Samstag, 14. Oktober 2017

Das Heilige Tal der Inka (07.08.2017 - 11.08.2017; aktueller Standort: Taltal, Antofagasta)

@ Martin: Aus Chile wünschen wir einem alten Zocker das allerbeste zu seinem Geburtstag. Im kommenden Sommer rollen wieder die Würfel .

Die Fahrt nach Cusco bzw. ins sogenannte Heilige Tal war viel zu weit, um an einem Tag absolviert zu werden. Fast den ganzen Tag durchfuhren wir das sanfte Hochtal zwischen den Andenketten und bemerkten bei einem Halt, um eine kleine Ausgrabungsstätte anzuschauen, dass das Glas eines unserer Vorderlichter nur noch am Kabel hing. Andrea und Ilona gaben vor die Anlage anzuschauen, wobei sie nicht weiter als zu einigen Handwerkerständen kamen und wir klebten inzwischen mit Packband das Glas wieder fest und brauchten abermals einen Laden für eine passende Schraube. Irgendwo bogen wir von der Straße ab und fuhren durch eine ausgetrocknete Wiese bis direkt an einen kleinen Fluss. Dort auf 3.900 Meter über dem Meeresspiegel kochten wir und die Mädels pennten zum dritten und letzten Mal in ihrem Leihwagen bei -5°C. Alles kein Problem (Kartenlink).



Bei laufender Heizung und Tee/Kaffee kamen alle Mitreisenden schnell wieder zu Kräften. Dann hieß es weiter fahren. Zu Mittag hielten wir in einem kleinen Dorf und in einem einfachen Laden gab es Suppe mit Hühnerfüßen (lecker, stimmt’s Andrea?) und ein vegetarisches Gericht. War eine Abwechslung zu den sonst üblichen Fleischvarianten. Wir steuerten nicht Cusco an, sondern Ollantaytambo welches im Heiligen Tal lag und kamen erst spät an. Diese Kleinstadt war ganz sicher nicht für Lastwagen gemacht, tatsächlich waren Fahrzeuge über 10 Tonnen verboten. Auch wir hatten mit 8 t einen Heidenspaß durch die engen Gassen über die Pflastersteine zu lenken. Es gab nirgends eine Parkmöglichkeit für uns und so fuhren wir direkt wieder heraus, stellten Pancho schnell ab und sprangen ins Leihauto. Weiter zum Bahnhof um Zugtickets für den nächsten Tag zu erstehen und dabei viel uns ein Hotel mit großem Schotterparkplatz auf. Es war 5 Gehminuten vom Bahnhof entfernt und doppelt so weit vom Zentrum dieses 2.000 Einwohner Städtchens. Wir fragten im Sol Natura nach, obwohl es einen nicht billigen Eindruck machte. Die Doppelzimmerpreise lagen bei akzeptablen 60 US und als wir fragten ob wir unseren Lkw auf dem hauseigenen Parkplatz abstellen könnten, kam aus dem Hinterzimmer ein lächelnder Herr der uns direkt auf Deutsch anredete. Herr Georg Starck aus Niederdorfelden baute vor ein paar Jahren dieses Hotel und lebte dort mit seiner peruanischen Frau, die er Anfang der 70er als Entwicklungshelfer in Peru kennenlernte. Klar war alles geritzt. Wir zahlten 5,50 Euro pro Tag, bekamen den Internetcode und Trinkwasser.
Wir holten schleunigst Pancho und merkten dann im Gespräch, dass Herr Starck sehr spirituell und überaus nett und hilfsbereit war. Für ein leichtes Abendessen verließen wir noch einmal das Grundstück und gingen früh schlafen, denn der Wecker sollte schon um 4 Uhr klingeln.


Das Valle Segrado, oder Heilige Tal, wurde vom Fluss Urubamba geformt und liegt nur wenige Kilometer nördlich von Cusco. Die Inka breiteten sich von Cusco kommend aus und errichteten viele Siedlungen, Festungen und Tempel die eine regelrechte Ballung in diesem Tal hatten. Jedes Dorf hatte seine eigene archäologische Stätte und bekannt und imposant sind die von Ollantaytambo und Pisac. Wir besuchten eine große Anzahl um Cusco herum, aber davon später mehr. Tiefer im Tal liegen weitere Fundorte wie Vilcabamba, aber jeder kennt die eine weltberühmte, die zu den neuen Weltwundern zählende Anlage: Machu Picchu.
Für die Hin- und Rückfahrt mit dem Zug durch das Tal nach Aguas Calientes zahlten wir 114 Euro pro Kopf. Nicht billig und wir wollten ursprünglich mit dem Auto in ein anderes Dorf fahren (Aguas Calientes ist nur per Zug zu erreichen) und von dort 7 km auf den Gleisschienen bis nach Aguas Calientes, dem Ausgangspunkt für die Besichtigung des Machu Picchu, gehen. Aus Zeitgründen blieb aber nur die Zugoption übrig.
Also raus aus den Federn, Kaffee getrunken, Brote geschmiert, Geld und Zugtickets eingepackt und dann marschierten wir in der kühlen Nachtluft zum Bahnhof. Wir hatten den ersten und letzten Zug an diesem Tag gebucht, alle anderen dazwischen waren nicht mehr verfügbar und dies obwohl sie alle 30 Minuten während der Sonnenstunden abfuhren; und es gab zwei Gesellschaften!
5.10 Uhr und wir fuhren los. Die Fahrt war schön, aber sicher keine 114 Euro wert und nach 2 Stunden erreichten wir Aguas Calientes. Dort angekommen wimmelte es von Touristen. Es war merklich wärmer da wir viele Höhenmeter bergab gefahren sind und entledigten uns fix unserer Jacken. Das Kartenbüro fanden wir schnell, aber dort wurden erst ab 10 Uhr Tickets für den Nachmittag verkauft. Ja dies war neu am Machu Picchu. Um noch mehr Besucher in die Anlage zu bekommen gab es seit Juli 2017 Tickets für den Morgen und den Nachmittag, beide zum gleichen Preis. Außerdem durften Besucher die Anlage nur noch mit Führer betreten. Geldmacherei und nur halb wahr.
Natürlich bekamen wir Eintrittskarten für 41,50 Euro pro Nase. Ich denke jeder bekommt Karten, denn 6.000 Menschen werden nun in der Hauptsaison pro Tag eingelassen. Dann noch das Busticket für 21 Euro pro Mann, manche laufen die Kilometer und Höhenmeter hoch und runter, und dann durften wir uns in der 400 Meter langen Warteschlange einreihen. Als wir an der Reihe waren benötigte der Bus 25 Minuten und dann standen wir um 11.30 Uhr vor dem Einlass. Eine schnelle Brotzeit folgte und dann betraten wir fast genau um 12 Uhr mit einer kleinen Gruppe Machu Picchu (Guide verlangte 8 Euro pro Person).
Machu Picchu wurde erst im Jahre 1911 wiederentdeckt und entging somit zerstörerischen Mächten. Daher sind ca. 80% der Ruinen in Originalzustand! Dies und die einzigartige Lage der Stätte ist spektakulär. Rein als historische Anlage betrachtet haben wir beeindruckendere, wir denken an Mexiko und Guatemala, sehen dürfen. Welchen Zweck die Festung ausübte ist bis heute ungeklärt und auch zu welcher Zeit sie von den Inka errichtet und später verlassen wurde. Theorien gibt es einige. Unser Guide erzählte als die Kunde vom Einmarsch der Spanier in Cusco eintraf wurde Machu Picchu eiligst verlassen und die Bevölkerung siedelte nach Vilcabamba um, da diese Zitadelle als besser verteidigbar galt. Die Spanier wurden der berühmten Anlage nie ansichtig, die hoch oben auf einem Bergplateau (abgetragen von den Inka) liegt und rannten direkt gegen Vilcabamba an, welches sie auch einnahmen und plünderten.
Machu Picchu besteht aus vielen Terrassen, die von Steinhäusern gesäumt sind. Dächer fehlten, da diese aus pflanzlichen Rohstoffen bestanden. Große Tempel sucht man vergebens, es gibt ein paar kleinere, wie den Sonnentempel oder den Tempel der drei Fenster. Beeindruckend sind die Dinge, die nicht vordergründig ins Auge fallen. Die Inka waren Meister in der Baukunst und berechneten alles vorab durch. Das Bergplateau wurde mit 7 Schichten unterschiedlicher Materialien aufgestockt, die Terrassen ebenso, damit die jährlichen hohen Niederschlagsmengen langsam ins Erdreich einsickern konnten und nicht einen Bergrutsch auslösten. Die Neigung der Terrassen und die Tiefe der einzelnen Ebenen erlaubten die Aussaat unterschiedlicher Früchte und Gemüse, da Temperatur und Feuchtigkeit je nach Lage anders war. Machu Picchu hatte und hat noch heute ein intaktes Bewässerungssystem, welches exakt berechnet wurde. Die Brunnen liefen nie leer, aber auch nie über und die kleinen Wasserrinnen fördern noch heute Wasser in die einzelnen Stadtbereiche. Natürlich wurden Tempel nach astronomischen Besonderheiten ausgerichtet, Sonnenwenden, Neujahr, Mondzyklen etc.
Im Nachhinein waren wir sehr froh den Guide zu haben, erfuhren wir so viele Fakten und nach der 2-stündigen Tour durften wir alleine solange in der Anlage verweilen wie wir wollten. Hatten wir nicht gewusst und dies bedeutete wir blieben bis um 17 Uhr, dem Ende der Öffnungszeit. Die letzte Stunde war die schönste. Das Sonnenlicht wurde milder und erleuchtete die Ruinen unter uns. Die Berge um uns vielen in längere Schatten. Die Menschenmassen versiechten und es kehrte etwas Ruhe ein. Diese Stunde machte den Besuch lohnenswert in unseren Augen. Simone und ich spielten im Vorfeld mit dem Gedanken Machu Picchu doch nicht zu besuchen, zu groß war die Abneigung gegen die maßlose Abzocke. Die Lage von Machu Picchu macht diese Stätte einzigartig und zu später Stunde lag ein Gefühl von Erhabenheit über den Bergen. Hatte was und wir waren froh Andrea und Ilona begleitet zu haben.
Mit dem Bus ging es wieder runter und dann mussten wir bis um 21.30 Uhr auf den letzten Zug warten (der hatte natürlich 30 Minuten Verspätung, erinnerte mich an Mannheim...). Wir waren alle sehr erschöpft als wir gegen 00.20 Uhr in Ollantaytambo ankamen. Nach einem 21 Stunden Tag, von dem wir 5 Stunden in der Anlage Machu Picchu verbrachten, fielen wir alle in einen tiefen Schlaf. Wir bezahlten zu zweit 370 Euro für diesen Ausflug. Von Cusco zahlt man etwas mehr, da der Zug pro Strecke eine Stunde länger unterwegs ist.

















Ollantaytambo erwachte ohne Strom und dies blieb den ganzen Tag so. Etwas am Wasserwerk ganz in der Nähe von Aguas Calientes wurde repariert und so gab es halt keinen Saft. Wir besichtigten heute etwas gemächlicher die eindrucksvolle Festung im Ort. Es gab mehrere Ruinen ringsherum in den Bergen, aber die mächtige Zitadelle lag im Zentrum. Oberhalb der Terrassen lag der zeremonielle Bereich mit gigantischen behauenen Steinen, die noch heute passgenau wir vor 500 Jahren liegen. Auch dort gab es eine Wasserversorgung, die nicht nur die Anlage sondern das gesamte Dorf bewässerte. Selbst bei Georg Starck floss das Wasser durchs Grundstück. Die Kleinstadt/Dorf hatte noch viel von seiner antiken Atmosphäre bewahrt, auch wenn Hotels und Restaurants existierten. In den kleinen Gässchen die von Lehmziegelwänden flankiert wurden blühten Blumen und ein paar Kolibris schwirrten in der Luft. Die Bevölkerung lebte wie es schien, als wären die Inka noch immer die entscheidende Macht... nun ja fast zumindest.
Wir aßen zu Mittag und erkundeten dann eine weitere winzige Ruinenanlage am Nachmittag. Nach einer heißen Schokolade im Garten eines kleinen Lokals bummelten wir durch die Gassen und schlichen uns später unter die heiße Dusche im Hotelzimmer der Mädels. Licht hatten wir keins (brachten Lampen mit), aber das Wasser wurde auf andere Art erhitzt. Der Schlafmangel machte sich bemerkbar und wir gingen früh zu Bett.












Am Vortag hatten wir ein weiteres langes Gespräch mit Herrn Starck und wir kamen auf unser missglücktes Schamanenexperiment in Julí zu sprechen. Er und seine Frau kannten natürlich auch einen Schamanen und sie erklärten sich herzlich bereit eine Zeremonie auf ihrem Grundstück zu gestatten (taten dies hier schon mit dem gleichen Schamanen vor dem Hotelbau) und zu dolmetschen! Um 9 Uhr kam er pünktlich mit seinem Handlanger und dann konnte es losgehen. Wir breiteten uns in der oberen Etage des lichtdurchfluteten Hotels aus und jeder durfte zu Beginn seinen Wunsch bzw. Bitte auf einen Zettel notieren. Dann wurden alle Utensilien ausgepackt. Zum einen waren dies klassische Dinge wie Alpakafett, Cocablätter und vergorenes Maisbier, zum anderen moderne Gegenstände wie Plätzchen, Kerzen und Gold. Insgesamt platzierte er ca. 20 Sachen um sich, dazu kamen noch Flöte und Glöckchen. Er rief alle Götter der einzelnen Berg aus der Umgebung nacheinander an und verklebte dabei je 3 Cocablätter mit etwas Alpakafett. Dazwischen wurde geflötet und gebimmelt, Weihrauch wurde entzündet und so entstand nach und nach ein Paket, welches sich mit Cocablätter und den diversen Utensilien füllte. Er prophezeite jedem von uns etwas und als er nach gut 2 Stunden fertig war, suchten wir im Garten der Starcks einen geeigneten Fleck, an dem das Paket, unser Kind, ruhen konnte. Ein Angestellter wurde gerufen, der mit Spitzhacke und Schaufel ein 40 cm tiefes Loch aushob. Es wurde etwas gesungen und nach weiteren Minuten war die Zeremonie beendet. Gut 3 Stunden dauerte diese. Wir teilten die 300 Sol (ca. 80 Euro) Gage wobei es, wie wir später erfuhren, einen kleinen Kommunikationsfehler gab. Der Schamane verlangte normalerweise 500 US Dollar, machte den Starcks aber einen Freundschaftspreis von 300 US. Uns wurde aber anstatt Dollar die einheimische Währung Sol genannt. Der Schamane zeigte allerdings keinerlei Gefühlsregung als Andrea ihm die 300 Sol überreichte. Er lachte weiterhin und umarmte uns mehrfach. Jeder durfte seinen Schamanenkittel anziehen und wir hatten wieder eine weitere tolle Erfahrung gesammelt. Georg Starck lud uns dann noch zum Essen ein und wir kamen so viele später los als eigentlich geplant war.
Bis nach Cusco waren es aber nur 40 Kilometer, welche halbwegs schnell abgeleistet waren. Unsere Damen fuhren voraus, da sie versuchen wollten das Leihauto noch an diesem Tage abzugeben. Klappte, andernfalls wäre dies der erste Gang am nächsten Tag gewesen. Wir hatten dafür viel mehr Spaß in der kolonialen Altstadt Cuscos. Die Straßen waren wieder nicht für Pancho geschaffen und eine Polizistin erklärte uns dies auch freundlich. Im Umfeld waren die Straßen schräg, oder das Milieu schäbig. Wir benötigten über zwei Stunden, waren völlig am Ende und parkten dann in einer breiten Straße. Ein Anwohner versicherte uns wir würden keinerlei Problem dort bekommen.
Hier noch eine Premiere: Auf unserem Weg durch die Gässchen, alles Einbahnstraßen die teilweise mit einer Gewichtsbeschränkung belegt waren, wurden wir in eine relativ normale Straße geleitet. In der Mitte lief eine Regenrinne so hatte es den Anschein. Die Straße war leicht abschüssig und wurde enger und enger. Die Gehwege waren 30 cm breit, man musste sich also an die Hauswand drücken wenn Verkehr kam. Ich orientierte mich an besagter Rinne und sah in etwa 20 Meter Entfernung eine Kreuzung auf uns zukommen. Alle Straßen lagen perfekt im 90° Winkel und Häuser überall. Die Hauswände kamen verflucht nahe und ich bekam Bammel. Nach weiteren 10 Metern kam Pancho mit einem lauten Quietschen abrupt zum stehen. Ich fuhr exakt mittig und beide Reifen bekamen gleichzeitig Kontakt zum Bordstein. Unsere Vorderreifen saßen zwischen den Bordsteinen fest und es ging nichts mehr nach vorne. Nach 10 Sekunden stand ein Motorradfahrer hinter uns und die nächsten Autos und Lieferwagen kamen sogleich. Sofort bildete sich eine Zuschauertraube, Bilder wurden gemacht und die hinter uns fingen das hupen an. Spitze! Mir lief der Schweiß den Rücken hinab und Simone sprang aus der Tür um von vorne zu schauen. Wir baten die Herrschaften hinter uns ein paar Meter zurückzufahren, welches überhaupt nicht eingesehen wurde. Ich legte den Rückwärtsgang ein und löste die Reifen mit einem satten Geräusch. Einen Meter wurde mir gewährt und dann schlug ich hart links ein, klappte den Außenspiegel ein und brach auf den Bordstein hoch. Die Zuschauer hoben den Daumen oder dirigierten. Ich hatte, wie üblich, nur Augen für Simone. In die Kreuzung mit Schrittgeschwindigkeit, jetzt hupten sie auch noch von links, nach rechts in die Einbahnstraße geschwenkt und direkt auf den nächsten Gehweg hochgepoltert. Einmal um 20 cm zurückgesetzt und dann kam ich gerade so um die Ecke. Wieder in der Fahrbahn landeten wir 15 Minuten später in der breiten Straße. Was für eine Aktion.
Am Abend liefen wir kurz durch das Zentrum der Großstadt, unternahmen aber nichts mehr.








In Cusco angekommen,
Stefan und drei Frauen