Mittwoch, 18. April 2018

Ein Schlusswort auf Chile (aktueller Standort: Hachtel, Baden-Württemberg)

In 93 Tagen fuhren wir zielstrebig von Norden nach Süden, aber nicht kontinuierlich in Chile. 5 Mal querten wir die Grenze zu Argentinien, zum einen um im Nachbarland ausgewählte Landschaften zu erkunden, zum anderen weil Chile keine durchgängige Straße zwischen seinem nördlichsten und südlichsten Punkt besitzt. Die Atacamawüste im Norden, die Wälder und Seen in der Mitte und die patagonische Steppe im Süden waren vereinfacht unsere Etappen.

Aber im Detail war Chile viel mehr. Egal von welcher Himmelsrichtung man startet, Extreme finden sich überall. Von einem der herzlichsten Empfänge an einem Grenzposten in der Atacamawüste bis zum letzten Tag im Pali Aike Nationalpark unweit von Feuerland wurden wir täglich begeistert. Chile war sauber und weltoffen, die Chilenen so tiefenentspannt wie kein anderes Volk vorher. Selbstredend hatten wir nie Sicherheitsbedenken, egal in welcher Stadt und egal an welchem abgelegenen Ort.

In 93 Tagen hatten wir so viel Abwechslung wie selten zuvor. Daher tun wir dem Land auch Unrecht, indem wir einige Sehenswürdigkeiten über andere erheben. Problemlos könnten wir für jede Region eine Liste mit unseren Highlights erstellen, national gestaltet sich dies viel schwieriger. Gerecht wäre es wenn an erster Stelle „Chile“ stünde, an zweiter „Chile“ und an den folgenden ebenso.
San Pedro de Atacama mag touristisch sein, aber inmitten der trockenen Atacamawüste gelegen, mit Blick auf Andenvulkanen, Salzseen und Geysire vor der Haustür war dies auch für uns ein Paukenschlag. Diese Wüste war faszinierend und beängstigend, weit und so trocken. Sie war bunt und salzig und Geisterstädte untermauerten die lebensfeindliche Umgebung in der sie einst gegründet wurden. Die Atacama erblühte für uns, zum einen real nach ein paar Tropfen Regen, zum anderen imaginär als jede Nacht Trillionen Sterne am klaren Firmament die Milchstraße zum Greifen nahe brachte. Sie war unser Start in Chile, einer unserer lang ersehnten Reiseträume und lebt nun täglich in einer absurd reellen Vorstellung in unserem Geiste weiter.
Was wir in der Wüste jeden Tag hatten, gab es über 2.000 km weiter im Süden gar nicht; einen wolkenfreien Himmel. Trotzdem hielt die Fahrt auf der Carretera Austral alles was sie versprach. Einsame Wildnis mit nur gelegentlichen Weilern und einer Stadt. Wem der Sinn nach verschneiten Andengipfeln ist, Gletscher zum „fast“ anfassen, Urwälder und Fährverbindungen durch Fjorde, wird auf der Austral reich beschenkt. Ohne Muse lohnt sich diese wunderschöne Strecke aber kaum, denn die Austral geizt zwar nicht, wirft einem ihre Schönheit aber auch nicht hinterher. Jeden Tag ein Stückchen weiter, die Ruhe verinnerlichen und die eigene Winzigkeit erkennen. Die Carretera Austral gehört vermutlich zu einer der erfahrungsreichsten Straßen auf unserem Planeten.
Dies sollen nur zwei Anregungen sein, Erwähnung fanden weder die wunderschönen symmetrischen Vulkane, die gewaltigen klaren Seen, die vielen Nationalparks oder farbenfrohen Städten. Chile ist eben das Highlight ganz oben.

In 93 Tagen legten wir 10.171 Kilometer zurück. Maut zahlten wir selten, dann aber viel und hätten wir nicht versucht die Mautstellen zu umgehen, wäre der Betrag ein Vielfaches geworden. Zu Fuß wanderten wir 483 km durch wunderschöne Nationalparks und vielerorts unberührter Natur.
Im Schnitt fuhren wir also 109,4 Kilometer am Tag und liefen 5,2 Kilometer.
Pancho wollte als Gegenleistung Diesel im Wert von 1.911 Euro was 20,5 Euro am Tag oder 18,8 Cent pro gefahrenen km entspricht. 323,5 € investierten wir in sein Wohlbefinden. Ein Ölwechsel, ein defektes Blinksystem und eine gebrochene Kupplungsstange waren die Kostenschwerpunkte und konsumierten 3,5 Euro am Tag. Pro gefahrenen km sind das in etwa 3,2 Cent. Alles in allem also ca. 24 Euro am Tag für unseren Reisegefährten.
In 93 Tagen zahlten wir 13,5 Euro für Übernachtungen, oder 14,5 Cent pro Tag.
Mautgebühren betrugen 74,8 Euro und die Nutzung öffentlicher Transportmittel 199 Euro. Bus und Metro in Santiago sind dabei vernachlässigbar, die Fähren auf die Inseln Chiloé und Feuerland, sowie auf der Carretera Austral machten den Löwenanteil aus. In der Summe zahlten wir 273,8 Euro oder umgerechnet 2,9 € pro Tag.

In 93 Tagen hatten wir restliche Ausgaben von 2.372 Euro. Egal ob Lebensmittel, Eintrittsgelder, Restaurantbesuche und Kneipenaufenthalte. Zu Zweit benötigten wir 25 Euro und 50 Cent am Tag. Eine Empanada am Tag ging immer und um ein leckeres Stück Kuchen machten wir keinen Bogen. Gepaart mit vielen Parkeintrittsgeldern sind wir verblüfft wie sparsam wir waren. Für ein Land wie Chile ein bemerkenswerter Schnitt.

In 93 Tagen belief sich das Grand total auf 4.894 €, oder 53 Euro am Tag. Auch in Chile gilt, es war jeden Cent wert! Tatsächlich wäre der Tagesverbrauch sogar geringer, wenn wir nicht vor jedem Grenzübergang Tank und Kühlschrank randvoll gefüllt und auf dem Rückweg beides fast leer gehabt hätten.

Lieber Leser was verbindest du mit dem Land Chile? Vielleicht die Atacamawüste, Santiago de Chile, oder den Apfel und Wein im Supermarkt? Alles richtig und doch wird man nach einem Urlaub andere Bezugspunkt nennen, oder keinen da man sprachlos ist was man in diesem Land erlebt hat. Chile ist eine Achterbahnfahrt durch Landschaftsformen, die gefühlt versuchen sich gegenseitig zu übertrumpfen. Raue wilde Schönheit im Süden, heiße erbarmungslose Hitze im Norden, dazwischen üppige Wälder, eisbedeckte Vulkane und einen See nach dem anderen. Egal wo man Chile zum ersten Mal betritt, man wird nicht enttäuscht werden.
Naturliebhaber treffen auf europäischen Standard, der noch bezahlbar ist. Unbezahlbar bleiben die Eindrücke, einem wird schwindeln beim Versuch das Gesehene in einen bekannten Rahmen stecken zu wollen. Dieser würde überquellen mit einem Araukarienast hier, einer Salpetermine dort oder einer Pinguinkolonie an anderer Stelle. Wenn Chile nun noch ein paar koloniale Bauwerke mehr hätte, archäologische Stätten wie derer der Maya oder Inka besäße, oder ein Tukan durch die Wälder fliegen würde bräuchte man fast kein anderes Land in Amerika besuchen. Fast, denn Chile kann dann doch nicht alles haben; aber eben nur fast nicht. 93 Tage waren für uns zu kurz, es schreit nach mehr.

Auf unserer Homepage findet sich alles weitere über Chile.

Ende