Samstag, 22. August 2015

Canada Day und Lake Superior (01.07.2015 - 05.07.2015)


Dieser Tag war ein besonderer Tag... nicht für uns, aber für Kanada. Es war der 1. Juli und somit Canada Day, einer der wichtigsten Feiertage im kanadischen Kalender. Er erinnert an die Bildung Kanadas, als Bundesstaat des britischen Commonwealth, 1867.
An diesem Tag steigt überall im Land eine mehr oder weniger große Sause und wir wollten mittendrin statt nur dabei sein. Deshalb verließen wir die Insel Manitoulin, ohne viel von ihr gesehen zu haben. Wir wollten zu einem größeren Ort aufbrechen und nicht mit 358 Bewohner eines Dorfes den Abend verbringen.
Die eventuell attraktivere und gewiss größere Stadt Thunder Bay an der Westseite des Lake Superiors war für uns eine zu weite Tagesdistanz, zumal auf dem Weg um den größten der 5 Seen ein paar Parks liegen, die wir besuchen wollten. Also musste Sault Ste. Marie mit etwa 75.000 Einwohnern an der Ostseite des Sees genügen. Am frühen Nachmittag sind wir in der Stadt eingetroffen und es war das erste Mal, dass Geschäfte tatsächlich zu hatten. Wir haben direkt am Wasser geparkt und hatten dadurch nur ein paar hundert Meter bis zum Festzelt, wohl wissend dass wir nachts umparken müssen. Am gegenüberliegenden Ufer konnten wir die gleichnamige Stadt, allerdings auf US Territorium sehen (Kartenlink).
 
 
Einen Schönheitspreis gewinnt Sault Ste. Marie sicherlich nicht und auch die dargebotenen Programmpunkte zur Feierlichkeit konnten uns nicht erwärmen. Apropos erwärmen; bis das Feuerwerk über dem Verbindungskanal zwischen Lake Superior und Lake Huron gegen 22.30 Uhr gezündet wurde, hatten wir 10°C. Sommer in Kanada . Zur Ehrenrettung müssen wir aber gestehen, dass es angeblich einer der kältesten Canada Days in der Geschichte war. Das Feuerwerk entschädigte für alles und so blieb bloß noch die Suche nach einem geeigneten Schlafplatz. Dass die Stadt ein paar Einbahnstraßen aufwies haben wir schon bei unserer Ankunft festgestellt, aber dass sie nachts praktisch nur noch aus selbigen besteht war ein kleines Wunder. Wir schafften es einfach nicht die Stadt wie auf dem Hinweg am Nachmittag, wieder zu verlassen. Wir kurvten durch Wohngegenden, wollten schon an Kirchen mitten in der Stadt halten und fanden viele eher wenig vertrauenerweckende schäbige Straßen mit flackernden Straßenlaternen. Typisches Filmklischee und was machen die Freunde 10 Minuten bevor sie mit aufgeschlitzten Kehlen auf der Autobank verbluten? Sie halten natürlich dort mal kurz an. Wir nicht, wir gaben Pancho die Sporen. Eine gefühlte Stunde später, reell eher 30 Minuten fanden wir durch Zufall eine Shopping Mall am Rande der Stadt und in großen Lettern auf blauem Grund stand da WALMART. Unsere Rettung.
 

 
Da wir schon am richtigen Ort waren, erledigten wir ein paar Einkäufe am Morgen und setzten zur langen Runde um die Nordseite des Lake Superiors an.
Es ging um die Pfannenkuchen-Bucht und weiter durch dünn besiedeltes Gebiet. Leider setzte Regen ein und die Sicht auf den See wurde von Kilometer zu Kilometer schlechter. Am frühen Abend erreichten wir den Pukaskwa Nationalpark, vielleicht den am wenigsten frequentierten Nationalpark Ontarios, der zudem kaum erschlossen ist. Vor Ort konnten wir nicht bleiben, deshalb sind wir wieder ein paar Minuten zurück gefahren und haben nach Zustimmung eines First Nation Dorfbewohners am Fluss übernachten dürfen. Der einsetzende Morgen unterschied sich in nichts vom Abend zuvor. Es war nasskalt, richtig kalt, es regnete in Strömen und über dem Fluss lag Nebel. Wir konnten nur ein paar Meter weit sehen und entschieden uns gegen den Nationalpark und fuhren im warmen Fahrerhaus sitzend weiter um den riesigen See. Zum Mittagessen auf einem Truckstopp in Nipigon wechselte endlich das Wetter und wir lernten Matt, einen jungen Trucker mit deutscher Abstammung kennen. Er lebt witzigerweise an der Kreuzung, an der Rob und wir zum Mittagessen auf dem Weg zur Bruce Peninsula waren. Inzwischen versorgt er uns mit wertvollen Tipps, rund um Highways, Servicestationen und Sehenswürdigkeiten entlang unserer Route. Falls du dies liest, sei gegrüßt!

Die Straße zum Ouimet Canyon kurz hinter Nipigon gelegen, war und ist bis heute, der einzige Weg den wir aus Gewichtsgründen nicht passieren konnten. Dabei waren weniger wir das Problem, als Pancho mit seinen inzwischen 8 Tonnen. Eine Holzkonstruktion für ausgelegte 5 Tonnen stoppte uns 9 Kilometer vor dem Canyon. Schade, aber wir wollten es nicht riskieren einzubrechen. Nächster Stopp war der Sleeping Giant Provincial Park. Die Halbinsel (50 km lang und bis zu 10 km breit) ist zur einen Seite flach, zur anderen erheben sich Klippen von bis zu 300 Metern Höhe. Der Park umfasst beinahe die komplette Landzunge und bietet reichlich Auswahl zur Freizeitgestaltung. Wir liefen bis zum Abend und schliefen illegalerweise hoch oben auf einem Aussichtspunkt 150 Meter über dem Lake Superior. Hatten den Platz ganz für uns alleine und einen perfekten Sonnenuntergang.
 



 
Thunder Bay war schnell erreicht und bis auf Lebensmittel/Diesel haben wir von dieser Stadt nichts entgegengenommen. Vor der Stadt hielten wir für einige Minuten am Terry Fox Monument.
Der Kanadier Terry Fox verlor mit 18 Jahren ein Bein an Krebs und wollte Geld für die Krebsforschung sammeln. Mit einer Beinprothese plante er den “Marathon of Hope”, der von St. John´s auf Neufundland den gesamten TCH (ca. 7.700 km) entlang bis nach Vancouver Island führen sollte. Zu Beginn wurde er belächelt und niemand interessierte sich für sein Vorhaben und Geschichte. Die Medien griffen diese auf und so wurde sein Ziel publik, bis es Volksfeste und Massenbewegungen zu den Tagesetappen gab. Kurz vor Thunder Bay nach 143 Tagen und 5.373 km gab er auf und wie er betonte nur vorübergehend, da sich Metastasen in seiner Lunge gebildet hatten. Terry Fox wurde nur 22 Jahre alt und sammelte 24 Millionen Dollar für die Krebshilfe. Er wurde mit den meisten Auszeichnungen bedacht, die eine Privatperson in Kanada jemals erhielt, ein Berg in den Rockies wurde nach ihm benannt, sein Konterfei zierte Briefmarken und eine 1 Dollarmünze. Wir sahen in Ottawa in einem Museum Livebilder und Kommentare von 1980. Seine Ansprache auf der Krankenbahre nachdem er kollabiert war und erfuhr, dass er wieder an Krebs erkrankt war, war sehr bewegend. Er hat in Kanada Heldenstatus, alle Hochachtung!
 
 
Sonst gibt es in der Nähe von Thunder Bay das nur mäßig spannende Fort William. Das Palisadenfort wurde originalgetreu, 14 km entfernt von einst, wieder aufgebaut und diente Pelztierjägern als zentraler Umschlagplatz und Winterquartier.
  
 
Laut Reiseführer sei die Alternativroute über Fort Frances und Lake of the Woods in Richtung Provinzgrenze schöner und der kürzeren Routenführung auf dem Trans Canada Highway vorzuziehen. Wir gaben der Strecke den Namen Biber Highway, den mehr als Biberburgen und -dämme gab es auf der 250 km langen Strecke nicht zu sehen.
  
 
Tümpel wechselten sich mit kleinen Seen ab und zum rasten gab es nicht viele Möglichkeiten. Wir versuchten unser Glück in der Wildnis und fuhren tief in Moskitosperrzone, bis die Tümpel beiderseitig des Wegs an Panchos Räder reichten. Überall lief Wasser über den Holperweg und wir hatten Angst stecken zu bleiben. Drehen ging erst einige Kilometer später, indem wir Büsche und kleine Bäumchen großzügig niederdrückten. Simone musste beim rangieren von außen helfen. Die Arme wurde in kürzester Zeit übelst verstochen. Ich glaube die Stechmücken hatten schon seit Monaten keinen Warmblüter in ihrem Revier . Als Trost gab es und dies war das einzig wirklich gute an der Strecke, leckere herausgebackene Zimtschnecken mit warmer, zähflüssiger Zuckerglasur kurz vor Lake of the Woods. Waren die heftig...

Mit Zuckerschock ging es die letzten Kilometer rauf und runter zur Provinzgrenze nach Manitoba.

Wir fanden Ontario spitze und hatten eine prima Zeit. Die restlichen Bilder sind auf unserer Homepage zu sehen.

Es grüßt,
Pancho mit Insassen