Sonntag, 1. April 2018

Bis ans Ende des amerikanischen Festlands (19.01.2018 - 27.01.2018; aktueller Standort: La Paloma, Rocha)

Aktuelle Info: Uruguay ist nicht mehr neu für uns...

6 frische Brötchen und 4 Empanadas, so lautete unsere Bilanz beim Bäcker am Morgen. Die etwas klein geratenen Teigtaschen verschwanden gleich in unseren gefräßigen Mündern, die Brötchen brauchten wir später. Gegen den Wind ging es weiter gen Süden (Kartenlink).

Die Landschaft war eintönig, da wir uns etwas von den Bergen entfernten. Aber am frühen Nachmittag wurde es spannend. Zum ersten Mal kamen wir an einer Abzweigung vorbei, an der auf einem Verkehrsschild Feuerland zu lesen war. Einige Minuten später und wir sahen Wasser, welches sich aber als See entpuppte. Dahinter allerdings, das nächste Gewässer, war dann endlich die Magellanstraße. Unserem Ziel waren wir noch nie so nahe wie in diesem Augenblick. Auf der anderen Seite des grauen Wassers lag Land und dies konnte nichts anderes als Feuerland sein. Noch ein paar Tage und wir würden die Fähre dort hinüber nehmen.
Nun jedoch blieben wir noch auf dem Festland und fuhren an der Verbindung zwischen Pazifik und Atlantik bis nach Punta Arenas, der letzten Großstadt auf chilenischen Boden. Die Verbindung, also die Magellanstraße, gehört vollständig zu Chile wodurch das Land auch Zugang zum Atlantik besitzt. Am 21. Oktober 1520 entdeckte der Portugiese Hernando de Magallanes (Ferdinand Magellan im Deutschen) diese relativ sichere Pforte zwischen den beiden Ozeanen. Im Folgenden konnten Seefahrer die gefürchtete Südspitze des Kontinents, das Kap Hoorn vermeiden.
Punta Arenas lag an der Magellanstraße und selbst Kreuzfahrtschiffe machen dort Halt. Wir sahen eins mit mehr als 4.000 Passagieren an Bord und dahinter wie gesagt die Inseln von Feuerland. Die Stadt hat über 100.000 Einwohner und war früher eine Strafkolonie. Viele Pioniere aus (vor allem) Kroatien, Deutschland und den Britischen Inseln versuchten hier ihr Glück, einige fanden es in der Schafzucht. Der Wolle-Boom verhalf ein paar Familien zu Reichtum und deren alte, noblen Anwesen zierten noch heute die Innenstadt. Diese und ebenfalls einfache, hölzerne oder aus Wellblech erbaute farbige Häuschen besichtigten wir bei unserem ersten Stadtbummel bei herrlichstem Sonnenschein. Da wir einen zentralen Platz für die Nacht hatten, gingen wir nach dem Abendessen noch einmal auf die Straßen, konnten aber keine gemütliche Kneipe finden. So blieb es bei einem schönen Spaziergang bei 10°C.







An der Uferpromenade mit ihren vielen Wandgemälden ging es zuerst entlang. Dann kreuzten wir wieder willenlos Straßen und kauften leckere Spinatempanadas beim Bäcker. Beim nächsten um die Ecke erwarben wir einen Ministreuselkuchen mit Himbeeren, welchen wir später im Stadtpark verzehrten. Ferdinand Magellan stand dabei in unserem Blickfeld. Dann hatten wir noch Glück mit einer Wäscherei, denn sie akzeptierte unsere Wäsche noch um 12 Uhr und meinte wir können sie um 14.30 Uhr abholen. Zurück zu Pancho gehetzt, alles zusammengerafft und schnell vor die Haustür der Wäscherei gefahren. Dann hatten wir Zeit Obst und Gemüse zu kaufen, auf einen Aussichtspunkt hochzulaufen und anschließend mit duftenden Klamotten weitere 50 km an der Magellanstraße entlang zu kurven. Es war Samstag und viele Leute zelteten auf den letzten Metern und dies waren wirklich die letzten Meter. Wir waren am Kap Froward und folgten der Straße bis zum Schlagbaum. Ein Schild am Waldrand verkündete „Ende der Straße“ und dies war dann der südlichste Punkt auf dem Amerikanischen Kontinent, der per Auto zu erreichen war. 32 km trennten uns noch von der tatsächlichen Spitze des Festlands. Wir parkten dort direkt auf der breiten Schotterstraße und packten unsere Bücher aus. Ein paar Tagesbesucher gingen nach und nach und am Abend waren es nur noch ein weiterer Camper, Delphine und die Hügel auf Feuerland. Ach ja....







Wir packten was zu Essen ein und liefen auf dem Kiesstrand los. Ein Wanderweg führte bis an die Spitze, aber aufgrund der Distanz und der Tatsache, dass wir hätten durch drei eiskalte Flüsse schwimmen müssen, beschränkten wir uns auf eine kürzere Tour bis an den Leuchtturm San Isidro, wo wir das perfekte Sonnenloch erwischten und die zum greifen nah gelegenen Berge auf den Inseln vor uns hatten und tauchten dann in den Wald ein, um bis zur nächst größeren Bucht weiter zu wandern. Dort, auf einem Baumstamm sitzend, sahen wir zwei Delphinen zu, während wir unser Mitgebrachtes aßen. Dann das ganze wie beim rückwärts spulen. Durch den Wald, am Leuchtturm vorbei, über den Kies bis wir Pancho erreichten und dann zurück bis nach Punta Arenas. Wir parkten neben einem Café und nutzten die Zeit, um einen Blog online zu stellen. Für die Nacht fuhren wir an eine andere Stelle etwas außerhalb des Zentrums. Auf einer Anhöhe neben einem großen Park fanden wir uns wieder und da der Weg eine Einbahnstraße war, störte uns überhaupt niemand.









Wir legten einen weiteren Halt in der Innenstadt ein und kauften noch etwas Fleisch und Frischwaren. Unser Ziel war Feuerland und wir rechneten mit erhöhten Preisen. An einem von Kroaten gegründeten Café um 1900 kamen wir an der Tortenvielfalt nicht vorbei. Die gekühlte Theke war randvoll und das Café mit alten Requisiten wunderhübsch eingerichtet. Deutsche Namen lasen wir auf einigen Küchenutensilien, wie dem Fleischwolf oder dem Herd. Wir bestellten ein Stück Himbeerschokoladentorte, was für ein Wort und was für eine Kalorienbombe. 5 Bodenschichten und dazwischen Früchte, Himbeersahne und Schokocreme. Das Stück war ein Achtel der Torte und wir legten nur 4 Euro auf den Tisch, schafften es kaum und erlitten fast einem Fresskoma .
Wir wollten die Stadt, zum Teil eine zollfreie Zone, nicht ohne den Versuch verlassen einen Autohändler aufzusuchen und ihm Pancho zum Verkauf anzubieten. Wir haderten schon seit Wochen und hatten ihn inzwischen auch auf einem Forum inseriert, aber darüber bekamen wir kaum seriöse Anfragen. Nun suchten wir einen Händler auf, von dem wir wussten dass er mit Wohnmobilen handelte. Wir parkten vor seiner Einfahrt und sprachen den Besitzer an. Er bewunderte Pancho sofort, meinte aber sogleich er hätte kein Geld. Typische Masche schätzten wir. Es ging über eine Stunde hin und her. Er versuchte einen Freund mit Geld zu erreichen, bekam ihn aber nicht zu fassen, verschwand und tauchte wieder auf, machte Bilder und schrieb unsere Handynummer auf, aber am Ende sagten wir ihm dass wir nun verschwinden werden und dies war es dann auch. Kurz bevor wir die Stadt hinter uns hatten fiel uns noch ein weiterer großer Autohändler ins Auge. Sein Schild verkündete: Wir kaufen jegliches Fahrzeug! Wir versuchten es erneut und der Herr war auch sehr angetan und meinte er bräuchte Zeit, um im Internet nach einem Durchschnittswert für unseren Pancho zu suchen. Er bat um 24 Stunden, die wir ihm einräumten. So hatten wir 17 Uhr und fuhren notgedrungen wieder zum gleichen Schlafplatz wie vom Vortag.

Tja nun hatten wir einen Extratag und begannen ihn mit einem Besuch des örtlichen Friedhofs. Dieser soll tatsächlich die Hauptattraktion der Stadt sein und er war wirklich spannend. Sektionen von Einwanderern lagen neben Bürger der heutigen Mittelschicht, lagen neben Prachtmausoleen einstiger reicher Familien. Manche Gräber müssen ein Vermögen gekostet haben, viele Urnengräber waren einfach mit kleinen Erinnerungsstücken voll gestellt und auf den ältesten Grabsteinen waren die Steinmetzarbeiten kaum noch zu erkennen. Die Deutsche Krankenkasse war auf dem Sandsteinkreuz zu lesen, welches zwischen den deutschen Aussiedlern stand.
Die Zeit auf dem Friedhof verflog sehr schnell und so blieben noch 4 Stunden. Wir nutzten sie um einen weiteren Blog hochzuladen und ein letztes Mal über die Magellanstraße nach Feuerland hinüberzuschauen.
Der Autohändler war dann schnell erledigt. Er meinte er bräuchte viel mehr Zeit, da jedes Gefährt wie wir eins haben Unikate sind und er keinen schnellen Preisvorschlag unterbreiten könnte. Des weiteren meinte er, sei der Markt für diese Größe an Fahrzeug in Chile nicht gegeben. Er bedauerte und wir winkten ab. Es soll so sein, dass wir weiterhin mit Pancho zusammen bleiben.
Nur 15 km außerhalb der Stadt stellten wir uns ins Grüne und hatten etwas Windschutz durch ein paar Bäume. Es handelte sich um einen Park, aber da es Anfang der Woche war, war nur ein weiteres Auto über Nacht dort. Also Ruhe satt.





Wir fuhren für ein paar Stunden an der Magellanstraße entlang, langweilige Pampa mit Unmengen an Nandus. Zur Mittagszeit hatten wir die Fähre hinüber auf Feuerland erreicht. An der engsten Stelle setzte sie über und wir reihten uns zuerst in die Schlange der Lastwagen ein. Die erste Fähre wurde mit Pkws bestückt. 20 min warten. Die zweite dann mit Lkws, aber wir durften nicht drauf, da wir Privatpersonen waren. Also mussten wir neben einen Reisebus weitere 20 Minuten warten. Dann war es aber soweit und nach kurzer Fahrt rollten wir von der Fähre und betraten Feuerland. Feuerland ist die größte Insel des Kontinents und zählt weitere kleinere Inseln zum Archipel. Die Magellanstraße und der Südatlantik trennen die Inselgruppe vom Festland ab. Chile und Argentinien teilen sich die Insel und nicht immer kamen die beiden Nachbarn so gut miteinander aus wie zur Zeit. Den Namen bekam Feuerland angeblich von Seefahrern, die die vielen Feuerstellen der Urbevölkerung an der Küste sahen. Die europäische Besiedelung leitete die Vernichtung dieser Bevölkerung ein. Auf der chilenischen Insel Hornos befindet sich Kap Hoorn, der südlichste Punkt des Landes und des Kontinents Südamerika.
Wir waren gespannt und wurden schnell entzaubert. Die Landschaft ähnelte der auf dem Festland zum verwechseln. Keine Bäume, keine Erhebungen, gelbes Gras und Wind. Dazu fehlten auch noch die Tiere wie Guanakos oder Nandus. Wir sahen später vereinzelt Guanakos auf Feuerland, aber einen Nandu sahen wir nie.
Wir fuhren den ganzen Tag weiter durch diese seeeeehhr langweilige Angelegenheit und erreichten am späten Nachmittag die Kleinstadt Porvenir. Ob Stadt oder Dorf, Porvenir war die einzige etwas größere Ansiedlung auf der chilenischen Seite von Feuerland. Wir ließen die Stadt links liegen und fuhren direkt weiter bis an einen alten Leuchtturm direkt an der Magellanstraße. Witzig, wir standen Punta Arenas direkt gegenüber. Delphine zogen wieder vorbei und jede Menge Kormorane verschwanden alle in die selbe Richtung. Menschen sahen wir dort nicht.




Wir drehten eine kurze Runde zu Fuß durch Porvenir. Überraschenderweise war die Kleinstadt interessanter als erwartet. Viele Häuser bestanden aus Wellblech und etliche hatten schon bessere Zeiten gesehen. Verblichene Farben, zusammengeflickte Hütten oder das Gegenteil. Neue, restaurierte Häuser in noch leuchtenden Farben. Wir blieben 2 Stunden und begaben uns auf die lange Fahrt um die riesige Bucht Inútil. Mit dem verrosteten Ortsschild kam der Schotter und so wurde die Fahrt nicht nur sehr eintönig, sondern auch staubig. Am frühen Nachmittag erreichten wir unser Ziel, immer noch an der Bucht gelegen. Die einzige Königspinguinkolonie außerhalb der Antarktis brütete dort am Steinstrand. Vor einigen Jahren kamen die Tiere ganz unerwartet auf das Grundstück einer Dame und seitdem kommen sie jährlich zum Brüten an diesen einen Fleck. Ca. 100 Königspinguine konnten wir aus nur ein paar Dutzend Metern beobachten. Es war ein heißer Tag, wir hatten 23 Grad und die armen Tiere standen dort und bewegten sich kaum, Schnabel geöffnet und nach Luft hechelnd. Einige Jungtiere mit braunem Federkleid waren bereits darunter, andere Pinguine balancierten ihr einziges Ei noch immer auf ihren Füßen unter ihren Bauchfedern. Wenn man bei diesen wundervollen Tieren überhaupt von Federn spricht??? Es war prächtig den zweitgrößten Pinguinen der Welt zuzusehen, wie sie sich ständig mit ihren Nachbarn „Wortgefechte“ lieferten und wenn es einem zu bunt wurde, wurde auch der Schnabel eingesetzt und es begann ein stechen und parieren. Köstlich!
Dann begaben wir uns wieder auf die Staubstrecke und fuhren eine weitere Stunde. Langsam kamen die ersten Bäume in Sicht, Berge Fehlanzeige. Wir besichtigten einen vor sich hin rostenden Schaufelradbagger (Draga Aurífera Russfin), der 1904 aus England eingeschifft wurde, um sich bei der Jagd nach Gold bezahlt zu machen. Er war nur 6 Jahre im Einsatz, ob er sich ausgezahlt hat wissen wir nicht...
Nur 1.000 Meter entfernt parkten wir zwischen Bäumchen und hatten wieder Ruhe vor dem Wind.











Ein abwechslungsreicher Tag stand uns bevor. Es hatte etwas geregnet, was noch nicht weiter schlimm war, aber auf unserer weiteren Fahrt nach Süden kamen endlich Berge und Wälder in Sicht. Auf Feuerland sind etwa nur das südlichste Drittel mit Wälder und Seen durchzogen und nur dort gab es Gebirge. Jetzt wurde es schön, trotz Wolkendecke! Wir fuhren eine Passstraße empor und nun wurde die aufgeweichte Fahrspur knifflig. Langsam gingen wir es an und Pancho meisterte auch diese Hürde. Vom Pass sahen wir hinunter auf ein gigantisches Tal, an einem Ende der Lago Deseado, der Rest war Sumpfland von Bibern erschaffen. Wir befanden uns im Karukinka Park, welcher sich bis an den letzten Zipfel auf chilenischer Seite erstreckte. Am See aßen wir zu Mittag und da trafen wir wieder auf das Paar aus der Schweiz. Wir quatschten ne Stunde und fuhren dann über den nächsten Pass. Schnee lag auf unserer Höhe und die Wolken taten uns wieder den Gefallen und verzogen sich langsam. Weit entfernt konnten wir einen weiteren Riesensee sehen. Der Lago Fagnano war hellblau mit einem Stich ins grünliche. Wir fuhren die Serpentinen hinunter, sahen viele Biberdämme und in einem aufgestauten See auch 3 Biber. Dann waren wir am Fagnano und hatten noch 16 km vor uns. Ja und dann hatten wir nichts mehr vor uns. Ein Schild verkündete „Ende der Straße“. Sie wird langsam fortgesetzt, aber wir waren aktuell in Chile am Ende auf Feuerland angelangt. Per Fahrzeug ging es nicht mehr weiter. Nicht sonderlich spektakulär drehten wir um und fuhren die Straße wieder zurück. Über die beiden Pässe und nach gut 90 km lag der Karukinka Park hinter uns. Am frühen Abend erreichten wir den Lago Blanco und stellten uns direkt ans Ufer. Wieder flaute der Wind nach Sonnenuntergang ab und wie immer pendelte sich die Temperatur in der Nacht gegen 8 Grad ein.
Am folgenden Tag benötigten wir weniger als eine Stunde und standen vor dem Grenzübergang „Schöne Sicht“. Die Sicht bestand aus Pampa, ewig gleich und inzwischen ging sie uns auf den Keks. 5 Minuten später waren die Formalitäten erledigt und wir rollten zum argentinischen Teil Feuerlands.















Ushuaia wartet,
Grüße von uns Dreien