Montag, 25. Dezember 2017

Wüstenflair (08.10.2017 - 13.10.2017; aktueller Standort: Coyhaique, Aysén)

Ihr Lieben zu Hause, Familie, Freunde & Bekannte, an euch Lesern und Reisebegleiter von überall. Vielen Dank, dass ihr weiterhin an unserer Seite seit und hoffentlich auch noch den letzten Rest mit uns verbringt! Unser erstes Weihnachtsfest on Tour verbrachten wir im Schnee am Grand Canyon, unser zweites bei über 30°C in einer Kleinstadt an der Pazifikküste in Panama und unser drittes nun auf der Carretera Austral im chilenischen Teil Patagoniens.
Feliz Navidad a toda gente, Merry Christmas to everyone, Frohe Weihnachten an jedermann!

@ Chris: Hi buddy, belated happy birthday to you! Even on the same landmass we almost couldn’t be any further away. Take care.

Bevor wir San Pedro de Atacama betraten lagen noch 106 km vor uns. Davon ca. 70 auf über 4.000 Höhenmeter. Es sollten die letzten extremen Höhen werden (Kartenlink).

Wir waren erstaunt, als wir hinter dem Jama Pass nicht bergab fuhren, sondern fröhlich weiter bergauf. Warum also wurde dies der Jama Pass genannt? Wir wissen es nicht, Tatsache war wir fuhren konstant dem Himmel entgegen und querten den Sattel erst auf 4.831 m. Dies war das letzte Mal für Pancho. Über die Landschaft muss ich nicht viel berichten. Wer die letzten Blogs las, weiß wie es in dieser Höhenlage in Südamerika aussieht. Spektakulär meats Unbegreiflich!
Die Straße führte an mehreren Lagunen vorbei. Türkis die eine, schwarz und tiefblau die nächste. Farbige Erhebungen ringsum, viele davon Vulkane mit den Schneeresten am Krater. Es war anstrengend und Kopfschmerzen stellten sich nach einiger Zeit ein. Endlich kam der Licancabur in Sicht, der Vulkan der auf der Grenze von Bolivien und Chile liegt. Das rettende Land war nicht mehr weit. Kurz bevor wir den Vulkan erreichten, sahen wir sogar noch einmal die Lagunas Blanca und Verde, die unser Ende der Lagunenroute in Bolivien darstellten. Dann waren wir am Scheitelpunkt und die Atacamawüste tat sich vor uns auf. Wie beim ersten Mal als wir dieses Straße hinab bretterten, überkam uns eine Gänsehaut. Ein unvergesslicher Anblick, wenn 2 km tiefer die trockenste Wüste auf Erden auf einen wartet.
Der ICE zwischen Mannheim und Stuttgart ist Kinderkram im Vergleich zu Pancho, der schneller als sein Schatten wollte, aber von mir gezügelt werden musste. Man fliegt tatsächlich an Vulkanen vorbei, ungelogen sie standen links und rechts und dazwischen kamen wir. Von 6°C auf 31°C in weniger als eine Stunde war auch Fakt. Probiert es einfach selbst aus, es ist ein berauschendes Gefühl!
Wir hatten noch genug Reste von diversen Abendessen und konnten so direkt durch die kleine Wüstenstadt fahren und parkten an dem Aussichtspunkt ins Tal des Todes, welchen wir schon einmal nutzten. Der Sonnenuntergang und die sternenklare Nacht war nicht minder schön als bei unserem ersten Besuch.













Wir wollten ins Internet, aber wegen eines Stromausfalls funktionierte in San Pedro einiges nicht. Die Zapfsäule tat und wir bekamen auch ein paar frische Semmeln, dampfende Empanadas und Obst an den Ständen. Mehr brauchten wir nicht und brachen auf, um zwei weitere Plätze in der Wüste aufzusuchen. Es ging durch zwei Wüstentäler mit nicht mehr als Sand und Staub. Dann durften wir wieder leicht bergan und nach 25 km erreichten wir Yerbas Buenas im Nichts. Am AdW wäre auch eine Beschreibung...
In Yerbas Buenas konnten wir Felsgravuren (Petroglyphen) bestaunen. Auf vielen Felsen und Steinen waren typische Szenen und lokale Tiere verewigt. Schamanensitzungen, Jagdszenen, domestizierte Lamas, Flamingos, Gürteltiere, Eidechsen usw. Wir schauten uns alles in Ruhe an und bewegten uns dann weiter ins Regenbogental auf 3.100 Höhenmeter. Angekommen konnten wir unsere frischen Brötchen mit Blick auf vielfarbige Felsen genießen. Wie der Name schon vermuten lässt, lagen in diesem Tal einmal mehr Berge die in zig Farbnuancen in der Sonne strahlten. Es lagen weiß neben rot und dann kam oliv und violett gefolgt von grünem Schimmel neben gelb und schwarz. Puh wer da die Farbpalette gemischt hat, hatte einen guten Tag.
2 Stunden schlenderten wir durch das Gebiet und rätselten wie solche Formationen möglich waren. Auch dieses Geheimnis konnten wir nicht lüften, was uns aber nicht davon abhielt einen tollen Tag zu haben.
Nun war es an der Zeit die Region um San Pedro de Atacama endgültig zu verlassen. Sand, Stein und Wüste waren unsere Begleiter für den restlichen Nachmittag. Wenn einige Reisende behaupteten die Fahrt durch die Atacama sei langweilig, müssen wir dagegenhalten warum? Auf einer Asphaltstraße durch eine Wüste zu fahren, prinzipiell völlig sicher kann doch nicht langweilig sein. Eine Einöde ist immer spannend, sie ändert sich fortlaufend, bleibt trügerisch harmlos bis das Unerwartete eintrifft. Uns ereilte nichts und so fanden wir immer wieder neue Strukturen die uns ins Auge fielen. Nicht zu übersehen waren die gigantischen Minen. Man sah die Sandwolken aus mehreren Kilometern Entfernung, die Abraumhalden türmten sich wie terrassenförmige Berge Meile um Meile und die Sattelschlepper für Riesen krabbelten auf ihnen herum wie Ameisen im Sandkasten. Dort liegt eine der größten Tagebau-Kupferminen der Welt, vielleicht ist es sogar die größte. Seit einem Jahr wird nun auch ein Konzept für den Untertagebau etabliert und seitdem werden keine Besuchertouren mehr angeboten. Seit 1915 wird in Chuquicamata Kupfer gewonnen, in den letzten Jahren mit einer Jahresfördermenge von (nun aufgepasst) 630.000 Tonnen! Ja 630 Millionen Kilo Kupfer im Jahr buddeln 20.000 Angestellte Jahr für Jahr aus dem Wüstenboden. Zahlen die man sich nicht vorstellen kann. Wir sahen die Mine klar in 10 km Entfernung, die Abraumhalden und Gebäude ebenso. Um etwas aus dieser Distanz erkennen zu können, musste in Chuquicamata alles eine Spur größer sein.
Die Nacht verbrachten wir hinter einer Tankstelle, nicht weil es sonderlich schön dort war, sondern da sie sehr schnelles und offenes Internet hatten. Blog und Bilder hochladen, neue Musik hören, am Morgen skypen. Manchmal muss es eben praktisch sein.













Obwohl die Atacama dermaßen lebensfeindlich ist, siedelten seit Mitte des 19. Jahrhunderts tausende Menschen in der nördlichen Region Chiles. Grund war das weiße Gold welches in der Wüste gefunden wurde, oder Salpeter welches zur Herstellung von Düngemittel und Schießpulver in die ganze Welt exportiert wurde. Salpeter war Chiles wirtschaftlicher Hauptträger und so verwundert es nicht, dass über 130 Salpeterstädte in der Wüste gegründet wurden. Meistens lagen sie in der Nähe von den Fundstätten und waren ausgestattet wie eine heutige Stadt. Hospital, Lebensmittelgeschäfte, Bäcker, Metzger, Zahnarzt, Schule, Polizeistation, Feuerwehr, Kneipe, Wäscherei und so weiter.
Chacabuco lag 100 km nordöstlich von der Großstadt Antofagasta inmitten der Wüste und nur 4 km von unserem Schlafplatz hinter der Tankstelle. Es war eine der größten Salpeterstädte des Landes mit rund 5.000 Einwohner. Der Besuch dieser Geisterstadt (wie alle, falls noch etwas vorhanden ist), wurde zu einem faszinierenden Erlebnis und eins unserer Highlights in Bezug auf historische Stätten während unserer gesamten Reise.
Die Stadt wurde zwischen 1922 und 24 gegründet, aber bereits 1938 wurde die Produktion von Salpeter eingestellt und die Anlagen teilweise abgebaut (10.000 t wurden pro Monat produziert). Die Erfindung von künstlichem Nitrat läutete den Untergang der Salpeterstädte ein. Alle wurden sehr schnell aufgegeben und wurden zu Geisterstädten. Chacabuco wurde in den Jahren 73-74 aber noch einmal wiederbelebt, als 1.500 politische Häftlinge nach einem Militärputsch dort inhaftiert wurden. Deshalb war die Stadt vergleichsweise gut erhalten (haha es war gruselig) und bekam einen zweiten gänzlich anderen historischen Aspekt.
Wir folgten einem Rundweg, auch wenn man gehen konnte wohin man wollte. Sehr einsturzgefährdete Ruinen waren abgesperrt, sowie Teile der alten Produktionshalle. Auf dem Rundweg wurden wichtige Gebäude erklärt und im zweiten Abschnitt die Häuser in denen die Gefangen untergebracht waren, die kirchlichen Einrichtungen die sie sich erbaut hatten und weiteres.
Hölzerne Wachtürme, Kabelmasten mit verrosteten Spulen ohne Drähte, zerbrochene Badewannen in den Straßen, offene verrostete Turbinen, eingestürzte Häuser, Wandmalereien der Gefangenen, Metallschrott überall, zerfallene Autos in der Werkstatt, Schnitzereien an einigen Bäumen am Hauptplatz (auch von den Gefangenen), zersprungene geflieste Böden und Wände im Haus des Konzernchefs, ein renoviertes Theater, Küchenüberreste, ein kleines Hospital mit drei Räumen und vergammelter Einrichtung, Tapete die in der Hitze brüchig an den Wänden hing... die Aufzählung könnte die ganze Seite füllen. Ein einzigartiges Sammelsurium und extrem fesselnd. Wir waren 3 Stunden in der Geisterstadt und hatten sie für uns. Knarrende Holzdielen und geborstene Dachbalken die über unseren Köpfen im Wüstenwind knarzten, ein schlagender Rollo am Theater... wie gesagt dies könnte eine laaaaange Liste werden . Es war eine super tolle Erfahrung und nichts was in unserem Reiseführer stand. Wie so oft die besten Plätze!
Danach ging es weiter durch die Wüste und bis an den Pazifik nach Antofagasta. Die fünftgrößte Stadt des Landes hatte nur 300.000 Einwohner und lag zwischen Ozean und einer kleinen Hügelkette. Die Sonne begleitete uns für viele Wochen und erst als wir über diese Hügelkette kamen, fanden wir uns in Wolken wieder. Küstenklima mit Sonne im Sommer und Küstennebel bzw. Wolken im restlichen Jahr. 10 km im Inland und man sucht Schatten an 365 Tagen vergebens. Die Atacama war wirklich extrem.
Es war Nachmittag und bei diesem trüben Wetter hatten wir gar keine Lust in die Stadt zu fahren. Darum parkten wir einige Kilometer außerhalb auf einer ewig langen Klippe. Diese erstreckte sich bis ins Zentrum und sozusagen hinter uns ging sie weiter bis sie im grauen Einerlei verschwand. Das Thermometer fiel schnell auf 15 Grad und ein Seewind brachte Feuchtigkeit mit sich. Die Umgebung erkundeten wir nur für ein paar Minuten und zogen uns dann ins Innere zurück. Eine Kanne Tee und der Blick aus dem Fenster genügten für heute.

















Das Wetter war fast genauso wie am Vortag. Wir fuhren in die Stadt und parkten hinter dem Fischmarkt und liefen, die Sonne kam etwas heraus, durch die Stadt. Sie war in Ordnung, aber nichts besonderes. Dafür kamen wir aber in den Genuss von vielen großen Supermärkten und Shoppingmalls. Nach so langer Zeit gingen wir erfreut durch die einzelnen Regalreihen, um zu sehen was der Chilene alles erwerben kann. Es gab einfach alles und das Angebot war wie in Kanada oder den USA. Da es sogar einen Walmart (US-Einzelhandelskonzern der in Chile Lider heißt) und einen Sodimac (riesiges Bauhaus) gab, fühlten wir uns zwischen den „Schnäppchen“ tatsächlich wie in den USA. Chilenen lieben diese großen Kaufhäuser!
Wir kauften einige Dinge, suchten einen Keilriemen und machten uns gegen 16 Uhr aus dem Staub hinaus auf die Sandklippe. Ich hatte schon längere Zeit ein Auge auf den älteren Herrn im Wagen vor uns. Er fuhr ruckartig und schlingerte manchmal etwas. Ich hielt deshalb lieber etwas Abstand, fuhr an Ampelanlagen aber ganz normal auf ihn auf. An einer legte er sich über den Beifahrersitz und wühlte im Handschubfach herum, vergaß aber seine Handbremse zu ziehen. Sein Wagen kam ins Rollen und wir zwei meinten noch er wird doch nicht... einmal kurz hupen half nichts und schon schrammte sein Heck in Panchos Stahlgebiss. Der Herr im Wagen kam allerdings nur vom Sitz hoch, schüttelte den Kopf und fuhr wieder einen Meter vor. Er schüttelte seinen Kopf weiterhin, aber sonst kam da keine Reaktion. Wir lachten uns schlapp, die Herren im Kleintransporter auf der Gegenspur ebenfalls und ein Passant zur Rechten zuckte die Schultern, lachte und gab uns einen erhobenen Daumen. Chilenen sind echt putzig .




Auf dem Weg in die Stadt hielten wir kurz am Wahrzeichen von Antofagasta. Dies ist ein Felsentor im Meer, auf welches die ganze Region stolz war. Wieder in der Stadt füllten wir zuerst auf einem Großmarkt unter freiem Himmel unseren Kühlschrank bis zum bersten. Tatsächlich ließen wir uns von den Unmengen an frischen Gemüsen und Obstsorten in solcher Weise verführen, dass wir einiges unters Bett einlagern mussten. Kauften Fleisch für mehrere Tage und Brot und als wir Antofagasta später verließen waren wir für die Wüste gerüstet. Bevor es soweit war, besuchten wir ein weiteres Mal das Zentrum und knipsten ein paar Bilder bei aufklarendem Himmel.
Sobald wir über besagte Hügelkette waren, waren alle Wolken wie von Zauberhand verschwunden. Schlagartig, obwohl höher, hatten wir 10°C mehr und konnten Pancho auf der perfekt ausgebauten Panamericana freie Hand lassen. Wir blieben aber nur 60 km auf dieser und bogen nach einem kurzen Stopp an der Mano del Desierto (Hand der Wüste) wieder auf eine kleine Seitenroute ab. Die Wüstenhand war eine 14 m hohe Betonskulptur, errichtet von einem Künstler als Mahnmal an die Menschheit, dass wenn wir unsere Natur weiterhin ausbeuten und verschmutzen, wir alle in einer Wüste enden werden. Nichts gegen die gut gemeinten Absichten des Künstlers, aber das hässliche Betonding verschandelte die Natur. Vielleicht lag dies aber auch in der Absicht des Meisters.
Von dort hielten wir wieder auf den Ozean zu und schraubten uns enorm in die Höhe. Die Straße war teilweise geteert, teilweise brauchbarer Schotter und als wir über die letzte Anhöhe kamen lag unter uns ein Anblick den wir so noch nie gesehen hatten. Wir schauten direkt hinunter auf den Pazifik, sahen ihn aber nicht. Eine strahlend weiße Wolkendecke lag unter uns, sehr ähnlich dem Blick aus einem Flugzeugfenster wenn man über den Wolken in der Sonne fliegt. Wir parkten an einem Aussichtspunkt und hatten einen traumhaften blauen Himmel über uns, die Sonne gegenüber und unter uns Wolken. Was für ein Anblick!!! Obwohl es erst früher Nachmittag war, war sofort klar dort bleiben wir stehen. Wir saßen den restlichen Tag im Freien und staunten wie Kinder, lasen in der warmen Sonne und hatten einen fantastischen Sonnenuntergang. Die Sonne senkte sich auf Augenhöhe in die Wolkendecke und alles erstrahlte in gelb und orange. Traumhaft und alles wieder nur für uns. 3 Laster fuhren tagsüber vorbei, in der Nacht war es still wie sonst was.














Am Morgen war die Wolkendecke immer noch da und genau da mussten wir rein. Aber erst gab es einen Kaffee über den Wolken... wann hat man dies schon?
Also rein in die Wolkensuppe und in dieser weiter entlang an der Pazifikstraße, die sich zwischen 5 und 20 Meter neben der rauen See schlängelte. Selbstredend Schotter mit vielen Schlaglöchern und Wellenprofil. Die Fahrt dauerte dementsprechend lange und die Sicht war trübe. Nach vielen Kilometern kamen wir in Paposo an und zurück auf Asphalt. Eigentlich unerheblich, aber in Paposo verlief damals die Grenze zwischen Bolivien und Chile. Also alles was wir bis jetzt von Chile sahen, gehörte vor dem Salpeterkrieg zu Bolivien, eine riesige Landmasse mit nicht unerheblichen Bodenschätzen (Kupfer, Lithium, Salpeter).
Das Wetter wurde besser und nach einem ausgiebigen Spaziergang an einem weißen Strand und einer weiteren Stunde Fahrt kamen wir nach Taltal, einem schnuckligen Fischerdörfchen, mit typischen bunten Holz- oder Blechhäusern aus den Jahren 1860 - 1890. Diese sollten wir noch sehr oft sehen und wir verliebten uns sofort in die Beschaulichkeit und dem pittoresken Charakter des Dorfes. Wir parkten am Malecón und noch während eines Streifzugs durch die Straßen wussten wir auch hier sollten wir eine Nacht verbringen. Auf dem kleinen Dorfplatz wurde Rock über Lautsprecher ausgestrahlt. So kam es, dass wir zu Guns n' Roses mit einem Eis in der Hand die dörfliche Idylle genossen und bunte Häuschen begutachteten. Was für Tage!











Die Wüste wird grüner,
ein besinnliches Fest