Dienstag, 1. September 2015

Vom Ackerland ins Grasland (09.07.2015 - 13.07.2015)


@ Sophia: Die allerliebsten Geburtstagsgrüße aus Alaska! Wir wünschen dir in deinem neuen Heim allzeit gute Tage .
 
In Saskatchewan waren wir ebenfalls nur 5 Tage, dafür sammelten wir aber wesentlich mehr positive Eindrücke als in Manitoba. Beide Provinzen sind bezüglich ihrer Gesamtfläche und Bevölkerungszahl sehr ähnlich, wobei sich das Landschaftsbild in Saskatchewan irgendwann mal änderte. Aus Feldfrüchten wurde in etwa auf Höhe von Regina nach Westen Farmland bzw. Grasprärie (Kartenlink).
  
 
Der Gang durch das Besucherzentrum war schnell abgehakt und wir fuhren direkt weiter in die zweitgrößte Stadt der Provinz, Regina die Provinzhauptstadt mit fast 200.000 Menschen.
Regina ist in Kanada bekannt für die Ausbildung der Mounties, der legendären Polizeitruppe in roten Uniformen, der Royal Canadian Mounted Police (RCMP). Bei fast 34°C kamen wir alle drei endlich richtig ins schwitzen und kühlten in den Gemäuern des Zentrums etwas ab. Da dies nicht reichte, mussten wir auf Empfehlung von Jan & Rob, die Bushwakker Kleinbrauerei inmitten der Stadt aufsuchen. Die urige Stube mit Sudkessel und Co. war ganz nach unserem Geschmack. Wörtlich wie im übertragenen Sinne. Neben der Bierstammbesetzung gab es auch saisonale Hopfensäfte, Gerstenwässer mit Fruchtkomponenten, 2 adaptierte deutsche Schaumkronen und in der Summe viel zu viel Promille für unseren Geldbeutel. Leider oder vielleicht auch Gott sei Dank liegen die Alkoholpreise in Kanada sehr hoch und für eine Pint (473 mL) zahlt man im Bushwakker annähernd 5 Euro. Die teuersten Sorten, der mit Auszeichnungen überhäuften Brauerei lagen bei 8 Euro.
 
 
Nach einem Bier für jeden von uns ging es zum einkaufen und zum 2ten Interview. Wieder auf einem Parkplatz, wieder für den lokalen Radiosender, aber ob der Beitrag online ging wissen wir nicht.
 
Regina hat mit Regina Beach am Last Mountain Lake ein Naherholungsgebiet direkt vor der Haustür. Dorthin verschlug es uns am nächsten Tag und in der heißesten Mittagssonne liefen wir etwas am See entlang. Nichts besonderes, aber zum Füße vertreten war der kilometerlange See gut geeignet. Belohnt haben wir uns mit Fish & Chips, also Fisch mit Pommes im angesagten Dorflokal.
 

 
Gestärkt fuhren wir weiter und in etwa zu dieser Zeit änderte sich die Landschaft. Weizen, Gerste und Raps wurden weniger und dafür wurde das Land welliger, nicht hügelig sondern leichte ineinander verlaufende Wellen mit vielleicht 40 Meter Höhe. Simone meinte wie die Arbeit von einem riesigen Maulwurf...
Dadurch scheint das aussähen von Feldfrüchten uninteressant geworden zu sein und Rinder grasten ab und zu eine dieser Kuppen ab. Die Wildgräser wurden gelbgrün, durchsetzt von Wildblumen aller Farben. Übrigens, falls wir dies noch nicht erwähnt haben, es blüht in Kanada überall und pausenlos. Straßenbankette, Wälder und Wiesen, Gebirgswege, Seeufer usw. dürfen sich entfalten ohne gekürzt zu werden. Dadurch entsteht in der schneefreien Zeit ein Fest der Farben.
 
Aber weiter im Text; ebenfalls auf anraten von Jan und Rob steuerten wir den Buffalo Pound Provinzial Park an. Zu spät um Eintritt gewährt zu bekommen, nächtigten wir direkt davor zwischen Leinsamen und Raps und sagten dem Stinktier gute Nacht.
 

 
Wir stürmten den Park um 8 Uhr und aus welchen Gründen auch immer war die Kassiererin vom Vortag noch nicht da. Eine Rangerin ließ uns ohne zu zahlen ein und so gefiel der Park uns noch besser, als er es ohnehin getan hätte.
Der See liegt eingerahmt zwischen 2 Hügelketten welche zu Fuß erkundet werden können. Ein Hitzegewitter stoppte uns am Nachmittag und wir entschieden nach Moose Jaw weiterzufahren. Einige Reisende, die wir in den letzten beiden Wochen trafen, legten uns einen Besuch der Tunnel in Moose Jaw nahe. Ohne diese Empfehlungen wären wir wahrscheinlich nie nach „Elchkiefer“ gekommen.
Die Tunnel sind, wie der Name vermuten lässt, ein unterirdisches Gängegeflecht, das mit dem Aufstieg des Handelsposten zur Stadt angelegt wurde, um im Winter die Häuserzeilen unterirdisch zu beheizen. In den Tunneln liegen, bzw. hängen an der Decke, dicke Rohre die durch etliche Heizöfen verbunden sind. Was die Besichtigung nun einzigartig macht, ist das Vermächtnis welches sie hinterlassen haben. Heute wird die Geschichte der Tunnel durch kostümierte Schauspieler lebendig nacherzählt. Wir, die Besucher, werden sogar involviert, wenn die unrühmliche Vergangenheit aufgedeckt wird. Als die Stadt florierte kamen viele Chinesen, beflügelt vom Traum vom besseren Leben in Amerika über den Pazifik, nur um festzustellen, dass sie ihr Leben verpfändet haben. Sie mussten Frondienste leisten und wurden als Menschen niederer Abstammung in den Tunnel gehalten. 5 Jahre, viele bis zu 10 Jahre, mussten sie in den Katakomben hausen und „heimlich“ in der Wäscherei, der Bäckerei, dem Schlachthaus etc. arbeiten um ihre Passage abzuarbeiten. Die Tunnel und die Räume sind der Geschichte entsprechend ausgestattet und so geht es auf sehr unterhaltsame Weise durch ein eher trauriges Kapitel der Bevölkerung Amerikas.
Die 2te Darbietung handelt von der Zeit „Big Al’s“. Von Al Capone ist die Rede, der die Tunnel als Zwischenlager nutzte um während der Prohibition, Whisky, Waffen und Tabak vor den Behörden zu verstecken. Auch diese Führung war große Klasse und wir mussten zum Schluss durch die Gänge hetzen, da Big Al ohne Vorankündigung im Saloon erschien und wir in seinem Büro rumstanden. Schüsse fielen und durch den falschen Kleiderschrank ging es wieder in die Sicherheit, nun ja bis die Behörde eine Razzia durchführte und wir weiter durch die Schnapslager und Waffenkammer Richtung Ausgang rannten.
Angeblich ist belegt, dass Al Capone mindestens einmal in Moose Jaw und in seinem Büro war. Fotografieren war verboten, daher müsst ihr euch damit begnügen zu wissen, dass wir Spaß hatten.
 



 
Den Grasslands Nationalpark im Süden an der Grenze zur USA ließen wir aus, da er zu abseits liegt. Dafür haben wir den Cypress Hills Interprovincial Park und Fort Walsh einen Besuch abgestattet. Diese beiden Lokalitäten liegen sehr eng beisammen und nur 70 km südlich vom Trans Canada Highway an der Provinzgrenze zu Alberta.
Die Fahrt durch das Grasland war für sich schon sehr sehenswert und ebenso war es das Fort und der Park. Auch hier waren wir zu spät, um noch viel unternehmen zu können und ich (Stefan) wollte eine kleine Schotterstraße testen, ob sie ein ruhiges Fleckchen zum schlafen bietet. Der Wald war nur 300 Meter weit entfernt und so fuhren wir, schon innerhalb der Parkgrenzen, den Weg entlang, der sich urplötzlich im Wald verengte und über riesige Steine eine steile Böschung hinunterging. Die Äste streiften über Pancho und wir wurden für 2 Kilometer heftig geschüttelt, ohne Chance zu wenden und händeringend hoffend, dass wir irgendwo raus kämen. Sehr oft verjüngen sich derartige Wege, dass nur noch Quads (im englischen ATV; all terrain vehicle) weiterkommen. Pancho kann beileibe nicht als ATV durchgehen.
So überraschend das Gefälle kam, so überraschend waren wir nach verlassen des Waldes auf einer Kuhweide. Kein Mensch weit und breit, aber Farmhäuser sahen wir auf dem Hinweg. Wir also schleunigst raus aus der Wiese, auf einen Feldweg und nichts wie ab in Richtung Straße und runter vom Privatbesitz. Ging nochmal gut!
Fort Walsh war ein Stützpunkt der NWMP, North West Mounted Police und der Vorläufer der RCMP. Nach einem Massaker 1873 von Weißen an Indianer, wurde ein Trupp der NWMP abgestellt um die Viehdiebe und Whiskyschmuggler zu fassen. Dies gelang und die Schuldigen wurden teilweise von einem Gericht verurteilt, was die Indianer versöhnlich stimmte und den Nutzen der Schutztruppe sowie die Errichtung eines Forts billigte. Dies war einer der ersten großen Aufgaben der NWMP und durch das Gelingen ein Grundstein für das Bestehen der Mounties. Das Fort wurde 1875 errichtet und die letzten Überreste können auf einen kurzen Rundweg quer durch wunderschöne Landschaft besichtigt werden. Man kann querfeldein durch Wildgräser und -blumen laufen, Salbei pflücken und von den Höhen herrlich den Blick schweifen lassen. Mit reichlich Glück sieht man einen Dachs, so wie wir. Ein aufkommender Sturm trieb uns die letzten 2 Kilometer zur Eile und da der restliche Teil des Cypress Hill Parks zum laufen nicht ganz so gut geeignet war, durchfuhren wir ihn lediglich und passierten dabei die Grenze zu Alberta, unserer folgenden Provinz.
 





 
Saskatchewan hat uns sehr gut gefallen und auch der weitere Verlauf der Prärie in Alberta hatte eine Menge zu bieten. Was wir dort antrafen verschlug uns den Atem...
 
Wir hoffen ihr seit neugierig,
Stefan und seine Lieben