie nur so lange (bis zu 4 Tage) bis alle Tiere aktiv genug zur Freilassung sind. Nur ein paar der gelegten Nester werden am La Flor tatsächlich eingesammelt, an speziellen Tagen würden die Angestellten gar nicht hinterher kommen. Der Grund ist die Spezies. Hier an diesem Strand legen 4 Arten von Meeresschildkröten ihre Eier, aber zu 99% ist es die Oliv-Bastardschildkröte die hier an Land kommt. Fast das ganze Jahr über können sie nachts beobachtet werden, mit den Spitzenwerten zwischen September und November. Oktober ragt aber über alle Monate hinweg und an gewissen Tagen (es ist wie eine Stampede der Schildkröten, wie ein Ansturm) strömen sie zu Tausenden an den Strand. Ich glaube ich muss nicht beschreiben welch ein Gefühl dies ist, dann an diesem Strand zu stehen und auch wir standen nicht an solch einem Tag am La Flor. Da sie dann in schier endloser Zahl kommen, beschränken sie sich nicht nur auf die Nacht, sondern bevölkern auch tagsüber den Strand. Der Rekord liegt angeblich bei 25.000 Tieren an einem Tag. Dies wurde uns dort erzählt und wir sahen Bilder auf dem Handy des jüngsten Helfers, aber ob diese Zahlen stimmen können wir nicht belegen. 4 oder auch 8 Tausend sollen normal sein an einem dieser Tage.
Der Strand war übersät mit Eierschalen und viele Geier und Karakaras (Geierfalken) leben in diesem Gebiet. Kein Wunder bei diesem Angebot. Nach dem wir die geschlüpften Winzlinge bestaunt und betatscht haben mussten wir ins Wasser. Wir faulenzten wieder, joggten später und waren immer wieder im warmen klaren Nass. Tja wenn man einen ganzen Strand für sich alleine hat muss man ihn auch nutzen. Gegen 18 Uhr, es war schon stockdunkel, wurden Babyschildis in die Freiheit entlassen. Dazu kamen auch zwei Kleinbusse mit ein paar Touristen und jede Gruppe bekam sein Nudelsieb und den kleinen darin herum purzelnden Tierchen. Wir hatten unsere Taschenlampen mit rotem Papier ausgestattet, damit die Tiere nicht geblendet wurden und trugen unsere 13 ans Wasser. Die letzten Meter müssen sie alleine zurück legen, damit sie ausgewachsen wieder an den gleichen Strand zurückfinden. Ein paar spurteten sogleich los, die Mehrzahl war gemächlich und 2 wollten bzw. konnten nicht ins Wasser. Sie erschienen noch zu schwach und die seichten Wellen zu stark für sie. Mit etwas Hilfe hatten auch die letzten nach 35 Minuten ihr neues Zuhause erreicht. Was waren die drollig und klein.
Um 21 Uhr kamen Simone und ich wieder zurück. Alleine nur mit dem fast vollen Mond. Also hieß es warten und auf und ab laufen. Und der Strand war laaaaaaang. Um 23 Uhr hatte sich noch nichts getan uns als wir wieder auf halber Strecke wendeten (der war wirklich lang) sahen wir plötzlich eine breite Schleifspur im nassen Sand. Da war sie und war fleißig am graben und wir staunten nicht schlecht wie tief das Loch schon war. Wir waren vielleicht vor 15 Minuten an diesem Ort vorbeigekommen und nun lag da eine etwa 60 cm lange Oliv-Bastardschildkröte. Der junge Helfer kam kurze Zeit später und erklärte uns viel und buddelte einen tiefen Graben, damit wir die Eier und den Prozess der Eiablage gut sehen konnten. Als die Schildkröte ihr Nest mit ihren Füßen festgeklopft hatte, drehte sie um und war nach einer Minute wieder im Wasser. Der ganze Vorgang dauerte nur 50 Minuten. Danach holten wir 86 Eier aus dem Sand! Er brachte sie zurück zur Station und bis er zurück kam konnten wir ihn schon wieder zu uns winken. Die nächste Schildkröte (etwas größer) kam gerade an Land. Gleiches Spiel, bloß kamen nun noch 3 Soldaten hinzu. Leider wurde es dann geschmacklos und noch einmal wir waren in einem Schutzgebiet. Sie kamen mit einem Joint auf uns zu und waren nicht sonderlich leise. Einer stellte seinen Fuß auf das Muttertier, das weiter ein Loch aushob. Sobald sie Eier legte nahm sich ein Soldat 3 Eier und verteilte sie. Tranken die doch tatsächlich jeder ein frisches Schildkrötenei aus. Eine bedrohte Spezies und der “wissenschaftliche” Helfer stand dabei und lachte mit ihnen. Kaum war die Schildkröte mit der Eiablage fertig hoben die Soldaten sie vom Nest und setzten sie zur Seite. Diese folgte aber natürlich ihrem Instinkt und klopfte den Sand an einer Stelle fest, wo sie gar nichts zu klopfen hatte. Die Soldaten holten die Eier raus und gingen dann. Ich zählte sie und kam auf 95. 3 waren jetzt schon von einem Raubfeind vernichtet.
Danach gingen wir zu Bett, einerseits euphorisch andererseits verwirrt. Wir konnten einem Naturwunder beiwohnen ohne Menschenmassen und Restriktionen, konnten eine Meeresschildkröte berühren und deren Nachwuchs in die Freiheit entlassen und mussten trotzdem dabei zusehen wie Menschen ohne Schulung und ohne Verständnis so leichtfertig mit dem Artenschutz bzw. den Ressourcen der Weltmeere umgingen. Vielleicht hätten wir was sagen müssen, was weiß ich...








Als die Morgenroutine erledigt war gingen wir ein letztes Mal an den Strand und fanden eine weitere frische Schleifspur. Wenigstens drei Tiere kamen in dieser Nacht. In den letzten 10 Jahren wurden zwischen 360.000 und 1.100.000 Oliv-Bastardschildkröten an diesem Strand geboren. Wir hoffen dies bleibt so.
Berechnungen zufolge wäre 3 Tage später eine hohe Wahrscheinlichkeit gewesen einen Ansturm zu erleben, aber zu diesem Zeitpunkt hatten wir schon eine Verabredung in Costa Rica. Andernfalls hätten wir diese Zeit an den südlichen Stränden von Nicaragua vertrödelt. Darin sind wir schon richtig gut .

Die letzte Nacht verbrachten wir wieder am Malecón von San Juan del Sur. Bevor wir zur Grenze aufbrachen kauften wir uns zwei Makrelenfilets (700 g für 2,50 Euro) und brauchten an der Grenze von Peñas Blancas nur 45 Minuten trotz etlichen Stempeln und Personen die diese zu geben hatten. Am Montag den 17. Oktober verließen wir nach 18 Tagen Nicaragua und wer noch etwas mehr über das Land lesen möchte sei herzlich auf unsere Homepage verwiesen. Nicaragua war ein tolles Reiseland.



Unser Urlaub naht!

Donnerstag, 24. November 2016

Masaya und Granada (05.10.2016 - 10.10.2016; aktueller Standort: Isla Colón, Bocas del Toro)

Aktuelle Info: Wir treiben unser Unwesen in Panama...

Playa El Velero blieb auch am Morgen verlassen und nach einer Rund am Strand und einer Abkühlung brauchten wir nur 45 Minuten bis zum nächsten Strand an dem wir blieben (Kartenlink).

Pochomil war ein kleines Dorf am Pazifik mit ganz viel Sand. Bei Ebbe war der Strand locker 100 Meter breit und verlief weit über die Grenzen der letzten Häuser hinaus. Zufall oder ein entwickeltes Gespür für gute Stellplätze brachte uns den einzigen öffentlichen Zugang abseits der Strandlokale ein. Pancho parkte für eine Nacht neben einem Hotel, den umwerfenden Strand in Reifenweite. Außer baden und faulenzen gab es nicht viel spannendes an diesem Tag.
Da die Hitze am Morgen erträglicher war nutzten wir die Gunst der Stunde und liefen los. Nach 6 km und keinem Haus mehr weit und breit drehten wir um. Wir sahen noch ein sehr weites Stück der Küstenlinie und der Strand blieb ihr treu. Das Salz des Schweißes gegen das des Meeres getauscht und wir verließen den Glutofen.



Wir steuerten wieder ins Landesinnere und bekamen um den Vulkan Masaya sogar etwas Regen. Eine Wolkendecke lag über der Region und die Parkverwaltung ließ deshalb niemanden ein. Die entweichenden giftigen Dämpfe können nicht abziehen und daher ist die Gefahr einer Erstickung nicht von der Hand zu weisen. Wir wollten nicht ins Zentrum der 200.000 Einwohner Stadt und besichtigten stattdessen eine Festungsruine über der Stadt. Wie sich herausstellte war das Fort sehr klein und kaum noch intakt. Die Außenmauer stand noch und die wenigen Besucher nutzten diese um ein paar Fotos von der Umgebung zu machen. Bei klarer Sicht hat man von der Fortaleza de Coyotepe sicher eine fantastische Sicht. Den Masaya sahen wir nicht, den See am Fuße des Vulkans aber schon. Dafür ragte im schlechten Licht ein anderer Vulkan in die Höhe. Der Mombacho, der Hausvulkan der Vorzeigestadt Granada. Danach fuhren wir wieder aus der Stadt heraus und in den ersten Vorort ein. Nindirí hieß das kleine Kaff und wir fuhren direkt an den Platz und der Dorfkirche. Dutzende Menschen hielten sich am parkähnlichen Dorfplatz auf und wir fanden vier Parkbuchten direkt vor der Kirche, wahrscheinlich im realen Zentrum der Gemeinde. Wir wussten nicht so recht ob wir uns da hinstellen konnten und fragten auf der ersten Bank mit 3 Herren nach. Klar wäre das kein Problem und auch über Nacht könnten wir sorgenfrei dort parken. Also rollten wir vorsichtig los, unter dem wachsamen Blick der Polizei. Ich hatte gerade erst eingeschlagen als der erste Beamte stramm auf uns zueilte. War wohl doch ein Problem. 2 Meter vor uns blieb er stehen und winkte uns ein. Deshalb sein einschreiten, um mir auf einen leeren Platz die Parkbucht zuzuweisen. Da er schon einmal da war stellten wir uns vor und fragten ob wir hier nächtigen könnten. Perfekter Ort, Polizei die ganze Nacht. Er sagte es gäbe gratis Internet, was stimmte und empfahl und ein kleines Lokal für ein preiswertes und herzhaftes Essen. Auch da behielt er voll und ganz recht. Er kam, als wir mit einem Buch im Park saßen, auf einen Plausch vorbei und er war ein sehr netter Herr. Von ihm erfuhren wir schon, dass alle Wanderwege am Vulkan Masaya gesperrt waren. Wieder nichts mit wandern.


Als wir erwachten war schon hektische Betriebsamkeit. Eine Radveranstaltung fand an diesem Freitag statt und Pavillons und Buden wurden um 6 Uhr aufgebaut. Die ersten Radler fanden sich auch schon ein und bei strahlendem Sonnenschein schlürften wir unseren Kaffee und verstauten alles wie an jedem Morgen.
Bis zum Nationalpark des Vulkan Masaya waren es danach nur 10 Minuten.
Der Masaya ist der aktivste Vulkan des Landes und noch im September war der Park während ein paar kleinen Gaseruptionen für einige Tage gesperrt. Aus diesem Grund waren die vielen Wanderwege nicht zugänglich und nur die direkte Zufahrt zum Hauptkrater (hat insgesamt 4) fürs Publikum geöffnet. So blieb uns nur Pancho durch die alten Lavafelder zu lenken und den 635 m hohen Vulkan im Galopp zu erstürmen. Naja oder so ähnlich. Da aus dem brodelnden Magmakessel so viele Dämpfe aufstiegen war die Besuchszeit auf 15 Minuten limitiert. 3 Euro zahlten wir tagsüber, 10 € am gleichen Abend und bekamen ein unvergessliches Erlebnis. Die Lavalandschaft mit den unterschiedlichen Vegetationen, die je nachdem wie lange die Lava an dieser Stelle schon erkaltet war von Flechten bis Bäumen reichte und der Santiago-Krater mit seinen unterschiedlichen Schattierungen waren schon beeindruckend, aber die Magma im Inneren des Vulkankraters zu sehen war der Hammer. Wir konnten Magmablasen platzen sehen und die verschiedenen Hitzezonen anhand ihrer Farbe erkennen. Diese reichten von gelb-orange bis tief rot. Und dann erklang auch schon die Trillerpfeife und wir mussten das Feld, bzw. den Krater räumen. Wir schwärmten pausenlos und wollten nach so viel Hitze diese in Thermalquellen abkühlen. Es dauerte einige Zeit bis wir sie fanden, nur um dann zu hören dass sie zur Zeit kein Wasser führten. Nun gut besuchten wir halt doch die Stadt Masaya und wussten danach warum wir nicht erpicht waren sie zu sehen. Sie hatte überhaupt keinen Reiz. 2 Sachen fanden wir aber doch. Einen schönen kurzen Uferweg an der Masayalagune mit Blicken auf den Vulkan und unser erstes Faultier. Es handelte sich um ein Zweifinger-Faultier und schlummerte in einer Baumkrone direkt auf dem Hauptplatz der Stadt. Uns wurde erzählt es lebe schon seit 8 Jahren auf diesem Baum und war eines Morgens einfach dort. Woher es kam weiß niemand, denn sonderlich grün war dieser Stadtkern nicht. Uns war es egal und dem Faultier auch, da sind wir uns sicher. Es lag dort oben und als wir über einer Stunde wieder vorbeikamen hatte es seinen Kopf um ein paar Grad gedreht. Alle Achtung am helllichten Tag .







Um 17 Uhr reihten wir uns in die Autoschlange ein, um den Masaya bei Nacht zu besuchen. Zwei Stunden später waren wir dann oben (nur weil wir warten mussten, die Fahrt dauerte nur 10 Minuten) und konnten das faszinierende Schauspiel beobachten. Rotes Leuchten sahen wir schon von weitem und im Krater blubberte die Magma weiterhin fröhlich vor sich hin. Wir hatten wieder eine Viertel Stunde und stierten wie gebannt in die etwa 1.000°C heiße Masse unter uns. Mehr gibt es nicht zu sagen. In Guatemala waren wir kurz davor Magma in einem Vulkan zu sehen (Vulkan Pacaya) und jetzt hatten wir dies zweimal an einem Tag. Da machte es uns auch nichts aus direkt vor dem Parkeingang unter Bäumen zu nächtigen.






Granada wurde wie León im Jahre 1524 gegründet und befindet sich wie León ebenfalls am Fuße eines Vulkans. Aber anders als das liberale León wurde Granada (konservativ) vom Vulkan Mombacho verschont und erstrahlte als wichtigste Kolonialstadt des Landes, da sie über den Nicaraguasee und dem Fluss San Juan direkten Zugang zur Karibik hatte und somit mit Spanien. Was die Natur nicht schaffte, vollbrachte der Mensch. Granada wurde mehrere Male von Piraten geplündert und 1856 im Auftrag vom verfeindeten León in Schutt und Asche legen lassen. Nur einem Restaurierungsprogramm ist zu verdanken, dass das alte Flair wieder in Granada erstrahlt.
Wir erreichten die 130.000 Einwohner Stadt, die direkt am Nicaraguasee liegt, nach nur einer Stunde Autofahrt. Der Verkehr war überraschend überschaubar und schnell befanden wir uns im Zentrum. Wir steuerten einen kleinen Park 900 Meter vom zentralen Platz an und fanden uns dem Eisenbahnmuseum gegenüber. Wenn dies kein guter Ort für unseren Gefährten war. Die Lage war perfekt. Wir benötigten nur wenige Minuten und befanden uns im Herzen der fotogenen Stadt, nachts war dafür auf dem kleinen, bebaumten Platz nichts los und dementsprechend friedlich war es.
Wir folgten der großen Avenida und erkannten sofort die Schönheit der Stadt. Große alte Prachthäuser wechselten sich mit kleinen knallbunten einfachen Unterkünften ab. Es wurde gekauft und gefeilscht, Kaffee oder Kakao in schicken Lokalen oder Straßenbuden getrunken, Bier auf der großen Barstraße in Richtung See vernichtet und die Parks, vor allem der zentrale vor der Kathedrale, zu einem Schwätzchen unter Bäumen genutzt. Und besonders hatte man eins; viel Zeit. Wir mischten voll mit und besuchten diverse Kirchen und natürlich die in grellem Orange erstrahlende Kathedrale. Von innen war sie hübsch, aber nicht so anziehend wie von außen. Knallige, wie alles in Granada, Deckengemälde wurden während unserem Besuch angebracht und alte Motive wurden jung und frisch interpretiert. War etwas anderes. Granada hatte weniger marode Bauten wie León und es machte einfach Spaß über die Kopfsteinpflaster zu schlendern und Straßenzug um Straßenzug zu erkunden. Bei passendem Wetter konnte jedes Haus für ein Motiv herhalten. Wir wurden in ein privates Haus eines ehemaligen Kaffeebarons eingeladen, weil wir durch die Gitterstäbe spitzen, durften für einen Euro auf den Glockenturm der Ingelsia de La Merced von dem man einen grandiosen Blick über die Dachziegeln der Stadt hat und die Kathedrale als orangen Klecks vor dem meerartigen Nicaraguasee sieht und liefen am zweiten Tag zum Hauptfriedhof etwas außerhalb des Zentrums. An dem Tag durchschritten wir die Randbezirke der Innenstadt und wo dort die Häuser Farbe und Prunk versprühten, war hier die Armut in einfachen Hütten allgegenwärtig. Die Kontraste auf so kurzer Entfernung machen die Städte in Mittelamerika aus. Der Uferpark war enttäuschend und auch die Barmeile war überteuert. Zwei Parallelstraßen davon entfernt und die Kneipen waren mit Einwohnern bevölkert, die drinnen ihr Bier tranken und sich draußen Grillfleisch mit Salat und einen Berg frittierter Bananen holten. Dort gesellten wir uns dazu.










Simones Fuß war vollständig verheilt und so wollten wir zum Vulkan Mombacho zum wandern, aber die Informationen die wir erhielten ließen uns lieber in Granada verweilen. Der Parkeintritt dieses Nationalparks war als einziger richtig teuer (15 Euro pro Person) und ohne Führer ging gar nichts. Der wollte nochmal 15 Euro pro Person und für die komplette Tour sogar noch mehr. Nö da gaben wir das Geld lieber in den Straßen aus, kauften lecker im Markt ein und besichtigten eine Künstlerinitiative. Immer wenn die Sohlen qualmten ließen wir uns zu einem Kaffee oder Fruchtsaft nieder und am Abend versuchten wir eine andere Eckkneipe mit lauter Musik. Nach 2 Nächten am Eisenbahnmuseum brachen wir am Montag Vormittag wieder auf. Wir überlegten noch einen Tag zu bleiben hatten aber nur noch eine Woche Zeit. Wir gerieten unter Zugzwang .
Granada war eine tolle Stadt, fotogener als León, anders in seiner Erscheinung aber für uns nicht attraktiver. Spätestens jetzt wurde uns klar wir schön wir auch León fanden.










Wer die Karte bemüht wird feststellen wie nah alles in Nicaragua um die Hauptstadt Managua liegt. Von Granada bis zum Apoyo-Kratersee waren es auch nur wenige Kilometer. Beschrieben als Naturwunder, wunderten wir uns wie wir denn ans Wasser kommen sollten. Es gab nur eine kleine Zufahrtsstraße und am Kratersee nur Privathäuser. Kein Wunder, dass die Natur noch unberührt ist, denn der Zugang war sehr limitiert. Wir planten hier eine Nacht ein, verwarfen den Gedanken aber sogleich wieder als wir eine krumme unebene Stelle fürs parken nutzten. Dort war es zum Parken in Ordnung, aber mehr auch nicht. Wir schlugen uns durch die Büsche und schwammen im klaren sauberen Wasser. Nach einem „krummen“ Mittagessen fuhren wir den Krater wieder empor und blieben auf dessen Rand bis wir in ein kleines Dorf gelangten. Catarina ist für seinen Aussichtspunkt bekannt, der sich hoch oberhalb des Apoyo-Kratersees befindet mit Blick auf den Mombacho, Granada und dahinter dem Nicaraguasee. Für 2 Dollar durften wir auf die Aussichtsplattform und der Parkwächter fragte uns sofort ob wir für die Nacht stehen bleiben wollen. Können wir? Na klar und kostete nichts extra.
Ich zog meine Wanderschuhe an und lief auf einen kurzen Weg 3 Kilometer durch den Wald. Den See und Vulkan sah ich so gut wie nie, dafür aber jede Menge Kolibris und Kapuziner- und Brüllaffen. Beim Sonnenuntergang waren noch ein paar Besucher vor Ort, danach leerte sich der Parkplatz ganz schnell. Friedliche Ruhe und Nebel senkte sich über Catarina.




Vom Mirador,
die mit dem Weitblick