Dienstag, 24. April 2018

Dick und Doof (06.02.2018 - 12.02.2018; aktueller Standort: Hachtel, Baden-Württemberg)

@ Claudi & Thorsten: Hi ihr Zwei, wie schön dass ihr jetzt zu Dritt seit . Kleiner Felix willkommen in Hachtel und viel Spaß beim Erkunden der Welt. Bei Fragen komm zu uns!

Vom Grenzübergang waren es noch ca. 2.700 km bis nach Buenos Aires. Ein gewaltiges Stück wenn man bedenkt kaum eine Abwechslung zu Gras, Wind und Ebene zu bekommen. Da nahmen wir jede noch so kleine Abwechslung mit (Kartenlink).

Die erste lag noch innerhalb der Lavalandschaft, die wir erst kürzlichst in Chile verlassen hatten. Der Kratersee Laguna Azul befand sich nur 10 km hinter der Grenze und wie der Name schon vermuten lässt handelte es sich um einen blauen See in einem alten Vulkankrater. Später am Tag wäre dies ein perfekter Ort für die Nacht gewesen. Verlassen und wunderbar in der windigen Natur gelegen. Simone humpelte an den Kraterrand und wir blieben für eine halbe Stunde dort, brachen dann aber wieder auf denn wir hatten noch einen langen und sehr mühseligen Weg vor uns.
Die Straße Nummer 3 sollte kurz vorgestellt werden. Sie endete, bzw. fing in Ushuaia an und zog sich in der Nähe der Atlantikküste als durchgehendes Asphaltband für fast 3.100 km bis in die Hauptstadt Argentiniens. In Patagonien lagen in der Regel 200-300 km zwischen den einzelnen unattraktiven Ortschaften, dazwischen gab es manchmal eine Tankstelle oft nichts. Das längste, kerzengerade Stück welches wir bewusst wahrgenommen hatten betrug 48 km! Dann kam mit Warnhinweisen eine mickrige Linkskurve und dann ging es für weitere 20 km pfeilgerade weiter. Bei 70 Stundenkilometer war dies genau eine Stunde Fahrt für uns, mit ein paar Viechern und Lastwagen die traurigen Höhepunkte außerhalb der Fahrerkabine. Muss ich noch mehr Lobeshymnen für diese Route aufbringen? Wohl kaum...
Nach der Grenze war Río Gallegos der erste Ort, bzw. gleich eine große Stadt. Allerdings erreichten wir sie an diesem Tag noch nicht, denn wenige Kilometer davor meinten wir einen Abstecher an das Kap Virgenes, direkt an der Magellanstraße gelegen, unternehmen zu müssen. 130 km von etwas das in Argentinien Straße hieß kamen auf uns zu. Schotter wäre gut, aber dort mischte sich Dreck mit Steinen und vor allem Schlaglöcher. Keine wie sie in Deutschland existieren mögen. Die Piste war breit genug, dass vier Fahrzeuge nebeneinander fahren konnten, hatte Spuren genug (selbst neben der Straße) für noch mehr und Schlaglöcher wie eine Scheibe Emmentaler. Wenn der Weg nur von Bekloppten wie uns genutzt worden wäre, hätten wir gesagt OK warum soll das Land Geld für etwas Schotter ausgeben, aber am Ende der Strecke also am Kap lagen zwei Dinge. Für uns wichtig eine riesige Pinguinkolonie, neben dieser eine gigantische Ölraffinerie. Daher fuhren vielleicht 2 Autos pro Tag während der Brutsaison von September bis Anfang April mit Stoßgebeten dorthin, aber Tanklastwagen und Arbeiter in der Raffinerie fuhren dort permanent. Die Tanklastwagen, egal ob voll oder leer, krochen mit etwas mehr als Schrittgeschwindigkeit über die Staubstrecke im Versuch so wenige der Schlaglöcher mitzunehmen wie möglich. Es war wie Slalom und dabei können wir uns glücklich schätzen keinen Regentag erwischt zu haben. Die gibt es nicht oft, aber wenn ist dort eine Schlammschlacht durch die es kein Vorankommen gibt. Ich verlangte Pancho alles ab und hätte eventuell etwas langsamer machen können. Wir krachten durch die Löcher, dass es eigentlich ein Wunder war keinen ernsthaften Schaden eingesteckt zu haben. Nur ein Bolzen an einem Stoßdämpfer riss wieder.
Das Land und die Ölgesellschaft sind total irre nichts gegen diese Zustände zu unternehmen. Aber genau dies war Argentinien, oft total plemplem.
Gut, wir kamen gerädert am Kap an und liefen zwei Mal die kurze Runde durch die Brutkolonie der Magellan-Pinguine. Jährlich kommen aus Brasilien 130.000 Brutpaare, die im Normalfall 2 Jungtier großziehen. Unter jedem Busch lagen Pinguine, überall hörte man sie pfeifen oder ähnlich einem Esel wiehern. Sie marschierten durch die Landschaft und hatten wenig Spaß an der prallen Sonne. Am Steinstrand und im Meer waren dann abertausende. Wir liefen die Runde, ruhten etwas aus und drehten sie am späten Nachmittag zum zweiten Mal. Wir liefen praktisch inmitten der Vögel und wenn die Tiere auf uns zukamen stoppten sie und machten einen Bogen um uns. Andererseits konnten wir ihnen sehr nahe kommen, wir kamen problemlos auf Armeslänge an sie heran. Es war schon etwas Besonderes so viele Pinguine auf einem Fleck zu sehen, auch wenn die Raffinerie und die Lastwagen nicht in dieses Idyll passten.
Nur 2 km von den Tieren entfernt durften wir hinter ein paar Sandhügeln parken. Die Ranger gaben uns ihre Erlaubnis und da in der Nacht selbst die verrücktesten Trucker nicht fuhren, hörten wir nur die Brandung leise in der Ferne.










Den Rückweg gingen wir etwas langsamer an. Es blieb trotzdem noch eine Tortur.
In Río Gallegos fragten wir uns von Schraubenladen zu Schraubenladen und der vierte hatte dann den benötigten Bolzen in der richtigen Stärke und Länge. Dann fuhren wir noch an einen Supermarkt und warteten später vor der Tür eines Mechanikers, der noch in den Federn lag. Mittagspause in Argentinien... Als er mit zerzausten Haaren sein Rolltor öffnete bat ich ihn um zwei Schraubenschlüssel und befestigte den Bolzen schnell selbst. Kurz bedankt und dann fuhren wir an die lange Uferpromenade und vertraten uns in den Straßen die Füße. Am Abend gab es noch ein Bier, welches wir nach der Erfahrung ans Kap Virgenes wirklich nötig hatten.


Nichts Spannendes an diesem Tag, außer dass wir am tiefsten Punkt Amerikas vorbei fuhren. Leider lag die Laguna del Carbón mit 105 m unter dem Meeresspiegel auf Privatland und wir konnten von einem sogenannten Aussichtspunkt nur den Rand der Salzfläche sehen. Am Nachmittag parkten wir in Puerto San Julian am Meer, gönnten uns ein Eis und warteten auf den nächsten Morgen.


Wer Dick und Doof kennt, weiß genau was passiert wenn einer der beiden Herrn in einem Haus vor einer Tür steht, diese aufreißt und weiter läuft. Fast immer wechselt die Kameraperspektive und man sieht wie ein Bein ins Leere tritt und Dick oder Doof nach unten segelt, auf der Seite oder dem Hosenboden landet und etwas dümmlich aus der Wäsche schaut. Soviel zur Filmgeschichte.
Das Setting war wie folgt. Wir nächtigten am Meer, vor uns eine kleine Bucht mit viel Grünzeug und Scharen von Meeresvögeln. Da wir am Rand einer Kleinstadt schliefen, der Ort mit Scherben, Bierdosen, Kippen und ähnlichem versaut war (auch typisch Argentinien) verstauten wir unsere Leiter wie so oft, um niemanden Anreiz zu geben in der Nacht an unsere Tür zu kommen.
Auch wie fast immer wollte ich an diesem Morgen den Kaffeesatz aus dem Plastikfilter im Freien entsorgen und öffnete schwungvoll die Tür. So nun kamen Filmgeschichte und Setting zusammen und ich trat wie Doof aus unsere Kabine und ohne die geringste Gegenwehr knallte ich 1,50 Meter tiefer auf Steine und mit dem Kopf in einen Busch. Simone sahs und wollte es nicht glauben. Ich registrierte nur, dass ich den Kaffeefilter noch immer umklammert hielt und dass ich mehrere Schutzengel hatte. Ich verfehlte jeden größeren Steinbrocken, jede Scherbe und kein Ästchen stach mir ins Auge. Tatsache war ich hatte auf den ersten Blick gar keine Schramme, erst später fand ich eine Schürfwunde auf dem Schienbein und einen kleinen Bluterguss am Bein. Wie Dick und Doof berappelte ich mich schnell. Am Nachmittag und dann am kommenden Tag bemerkte ich, dass ich mir doch gehörig den linken Arm und das linke Knie angehauen hatte. Den Arm konnte ich nicht belasten und weder strecken noch anwinkeln, das Bein nicht anwinkeln. Heute, am 27. März ist mein Arm verheilt, aber das Knie merke ich beim Kuppeln immer noch. Es sticht dann etwas und ich hoffe ich habe kein bleibendes Andenken aus Puerto San Julian im Gepäck, wenn wir den Flieger in 3 Wochen besteigen.
In dem Nest stand eine getreue Replika der Nao Victoria, dem Schiff mit dem Magellan die Verbindung zwischen Pazifik und Atlantik fand und mit dem er am 30.03.1520 hier im Hafen anlegte. Wir wollten aufs Schiff, aber dies öffnete erst spät am Vormittag seine Pforten. Wir zwei Lädierten wollten aber nicht warten und fuhren lieber langsam einen 30 km langen Küstenabschnitt ab. Strände, Klippen und eine alte Fabrikruine lagen entlang des Weges. Die Landschaft bot eine tolle Abwechslung und wir vertrödelten den gesamten Vormittag dort. Am Nachmittag hieß es zuerst Kilometer schrubben, bevor wir wieder heftig ausgebremst wurden. Von der Ruta 3 im Landesinnere gelegen, befand sich der erste von zwei versteinerten Wäldern im südlichen Teil Patagoniens. Anstatt auf der 3 zu bleiben und den kürzesten Schotterweg zu nehmen, dachten wir wir könnten schon eher die Asphaltstraße verlassen und laut Karte nur einen kleinen Umweg in Kauf nehmen, um den gleichen Weg nicht doppelt zu fahren. Die Straßen hatten sogar Nummern und zu Beginn war die Strecke auch nicht schlecht, aber sie wurde es je weiter wir fuhren. Einspurig mit Sand und Steinen, eine Erdpiste an vielen Stellen. Dann setzte noch Schneeregen ein und wir bangten um nicht liegen zu bleiben. Mit genügend Wasser wären all diese Strecken nicht befahrbar, weil überall Dreck zu Matsch und Schlamm verwandelt werden würde. Für Stunden quälten wir Pancho durch diesen Abschnitt, der sicherlich schöner als die Hauptverbindung war, aber unterm Strich sich nicht lohnte. Wir sahen eine Familie auf halber Strecke wohnen, sonst keinen Menschen. Wenn man dort in einem Sandloch oder in aufgeweichter Erde stecken bleibt, sollte man genügend Trinkwasser bei sich haben!
Kurz vor Sonnenuntergang trennten uns noch 45 km vom versteinerten Wald und wir fanden ein kurzes Stück einer alten Straße, auf der wir endlich halten konnten. Selbst dort waren überall Weidezäune, auch wenn wir nicht wissen was sie umzäunten. Wir sahen weder Schaf noch Rind, konnten deshalb aber nirgendwo parken.









Nach kurzer Fahrt auf inzwischen besserem Schotter kamen wir am hinteren Eingang zum Nationalpark Bosques Petrificados de Jaramillo an. Bis dorthin gelangen wahrscheinlich nur wenige Reisende, denn die Attraktion liegt direkt am Haupteingang. Wir hingegen kamen in den Genuss einer äußerst ansprechenden Gegend. Die Erhebungen um uns herum bestanden aus mehrfarbigen Gesteinsschichten und wir hielten mehrfach um einen genauen Blick auf die Formationen werfen zu können. Im Rangerhaus am Parkeingang registrierten wir uns, der Eintritt war frei und durften dann in die 2 km kurze Runde durch die versteinerten Stämme.
Die Geschichte zu diesem Park liest sich wie folgt. Vor 150 Millionen Jahren war Patagonien und vielleicht ganz Südamerika bewaldet. Gebirge gab es noch nicht und so kam ausreichend Regen von den Ozeanen heran um die Wälder, in Patagonien vorzugsweise Araukarien und Alercen, gut gedeihen zu lassen. Ein Vulkanausbruch schmetterte die Bäume in dieser Region der Länge nach hin und bedeckte die gewaltigen Stämme mit Asche. Kurz danach legte sich noch Erde darüber und dann versank das ganze im Wasser. Die Bäume verrotteten nicht, sondern lagerten Mineralien wie Sulfate, Mangane oder Eisenverbindungen in ihren Strukturen ab und wurden so über Jahrtausende selbst zu Quarzen und Silikaten. Vor 80 Millionen Jahren wurden die Anden geboren. Der Regen vom Pazifik blieb aus und die Fallwinde von den bis zu über 6.000 Metern hohen Bergen fegten über die Ebene, trockneten sie nach und nach aus und hinterließen die heutige Steppe oder Pampa. Die Winde legten die versteinerten Bäume wieder frei und heute können diese im Nationalpark besichtigt werden. Unter der Oberfläche befindet sich ein noch älterer versteinerter Wald, der aber noch nicht natürlich freigelegt worden ist. Deshalb ist der spanische Name des Parks auch im Plural gehalten; versteinerte Wälder.
Die Stämme waren beeindruckend, massiv in ihrem Durchmesser und etliche Meter lang. Je nach Salzablagerung waren die Maserungen rot, violett, gelb oder weiß. In der Summe waren die Stämme sehr rot und dunkel. Dafür hatte sich der Umweg gelohnt! Der Weg zurück an die 3 war mit nur 50 km ein Kinderspiel. Dabei sahen wir unsere einzigen Großen Pampahasen und wussten nicht genau was wir da vor uns hatten. Die beiden Maras hatten Hasenohren, bewegten sich aber auf 4 dürren Beinen sehr ungewöhnlich. Sie setzten beide Vorderläufe gleichzeitig nach vorne und hüpften dann langsam mit den beiden hinteren nach, blieben im Rücken dabei aber total waagrecht. Es sah irgendwie falsch aus...
Danach fuhren wir weiter nach Norden und vor der nächsten Stadt ging es schon wieder über Erde. 600 Meter abseits der Straße hielten wir auf einer Klippe, den Strand Supe unter uns. Am Vortag fuhren wir lange, an diesem Tag war bereits vor 16 Uhr Schluss .













Wie immer mit einer Brandung schliefen wir wie Babys. Nach wenigen Minuten waren wir in Caleta Olivia und froh als die Stadt hinter uns lag. Auf den nächsten 40 km folgte die Straße direkt dem Küstenstreifen. Strand an Strand und Klippen unterbrachen sie. Dieser Abschnitt war wirklich schön und garniert wurde dies, wir hatten an diesem Tag Glück, mit vielen Glattwalen die vor der Küste vorbeizogen. Auf der ganzen Strecke sahen wir immer wieder die Wasserfontänen nach dem Auftauchen in die Höhe spritzen. In der noch größeren, aber genauso vermüllten, Stadt Comodoro Rivadavia endete die schöne Fahrt. Wir bogen ins Landesinnere in Richtung Sarmiento, passierten unzählige Ölbohrtürme und besichtigten einen weiteren versteinerten Wald. Dieser war gänzlich anders. Die Stämme waren kleiner, alle sehr hell und lagen kreuz und quer in der Landschaft verteilt. Dort brachte eine Schlammlawine die Stämme an ihren heutigen Positionen. Auch dieser Park war interessant, aber nicht ganz so beeindruckend wie der Nationalpark etwas weiter südlich. 10 km später stellten wir Pancho in eine Kiesgrube. Aus dem Wind und mit Blick in ein Tal.










Und wieder zurück nach Comodoro Rivadavia. Wir kauften in einem großen Supermarkt ein, tankten und wollten dann kurz durch die Stadt laufen. Taten wir auch, sahen eine grottenhässliche Kirche (wer so etwas entwirft und wer so etwas abzeichnet es in seiner Stadt erbauen zu lassen ist uns ein Rätsel!) und sonst nur verschlossene Läden. Es war Fasching und die Stadt bereitete sich auf einen Umzug am Abend vor. Dies war unser Stichwort und wir flüchteten aus der Großstadt. Am Tag zuvor hatten wir uns schon einen herrlichen Strand etwas südlicher gelegen ausgesucht und dorthin verschlug es uns. Um 15 Uhr standen wir auf dem Sand, wechselten in kurze Hosen und waren happy wieder warme aber trockene Temperaturen zu haben. 2 Tage zuvor noch 7 Grad in der Nacht und in dieser blieb das Thermometer bei 18 stehen. Cool!


In die Hitze,
die Aufgetauten