Dienstag, 15. Mai 2018

Argentinien hat auch Tropen (04.03.2018 - 11.03.2018; aktueller Standort: Hachtel, Baden-Württemberg)

Wie bei der Einfahrt, versuchten wir auch bei der Ausfahrt aus Buenos Aires Mautstellen und somit die Autobahnen zu vermeiden. Wir blieben auf kleineren Straßen und fuhren für 30 km an der Autobahn entlang, was wir laut Schildern gar nicht hätten tun dürfen. Dementsprechend benötigten wir den ganzen Tag bis die Hauptstadt hinter uns lag und wir in Zárate, einem wichtigen Hafen für Buenos Aires, am Nachmittag an einer Tanke parkten. Der Platz dahinter war riesig, viele Dutzende Lastwagen konnten dort parken, aber es waren derer nur drei. Für eine Tankstelle war die Nacht total ruhig, so ruhig dass wir einen Kauz leise rufen hörten, der um 23 Uhr 2 Meter vor unserem Fenster auf einem Holzpfahl saß. Wir beobachteten gespannt, wie er eine fette Motte aus der Luft pflückte. Toll (Kartenlink)!

Direkt hinter der Tankstelle kam eine Mautstelle die wir nicht umgehen konnten. Über eine große Brücke wechselten wir in die Provinz Entre Ríos (Zwischen Flüssen), die berüchtigt für seine korrupten Polizisten war. Angeblich werden alle irren Möglichkeiten ausgeschöpft, Reisenden mit eigenem Fahrzeug Geld abzuknöpfen. Ein paar Beispiele gefällig? Feuerlöscher ist Pflicht in Argentinien und darf nicht älter als 2 Jahre sein. Ein Auto mit Anhängerkupplung ist automatisch ein Lkw und damit muss man einen passenden Führerschein haben. Man muss einen Leichensack im Auto haben. Kein Witz ist Gesetz, aber ein größerer schwarzer Müllsack tut es auch. Lichter über dem Fahrerhaus sind verboten und es darf nichts über die Stoßstange hinausragen. Also wenn die Polizei was finden möchte findet sie auch was, nur interessiert sie sich nie für solche Dinge, nur in dieser Provinz. Wir sahen 5 Kontrollen auf der Gegenspur und auf unserer winkte uns ein Polizist durch und bei den anderen beiden war es den Beamten zu heiß und sie traten nicht aus dem Schatten von Brückenpfeilern hervor. Im Klartext wir wurden nicht behelligt.
Wir zogen eine kleine Extraschleife durch eine Sumpflandschaft, die nun nach wenigen Regenfällen eher einer Trockensteppe mit gelegentlichen Wasserlöchern glich. In einem sahen wir ein Wasserschwein, welches aber schnell unter den Wasserpflanzen abtauchte. Ein paar Vögel harrten der Dinge, aber der erhoffte Tierreichtum blieb aus.
Den El Palmar Nationalpark am Río Uruguay besuchten wir nicht, da uns der Eintritt zu teuer war und wir innerhalb des Parks nicht hätten campen dürfen. Es gab dort angeblich gefährdete Yatay-Palmen, welche für uns wie jede andere Palme aussahen. Als Nachtlager wählten wir einen wunderschönen Platz am Fluss Uruguay auf der Halbinsel Soler aus. Gegenüber lag Uruguay, das Flussufer mit Bäumen gesäumt ebenso wie unsere Seite. Es wurde mit jedem Meter grüner. Die Nacht wurde windig, kühlte herrlich ab und wir waren mutterseelenalleine.



Weiter nach Norden. Es hört sich an als hätten wir nicht viel getan, aber zwischen der Hauptstadt und den Iguazú-Wasserfällen lagen 1.300 km. Nicht mitgezählt die kleinen Extratouren, oder die Suchen nach einem schönen Schlafplatz.
Wir kamen durch eine Graslandschaft mit kleineren Baumbeständen, aber abwechslungsreich war sie noch immer nicht. In der Kleinstadt Chajari sprangen wir in eine Bäckerei und vertraten uns kurz die Beine. Weiter auf der Straße Nummer 14 fanden wir in dem kleinen, aber beschaulichen Dorf La Cruz einen kostenfreien kommunalen Campingplatz wieder am Río Uruguay. Heute lag aber Brasilien auf der anderen Seite des schlammbraunen Flusses. Wir standen ab 16 Uhr dort, es war herrlich ruhig, sonnig und windig. Wieder ein Bilderbuchstellplatz.



Die erholsame Nacht war vorüber und vorüber war auch die Zeit des warmen Windes, der Fahrt entlang des Flusses und der Graslandschaft.
Bald hinter La Cruz bog die 14 in der Provinz Misiones nach Nordwesten ab, oder weg vom Fluss Uruguay. Wir fuhren in Richtung Posadas und die Umgebung änderte sich drastisch. Der Boden wurde rot. Gleichmäßige Hügel durchzogen das Land, welches ein permanentes kurzes ansteigen und dahinter eine kurze Talfahrt nach sich zog. Dies änderte sich nicht mehr. Der tropische Charakter nahm aber pausenlos zu. Es verschwanden die Steppen und Gräser. Bäume übernahmen das Feld, zu Beginn frei stehend, später wie im dichtesten Dschungel mit Lianen und Würgefeigen behangen und ein undurchdringliches Dickicht schaffend. Die Hitze nahm zu, die Luftfeuchtigkeit sprengte unsere Toleranzgrenze, Stechmücken wurden zur Plage. Hört sich tropisch an, war tropisch und wurde noch unerträglicher!
In einem Städtchen (Namen vergessen, muss wohl wegen der Hitze gewesen sein) futterten wir wieder ein Eis. Fast täglich gönnten wir uns ein viertel oder ein halbes Kilo. 500 ml für 3 Euro, bis zu 4 Sorten wählbar. An diesem Tag nahmen wir Schoko mit Nüssen, Zitrone, Minze und Himbeer-Sahne; Hmmm .
An einem Aussichtspunkt über ein Tal sahen wir Wald soweit das Auge reichte. Dies hatten wir zuletzt im zentralen Chile. Zum schlafen suchten wir aber etwas ruhigeres und mussten an diesem Tag lange suchen. Wir waren schon mitten im Mate Anbaugebiet (Mate-Tee), als wir eine aufgegebene Tankstelle in einem Dorf sichteten. Dahinter parkten wir und hatten sogar noch eine unverschlossene Toilette, eine Kamikazedusche (die Stromkabel führen direkt in den Brausekopf und darin wird das Wasser erhitzt) und Wasseranschluss. Camperherz was willst du mehr?



Wir dachten wir halten kurz im kleinen Provinzpark Salto Encantado (Verzauberter Wasserfall), aber aus dem vermeintlich kurzen Besuch wurden vier Stunden. Neben dem fast 70 m hohen Wasserfall gab es noch mehrere kleine und da wir schon um 8.30 Uhr auf der Matte standen machte auch der Spaziergang durch den Regenwald Sinn. So früh hatten wir immer eine gute Chance Vögel oder andere Tiere zu entdecken. Später, wenn der Wald dampft, hört und sieht man gar nichts. So liefen wir 4 km zu zwei weiteren kleinen Fällen und sahen wie erhofft etliche Vögel, darunter einen kleinen Tukan, am Pool eines Wasserfalls ein Nagetier und zig Schmetterlinge. Sie flatterten überall und mochten unsere salzige Haut.
Später schlugen wir noch eine andere kleine Runde ein, sahen aber bereits nichts mehr. Unerwartet entpuppte sich der Vormittag ausgefüllt und somit blieb am Nachmittag viel Zeit zum fahren. Wir wechselten von der 14 auf die 12, die nun bis nach Puerto Iguazú am Grenzfluss zu Paraguay entlangführte. Nicht dass wir das Land sahen, der Regenwald war inzwischen überall. An einer Shell parkten wir und bekamen eine laute Nacht. Trucker kamen und gingen und hinter uns arbeitete eine Holzfabrik die Nacht durch.







Noch 77 km ständiges, leichtes auf und ab und wir hatten die Grenzstadt Puerto Iguazú am Dreiländereck Argentinien-Brasilien-Paraguay erreicht. Es war kurz nach 10 Uhr und die Luftfeuchtigkeit betrug 122%. Wir klebten am Sitz und dies obwohl es nur etwas über 30 Grad warm war. Gegen 16 Uhr mit 36 Grad und 168% Schwüle wurde es lustig .
Wir kauften ein paar Lebensmittel, suchten einen Bäcker, fanden ein preiswertes Mittagessen in einem Familienlokal und brauchten später auch noch Internet. Eine Runde drehten wir am Fluss Iguazú, der braun wie Kakao kaum fließend mit dem Paraná am Punkt der drei Länder verschmolz. Zum einen liefen wir natürlich nicht, denn es war viel zu heiß dafür und zum anderen konnte man hier kaum glauben, dass nur wenige Kilometer flussaufwärts, der Iguazú donnernd über Klippen stürzte.
Wir wollten natürlich am Folgetag zu den Wasserfällen, aber die Wettervorhersage nannte Regen für genau einen Tag. Wir planten um und folgten damit Ratschlägen einiger Besucher der Wasserfälle. Wenn man beide Seiten anschauen möchte, sollte man mit der brasilianischen beginnen. Also auf nach Brasilien!!!
Aber erst schliefen wir auf einem gigantischen Parkplatz einer Tankstelle, die mitten im Urwald lag. Die schmuddelige Grenzstadt lag im Dschungel, aber die Tankstelle gefühlt noch mehr. Schotterwege auf denen man parken konnte, wurden von Bäumen zu allen Seiten umschlossen. Vögel schwirrten durch die Luft, die man hätte auswringen können. Stechmücken kamen ab dem späten Nachmittag heraus und zwangen uns die feinmaschigen Netze vor die Fenster zu spannen. Nun saßen wir in einer Wasserdampfglocke, die Nacht wurde bescheiden.


Mit dem Verlassen der Tankstelle reihten wir uns automatisch in den Grenzposten ein. Es war ziemlich viel Andrang und trotzdem brauchten wir nicht lange. Wir erhielten unseren Ausreisestempel und dem Herrn vom Zoll erzählten wir, dass wir nur einen Tag in Brasilien bleiben würden. Daraufhin zog er Panchos Einfuhrpapiere nicht ein und ließ uns direkt über die Brücke nach Brasilien fahren.
Wir hatten nicht geplant Brasilien zu bereisen und da wir nur die Wasserfälle anschauen wollten, vernachlässigen wir eine kurze Einführung. Alle gefahrene Kilometer zählen wir zu Argentinien und doch passierte es kurz hinter dem brasilianischen Grenzposten, dass wir unseren 110.000 gefahrenen km erreichten. Also Glückwunsch Pancho, heute auf portugiesisch. Nicht dass wir dies könnten, was an der Grenze aber kein großes Problem war. Jeder sprach spanisch und nach der Immigration kam Panchos Einfuhr dran. Exakt wie beim Zoll in Argentinien, war den Zöllnern in diesem Land die Bearbeitung der Einreise für nur einen Reisetag zu lästig. Sie baten uns nur in der Grenzstadt zu bleiben und nur die Sackgasse bis an den Wasserfällen zu nehmen. Wir bestätigten und durften direkt weiter.
Nun ein Satz zu Brasilien. Die meisten Grenzstädte auf unserer Reise waren dubios, schmuddelig, meist unansehnlich und verdreckt. Foz do Iguaçu war nichts dergleichen. Die Stadt war sauber und schick, hatte Shoppingzentren und ihre Bewohner waren unglaublich gastfreundlich. Wir wollten es kaum glauben, waren wir doch in Brasilien! Aber Tatsache und dies haben uns inzwischen sehr viele Menschen bestätigt, Brasilien war sehr sauber, hat bis auf Ausnahmen keine übermäßig hohe Kriminalität und die Brasilianer sind herzensgute Menschen die Touristen auf Händen tragen. Dies wollten wir los werden.
Da das Licht an den Wasserfällen auf dieser Seite am besten am Vormittag sein soll und zusätzlich es ja noch regnen sollte, planten wir einen Tag in der Stadt mit rund 250.000 Menschen ein. Wir liefen durchs Zentrum, was keine Sehenswürdigkeiten hatte, aber so viel ansprechender als argentinische Städte war. Es gab Mittagsbuffets für 2,50 Euro und wir langten kräftig zu. Das Kaufhaus hätte in den Staaten oder Kanada stehen können, der integrierte Supermarkt ein Traum. In Santiago de Chile hatten wir ähnliches, hier in Brasilien waren die Produkte aber viel billiger und dies obwohl wir in einem gehobenen Komplex waren. Wir kauften tüchtig ein. Die Angestellte an der Auslage für Backwaren entschuldigte sich dafür, dass sie mich nicht auf Anhieb verstand. Hallo, ich mit schlechtem Spanisch versuchte süße Stückchen (verdammt lecker) zu kaufen, von denen ich nicht mal ihren Namen wusste. Klar verstand sie mich nicht, ich verstand mich ja selbst nicht! Brasilien machte sofort einen überaus positiven Eindruck.
Gegen 16 Uhr begaben wir uns in Richtung Wasserfälle und parkten kurz davor auf einer großen Wiese in der Nähe des Flugplatzes. Wir rissen alle Fenster auf, aber da kein Lüftchen ging blieb es heiß und dampfig. 28 Grad war der Tiefstwert in dieser Nacht, in Deutschland entspräche dies einem schönen Sommertag. Die Schnaken waren eine Plage und ohne Fliegenklatsche erwischten uns einige in der Nacht. Oh wir hatten keine Lust mehr auf Tropen und apropos Tropen, Regen viel natürlich keiner.


Der Nationalpark Do Iguaçu sollte um 9 Uhr öffnen, aber bereits um 8.30 Uhr war die Warteschlange vor den Kassen ellenlang. Wir warteten ca. eine Stunde, aber dann ging es los. Der Eintrittspreis betrug um die 15 Euro, darin beinhaltet war der Transport. Per Bus wurden wir 11 km weiter befördert und bekamen die ersten Fakten rund um den Park. Über die Iguacú-Wasserfälle erfuhren wir folgendes.
Der gleichnamige breite Fluss verteilt sich kurz vor der Basaltkante in viele Seitenarme und schuf dadurch ein dröhnendes Schauspiel. Auf fast 3 km Länge fallen aus maximal 80 Metern Höhe 275 Wasserfälle in die Tiefe. Dabei werden 20 Hauptfälle und 255 kleinere Wasserfälle unterschieden. Wo da die genau Grenze liegt welcher Rinnsal noch ein Wasserfall ist und welcher nicht, ist uns schleierhaft. Die großen Wasserfälle tragen alle Namen, bei den kleineren wissen wir es nicht. Iguacú bedeutet so viel wie Großes Wasser und beim Teufelsschlund handelt es sich um eine 700 m lange U-förmige Schlucht, in der von überall Wasser einschießt. Die Wassermenge schwankt allerdings beträchtlich und wird seit vielen Jahren von einem Wasserwerk stromaufwärts stark beeinflusst und ebenso ist die Farbe des Flusses heutzutage überwiegend braun, wohingegen sie vor 20 Jahren noch klar war. Grund ist die Abholzung des Regenwaldes...
Die meisten Wasserfälle liegen auf der argentinischen Seite, wodurch die brasilianische sich sehr gut eignet sich einen Überblick über die Kulisse zu verschaffen. Rauschendes und schäumendes Wasser in Breitformat! Beide Seiten, bzw. beide Nationalparks werden in der Liste der UNESCO geführt.

Als wir aus den Bus stiegen, brauchten wir uns nur mit der Masse treiben lassen. Zum ersten Aussichtspunkt ein Foto knipsen, Nasenbären bewundern und weiter einem ca. 1,5 km langen Weg am Fluss entlang folgen. Dies ist natürlich überspitzt, wenn auch viele Leute am heutigen Sonntag im Park waren. Aber man konnte überall solange stehen wie man wollte, konnte gehen wie man wollte und sah vor allem die Front der Wasserfälle von fast jedem Punkt des Weges. Wir fanden es großartig, meilenweit beeindruckender als die Niagarafälle. Nur leider war das Ende des Spaziergangs schnell erreicht und am Ende wurde es dann noch einmal richtig voll. Ein Laufsteg ging hinaus übers Wasser bis an die Kante mit Blick in den Teufelsschlund. Das Wasser fiel direkt unter uns senkrecht in die Tiefe und die Gischt wirbelte um uns herum. Jeder wurde klitschnass, aber niemanden störte dies. Das Wasser röhrte und brummte und trotzdem quietschten Kleinkinder vergnügt. Regenbogen standen im Sonnenlicht, die Nase wurde rot und mit einem letzten Blick von einem Aussichtsturm waren wir am Ende angelangt. Rein in den Bus und zurück zum Eingang. Andere Besucher buchten weitere Pakete im Dschungel (Wandern mit Führer, Safari, Canopy etc.), aber diese waren sehr teuer. Uns genügt das Panorama und die sozusagene Einführung. Morgen stand die argentinische Seite auf dem Programm.
Bevor wir aber die Grenze wechselten futterten wir einen Döner und luden geschwind einen Blog in einer Eisdiele hoch .
Dann über die Grenze in nur 20 Minuten und zurück auf den Parkplatz im Regenwald. Um 19 Uhr zeigte das Thermometer im Freien noch immer 37 Grad an und in unserer Kabine hatten wir Sauna mit 38°C. Eine weitere windstille und drückend heiße Nacht stand uns ins Haus.















Von den Iguacú-Wasserfällen,
die Umtosten