Freitag, 8. Juli 2016

Höhen und Tiefen (21.05.2016 - 26.05.2016; aktueller Standort: Valladolid, Yucatán)


Keine Bange es ist nichts passiert! Wir beziehen uns nur auf die Landschaft (Kartenlink).

Als wir aus Tula aufbrachen und ein weiteres Mal von einem netten Polizisten gestoppt wurden, der nur behilflich sein wollte, begaben wir uns in Richtung Gorda-Gebirge im zentralen und kleinen Bundesstaat Hidalgo (Größe Hessen). Der Bundesstaat ist nach dem Priester Miguel Hidalgo benannt, der 1810 zum Unabhängigkeitskrieg gegen Spanien aufrief.
Wir fuhren den ganzen Nachmittag und die von uns gewählte Route verlief durch sehr dünn besiedeltes Gebiet. Wir sahen mehr Ziegen als Menschen. Wo wir uns vorher oft gleichbleibend auf einer Höhe bewegten, ging es hier wieder los mit dem auf und ab durchs Bergland. Um dies noch einmal zu verdeutlichen; Mexiko liegt fast durchgängig auf einem Hochlandblock. Nur an den Küsten und im äußersten Süden, sowie auf der Yucatán-Halbinsel bewegt man sich auf Meeresniveau. Sonst sind es im Durchschnitt 2.000 Höhenmeter, aber in manchen Regionen kann man schön gleichmäßig fahren, in anderen muss man jeden Berg erklimmen. So auch hier.
Die Eindrücke durch die Berge in Richtung Cadereyta waren fantastisch, alle Strecken durch die Sierra Gorda waren zwar zeitaufwendig aber toll. Oberhalb des Stausees Zamapán fanden wir eine kleine Anhöhe die uns einen spektakulären Blick auf den See bot. Zwischen Ziegen und gelb blühenden Agaven blieben wir.





Kaffee, spanisch lernen und einen geilen Blick am Morgen. Was will man mehr.
In Serpentinen ging es runter ans Wasser, die kargen Berghänge mit lila blühenden Büschen gesprenkelt. Nach 2 km am See (nur eine Parkmöglichkeit, die wir verpassten) musste Pancho wieder einen Berg hoch. Nicht mehr weit und wir kamen im Pueblo Mágico Cadereyta de Montes an. Der Tag wurde heiß und wir liefen zum Botanischen Garten, der hauptsächlich Kakteen in ihrem natürlichen Umfeld zeigte. Meine Herren war es heiß dort. Des weiteren besuchten wir die Quinta Fernando Schmoll. Die deutschen Auswanderer Schmoll & Wagner bauten eine Kakteenzucht auf, die inzwischen fast jeden in Amerika heimischen Kaktus beinhaltet. Auch Sukkulenten aus Afrika werden heran gezogen. Inzwischen in der 3. Generation ist das Haus führend in der Kakteenzucht und sehr wichtig für den Genpool dieser Pflanzengattung (so haben wir es verstanden...). Die zig Millionen Babykakteen in den großen Gewächshäusern wuchsen einen Zentimeter im Jahr. War schön anzuschauen, aber die spanischen Erläuterungen waren oft zu schwer für uns.
Freixenet México lag gleich außerhalb des Ortes, aber unsere geplante Besichtigung und Verkostung ließen wir ganz schnell sein, als wir die Heerscharen und Touristenbusse sahen, die auf dem riesigen Schaumweingut herumliefen bzw. parkten. Dafür sahen wir aus ein paar Kilometern Entfernung den drittgrößten Monolith der Welt in Bernal. Wir wollten aber weiter und fuhren die Straße 120 nach Norden. Es ging die Gordas hinauf und hinab. An einer kleinen Kapelle in einer Kurve parkten wir Pancho, schnappten unsere Bücher und setzten uns an die Kante mit Blick über die Landschaft. Obwohl wir direkt an der Straße standen, hatten wir eine sehr ruhige Nacht. Nicht ohne Grund fährt kaum einer diese Strecken in der Dunkelheit.










Die kargen Berge wechselten auf einer Bergseite zu Wald. Je höher wir fuhren, desto grüner und kühler wurde es. In der Gegend um Jalpan de Serra (Pueblo Mágico) gab es einige Wasserfälle, Höhlen, Schluchten und dichte Wälder in dem Gorda-Gebirge. Wir versuchten zu wandern, aber fanden zum Teil die Wege nicht. Auch hatten wir bei 33°C keine Lust die Berge auf Schotterstraßen hoch zu laufen. Leider bedeutet dies nur zu oft “Wandern in Mexiko”. Die nächste Grotte war auch Fehlanzeige und zum nächsten Wasserfall kamen wir nicht, da Pancho zu hoch für die Bäume war. Nicht ganz wie wir uns das vorgestellt hatten. So ging der Tag aber auch vorbei und schlussendlich parkten wir direkt am Stausee dieses Ortes. Am frühen Abend waren viele Einheimische zum baden dort. Am Morgen konnten wir alleine in den See.




Ein angeblich mehrfarbiger Fluss entpuppte sich als das was es war; ein Fluss. Nach diesem sehr kurzen Aufenthalt hieß es wieder ab ins Fahrerhaus und weiter durch den Osten des Bundesstaates Querétaro und hinein in den nächsten, nach San Luis Potosí. Beide hatten wir schon etwas weiter westlich durchkreuzt. An diesem Tag verließen wir das Gebirge und fuhren langsam in feuchtere und niedrigere Landstriche. Regenwald wechselte mit Viehbeständen ab, immer wieder kamen auch Obstplantagen in Sicht. Papayas, Mangos, Bananen, Litschis. Wir kauften zu dieser Zeit fast täglich Obst aus dem Wagenfenster. So einfach und gut.
Auf nur noch 80 Meter über Null erreichten wir am Nachmittag den Tamul Wasserfall, eine Empfehlung von Jorge aus Guadalajara. Kaum parkten wir Pancho direkt auf der Straße wie die 5 Autos vor uns, kamen die ersten Touranbieter angerannt. Ob wir den Wasserfall sehen wollten? Klar, warum parken wir sonst vor einer Kuhweide mitten auf der Straße? Bis auf 20 Euro konnten wir sie herunterhandeln, aber günstiger wollte uns keiner mit dem Kanu den Fluss hoch fahren. Da es nach Kanu und nicht nach Personen ging, wollten wir unser Glück versuchen und stiefelten ohne Führer an den grasenden Kühen vorbei zum Ausgangspunkt der Paddeltour. Wir hofften mit jemanden das Kanu teilen zu können, aber nach 40 Minuten und ca. 16 Uhr gaben wir nach und fragten einen Kanuten, der soeben zurück kam, ob er uns für 400 Pesos den Fluss hochbringen würde. Logisch ging es und so holte er schnell zwei Paddel und es stellte sich heraus, dass wir uns richtig ordentlich ins Zeug legen mussten. Alleine wäre man den Río Tampaon kaum hochgekommen und wir mussten mehr als 4 km gegen die Strömung durch den Regenwald. Um es kurz zu machen, der Trip war genial, aber nicht unbedingt wegen dem 105 Meter hohen Tamul Wasserfall, der durch eine Schlucht zu sehen war, sondern wegen der Natur als solche. Das klare Wasser wurde blau und später grün, die senkrechten Felsen rückten näher und näher und grüne Aras und Halsbandsittiche krächzten in den Bäumen und waren auch gelegentlich zu sehen. Das Wasser war herrlich warm, wir schwitzten in der Sonne wie die Doofen und konnten uns in einer Grotte in kühlem kristallklaren Wasser abkühlen. 42 Meter tief war diese Wasserstelle und ich konnte kurzfristig den Schweiß loswerden. Aber kaum an Land bissen und zwickten die Moskitos und wir wollten schnell weiter. Noch einmal hielten wir um kaltes Wasser aus einer Quelle zu trinken. Sprudelte direkt aus dem Felsen in den Fluss und wir füllten Flaschen und bearbeiteten die Paddel für die letzten 800 Meter. Unser Chef musste zweimal aussteigen, um uns durch kleinere Stromschnellen zu ziehen, aber dann waren wir am Ziel. Jetzt im Juli und mit dem Beginn der Regenzeit fällt diese Tour ins Wasser. Im wahrsten Sinne des Wortes. Der Fluss schwillt um 6 Meter an und wird zum reißenden Strom, aus den kleinen Stromschnellen werden mörderische Strudel. Es war toll auf dem Fluss, wenn auch extremst schweißfördernd. Die Rückfahrt ging etwas einfacher und zum Schluss bekamen wir auch noch einen spitze Hinweis, wo wir umsonst die Nacht verbringen können. Zurück ins letzte Dorf und dann an ein paar einfache Häuser vorbei, eine enge und sehr holprige Steingasse hinunter und dann landeten wir auf einer riesigen Wiese direkt am Fluss, den wir noch soeben befahren hatten. Viele Feuerstellen zeugten von Parties, oder anderen Campern. Überall weideten Pferde und Kühe und wir konnten auf dem ca. 700 Meter langen Uferstreifen unseren Platz frei wählen. Wasservögel um uns herum und in der Nacht die Fliegengitter voll mit großen Faltern und Motten. Und wieder ging ein sehr schöner Tag zu Ende.









Der Tag war noch jung und alles friedlich am Fluss. Wir liefen etwas, stießen aber schon bald auf einen Zaun und machten uns wieder auf die Socken, denn der Tag versprach wieder kurvig und bergiger zu werden. 50% Luftfeuchtigkeit im Regenwald, die grüne Mauer links und rechts der Straße. 30°C und ein scharfes aber leckeres mexikanisches Mittagessen für 2 Euro. In 9 km über 1.000 Höhenmeter zu den Sotano de las Golondrinas (Schwalbenhöhle). Wir waren kurz unterhalb der Wolken, es war kühl und der Boden glitschig. In Begleitung einer Horde von Moskitos liefen wir 10 Minuten durch den Regenwald und kamen an der zweittiefsten Höhle Mexikos an. Senkrecht im freien Fall beträgt die Tiefe 333 Meter. Insgesamt ist sie 512 Meter tief und große Schwalben (eigentlich sind es Seglervögel) brüten in den Felswänden. Wie Pfeile stürzten sie sich in die Schwärze. Am Abend tauschen sie Plätze mit Fledermäusen. Schwalben pfeifend hinein und Fledermäuse im Gegenzug aus der Dunkelheit kommend. So lange wollten und konnten wir mit den Moskitos nicht aushalten und auch die Loris, die in den Bäumen am Felsenloch heimisch waren konnten uns nicht umstimmen. Da wir nicht viel von dem riesigen Loch sehen konnten und auch nur mäßig viele Schwalben um die Höhle herum sirrten kehrten wir um und begaben uns auf den 9 km langen Rückweg. Wieder im Dorf und weiter durch grünes Dickicht. Irgendwann goss es aus Eimern und wir auf einer längeren Suche nach einem Schlafplatz. Zwischen Bananenplantagen konnten wir uns nirgends einreihen und in den Bergserpentinen gab es eh keine Möglichkeit. In einem Bergdorf bestehend aus 25 Hütten/Häuser parkten wir vor der ersten und fragten die Dame ob wir dürften. Sie war sehr nett und sagte wir sollen näher an die Straßenlaterne an ihr Haus rücken. Wären wir sichtbarer für den Straßenverkehr. Für einen Minibus, 3 Autos und 5 Mopeds in der Stunde . Es schüttete weiter und am kommenden Morgen gesellten sich noch Blitz und Donner dazu.



Nach dem vielen Regen stand er als Teiche auf den Straßen, Felder waren komplett unter Wasser, Wasserfälle an den Straßen und zwei waren teilweise fortgespült. Nach 30 km durch tropfenden Regenwald und viel bergan kamen wir in der nächsten Pueblo Mágico an. Xilitla bekam die Auszeichnung für seine Natur. Regenwald, Flüsse, Wasserfälle, Höhlen, Berge und etwas sehr bizarres.
Edward James, Herkunft Schottland, Beruf Surrealist und Exzentriker kam 1945 nach Xilitla und verliebte sich spontan in die Region und den Wald. Er blieb hier später hängen und plante seine Villa bzw. Gartenwohnung mit anderen Künstlern der gleichen Gesinnung. Baubeginn war 1962, zu seinem Tod 1984 gab es immer noch Bautätigkeiten. Auf einem enormen Areal baute er abstrakte Bauwerke, verspielte Türme, ein verschnörkeltes kleines Observatorium, ein skurriles Minikino, Brunnenanlagen und Wasserspiele die eines Exzentrikers würdig waren, bizarre Treppen die im nichts enden und dies alles inmitten der Dschungellandschaft. Auch Bäume wurden in die skurrile Formen integriert. Es war als hätte man Salvador Dalí seiner Leinwand beraubt und ihm Kelle und Beton im tropischen Regenwald hingestellt. Nach Edward James Tod ging das Grundstück an eine Stiftung und die Natur durfte in voller Stärke zurück kehren. Heute darf man durch weite Teile der Anlage streifen, alles voll mit Moos, Farnen und Flechten. An manchen Stellen sind noch farbige Mosaiken zu erkennen, an anderen sind Treppen und Leitern kurz vor dem absacken. Der Garten, so wird er vermarktet, ist heute wahrscheinlich bizarrer, als er zu Edwards Lebzeiten war. Ein schräger Ort.
Danach besuchten wir einen Wasserfall und dann das sehr steile Städtchen, lauschten Papageien beim Essen, verbrachten Zeit im Internet und ließen den Tag auf einem kleinen Parkplatz mitten im Zentrum ausklingen.










Bei Interesse sind alle Bilder rum um Mexiko-Stadt und Umgebung auf unserer Homepage zu sehen.
 
Alles Mágico im Regenwald,
Ciao