Samstag, 26. Mai 2018

Ein Schlusswort auf Argentinien (aktueller Standort: Hachtel, Baden-Württemberg)

In 83 Tagen fuhren wir 4 „kürzere“ Etappen entlang der Anden, bevor wir die lange Rückreise ab Feuerland antraten. Auf 4.500 Höhenmetern betraten wir zum ersten Mal Argentinien und erkundeten Halbwüsten, in der zweiten Runde erlebten wir Wälder satt und ab dem dritten Mal kam der ewige Wind der Steppe. Erst kurz vor Buenos Aires wurde es grüner und nur wenig später tauchten wir in subtropischen Regenwald ein.

Das Land des Tangos war zum bereisen anstrengend. Höhenlagen bis 5.000 Meter, sehr schlechte Straßen, Wind der oft ohne Unterlass über die Pampa heulte, geschlossene Geschäfte während der 5-7 stündigen Siesta, teure Produkte und wenig Abwechslung im Restaurant. Umgekehrt belohnte uns aber das Land für die Strapazen mit fantastischen Szenerien. Nur waren leider die Entfernungen dazwischen unmenschlich weit und leider hatte das Land auch nur dort kein Müllproblem. Argentinier schienen kein Gespür für Ästhetik zu haben, denn nicht nur Müll flog durch die Landschaft, nein auch Dörfer und Städte waren ausgesprochen unansehnlich. Was man ihnen aber nicht absprechen kann war ihre Gastfreundschaft und ihre Lust am Reisen.

In 83 Tagen war es zu Beginn einfach verzaubert zu sein. Wir pickten Ziele heraus und wurden nicht enttäuscht. Logisch, dass wir in fast einem viertel Jahr nur wenig von diesem riesigen Land sahen, aber solange wir die schneebedeckten Anden in Sichtweite hatten fühlten wir uns überall glücklich. Erst die monotone patagonische Steppe zehrte an unseren Nerven und daher war das Ende der Welt in Ushuaia in vielerlei Hinsicht ein Ende. Unter anderem sahen wir dort zum letzten Mal die Anden.
Der Los Glaciares Nationalpark war eine Wucht. Obwohl gefühlt unendlich war er nur an wenigen Ecken betretbar. Die geschützte Wildnis knauserte nicht mit Extremen, aber extrem wird es wenn man nicht an einen der touristischen Zugänge den Park betreten möchte. Tourismus hin oder her, wir erfuhren am eigenen Leib die Faszination dieser Region. Ein Paukenschlag war schon die 66 km lange Anfahrt nach El Chaltén. Gipfel reihte sich an Gipfel und wir näherten uns den unverwechselbaren Bergen Fitz Roy und Cerro Torre. Nur selten sahen wir so schönen Granit. Senkrechte Wände, Gletscher und Bergseen verwandelten die Umgebung von El Chaltén in ein Paradies. Am hellblauen See Argentino lag die nächste Pforte in ein Traumland. Die vor uns auftürmende Eiswand des Perito Moreno Gletschers ließ uns den heranrückenden Sonnenbrand vergessen. Weißblau schimmerten die Eisspalten auf eine Breite von 5 km und erstreckten sich so weit, bis sie in der Sonne mit dem Südpatagonischen Eisfeld verschmolzen. Wir standen einen Tag und gafften. Für uns eines der schönsten Naturerlebnisse auf unserer Reise.
Das argentinische Seengebiet ist ein Mekka für Wanderer. Die Ortschaften waren schweizerischen oder französischen Skiorten nachgestellt, trafen unseren Geschmack jedoch nicht da gleich den europäischen Vorbildern nur die wohlhabende Klientel angesprochen wurde. Kostenfrei war hingegen die Natur und dort war jeder herzlich willkommen sich auszutoben. Wanderwege führten auf jeden Berg, tagelanger Spaß zwischen Wäldern, an Gewässern und über verschneite Höhenzüge waren vorprogrammiert. Selbst ohne die Ambition seine Waden zu stählen verführt die Landschaft mit einer grandiosen Straßenführung und wunderschönen Ausblicken über die Seenlandschaft zu mehrtägigem Verweilen.
Ein Geheimtipp für uns stellte der Perito Moreno Nationalpark dar. Angrenzend an den Los Glaciares Nationalpark erstreckte sich unberührte Wildnis bis tief in die Anden. Versucht es aus und staunt über ein menschenleeres Kleinod.

In 83 Tagen legten wir 11.756 Kilometer zurück (davon ca. 110 km in Brasilien). Viele Strecken waren geschottert, die meisten allerdings mit Schlaglöchern und Bodenwellen in einem fürchterlichen Zustand. Zu Fuß wanderten wir 451 km durch wunderschöne Nationalparks und vielerorts unberührter Natur.
Im Schnitt fuhren wir also 141,6 Kilometer am Tag und liefen 5,4 Kilometer.
Pancho wollte als Gegenleistung Diesel im Wert von 1.924 Euro was 23,2 Euro am Tag oder 16,4 Cent pro gefahrenen km entspricht. 26,9 € investierten wir in sein Wohlbefinden. Eine Schweißarbeit und etwas Kleinkram machten 32,4 Cent am Tag. Pro gefahrenen km sind das nicht einmal einen Viertel Cent. Alles in allem also 23,5 Euro am Tag für unseren Reisegefährten.
In 83 Tagen zahlten wir nichts für Übernachtungen.
Mautstellen fanden wir nur in den letzten 2 Wochen, beginnend um Buenos Aires bis hoch zu den Iguazú-Wasserfällen. Die Gebühren betrugen 24,7 Euro, oder umgerechnet 30 Eurocent pro Tag.

In 83 Tagen hatten wir restliche Ausgaben von 1.475 Euro. Egal ob Lebensmittel, Eintrittsgelder, Restaurantbesuche und Kneipenaufenthalte. Zu Zweit benötigten wir 17 Euro und 77 Cent am Tag. Wir haben es dreimal durchgerechnet und es scheint zu stimmen . Allerdings tankten wir immer vor dem Grenzübergang nach Argentinien voll und füllten auch unseren Kühlschrank in Chile und Brasilien. Die Ausgaben sind dementsprechend leicht verschoben, aber trotzdem glauben wir in Argentinien bemerkenswert günstig gewesen zu sein.

In 83 Tagen belief sich das Grand total auf 3.450 €, oder 42 Euro am Tag. Auch in Argentinien gilt, es war jeden Cent wert!

Argentinien gilt mit als teuerstes Land Südamerikas. Argentinien gilt neben Frankreich und Uruguay als der Geburtsort des Tangos und es gilt bei vielen Touristen als tolles Reiseland.
Argentinien war teuer, nur kamen wir oft nicht dazu Geld auszugeben. Zum ersten Mal auf unserer Reise machten wir mit der Siesta Bekanntschaft und fanden überhaupt keinen Gefallen daran. Läden (außer Bäckereien) öffneten spät und schlossen kurz nach der Mittagszeit, um dann bis in den Abend verrammelt zu bleiben. Städte schienen dann verwaist und die trostlose Architektur förderte unser schnelles Weiterfahren.
Bis auf zwei Showeinlagen in den Straßen Buenos Aires sahen wir nirgendwo Tango. Vielleicht war es im übrigen Land zu windig, oder es verhält sich ähnlich dem berühmten gegrillten Rindfleisch. Auch dies suchten wir vergebens und fettiges, halb rohes Rind konnte uns nicht überzeugen.
Mit dem tollen Reiseland war es so eine Sache. Besucht man Nationalparks schwebt man auf Wolken, dazwischen empfanden wir oft Monotonie auf der Straße. Ein fast topfebenes Land mit wenig Vegetation birgt halt kaum Überraschungen und so verließen wir Argentinien mit gemischten Gefühlen. Uns wurde berichtet, dass selbst die Ruta 40 entlang der Anden in vielen Regionen ein zähes Stück Arbeit sei. Von Chile kommend empfanden wir diese Abstecher mit das Interessanteste im Land von Maradona und Messi und denken aber wir würden bei einer Rückkehr nach Südamerika anderen Ländern den Vorzug geben.

Auf unserer Homepage findet sich alles weitere über Argentinien.

Ende