Dienstag, 8. Mai 2018

Buenos Aires (27.02.2018 - 03.03.2018; aktueller Standort: Hachtel, Baden-Württemberg)

Nach den ersten beiden Mautstellen in Argentinien fuhren wir von der Schnellstraße ab und manövrierten uns, das Lob gebührt der Fachfrau fürs Kartenlesen, auf Nebenstrecken problemlos bis ins Zentrum von Buenos Aires. Der Verkehr hielt sich in Grenzen und wir verhielten uns auch geschickter als ein Busfahrer, der in einer Kurve das Stromkabel abriss. Der Fahrer bemerkte nicht einmal als hinter ihm das Kabel auf dem Boden Funken sprühte. Er gab Gas wir ebenfalls (Kartenlink).

Buenos Aires, wie die Stadt nach der Heiligen Maria der Guten Luft benannt worden war, war keine saubere Stadt. Selbst noch 4 km vor dem innersten Stadtkern passierten wir eine Grünfläche voll mit Müllhaufen. Kinder kramten im Plastikmüll nach Brauchbarem, Menschen lebten in Blechhütten.
Die Hauptstadt des Landes liegt am Río de la Plata, der sich dort bereits dem Atlantik öffnet. Sie ist eine verhältnismäßig kleine Metropole bei mehr als 13 Millionen Einwohnern (ca. ein Drittel des Landes). Gegründet wurde sie 1536 und gilt heute als eine der anziehendsten Megastädte in Südamerika. Sie bietet viel, wie Tango, Fußball, spanische Architektur, Museen, Evita Perón, Gourmet-Tempel oder ein berauschendes Nachtleben von Sonntag bis Sonntag. Leider hat sie aber auch viele Schattenseiten wie extreme Umweltverschmutzung (Boden, Luft und Wasser), hohe Kriminalität, Armut und korrupte Politiker. Diese lassen das Land nicht zur Ruhe kommen und so taumelt Argentinien von einer Wirtschaftskrise in die nächste.

Nach mehreren Stunden Fahrt erreichten wir den gestylten alten Hafen Puerto Madero. Er lag nur 15 Gehminuten vom zentralen Platz entfernt und in den alten Speichern aus Backsteinen residierten heute Kneipen, Restaurants und Hotels. Ganz Puerto Madero war ultra modern und nichts für den Durchschnittsbürger. Für Camper ist er aber umso besser. Zwischen noblen Wohntürmen, Grünanlagen und dem Kanal findet man massig ruhige Fleckchen zum parken. Niemand stört sich daran, am allerwenigsten die Polizei. Wir stellten uns an die 4 km lange dreispurige Promenade direkt an den Kanal. Angenehme frische Luft wehte in unsere Kabine, auf dem Gehsteig standen Grillbuden und hinter dem Park erstreckte sich die erste Hochhausfront. Da wir bereits frühen Nachmittag hatten blieben wir im Hafenviertel und liefen die Kontore einmal auf und ab. Buenos Aires gefiel uns hier schon sehr gut. Alles ruhig und kultiviert. Am Abend futterten wir je ein Sandwich mit gegrilltem Rind am Kanal und verdrückten ein Eis, als die Lichter der Hotels und Leuchtreklamen der Läden in allen Farben funkelten. Der fast volle Mond stieg über dem Fluss/Meer auf und wir, wie alle anderen Pärchen, schmachteten bei dieser Skyline.
Normal wäre gewesen, wenn der Verkehr sich gegen 23 Uhr langsam gelegt hätte. Autoverkehr war auch nur noch kaum auf der Promenade, aber da die Hauptstraße an den Speichern vorbei für den Schwertransport gerade untertunnelt wurde, war diese Straße gesperrt und die Lastwagenfahrer dachten nicht daran Feierabend zu machen. Sie prügelten durch die leere Uferpromenade, an der nur noch wir parkten. War kein Lkw zu hören, dröhnte die Musik einer der Grillbuden ins offene Fenster und offen musste dies sein, denn es kühlte in der Nacht nicht unter 23 Grad ab. Irgendwann nach Mitternacht erwachten wir und konnten nicht mehr einschlafen; pausenlos WUMM, WUMMM, WUMMMM. Um 3 Uhr war das Maß voll und wir packten zusammen. Wir fanden 3 km weiter einen großen Kinderspielplatz und parkten dort neben einer Häuserreihe, aber weit genug von den Kreuzungen entfernt. Immer noch in Puerto Madero, immer noch Wind, aber kein Auto zu hören. Wir schliefen bereits als unsere Köpfe die Kopfkissen einknautschten.







Wach oder nicht, raus aus den Federn und rein in die Großstadt!
Wie immer alles zu Fuß und los ging es quer durch die Straßen zum Friedhof. Viele Straßen waren eng, ein paar Bäume säumten die Wege, aber grüne Plätze hatte es nur wenig. Der Friedhof ist weltberühmt und ein riesiges Mausoleum liegt neben dem nächsten. Präsidenten, Sportler, Professoren, Milliardäre und sonstige Größen lagen dort in den Familiengruften bestattet. Fast 2 Stunden irrten wir durch die schmalen Gässchen, aber zum berühmtesten Grab wühlten wir uns nicht durch, das der Familie Perón. Touristengruppen wurden in Scharen durch den Friedhof getrieben und jeder stand höflich an, um die Bronzeplatte mit Evita Peróns Namen zu fotografieren. Wir nicht und machten uns auf den Weg in ein großes Kaufhaus (wegen der Deckenbemalung), liefen am Obelisken von Buenos Aires vorbei und erlebten den ersten Taschendiebstahl vor dem Theater Colón mit. Ein asiatischer Herr wurde um seine Armbanduhr erleichtert, aber alles ging so schnell und der Dieb sprang auf ein vorbeifahrendes Motorrad auf, dass niemanden eine Chance zum reagieren hatte.
Am Nachmittag gelangten wir an den gesperrten zentralen Platz. Dort befand sich unter anderem die weniger schöne barocke Kathedrale und die Casa Rosada, der rosafarbene Präsidentenpalast. Dort vom Balkon sprach Evita zu Tausenden ihrer Anhänger. Der ein oder andere wird diese Szene aus Nachricht oder Fernsehen kennen. Ziemlich platt waren wir um 18 Uhr wieder am Spielplatz. Die ersten Eltern mit Kindern kamen, da die Sonne sich hinter den Hochhäusern verzog. Wir gingen zum Abendessen wieder an den Kanal und probierten den nächsten Stand aus. Wieder Grillfleisch auf Baguette und diesmal mit Pommes. Als wir um 22 Uhr abermals am Spielplatz waren, quoll dieser vor Kindern über. Der laue Nachthimmel (heute und die nächsten Tage kühlte es nur noch auf 25° runter) war das perfekte Ambiente für die kleinen Racker, die aber bemerkenswert leise waren. Bis nach Mitternacht ging es auf den Rutschen und Schaukeln heiß her, was uns aber schon lange nicht mehr störte. Wir schliefen wunderbar.













Wir gingen es ruhiger an. Bei einem Kaffee im Starbucks nutzten wir deren schnelles Internet. Danach konnten wir unseren elektronischen Kram zu Pancho zurück bringen und uns nicht weiter darum sorgen. Wieder am Plaza de Mayo (zentraler Platz) gingen wir die andere Seite hoch, durch ein paar alte Arkaden hindurch und fanden schnell die Kirche San Ignacio in einem Klosterblock. Diese Kirche war die älteste der Stadt. Durch ruhige Straßen schlenderten wir ohne Ziel weiter. In einer Parilla, einem Grilllokal, wollten wir wenigstens einmal das berühmte argentinische Grillfleisch versuchen. Wir bestellten eine Platte für zwei Personen und bekamen genug Rind für 3. Allerdings war mehr Fett an den blutigen Fleischstücken und die Würste und Rindernieren trieften ebenfalls. Wir konnten dem Mittagessen überhaupt nichts abgewinnen und wussten, dass uns das Rind in Europa besser mundet.
Wir brauchten anschließend einen Bäcker um den fettigen Geschmack aus dem Mund zu bekommen und liefen die Kalorien ab, indem wir eine weite Strecke bis zum Kongressgebäude liefen, dessen Vorbild das Kapitol in Washington sein soll. Auf dem Rückweg kamen wir wieder am Obelisken vorbei und ruhten eine Stunde bevor es nach einem Brot mit Salat wieder ins Freie ging. Auf ins Nachtleben!
4 km in anderer Richtung und wir hatten einen Block mit Kneipen gefunden. Kleinbrauereien versorgten die Kundschaft und so hatten wir gar keinen Grund in ein Irish Pub zu gehen, oder in andere schicke Trendsetter. Wir probierten ein Bier und zogen weiter, probierten ein Bier und zogen weiter und endeten auf Barhockern mitten auf der Straße und schlürften kraftvolle IPA und Stout in einem Laden, der von jungen Brasilianern geschmissen wurde. Die sprachen englisch und so ging der Austausch viel schneller vonstatten. Wir hatten einen tollen Abend mit ihnen und einen lustigen Heimweg.









Heute stand der Stadtteil San Telmo auf dem Programm. Ruhige Kopfsteinpflaster, alte Häuser, Graffiti und der Ort in dem der Tango gelebt wurde. Über den kleinen Platz im Zentrum des Viertels gings und durch den großen alten Markt. Die Hälfte der Stände waren Antiquariate, oder in meinen Augen Trödel- und Schundläden. Hindurch zu spazieren machte trotzdem sehr viel Spaß und die Frischwaren waren alle bester Güte. Nicht nur der Markt, sondern ganz San Telmo erstickte in antiquarischen Geschäften, jeglicher Couleur. Wir fanden das Viertel spitze und wollten am Abend wieder kommen. Ich sage nur Hopfensaft.
Wir machten uns auf einen etwas längeren Weg in ein anderes Viertel. La Boca war nicht mehr Zentrum und ein Teil dieses Viertels sollten Touristen laut Polizei nicht aufsuchen. Bekannt ist La Boca wegen bunten Häusern und bei Einheimischen wegen dem Fußballverein Boca Juniors. Die beiden Erzrivalen aus der Hauptstadt machen jedes Jahr die Meisterschaft unter sich aus und viele argentinische Weltmeister haben für die Juniors gekickt. Wir standen vor dem Stadion und jedes Haus drumherum war in den Vereinsfarben gelb und blau gestrichen. Der Besuch eines Spiels soll ein ganz großes Highlight sein und wenn einem nur ein Bierbecher auf den Kopf segelt darf man sich hinterher glücklich schätzen. Krawalle stehen an der Tagesordnung und wenn der Stadtrivale kommt brennt die Luft. Immer und wortwörtlich!!!
Wir kamen ohne Blessuren davon und warfen die Kamera in unsere Kabine, um an diesem Abend in San Telmo auszugehen. Die erste Kneipe gefiel uns nicht, aber dann die nächste. Für 3 Euro die Pint probierten wir die halbe Bierkarte. Wie gut dass sie nur 12 Sorten hatten...












Wieder nutzten wie die Internetoption nur 5 Gehminuten von Pancho entfernt. Wir skypten und besuchten dann wieder San Telmo, wo wir dann dem zweiten Taschendieb mit gleicher Masche zusehen mussten, wie er einem Touristen das Handy vom Ohr klaute.
Bei einem Chinesen hauten wir kräftig zu Mittag zu und als die Mittagshitze nachließ wanderten wir durch die Sumpflandschaft des Naturschutzgebiets Reserva Ecológica Costanera Sur. Dieses Gebiet erstreckte sich direkt gegenüber des Kanals zwischen diesem und dem Río de la Plata. Neben vielen Vögeln gab es auch Wasserratten zu sehen. Viele Bäume spendeten Schatten und Jogger und Radler nutzten das Wegenetz in vollen Zügen. Auch dieses Naturschutzgebiet, wie jeder Ort im Zentrum Buenos Aires gefiel uns sehr gut.
Tja der Abend rückte näher und wir gingen nach San Telmo und in die gleiche Kneipe wie am Vorabend. Nun wussten wir ja welches Bier uns am besten schmeckte und so konnten wir nach 2 Stück getrost wieder gehen. Aber eine letzte Kleinbrauerei mussten wir noch testen. Berlina hieß sie und auch ihr IPA war lecker. Danach schauten wir noch den Kids beim spielen zu. Es war 0.30 Uhr.
Am nächsten Tag füllten wir nur noch den Kühlschrank auf und sagten der Großstadt Lebewohl.







Buenos Aires war für uns ganz klar ein Highlight in Argentinien und problemlos könnte man dort noch einige Tage mehr aushalten. Doch Vorsicht vor dem Bier, das ist so was von gut!

In den letzten Zipfel des Landes,
Pancho und die roten Nasen